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E-Book

Menschen fair behandeln

Professionelles Trennungsmanagement & New/Outplacement

AutorMichael Hanschitz
VerlagMorawa Lesezirkel
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl Seiten
ISBN9783990573945
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Personalabbau und Kündigungen gehören heute zu den größten Herausforderungen, mit denen das Management in Unternehmen konfrontiert ist. Sie haben Auswirkungen auf die Betroffenen, das Unternehmen sowie auf KundInnen und InvestorInnen und sorgen auch gesellschaftlich immer wieder für Diskussionen. Unweigerlich stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage der Verantwortlichkeit und in welcher Art und Weise in Unternehmen - wenn es unvermeidlich ist - Trennungen vollzogen werden können. Durch professionelles Trennungsmanagement zeigt ein Unternehmen die Bereitschaft, auch in einer schwierigen Situation Verantwortung zu tragen. Leider ist professionelles Trennungsmanagement jedoch sehr oft noch ein Tabuthema und Missmanagement führt gerade im Trennungsfall zu exorbitanten Kosten und Imageschäden. Das Buch liefert Ihnen das nötige Know How, wie professionelle Trennungsprozesse zu gestalten sind. Sie erhalten unter anderem einen Einblick in folgende Themen: die Zielgruppen im Trennungsmanagement (Betroffene - Management - Survivors) - die Gestaltung eines Master Trennungsprozesses - Paradigmen der Gerechtigkeitsforschung für das Treffen von fairen Trennungsentscheidungen - Tipps für ein wertschätzendes Trennungsgespräch - den Umgang mit archetypischen Survivorreaktionen - den Beratungsprozess und die Erfolgsfaktoren in der New/Outplacementberatung. Das Buch verbindet anerkannte wissenschaftliche Erkenntnisse mit der Beratungserfahrung des Autors. Auch HR-ManagerInnen kommen zu Wort und ein Arbeitsrechtsexperte beleuchtet die rechtlichen Aspekte von Trennungen.

Michael Hanschitz ist Experte für Trennungsmanagement und New/Outplacement. Er ist Gründer des Beratungsunternehmens Outplacementberatung und berät Unternehmen bei schwierigen Veränderungsprozessen rund um Personalabbau und Kündigungen. Seine Devise lautet beraten mit Herz und Verstand.

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Leseprobe

2. Zweiter Impuls: Die Entscheidungsfindung


Die Entscheidung, wer in einer Organisation von Personalabbau betroffen sein wird, gehört wohl zu den schwierigsten und unangenehmsten im Wirtschaftsleben überhaupt. Es stellt sich also die berechtigte Frage, auf welcher Basis wir im Falle von Personalabbau und Kündigung zu einer guten Entscheidung kommen können, also wer letztlich davon betroffen sein wird und wie eine Organisation diese Entscheidung trifft und umsetzt.

Von einer guten Entscheidung kann in diesem Zusammenhang gesprochen werden, wenn die Akzeptanz aller direkt und indirekt davon Betroffenen am größten ist. Es ist also wichtig die Akzeptanz dieser Entscheidung sowohl bei den Betroffenen, bei den Bleibenden als auch in der öffentlichen Wahrnehmung zu steigern. Dabei helfen einerseits die Prinzipien der Gerechtigkeitsforschung7 und andererseits das Wissen über psychologische Verträge. Beides unterstützt die Entscheidungsfindung. Darüber hinaus kann dieses Wissen bei der Gestaltung von Trennungspaketen hilfreich eingesetzt werden. Wohlgemerkt: Wenn es zu Personalabbau bzw. Kündigung kommt, kann nie von einer absolut gerechten Entscheidung gesprochen werden, da ja die Betroffenen in jedem Fall ihren Arbeitsplatz dabei verlieren, was erhebliche Auswirkungen für den Einzelnen bedeutet.

