Der Gesundheitsmarkt befindet sich zurzeit im Wandel, wie nicht nur den aktuellen Debatten im Bundestag und den Medien entnommen werden kann. Jeder Patient spürt die Veränderungen bei einem Arztbesuch selbst. Alle Anbieter des Gesundheits-marktes stehen unter massivem Kostendruck und jedem Akteur ist dabei klar, dass über Jahre hinweg aufgebaute deutsche Sozialstandards nicht mehr uneingeschränkt weiter im bestehenden System erhalten bleiben können.
Die Anbieter von Dienstleistungen am Gesundheitsmarkt müssen lernen, dass auch sie Unternehmen sind, die wirtschaftlich arbeiten müssen, um langfristig ihr Bestehen zu sichern. Besonderes Rationalisierungspotential wird hier im Bereich der Kranken-hauslogistik gesehen, die aktuell nur als Randgebiet der Logistik Beachtung findet, aber als ein interessanter, sich schnell entwickelnder Markt großes Zukunftspotential bietet.
Es ist davon auszugehen, dass jeder Bürger regelmäßig mit dem Gesundheitsmarkt in Kontakt kommt. Konnte man sich lange auf eine von staatlicher Seite gesicherte, umfassende Versorgung verlassen, werden nun zunehmend Mittel für die Gesundheitsversorgung gekürzt und die Patienten müssen eine stärkere Eigen-beteiligung tragen. Auch die Versorger, wie Krankenhäuser und Krankenkassen, befinden sich im Umbruch.
Dem Gesundheitsmarkt wird in Zukunft eine noch größere Bedeutung vorhergesagt als bisher. Die Anteile der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) sollen nach einer Schätzung langfristig um etwa 10% ansteigen und bald das Niveau der USA erreichen, die schon 1997 14% des BIP für Gesundheitsausgaben aufwendeten.[1]
Das Ansteigen der Gesundheitsausgaben ist nicht allein auf die demographischen Entwicklungen zurückzuführen. Pieper et al identifizieren drei entscheidende Trends im Gesundheitsmarkt: Neben der demographische Entwicklung ist auch die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen und der medizinische Fortschritt entscheidend.[2]
Die demographische Entwicklung kann kaum gesteuert werden, aber ihre Einflüsse betreffen das Gesundheitssystem in großem Maße. Das statistische Bundesamt stellt in der 10. Bevölkerungsvorausberechnung dar, dass bereits 2030 die Zahl der über 60jährigen doppelt so hoch sein wird wie die der unter 20jährigen. 50% der Bevölkerung werden 2050 älter als 48 Jahre alt sein.[3] Das bedeutet auch, dass ein immer größerer Anteil der Bevölkerung Gesundheitsleistungen bedarf, da ältere Menschen vermehrt zur Multimorbidität[4] neigen.[5]
Auch bei jüngeren Menschen steigt die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen. Wellness, alternative Heilmethoden und ganzheitliche Medizin liegen im Trend. Medien unterstützen die Nachfrage indem sie vermehrt Gesundheitsthemen ansprechen. Auch neue Kommunikationsmöglichkeiten wie bspw. Gesundheits-portale im Internet werden durch eine Vielzahl von Anbietern wie Krankenkassen, Bundesregierung, Ärztekammer und Pharmaindustrie zur Verfügung gestellt.
Durch den technischen Fortschritt, der innovativere Behandlungen ermöglicht, sieht die Entwicklung im Gesundheitsmarkt zunächst positiv aus. Doch das Wegbrechen der Beitragszahler der Krankenkassen und der massive Kostendruck, unter dem alle öffentlichen Bereiche zurzeit leiden, lässt auch im Gesundheitsmarkt in Zukunft einen harten Wettbewerb erwarten.[6]
Eichhorn et al (2000) sehen zusätzlich noch die angebotsinduzierte Nachfrage als einen Grund für die Kostenexplosion.[7] Dies bedeutet, dass ein Arzt, der nicht ausgelastet ist, vermehrt Patienten zu Kontrolluntersuchungen bestellt. Ein Arzt, der hingegen viele Patienten zu behandeln hat, fordert seine Patienten auf, nur bei nicht eintretender Besserung erneut die Praxis aufzusuchen. Die Ärzte und ebenso Kliniken, Pflegeheime, Pharmaunternehmen etc. induzieren also die Nachfrage nach ihren eigenen Leistungen aus dem natürlichen Motiv der Gewinnsteigerung heraus. Dies ist möglich, da die Kosten für Gesundheitsleistungen nicht dem Markt unterliegen und weitgehend unabhängig von Angebot und Nachfrage gehalten werden.[8]
Zu beachten ist auch, dass Gesundheitsleitungen nicht automatisch zu einer größeren Gesundheit der Gesellschaft führen. Verbesserte Leistungen im Gesundheitssystem sorgen dafür, dass Menschen älter und damit anfälliger für viele Leiden werden und somit wieder mehr Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen müssen – ein sich selbst speisender Kreislauf.[9]
