1 Ein gesunder Beckenboden –
ein Stück Lebensqualität
Für viele von uns ist der Beckenboden ein »weißer Fleck auf der Landkarte«. Das mag noch gehen, wenn alles im Lot ist, aber wenn – aus welchen Gründen auch immer – der Beckenboden streikt, haben wir ein ziemliches Problem.
Wenn es um das Thema Beckenboden geht, wissen viele, dass er irgendwie wichtig ist. Da hört es aber oft schon auf.
1.1 Eine stabile Basis
Solange alles in Ordnung ist, machen sich wohl die wenigsten Gedanken über ihren Beckenboden. Aber spätestens wenn Probleme auftreten, merken die meisten Frauen, dass es mit »Kneifen Sie da unten mal zu« und »Fahren Sie mit dem Fahrstuhl hoch und runter« und ähnlichen beherzten Ratschlägen eben nicht getan ist. Wir kräftigen die Oberarmrückseiten und straffen unsere Halsmuskulatur, um einem Doppelkinn entgegenzuwirken, aber die wirklich kraftgebende Muskulatur lassen wir links liegen. Dabei ermöglicht uns die Entdeckung dieser wenig bekannten Körperzone viel:
Die Organe bekommen ihren Halt zurück und im besten Fall bekommen auch Sie das Gefühl, getragen zu werden.
Die Haltung verbessert sich, wenn die Basis stimmt.
Rückenschmerzen verschwinden, wenn die Partner Rücken-, Bauch- und Beckenbodenmuskeln wieder zusammenarbeiten.
Der Beckenboden ist ein Energietank und ein Kraftzentrum für Körper und Seele.
Die Sexualität verbessert sich: Die Durchblutung wird gesteigert und die Empfindsamkeit steigt dadurch, dass die Nervenbahnen geschult werden – kräftige Muskeln empfinden mehr und lassen mehr empfinden.
Eine Blasenschwäche oder Reizblase verbessert sich.
Bauchschmerzen und Verstopfung lassen nach und Winde (und Stuhl) können wieder gehalten werden.
Und nebenbei bekommen Sie durch das Erwecken Ihrer Tiefenmuskulatur und mit dem damit verbundenen ▶ Bodystyling-Programm der anderen wichtigen Muskeln noch eine knackige Silhouette.
Jede Fünfte leidet unter Inkontinenz
Jede fünfte Frau über 25 Jahren ist laut einer Studie der Women’s Health Coalition (WHC) von einer Harninkontinenz betroffen – egal, ob sie geboren hat oder nicht. Nur die Hälfte dieser Frauen hat darüber mit ihrem Arzt gesprochen! Frauen, die nicht geboren hatten, werden auch nicht von einer Beckenbodenschwäche verschont: Bei einer Untersuchung von 149 Nonnen (Durchschnittsalter 68 Jahre) in den USA waren 50 Prozent von einer Harninkontinenz betroffen.
Muskeln können das ganze Leben lang wieder kräftig werden – egal wann Sie mit dem Training beginnen! Ganz nach dem englischen Sprichwort: Use it or lose it! Gebrauch es oder verlier es! Dieses Buch ist für Frauen in jeder Lebensphase gedacht, die
prophylaktisch etwas für ihren Beckenboden tun wollen.
schwanger sind und ihren Beckenboden vor der Geburt schon einmal kennenlernen wollen.
geboren haben und nun nach der Entbindung oder einem Kaiserschnitt wieder richtig fit werden möchten – unter besonderer Berücksichtigung des Beckenbodens.
geboren haben und seitdem ihren Beckenboden nicht wieder richtig in den Griff bekommen haben, was sich in vielerlei Hinsicht auswirken kann (Probleme mit dem Halten von Urin/Wind/Stuhl, tiefe Kreuzschmerzen, Druck im Unterbauch, das Gefühl durchzuhängen, ein Fremdkörpergefühl zwischen den Beinen, das Gefühl einer fehlenden inneren Mitte, ein vermindertes Empfinden in der Sexualität). Diese Erscheinungen können direkt nach einer Geburt, Monate später, aber eben auch erst nach sehr vielen Jahren auftreten.
nicht geboren haben, aber trotzdem Probleme mit ihrem Beckenboden haben: beispielsweise einen Beckenbodenspasmus oder einen schwachen Beckenboden, verursacht durch einen chronischen Husten, einen unerfüllten Kinderwunsch (»trauriger Beckenboden«) oder eine Bindegewebsschwäche.