2.1. Der psychologische Vertrag


Mit der Unterzeichnung des Arbeitsvertrages beginnt in der Regel das Dienstverhältnis zwischen ArbeitgeberIn und ArbeitnehmerIn. Nun ist es allerdings unmöglich, in einem Dienstvertrag sämtliche Handlungen und Verhaltensweisen von ArbeitgeberIn und ArbeitnehmerIn aufzunehmen. Vieles was über den Arbeitsvertrag hinaus gilt, wird implizit angenommen und durch die Zusammenarbeit tagtäglich verändert und erweitert. Das bedeutet, dass zusätzlich zum herkömmlichen Arbeitsvertrag auch ein psychologischer Vertrag begründet wird.

Dass beide Vertragsparteien ihre jeweiligen Verpflichtungen einhalten, basiert auf einem Vertrauensverhältnis. Zu solchen impliziten Verpflichtungen zählt zum Beispiel die Leistungsbereitschaft der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers. Dafür erwartet sie/er sich wiederum einen Ausgleich von der Arbeitgeberseite. Das könnte dann in Form einer Beförderung erfolgen. Kommt es zu Vertragsverletzungen durch eine Seite, werden solche psychologischen Verträge brüchig oder zerbrechen mitunter sogar vollkommen. Das Ergebnis auf Arbeitnehmerseite kann dann Dienst nach Vorschrift, Kooperationsverweigerung mit Vorgesetzten und Kollegen oder auch das freiwillige Verlassen der Organisation sein.

Ein weiterer Bestandteil eines psychologischen Vertrages ist in der Regel die Annahme, dass der/die ArbeitgeberIn alle Anstrengungen unternimmt, damit der/die ArbeitnehmerIn seinen/ihren Arbeitsplatz in Zukunft auch behält. Im Falle von Personalabbau kommt es somit zu einer Verletzung des psychologischen Vertrages. Ob es dazu kommt bzw. wie stark diese Verletzung in der Wahrnehmung ausfällt, hängt auch davon ab, was das Management im Vorfeld unternommen hat, um den Personalabbau zu vermeiden. Das bedeutet also, der erste Schritt dafür, ob die Entscheidung, Personal abzubauen, als gerecht bewertet wird,

ist eine glaubhafte Vermeidung von Personalabbau bzw. einer Kündigung8.

Ein weiterer Punkt, der in Zusammenhang mit dem psychologischen Vertrag steht, ist die Ursache, warum der Personalabbau bzw. die Kündigung erfolgt. Die Ursache hat ebenfalls einen direkten Einfluss auf die Gerechtigkeitsbewertung in der Öffentlichkeit und bei den Bleibenden.

Beispielsweise wird ein Personalabbau bzw. eine Kündigung aufgrund von externen Faktoren wie einem plötzlichen Absatzeinbruch als gerechter angesehen als Personalabbau, der interne Gründe, wie die Einführung einer neuen Produktionstechnologie, ein Strategiewechsel oder die Verlagerung der Produktion in ein Billiglohnland, hat. Personalabbau wird dann als ungerecht von Bleibenden eingestuft, wenn er einzig und allein zur Steigerung der Unternehmensgewinne dient.

Die Effekte solcher Personalabbauprozesse bleiben sehr oft aufgrund der negativen Reaktionen der Bleibenden aus. An dieser Stelle sei auch festgehalten, dass eine gut formulierte und kommunizierte Begründung allein natürlich noch nicht ausreicht, um Vermeidungsanstrengungen zu signalisieren. Die Anstrengungen, die vom Management unternommen wurden, sollten in jedem Fall sichtbar und nachvollziehbar sein.

Im Falle einer Einzelkündigung zeigt sich eine glaubhafte Vermeidung dadurch, dass es im Falle einer performancebedingten Kündigung der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters, zuvor Feedbackgesprächen gab und dem/der MitarbeiterIn eine Zeitspanne eingeräumt wurde, in der die er/sie seine/ihre Performance verbessern konnte.

Gegebenenfalls wird ihm/ihr in dieser Zeit auch Unterstützung durch Coachings und Weiterbildungen gewährt.

2.2. Die distributiven Gerechtigkeitsprinzipien


Neben dem psychologischen Vertrag helfen die Prinzipien der Gerechtigkeitsforschung dabei, die Entscheidungsfindung rund um Personalabbau und Kündigung gerechter zu gestalten. Es wird zwischen den Prinzipien der distributiven9 und der prozeduralen Gerechtigkeit unterschieden. Die Prinzipien der distributiven Gerechtigkeit liefern gute Hinweise dahingehend, auf welche Kriterien bei der Auswahl der Betroffenen geachtet werden soll und in welcher Form diese im professionellen Trennungsmanagement berücksichtigt werden können.

