Generelles zu Impfungen
Die Ständige Impfkommission (STIKO) und die öffentlichen Impfempfehlungen
Die 1972 vom damaligen Bundesgesundheitsamt eingerichtete STIKO spricht die Empfehlungen zu Schutzimpfungen aus und aktualisiert sie in regelmäßigen Abständen. Die STIKO gehört heute zum Robert Koch-Institut (RKI), einer der drei Einrichtungen, die aus der Auflösung des Bundesgesundheitsamts im Jahr 1994 hervorgegangen sind. Die Rechtsgrundlage für die Berufung der STIKO ist in Paragraf 20 des Infektionsschutzgesetzes (JfSG) verankert. Jährlich im August werden in der Hauszeitschrift des RKI, dem auch im Internet einsehbaren Epidemiologischen Bulletin, die neuen Empfehlungen publiziert. Eine längere Begründung für strittige Fragen wird meist in den nachfolgenden Ausgaben nachgeliefert. Bei drängenden Fragestellungen wie Krankheitsausbrüchen oder Impfstoffzwischenfällen werden zeitnahe Stellungnahmen abgegeben. Die 12 bis 18 STIKO-Mitglieder werden für die Dauer von drei Jahren vom Bundesminister für Gesundheit in Abstimmung mit den Gesundheitsbehörden der Länder berufen: Universitätsprofessoren für Kinderheilkunde, Virologen, Ärzte des öffentlichen Gesundheitswesens, Epidemiologen und niedergelassene Ärzte. Die Aufgabe dieser ehrenamtlich tätigen Expertenkommission ist, wissenschaftliche Empfehlungen für die notwendigen Schutzimpfungen in Deutschland auszusprechen, wobei es sich nach der Zielsetzung des IfSG eigentlich nur um epidemiologisch relevante Impfungen handeln sollte. Weder der individuelle Schutz noch die wirtschaftlichen Kosten-Nutzen-Bewertungen gehören zum gesetzlichen Auftrag der STIKO. Nach der Geschäftsordnung werden Empfehlungen auf der Basis von Wirksamkeitsangaben und Informationen zu möglichen Impfrisiken sowie unter Einbeziehung der epidemiologischen Nutzen-Risiko-Abwägung ausgesprochen.
Die Umsetzung der STIKO-Empfehlung durch Länder und Kostenträger
Impfungen werden von den Gesundheitsbehörden der Länder auf der Grundlage der STIKO-Empfehlungen entsprechend Paragraf 20 Absatz 3 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) »öffentlich empfohlen« und durch die Schutzimpfungsrichtlinien (SIR) des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) der Ärzte und Krankenkassen in die Regelversorgung übernommen, wobei damit auch die Verpflichtung der Finanzierung eindeutig geregelt wurde. Seit 2007 müssen die STIKO-Empfehlungen eins zu eins umgesetzt werden; zuvor gab es immer wieder Diskussionen darüber, ob Krankenkassen den immer weiter gehenden Empfehlungen der STIKO folgen müssen. Dadurch haben die Empfehlungen der STIKO unmittelbaren Einfluss auf die Gesundheitsausgaben und den Umsatz von Impfstoffen. Pikanterweise wurde unmittelbar vor der Empfehlung der sehr teuren Impfung gegen die humanen Papillomaviren (HPV) die vollständige Umsetzung der STIKO-Empfehlung in die gesetzliche Regelversorgung beschlossen.
Die STIKO-Empfehlung vom 24. August 2015 hat wenigstens für die Pneumokokken-Impfung endlich offiziell das 2+1-Schema empfohlen, ein längst überfälliger Schritt. Die Meningokokken-B-Impfung wird weiterhin nicht für alle Kinder empfohlen.
Verantwortung aller Ärzte für einen ausreichenden Impfschutz
Die STIKO drängt darauf, die Grundimmunisierung frühzeitig zu beginnen, ohne Verzögerungen durchzuführen und zeitgerecht abzuschließen, und appelliert an die Verantwortung aller Ärzte für den Impfschutz ihrer Patienten. So soll jeder Arztbesuch von Kindern und Erwachsenen dazu genutzt werden, die Impfdokumentation zu überprüfen und gegebenenfalls den Impfschutz zu vervollständigen. Nach der Grundimmunisierung soll durch regelmäßige Auffrischimpfungen dafür gesorgt werden, dass der notwendige Impfschutz erhalten bleibt und je nach Fortschritt der Erkenntnisse gegen weitere Erreger erweitert wird.
