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E-Book

Messer machen wie die Profis

AutorErnst G. Siebeneicher-Hellwig
VerlagFranckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl136 Seiten
ISBN9783440152980
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Für Liebhaber sind Messer nicht nur Gebrauchsgegenstände, sondern ästhetische Zeugen handwerklicher Kunst. Zahllose Messerfans träumen davon, sich selbst ein Messer zu machen, das ihren persönlichen Einsatzzwecken gerecht wird und ihren ästhetischen Vorstellungen entspricht. Wie das geht, zeigt ein renommierter Messermacher: Von der Materialwahl über den Zusammenbau bis zum 'letzten Schliff ' informiert er über den Eigenbau des perfekten individuellen Messers. Ob Nicker, Feststehende Messer, Klappmesser, Sax, Damastmesser, Japanische Küchenmesser - hier findet jeder die richtige Anleitung.

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Leseprobe

KLINGENMATERIAL

DER STAHL

Geeignete Materialien sind eine Grundvoraussetzung für die Qualität eines Messers und seine Einsatzmöglichkeiten, das gilt in besonderem Maße für die Klinge. Welcher Stahl der Richtige ist, hängt vor allem von dem Zweck ab, dem ein Messer letztlich dienen soll.

Stähle sind nach der heutigen Definition Eisen-Knetlegierungen, das heißt schmiedbare Eisenlegierungen. Ihre Eigenschaften werden von verschiedenen Elementen bestimmt.

STAHLSORTEN UND -MERKMALE

Der Kohlenstoffgehalt des Stahls spielt eine Schlüsselrolle für seine Eigenschaften und somit seine Anwendungsmöglichkeiten. Die Härtbarkeit des Stahls hängt maßgeblich von seinem Kohlenstoffgehalt ab. 0,45 % bilden die Untergrenze. Überschreitet der Kohlenstoffgehalt die Obergrenze von 1,7 %, lässt sich der Stahl nicht mehr schmieden.

EIGENSCHAFTEN UND WECHSELWIRKUNGEN

Die Kriterien Schneidhaltigkeit, Zähigkeit, Schleifbarkeit und Korrosionsbeständigkeit werden von der chemischen Zusammensetzung des Stahls und von der Wärmebehandlung ganz entscheidend beeinflusst. Diese Kriterien sind aber auch für den Verwendungszweck wichtig, auch deshalb, weil es immer nur Kompromisse geben kann.

Ein sehr harter und schneidhaltiger Stahl ist in aller Regel nicht elastisch. Ein solcher Stahl fällt also für Filetiermesser aus. Ein Metzgermesser muss sich im Einsatz rasch und einfach nachschleifen lassen und soll hochgradig korrosionsbeständig sein. Ein Jagdmesser soll sehr schneidhaltig über einen möglichst langen Zeitraum sein. Hier nimmt man dafür auch einen etwas mehr Zeit raubenden Schleifvorgang in Kauf. So ist bei der Wahl des Stahls ausschlaggebend, für welchen Zweck das Messer zum Einsatz kommen soll, oder anders formuliert, welche Nachteile man für welche Vorteile in Kauf nehmen will.

WÄRMEBEHANDLUNG UND STAHLKATEGORIEN

Wie schon erwähnt, spielt neben den Legierungselementen die Wärmebehandlung des Stahls für den späteren Einsatz als Messer eine entscheidende Rolle. Durch die richtige Wärmebehandlung können bei den hochlegierten Werkzeugstählen herausragende Eigenschaften erzielt werden.

Stähle werden grob in vier Kategorien eingeteilt:

Baustähle

Einsatzstähle

Vergütungsstähle

Werkzeugstähle

Die einzelnen Kategorien werden noch in Untergruppen unterteilt, auf die wir aber hier nicht gesondert eingehen wollen.

