Den Stress unter Kontrolle bringen
Ein bisschen Stress ist durchaus gut, denn Stress schärft die Sinne. Wenn der Stressgrad jedoch zu hoch wird und anfängt, sich negativ auszuwirken, dann brauchst Du wirksame Entspannungsverfahren, die Dich schnell wieder etwas lockerer werden lassen.
Das Bild der Glühlampe passt hier perfekt als Erklärung: Dein Stressgrad ist wie der Strom, der durch eine Lampe fließt. Was passiert, wenn zu viel Strom durch eine Lampe fließt? Sie brennt durch! Zu viel Stress willst Du also vermeiden. Aber was passiert, wenn zu wenig Strom durch eine Lampe fließt? Sie brennt nicht hell genug! Also auch nicht optimal für die Prüfung – Du willst schließlich schön hell strahlen, nur eben nicht zu hell, damit Deine Lampe nicht durchbrennt. Was Du brauchst, ist die Kompetenz, Deine Stromstärke (= Deinen Stressgrad) so zu kontrollieren, dass Du in der Prüfung ein optimales Spannungsniveau herstellen kannst: nicht zu wenig und nicht zu viel.
Frage Dich vor der Prüfung «Wie hell leuchtet meine Lampe?», das heißt, spüre kurz in Dich hinein, wie gestresst Du gerade bist. Und wenn Du zu gestresst, zu nervös, zu hektisch bist (Lampe brennt fast durch), dann nutze ein kurzfristiges und schnell wirksames Entspannungsverfahren. Wenn Du dagegen zu müde, zu abgelenkt, zu locker, vielleicht sogar erschöpft bist (Lampe leuchtet nicht hell genug), dann nutze ein kurzfristiges und schnell wirksames Aktivierungsverfahren.
Genauer müsste ich sagen «Nutze DEIN Entspannungs-/Aktivierungsverfahren», denn das ist individuell bei jedem anders! Bei dem einen wirkt die Atementspannung prima zur Beruhigung. Bei dem anderen bringt eher ein positives Selbstgespräch etwas. Ich stelle Dir nun eine Übersicht der besten Entspannungs- und Aktivierungsverfahren vor. Deine Aufgabe ist es, sie alle ein paarmal auszuprobieren, gerne eigene Verfahren zu ergänzen und dann Deinen Favoriten festzulegen. Das können auch Kombinationen und kreative Abwandlungen der vorgestellten Methoden sein. Wichtig ist, dass Dir die gewählte Methode hilft, sehr schnell in die gewünschte Stimmung zu kommen. Das muss kurzfristig wirken, ansonsten probiere lieber noch ein bisschen weiter, bis Du Dein persönliches «Erfolgsgeheimnis» gefunden hast.
Wenn Du zu nervös, gestresst, hektisch bist …
KURZFRISTIG WIRKENDE ENTSPANNUNGS-VERFAHREN
Atementspannung
Bei Nervosität atmen wir flacher und schneller als normal. Mit der Atementspannung atmen wir die Nervosität quasi weg. Und zwar so: Atme normal ein und zähle dabei innerlich bis 4, halte den Atem an und zähle dabei bis 4, atme aus und zähle dabei bis 8 (also doppelt so lange ausatmen wie einatmen). Dadurch beruhigt sich die Atemfrequenz, somit auch der Puls und schließlich der Stressgrad. Steigerung: Bring Deine Emotionen da mit rein, das heißt, atme so befreit wie möglich ein, so als würdest Du am Strand in der Sonne liegen und die frische Meeresluft einmal ganz tief in den Bauch einatmen. Atem anhalten und dann doppelt so lange ausatmen und dabei alle Spannung von Dir abfallen lassen. Werde locker im Schulterbereich. Setz Dein Gewinnerlächeln auf und sag einen beruhigenden Spruch, der Dir eine gute Stimmung vermittelt («Hauptsache, die Haare liegen schön»).
Innerer Dialog
Wenn Dir tausend Gedanken durch den Kopf gehen, kannst Du mit einem bewusst gesteuerten Selbstgespräch wieder Klarheit in Deine Gedanken bringen. Was Dir am besten hilft, musst Du selbst herausfinden. Möglich ist ein beruhigendes Selbstgespräch («Ich bin ruhig und entspannt»), ein emotionales Selbstgespräch («Ich bin gut vorbereitet und fühle mich bereit für die Prüfung») oder ein handlungsorientiertes Selbstgespräch («Blick auf den Aufgabenzettel lenken, Aufgabe durchlesen, Stift in die Hand nehmen …»). Hier ist das Erfolgsgeheimnis, die eigenen Selbstgespräche tatsächlich ein paarmal zu «trainieren», das heißt, in einer Stresssituation (z. B. während einer Prüfungssimulation) mal ganz bewusst auf Deine Selbstgespräche zu achten. Du solltest dadurch genau die Sätze finden, die Dir in der aktuellen Stresssituation helfen und Dich etwas beruhigen.
Düfte
Unser Geruchssinn ist ein sehr feiner Sinn. Und das Beste: Er ist eng mit Deinen Emotionen verschaltet. Wenn Du Dich also zu nervös und gestresst fühlst, kannst Du über einen entspannenden, beruhigenden Duft sofort ein optimales Prüfungsfeeling auslösen.
