Frage: Hast du dir schon einmal vor einem Wettkampf irgendwelche Gedanken gemacht?
Bereits dieses »sich-Gedanken-Machen« ist schon mentales Training! Bereits hier kann man viel falsch machen…
Worauf wirken Gedanken?
1 Technik: Es werden Bewegungsabläufe gedanklich durchgespielt und somit im Gedächtnis stabilisiert (»Kino im Kopf«). Leider oftmals die Fehler und schlechtesten Aktionen, anstatt mal seine besten Schüsse nach dem Wettkampf mental zu verstärken.
2 Physiologie: Gedanken bewirken Reaktionen im Körper, bei der Atmung, dem Muskeltonus, Zittern. Gedanken können dich verkrampfen oder entspannen lassen. Wichtig für ein sauberes Abziehen. Wichtig auch zur Förderung der Regeneration! Nach 20 Minuten Entspannung sind bereits 30% Laktat abgebaut.
3 Emotionen: Gedanken wirken auf Gefühle – und wir wissen, dass Gefühle wie Freude, Genuss und Herausforderung Höchstleistung fördern. Ebenso will der richtige Umgang mit Niederlagen gelernt sein!
→ Wut, Ärger, Enttäuschung: nicht schönreden, sondern damit umgehen können!
4 Motivation: Man kann sich über die eigenen Gedanken pushen und Leistungsreserven freisetzen – oder man kann sich gedanklich aufgeben und dadurch persönliche Bestleistungen verhindern.
5 Erscheinungsbild & Charisma: Man sieht es jemandem an, wenn er sehr nervös ist. Und wir sind fasziniert von der Nervenstärke einiger Schützen. Wichtig für mentale Stärke im Wettkampf!
»Sieger zweifeln nicht – Zweifler siegen nicht!«
Was für Gedanken führen wohl unsichere & nervöse Sportschützen?
Kannst du dich daran erinnern, was du denkst, wenn du im Wettkampf nervös wirst?
Was für Gedanken führen wohl mental starke Sportschützen?
Kannst du dich daran erinnern, was du denkst, wenn im Wettkampf alles super läuft?
Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass Champions im Wettkampf positive, optimistische, zuversichtliche, gewinnorientierte Gedanken führen (z. B. „Heute ist mein Tag“), während Verlierer bereits in Gedanken das eigene Versagen durchspielen.
Gedanken beeinflussen dein Verhalten, deine Stimmung, deine Leistung. Damit fängt mentales Training an. Durch ein systematisches Mentaltraining lernst du solche Gedanken zu führen, die deine Leistung fördern, statt dich zu bremsen.
Manchmal ist es hinderlich, überhaupt etwas zu denken: Wenn es richtig super läuft, dann denkt man gar nicht mehr darüber nach, was man gerade macht. Man geht einfach in dem Bewegungsfluss auf und alles scheint völlig mühelos und fast automatisch zu laufen. Diesen optimalen Leistungszustand kann man nicht erzwingen, aber man kann lernen, die richtigen Gedanken zu führen, um dadurch die eigene Leistung von der mentalen Seite her optimal zu unterstützen.
Die Wissenschaft, die sich intensiv mit dem Mentaltraining beschäftigt, ist die Sportpsychologie. Da wird zum Teil ein ganz erheblicher Aufwand betrieben, um zu gesicherten Aussagen zu kommen.
Einige interessante Facts
1 Wer sein praktisches Training mit mentalem Training kombiniert, macht im Durchschnitt etwa 15% schnellere Trainingsfortschritte, als jemand, der nur praktisch trainiert (Feltz & Landers, 1983). Im Durchschnitt! Das heißt, es gibt auch Personen, die noch viel mehr von einem systematischen Mentaltraining profitieren.
Andere Studie: Mentales Training beim Lernen einer neuen Bewegung ergab erstaunliche 200% Leistungssteigerung in nur einer Woche (Lejeune et al., 1994)! Die Studie war seriös durchgeführt: Eine Kontrollgruppe, die im gleichen Zeitraum diese Technik nur praktisch trainierte (also ohne begleitendes Mentaltraining), verbesserte sich lediglich um ca. 35%.
Mentales Training für Chirurgen & Zahnmediziner: 15% bessere Operationsergebnisse (Immenroth, 2003) – ein beunruhigendes Ergebnis…
2 Mentales Training erhöht die Toleranz gegenüber körperlicher Belastung um ca. 30% (Bund, 2004).
Wenn man sich nur vorstellt, ein Krafttraining durchzuführen, hat dies schon Auswirkungen auf die Kraftentwicklung. In der Studie von Yue (1990) lagen die Kraftzuwächse durch ein mentales Maximalkrafttraining nach 4 Wochen bei 22%! Allerdings im Anfängerbereich und mit kleinen Muskelgruppen. Dennoch ein erstaunlicher Befund, der z. B. bei verletzungsbedingten Trainingspausen relevant wird.