Die Eigenschaften eines Stahls stehen in Wechselwirkung zueinander und müssen auf den Einsatzzweck des Messers abgestimmt sein.
Foto: Ekkehard Ophoven

WERKZEUGSTÄHLE

Unter den genannten vier Gruppen sind nur die Werkzeugstähle für den Messermacher geeignet. Auf sie wollen wir nachfolgend etwas näher eingehen.

KOHLENSTOFFSTAHL

Kohlenstoffstähle haben einen hohen Kohlenstoffgehalt von mehr als 0,45 % – bei diesem Anteil fängt erst die Härtbarkeit an – und sind nicht oder wenig legiert. Beispiele sind der 1.7176 oder DIN 55 Cr 3.

Vorteile Kohlenstoffstähle besitzen eine gute Schnitthaltigkeit und lassen sich sehr gut schleifen und schmieden. Wegen ihrer Feinkörnigkeit lassen sie sich sehr fein ausschleifen und erreichen dadurch eine unübertroffene Schärfe. Beispiele dafür sind traditionelle japanische Kochmesser oder Rasiermesser. Rostfreier Stahl (s. u.) hat dagegen einen relativ hohen Chromanteil. Chromkarbide aber sind vergleichsweise grobkörnig, sodass keine extrem scharfe Schneidgeometrie wie beim Kohlenstoffstahl erzeugt werden kann. Sie sind außerdem gutmütig bei der Wärmebehandlung.

Nachteil Kohlenstoffstähle sind nicht rostfrei. Dieser Nachteil kann aber durch die Pflege des Materials ausgeglichen werden. Dazu eignet sich säurefreies Öl, zum Beispiel Kamelienöl, das im Fachhandel zu beziehen ist.

ROSTFREIER STAHL

Rostfreie Stähle sind hochlegierte Stähle mit hohem Chromgehalt (min. 12 %). Da Chrom unedler als Eisen ist, lagert sich der Luftsauerstoff bevorzugt an das Chrom an und bildet eine hauchdünne Schicht, die den Stahl vor Angriffen des Sauerstoffs schützt.

Vergleich der Schneidgeometrie von Kohlenstoffstahl und rostfreiem Stahl
Illustration: Wilfried Sloman

Zusätzliche Legierungselemente sind meist Vanadium, Molybdän etc. Ein Beispiel ist die Stahlsorte 440 C, deren deutsche Bezeichnung X105CrMo17 lautet.

Vorteile Die Pluspunkte rostfreier Stähle bestehen in ihrer Korrosionsbeständigkeit und der hohen Verschleißfestigkeit.

Nachteile Anders als Kohlenstoffstähle, sind rostfreie Stähle nicht einfach zu schleifen und auch schwer zu schmieden. Ihr Temperaturfenster bei der Wärmebehandlung ist eng. Insgesamt gesehen sind rostfreie Stähle teurer und schwieriger zu bearbeiten, als Kohlenstoffstähle.

PULVERMETALLURGISCHER STAHL (PM-STAHL)

PM-Stähle sind hochlegierte Stähle mit hohem Kohlenstoffgehalt und hohem Karbidanteil (Beispiel: CPM T 440 V). Sie entstehen durch ein spezielles, sehr aufwändiges Verfahren: Die Legierungselemente (im Beispiel ein 440er-Stahl und Vanadiumkarbide) werden unter Schutzgas oder Vakuum zu feinem Pulver verdüst und dann unter hoher Temperatur (knapp unter dem Schmelzpunkt) und Druck verpresst (gesintert). Das Verfahren bietet den Vorteil, dass sich Kohlenstoffanteil und die anderen Legierungselemente in höheren Konzentrationen miteinander verbunden werden können, als dies mit den normalen Gussverfahren möglich ist.

Vorteil PM-Stähle besitzen eine extreme Schneidhaltigkeit.

Nachteile Die Stähle haben einen hohen Preis und lassen sich nur sehr schwer bearbeiten.