Welche Düfte kommen dafür in Frage? Nun, das ist sehr individuell. Ich persönlich mag «Weihnachtsmarkt» und «Kiefer». Auch «Vanille» und «Apfelkuchen» sind Duftnoten, die im Handel erhältlich sind und bei mir sofort eine beruhigende, positive Stimmung auslösen. Wichtig ist, hier nicht am falschen Ende zu sparen und nur qualitativ hochwertige Düfte zu nehmen. Es gibt durchaus auch «billige» Düfte in Drogeriemärkten, die aber mit vielen künstlichen Zusatzstoffen versetzt sind, was ich nicht befürworten kann. Auf der Website zu diesem Buch findest Du meine «Best-of»-Empfehlungen, falls der Einsatz von Düften Dein Lieblingsverfahren werden soll.
Im Leistungssport setzen sogar Fußball-Bundesliga-Trainer vor dem Spiel Düfte ein, um ihre Spieler in die richtige Stimmung zu bringen: Auf das rechte Handgelenk wird der Aktivierungsduft gesprüht, auf das linke Handgelenk der Entspannungsduft. So kann jeder Spieler kurzfristig über seinen Aktivierungs- und Entspannungsduft sogar im Spiel einen optimalen Aktivierungsgrad bei sich herstellen – einfach mal kurz am entsprechenden Handgelenk riechen.
Musik
Die richtige Musik wirkt sofort beruhigend. Was ist Dein Entspannungslied, das Du einsetzen kannst, wenn Du zu nervös bist? Das können Instrumentallieder sein (Panflötenmusik, Harfe), gregorianische Kirchenlieder, Naturgeräusche (den Wellen lauschen, ein leichter Windhauch, leichter Regen prasselt gegen die Zeltwand …), Klassik, von mir aus auch «Stairway to Heaven» – Hauptsache, es beruhigt Dich sofort.
Körperliche Entspannung
Zeitlupenbewegungen, Einbeinstand, ein bisschen jonglieren (sofern Du jonglieren kannst und es Dich beruhigt) oder kurz gegen eine Wand lehnen oder sich sogar hinlegen und die Augen schließen wie bei einem Drei-Minuten-Powernap – all das hilft vielen, sich zu beruhigen.
Warmes Wasser/warme Wickel (falls möglich)
Wärme beruhigt und entspannt. Nutze warmes Wasser oder ein Handtuch mit warmem Wasser, das Du Dir in den Nacken oder über den Kopf legst. Hier bietet sich die Kombination mit Düften an: einfach ein paar Tropfen Deines Entspannungsduftes ins Handtuch träufeln. Herrlich!
Ruhebild/Gedankenreise/mein ruhiger Ort
Als Mentaltrainer kann ich Dir die Wirkung von beruhigenden Bildern nur bestätigen. Intensive Visualisierungen sind für Dein Gehirn fast so wie ein echtes Erlebnis. Was entspannt Dich? Was ist Dein ruhiger Ort? Dein Refugium? Ein warmer Sandstrand, an dem Du liegst und den Wellen zuhörst? Die Vorstellung, über den Wolken zu schweben? Oder der freie Fall? Ein warmes Bad? Nachdem Du Dein Entspannungsbild gefunden hast, probiere die Wirkung in einer Stresssituation aus, das gibt Dir die Sicherheit, dass diese Methode auch in Deiner Prüfung bei Stress hilft.
Eigene Verfahren
Wie erwähnt sind die oben genannten Methoden zwar fundiert, jedoch nichts weiter als Vorschläge, die Du gerne abwandeln, individuell kombinieren oder sogar durch Deine eigenen Methoden erweitern darfst. Hauptsache, es hilft Dir, «auf Knopfdruck» zu entspannen.
«Nachdem Du Deine Entspannungsmethode gefunden hast, probiere diese in einer Stresssituation aus!»
Wenn Du zu müde, locker, erschöpft bist …
KURZFRISTIG WIRKENDE AKTIVIERUNGSVERFAHREN
Atemaktivierung
Atme tief und kräftig ein, halte die Luft kurz an und lass sie dann ganz normal wieder ausströmen. Stelle dir bei jedem Zug vor, wie Du das Leben in Deinen Körper einsaugst, und spüre, wie der frische Sauerstoff Dir gut tut. Die Betonung liegt also auf dem Einatmen, gerne in Kombination mit einem aktivierenden Selbstgespräch («Come on!») und der Vorstellung von Kraft und Stärke.
Selbstgespräch
Über ein positives, motivierendes Selbstgespräch kannst Du Einfluss auf Deine Gedanken nehmen. Gerade bei Erschöpfung, Müdigkeit oder wenn Du die Prüfung am liebsten absagen würdest, bringt Dich ein pushendes Selbstgespräch wieder auf Kurs. Leise ausgesprochen oder nur gedacht hilft bereits – noch besser ist es, tatsächlich laut motivierend mit sich zu sprechen. Es reicht oftmals schon ein Motto wie «Los jetzt!», «Auf geht’s, packen wir’s!». Natürlich musst Du dafür der Typ sein – es...