Probleme in der Sexualität haben (z. B. zu enge/zu weiche Scheide, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, Gefühllosigkeit, Lustlosigkeit).
Schmerzen im Beckenboden haben. Diese Schmerzen können vielfältiger Natur sein. Vom chronischen Unterbauchschmerz bis zum Brennen in oder außerhalb der Scheide etc.
1.2 Das besondere Beckenboden-Programm
Das Besondere an diesem Buch ist, dass Sie selbst durch einen praktischen Test samt Testbogen Ihre Muskulatur beurteilen werden. Dadurch können Sie Ihr Training individuell auf Ihren Befund abstimmen: Wenn Sie beim Testen Ihres Beckenbodens eine Schwäche feststellen, können Sie sich aus den Übungen ein individuelles zwölfwöchiges Trainingsprogramm zusammenstellen und nach den zwölf Wochen (ganz Fleißige und Neugierige auch schon mal nach acht Wochen) noch einmal testen, wie kräftig Ihr Beckenboden schon ist. In drei Schritten zu einem neuen Lebensgefühl:
Schritt 1: Den Beckenboden entdecken
Schritt 2: Übungsprogramm für 12 Wochen
Schritt 3: Beckenbodenbewusst leben
1.3 Jeden 2. Tag drei Beckenbodenübungen
Die Beckenbodenübungen in diesem Buch sind entsprechend den verschiedenen Muskelfasern, die wir durch das Training ansprechen wollen, in drei unterschiedlichen Farben eingeteilt. Das Prinzip meines Trainings ist ganz einfach:
Wer keinen Test machen möchte, kann direkt mit den Übungen loslegen. Suchen Sie sich zu Beginn eine blaue, orange und grüne Übung aus. Üben Sie diese drei Übungen, bis sie Ihnen vertraut sind, und wechseln Sie dann zu drei neuen Übungen. So besteht das Trainingsprogramm an jedem 2. Tag also aus mindestens drei Beckenbodenübungen (10 bis 30 Minuten): Hinzu kommen täglich die Tagespflichtübung ▶ Kontrollhand für die Tiefenmuskulatur.
Zusätzlich sollten Sie an (mindestens) drei Tagen in der Woche 15 Minuten die umgebenden Muskeln mit Einbeziehung der Tiefenmuskulatur ▶ im Bodystylingprogramm trainieren.
Wer einen Test gemacht hat, kann sich dann individuell auf seinen Beckenboden zugeschnitten die richtigen Übungen heraussuchen. Doch fest steht: Schon nach dem Lesen dieses Buches und dem Beschäftigen mit dieser sonst so wenig zugänglichen Körperzone wird Ihr Beckenboden (wieder) zu Ihrem Alltag dazugehören!
Wenn Ihnen für das 12-Wochen-Programm noch der richtige Zeitpunkt fehlt oder Sie Ihren Beckenboden nur zwischendurch mal auffrischen wollen, suchen Sie sich einfach die Übungen heraus, die Ihnen gefallen – am besten eine Übung aus jeder Farbe.
Achtung: Selbstverständlich kann und soll dieses Buch keine Beckenbodenarbeit bei einer Physiotherapeutin ersetzen. Im Gegenteil: Nehmen Sie qualifizierte Hilfe an, wenn Sie erkennen, dass Sie allein nicht weiterkommen, Adressen hierzu finden Sie im ▶ Anhang dieses...