ALTERNATIVE LOHNHÄRTEREI

Für den Hobbymessermacher, der die Klinge seines Messers selbst herstellen will, eignen sich rostfreie Stähle nur bedingt: Ihr Härten ist nicht einfach und setzt etwas Erfahrung voraus. Die Klinge einer Lohnhärterei anzuvertrauen, ist eine Alternative. Der beauftragten Härterei muss dann aber die genaue Stahlbezeichnung angegeben werden.

DAMASZENERSTAHL

Bei der Herstellung des klassischen Damasts wird weiches, nicht härtbares Eisen mit härtbarem Kohlenstoffstahl feuerverschweißt.

Rostfreie Stähle wie der 440 C (X105 CrMo 17) sind verschleißfest, aber auch schwer zu schleifen und schmieden.
Foto: Ekkehard Ophoven

Vorteile Die Eigenschaften des harten Stahls werden beim Damaszenerstahl kombiniert mit der Flexibilität des Eisens.

Nachteile Damaszenerstahl ist nicht korrosionsbeständig und verlangt ein aufwändiges Schmiedeverfahren. Pulvermetallurgisch hergestellter, rostfreier Damast (zum Beispiel Damasteel) ist ausgesprochen teuer, da der hierzu notwendige Herstellprozess sehr aufwändig ist.

Damaszenerstahl kombiniert die Härte des Stahls mit der Flexibilität von Eisen.
Foto: Ernst Siebeneicher-Hellwig

GEBRÄUCHLICHE STÄHLE IM STECKBRIEF

440 C Ein populärer Stahl, der zu Recht bei Gebrauchsmessern und auch bei Sammlermessern geschätzt wird. Seine Brüder 440 A und B sind nicht gleichwertig in ihren Eigenschaften. Die Herstellerangabe 440 alleine sagt noch nichts aus über die tatsächliche Qualität des Stahls. Diese Bezeichnung ist lediglich ein Indiz dafür, dass es sich um einen rostbeständigen Werkzeugstahl handelt.

ATS 34 Ein sehr reiner Stahl, da doppelt umgeschmolzen. Er übertrifft den 440C an Schneidhaltigkeit, ist aber auch teurer.01Ein gutmütiger Stahl (Ölhärter), der Fehler bei der Warmbehandlung leichter verzeiht. Man muss nur Überhitzen vermeiden. Der Stahl ist nicht rostfrei!

A2 Ein Lufthärter mit hoher Schneidhaltigkeit, gut geeignet zum Messerbau. Er ist nur rostträge.

D2 Ebenfalls ein Lufthärter. Schwerer zu bearbeiten, aber mit sehr guter Schneidhaltigkeit.

Weißer und Blauer Papierstahl Hochreine japanische Kohlenstoffstähle, die dem japanischen Schwertstahl sehr nahekommen. Papierstähle sind gut geeignet für Kochmesser im japanischen Stil, Samuraischwerter und Dolche. Im Fachhandel gibt es verschweißte Flachstähle mit einer Schneidlage aus Papierstahl und Seiten-lagen aus weichem Stahl. Vorteil: Die Seitenlagen stabilisieren die Klinge bei einer Schneidlage aus extrem hartem und scharfem Stahl.

GROBE UNTERSCHEIDUNGSMÖGLICHKEIT VON STÄHLEN

Der interessierte Leser kann einen Stahl, den er in den Händen hält, mittels eines Schleifbockes grob den Kategorien nicht härtbare Baustähle, härtbare Kohlenstoffstähle und Legierungsstähle zuordnen.

Dies geschieht durch die Beobachtung der entstehenden Funken, wenn man den Stahl an die rotierende Schleifscheibe hält. Aber Vorsicht beim Umgang mit dem Schleifbock! Schutzbrille tragen!

Grobschema Funkenbilder: links von Kohlenstoffstahl, rechts Legierungsstahl
Illustration: Matthias Wilcke

Die Funken geben Aufschluss darüber, ob der Stahl viel oder wenig Kohlenstoff enthält, und damit über seine Härtbarkeit. Sie geben auch Auskunft, ob und welche Legierungselemente im Stahl vorhanden sind....

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