Nachfolgend die Prinzipien der distributiven Gerechtigkeit:

Das Beitragsprinzip

Es besagt, dass eine Verteilung nur dann als gerecht gilt, wenn sie darauf Rücksicht nimmt, welchen Beitrag die involvierten Personen in der Vergangenheit geleistet haben. Als Maßstab dafür, welchen Beitrag eine Person leistet, gilt einerseits der Vergleich mit anderen MitarbeiterInnen in der Organisation. Andererseits inwieweit Arbeitsvorgaben, die von der Organisation gemacht werden, erfüllt wurden, oder der Vergleich der aktuellen Performance mit der in der Vergangenheit erbrachten. Als fair wird hier angesehen, wenn sich geleisteter Beitrag und Ertrag die Waage halten. Im Zuge eines Personalabbaus wird dieses Gleichgewicht verletzt und die Folge können Leistungszurückhaltung und Kooperationsverweigerung bei den Bleibenden sein.

Wenn also in einer Organisation die Werte Leistung, Effizienz, Wirtschaftlichkeit einen sehr hohen Stellenwert haben, dann deutet dies darauf hin, dass das Beitragsprinzip ein wichtiges Prinzip ist, auf welches auch im Zuge eines Personalabbaus bzw. einer Kündigung geachtet werden sollte. Ein mögliches Messkriterium für den Beitrag, den ein/eine MitarbeiterIn in eine Organisation einbringt oder eingebracht hat, ist das erworbene betriebsspezifische Humankapital10 im Gegensatz zum allgemeinen Humankapital. Betriebsspezifisches Humankapital hat ein/eine MitarbeiterIn im Laufe der Jahre erworben und kann zumeist nur in dieser Organisation eingesetzt werden. Dadurch steigert es zumeist die Produktivität dieser Organisation. In einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung11 zum Thema Arbeit und Gerechtigkeit wurde belegt, dass

die Kündigung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit allgemeinem Humankapital als gerechter angesehen wird, als die von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit spezifischem Humankapital.

Ein weiterer Grund dafür ist auch, dass es Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen mit allgemeinem Humankapital leichter fallen dürfte am Arbeitsmarkt zu reüssieren als MitarbeiterInnen mit betriebsspezifischem Humankapital. Im Falle eines Verkaufsteams könnten als Messkriterium für die Bewertung des Beitrages, den ein/eine MitarbeiterIn einbringt, sehr leicht die Verkaufszahlen dienen. Die Gewährung von freiwilligen Abfindungszahlungen in Kombination mit einer New/Outplacementberatung im Rahmen eines Trennungspaketes sind eine mögliche Kompensation für den in der Vergangenheit geleisteten Beitrag eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin.

Sanfte Kündigungen erhöhen erwiesenermaßen die Akzeptanz in der Öffentlichkeit und bei den Bleibenden, wohingegen harte Kündigungen, welche unter Einhaltung der gesetzlichen Mindeststandards erfolgen, als ungerechter wahrgenommen werden12.

Ein weiteres Messkriterium für den geleisteten Beitrag in der Vergangenheit stellt die Dauer der Betriebszugehörigkeit dar. In einem Trennungspaket kann die Betriebszugehörigkeit ebenfalls in Form von Mehrleistung besonders berücksichtigt werden.

Das Bedarfsprinzip

Verteilungen nach dem Bedarfsprinzip werden dann als gerecht wahrgenommen, wenn damit der Bedürftigkeit einer Person entsprochen wird. Das bedeutet also, dass die Freisetzung von Personen dann als vergleichsweise ungerecht wahrgenommen wird, wenn sie AlleinverdienerInnen bzw. AlleinerzieherInnen sind. Das kann ebenfalls bei geringer qualifizierten, älteren Personen oder Menschen mit bestimmten Einschränkungen der Fall sein kann. Sowohl im österreichischen als auch im deutschen Kündigungsrecht...

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