Die Deutschen geben mit insgesamt rund 250 Mrd. Euro p.a. mehr für die Gesundheit aus als die meisten anderen Länder der Erde. Damit hält Deutschland die Spitzenposition der EU-Pro-Kopf-Ausgaben für Gesundheitsleistungen, ohne dass Deutschland auch die vorderen Plätze bei Qualitätsmerkmalen wie Überlebens-wahrscheinlichkeit von Säuglingen oder genereller Lebenserwartung belegt, obgleich bei uns die Ärztedichte überdurchschnittlich hoch und die Krankenhausverweildauer überdurchschnittlich lang ist.[10]
Den deutschen Bürgern stehen pro 100.000 Einwohner 363 Ärzte und 912 Klinikbetten zur Verfügung (die meisten in der EU), eine Apotheke bedient im Durchschnitt 3.840 Einwohner. Das Angebot wird auch reichlich genutzt: 2002 suchten die Deutschen durchschnittlich neun Mal eine Arztpraxis auf und waren auch damit in der EU-Spitzengruppe. Die Gesundheitskosten der gesetzlichen Krankenversicherung steigen ständig: die Arzneimittelausgaben im Jahr 2003 betrugen 24,22 Milliarden Euro, die Kosten für stationäre Behandlung 46,80 Milliarden Euro.[11]
Diese Kennzahlen zeigen ein deutliches Ungleichgewicht zwischen Kosten und Leistung auf und verdeutlichen die Notwendigkeit einer grundlegenden Reform des Gesundheitswesens. Da diese trotz umfangreicher, aktueller politischer Debatten jedoch eher schleppend vorankommt, sind die Akteure am Gesundheitsmarkt selbst aufgerufen, ihre „Unternehmen“ wie Arztpraxen und Krankenhäuser betriebswirtschaftlich zu optimieren, um ihr Überleben langfristig zu sichern.
Dies ist jedoch schwieriger als bspw. in der Industrie, da die Akteure am Gesundheitsmarkt besonderen Rahmenbedingungen unterliegen, so dass nicht nach rein betriebswirtschaftlichen Methoden optimiert werden kann. Der medizinische Versorgungsauftrag muss in jedem Fall sichergestellt werden. Eine lebensrettende Grundversorgung muss für jeden gewährleistet werden, auch wenn nicht geklärt ist, wer nachfolgend die Kosten trägt.[12]
Krankenhäuser sind im Sinne des Sozialgesetzes Einrichtungen, die der Krankenbehandlung oder Geburtshilfe dienen und in denen Patienten untergebracht werden und verpflegt werden können. Solche Häuser müssen ferner unter ständiger ärztlicher Leitung stehen und kraft ihrer humanen und technischen Ausstattung jederzeit dazu fähig sein, Krankheiten zu erkennen und zu heilen, Verschlimmerungen zu vermeiden, Beschwerden zu lindern oder Geburtshilfe zu leisten.[13]
Das Primärziel der Krankenhäuser ist die Behandlung von Patienten. Hierbei zählt zunächst die Akutversorgung des Patienten, das wirtschaftliche Handeln folgt erst an zweiter Stelle. Es ist jedoch ein bedeutsames Kriterium für die Beurteilung und den Vergleich von Krankenhäusern.[14] Allerdings mangelt es vielen Krankenhäusern an einer Festlegung der wirtschaftlichen Ausrichtung bedingt durch eine fehlende strategische Planung. [15]
Der Wandel des Gesundheitsmarktes wirkt sich nicht zuletzt auch auf die Krankenhäuser aus. Auch sie sind zunehmend von der Mittelknappheit der öffentlichen Hand betroffen. Der Forderung an die Krankenhäuser, dem Versorgungsauftrag unverändert nachzukommen, steht eine Reduzierung der zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel gegenüber. Gleichzeitig wird der Wettbewerb um den Patienten größer, da in Deutschland die Zahl der Klinikbetten stetig wächst. Kliniken müssen sich, um ihren Fortbestand zu sichern, als Dienstleister ausrichten und sich von der Konkurrenz abheben. Sie müssen lernen, sich am einzelnen Patienten und dem Behandlungsprozess zu orientieren. Hierfür müssen die bisherigen Abläufe kritisch betrachtet und restrukturiert werden, vor allem erfordert es jedoch eine neue strategische Ausrichtung der Krankenhäuser. Die Qualität der Dienstleistung wird im starken Wettbewerb um den Patienten entscheidend. Derzeitig wird die schlechte finanzielle Situation der Häuser durch das Abrechnungssystem zwischen Krankenkasse und Krankenhaus verschärft. Abgerechnet wird nicht die patientenindividuell erbrachte Leistung, sondern eine Fallpauschale die nicht deckungsgleich mit den tatsächlich entstandenen Kosten bis zur Genesung des Patienten ist.
Um wirtschaftlich arbeiten zu können und unter den sich verschlechternden finanziellen Rahmenbedingungen die bestmögliche Versorgung für den Patienten gewährleisten zu können, ist es für die Klinken in Zukunft unabdingbar, ihre Dienstleistungen zu optimieren, die Kosten...