Impfleistung des Arztes nach STIKO
Der Rahmen der erwarteten Impfaufklärung ist sehr weit gefasst: Der Arzt soll Informationen über die zu verhütende Krankheit und den Nutzen der Impfung vermitteln, über Beginn und Dauer der Schutzwirkung sowie notwendige Auffrischimpfungen informieren. Er muss die aktuelle Befindlichkeit, die Vorgeschichte und die Impfanamnese erheben, das Vorliegen möglicher Kontraindikationen feststellen – etwa Schwangerschaft oder Immunschwächen –, akute Erkrankungen ausschließen, Hinweise auf mögliche unerwünschte Arzneimittelwirkungen und Komplikationen sowie Empfehlungen über Verhaltensmaßnahmen im Anschluss an die Impfung aussprechen und schließlich die Impfung im Impfausweis oder in einer Impfbescheinigung sowie in seiner eigenen Dokumentation in allen Details festhalten, um gegebenenfalls bei Verlust der Impfunterlagen eine Zweitschrift ausstellen zu können. Natürlich sollte auch der Inhalt der Impfaufklärung in allen Details festgehalten und protokolliert werden; Ansprüche, die sich in keinem Fall so durchsetzen lassen. Eine eigentlich allgemeine Impfberatung ist in der Regelversorgung nicht vorgesehen. Denn wie gesagt erfolgt die Honorierung einer Impfberatung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nur bei tatsächlicher Durchführung einer Impfung. Damit wird aber einem »Impfen um jeden Preis« unter Missachtung der Patientenpräferenzen Vorschub geleistet, denn eine gründliche und gewissenhafte Impfberatung kann ja auch ohne Impfung ausgehen: wenn die Impfung dann nicht gewünscht oder sie sich im individuellen Fall als unnötig oder gar kontraindiziert erweist.
Impfkalender (Standardimpfungen) für Säuglinge, Kinder, Jugendliche und Erwachsene
Der derzeitige Impfkalender umfasst Impfungen zum Schutz vor Tetanus (T), Diphtherie (D/d), Pertussis (aP/ap), Hämophilus influenzae Typ b (HIB), Poliomyelitis (IPV), Hepatitis B (HB), Pneumokokken, Rotaviren (RV), Meningokokken C, Masern, Mumps, Röteln (MMR), Varizellen (V) sowie gegen humane Papillomaviren (HPV) und Influenza.
Erläuterungen
G Grundimmunisierung (in bis zu 4 Teilimpfungen G1–G4)
A Auffrischimpfung
S Standardimpfung
N Nachholimpfung (Grundimmunisierung aller noch nicht Geimpften bzw. Komplettierung einer unvollständigen Impfserie)
a Frühgeborene erhalten eine zusätzliche Impfstoffdosis im Alter von 3 Monaten, d. h. insgesamt 4 Dosen.
b Die 1. Impfung sollte bereits ab dem Alter von 6 Wochen erfolgen, je nach verwendetem Impfstoff sind 2 bzw. 3 Dosen im Abstand von mindestens 4 Wochen erforderlich.
c Bei Anwendung eines monovalenten Impfstoffes kann diese Dosis entfallen.
d Standardimpfung für Mädchen im Alter von 9 bis 13 bzw. 9 bis 14 Jahren (je nach verwendetem Impfstoff) mit 2 Dosen im Abstand von 6 Monaten, bei Nachholimpfung im Alter > 13 bzw. > 14 Jahren oder bei einem Impfabstand von < 6 Monaten zwischen 1. und 2. Dosis ist eine 3. Dosis erforderlich (Fachinformation beachten).
e Td-Auffrischimpfung alle 10 Jahre. Die nächste fällige Td-Impfung einmalig als TDaP- bzw. bei entsprechender Indikation als TDaP-IPV-Kombinationsimpfung.
f Einmalige Impfung für alle nach 1970 geborenen Personen > 18 Jahre mit unklarem Impfstatus, ohne Impfung oder mit nur einer Impfung in der Kindheit, mit einem MMR-Impfstoff.
g Einmalige Impfung mit Polysaccharid-Impfstoff.
Impfung | Alter in Wochen | Alter in Monaten | Alter in Jahren |
6 | 2 | 3 | 4 | 11–14 | 15–23 | 2–4 | 5–6 | 9–14 | 15–17 | ab 18 | ab 60 |
Tetanus | | G1 | G2 | G3 | G4 | N | N | A1 | A2 | A (ggf.... |