Mentales Training mit Bluthochdruck-Patienten: 10mmHg Senkung in 6 Monaten durch Mentaltraining (Hildesheimer Gesundheitstraining bei Prof. Unterberger / FH Göttingen).
3 Sportler, die von ihrer Leistung überzeugt sind, können diese besser zeigen, als Sportler, die an sich selbst zweifeln (Mahoney & Avener, 1977).
Der Einfluss der Stimmung auf die Leistung ist inzwischen in zahlreichen Studien nachgewiesen (Abele, 1995). Über die richtigen Gedanken kann man sich in eine positive Stimmung versetzen, und eine positive Stimmung wirkt sich direkt auf die Leistung aus, z. B. bessere Konzentration, bessere Motorik! Das heißt auf Deutsch: Du schießt besser mit der richtigen Stimmung!
Diese Erkenntnis ist so bahnbrechend, dass man im Schwimmen bereits dazu übergegangen ist, das Wassergefühl mit zu den konditionellen Fähigkeiten zu zählen. Das Gefühl im Wasser steht heute gleichbedeutend auf einer Stufe mit Kraft und Ausdauer(!).
4 Es gibt keinen bedeutsamen Einfluss des Trainingsumfangs auf die Leistungsentwicklung (Emrich & Pitsch, 1998). Besser wird man also nicht durch mehr Training, sondern durch besseres Training (»Qualität vor Quantität«), was ein starkes Argument für ein begleitendes Mentaltraining ist: Reduziere deine Trainingsumfänge und steigere dafür die Effektivität deines Trainings durch mentale Übungen.
Übung macht den Meister? Eindeutig nein!
Nur gute Übung macht den Meister!
Wirkungsweise – Warum wirkt mentales Training?
Alle Bewegungen werden vom Kopf her gesteuert. Mentaltraining ist Kopftraining. Wer sein Training mental unterstützt, kommt im Durchschnitt 15% schneller voran als jemand, der nur praktisch schießt.
Doch was heißt eigentlich „schneller vorankommen“? Damit ist gemeint, dass deine gesamte Leistung schneller steigt. Zur Leistung zählt ja noch viel mehr als nur die eigentliche Schießtechnik:
- Wie schaffst du es, das Training in deinen Alltag zu integrieren?
- Wie kannst du dich nach einem anstrengenden Training oder Wettkampf schneller wieder erholen?
- Wie musst du dich ernähren, um im Wettkampf persönliche Bestleistung zu fahren?
- Wie kannst du dich besser und länger im Training und im Wettkampf konzentrieren?
- Wie gehst du mit Druck und mit kritischen Situationen um?
Das sind alles Fragen, die zeigen, dass eine hohe Leistung das Ergebnis zahlreicher Einzelfaktoren ist. Und für jeden Bereich gibt es mittlerweile eine ganze Reihe an effektiven Mentaltechniken, die diesen Leistungsaufbau insgesamt unterstützen.
Die Wirkungsweise
1. Motivationssteigerung
→ Dir ist viel klarer, was du eigentlich willst, du bist erholter und freust dich mehr auf das Training.
2. Konzentrationssteigerung
→ Du lernst, wie du schneller von der Schule oder deinem Berufsalltag abschalten kannst, um dich nun voll auf das Training zu konzentrieren.
3. Mentale Stärke
→ Du gewinnst Selbstvertrauen und bleibst souverän, auch wenn der Druck hoch ist.
In diesen Bereichen liegt letztlich der Mehrwert des Schießtrainings. Klar macht dir Schießen Spaß und du willst als Sportschütze den Erfolg. Aber irgendwann ist deine aktive Laufbahn vorbei, und dann ist die entscheidende Frage: Was hat dir das Schießen ganz persönlich gebracht?
Wer sein Schießen bewusster angeht und durch mentale Übungen ergänzt, zieht aus dieser Zeit viel mehr als nur ein paar Urkunden und Pokale!
Zum Beispiel wie man sich ein Ziel setzt und darauf hinarbeitet (gern gesehen in der Wirtschaft), wie man mit Druck besser umgeht (für Prüfungen in der Schule und im Studium hilfreich), wie man Ausstrahlung und Charisma entwickelt und so persönlich durch den Schießsport wächst.
In diesem Ratgeber soll es um die drei wichtigsten Bereiche aus dem Mentaltraining gehen:
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