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Mobbing

Psychoterror am Arbeitsplatz, in der Schule und im Internet - Tipps und Hilfsangebote

AutorAlfred Fleissner, Dieter Struck, Gerd Arentewicz
VerlagEllert & Richter Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl208 Seiten
ISBN9783831910106
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
Mobbing bereitet nach wie vor erhebliche Probleme. Mobbing durch neue Kommunikationsmedien, auch Cyberbullying genannt, ist eine weitere Spielart der Gewalt unter Jugendlichen, die von beleidigenden SMS bis zur Bloßstellung im Internet führt! Die seelischen, gesundheitlichen und ökonomischen Folgen für die Betroffenen, die Betriebe und Schulen, die Angehörigen sowie für Volkswirtschaft und Sozialkassen sind beträchtlich. Im Arbeitsleben und in der Schule verbringen wir viel Zeit mit anderen Menschen. Dass es dabei hin und wieder zu Problemen kommt, ist unvermeidlich. Wenn aus einem Konflikt aber Mobbing wird, dann sieht die Sache anders aus. Man verliert den Boden unter den Füßen, die Gesundheit bleibt auf der Strecke. Bei Konflikten, Streit und Mobbing werden fachkundige Informationen dringend gebraucht. Die Autoren geben kompetent und praxisnah Auskunft, schildern stressbedingte Veränderungen im Denken, Fühlen und Verhalten sowie typische Gesundheitsschäden. Sie informieren über bestehende Ansprüche gegenüber Vorgesetzten und Kollegen und nennen Anlaufstellen für die Suche nach qualifizierter Hilfe, auch unter arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten. Fazit: Statt übereinander sollte man miteinander reden!

Gerd Arentewicz PD Dr. Gerd Arentewicz, geb. 1946, ist tätig in der Medizinischen Psychologie und Psychotherapie an den Universitäten Hamburg, Kiel und Lübeck. Veröffentlichungen zu Themen der Psychotherapieforschung und (zusammen mit A. Fleissner) zu Konflikten am Arbeitsplatz. Alfred Fleissner Dr. Alfred Fleissner, geb. 1946, ist seit 1995 tätig in der Konflikt- und Motivationsforschung. Veröffentlichungen u. a. in der Hirnforschung und zur Mobbingproblematik. Dieter Struck Dr. Dieter Struck, geb. 1952, ist Fachanwalt für Arbeitsrecht, Vorsitzender der Öffentlichen Rechtsauskunft- und Vergleichsstelle Hamburg. Veröffentlichungen zu Konflikten am Arbeitsplatz, u. a. (zusammen mit A. Fleissner) der Leitfaden 'Die 45 Mobbing-Antworten'.

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Leseprobe

Alfred Fleissner

Wie sich menschliches Erleben und Verhalten zeigt und was sich unter Mobbing verändert

Jeder Mensch muss seine eigenen Erfahrungen machen

Menschen entwickeln in der langen Zeit ihres Heranwachsens eine höchst individuelle Weltsicht. Mittels Gesten, Mimik und Sprache versuchen sie, sich mit ihren Mitmenschen abzustimmen. Gewöhnlich gehen sie davon aus, dass ihr Gegenüber dasselbe wahrnimmt wie sie. Bei Meinungsverschiedenheiten finden sie in der Regel gute Gründe für die Richtigkeit ihrer persönlichen Anschauung. Daher fällt es ihnen immer wieder einmal schwer, gegenteilige Ansichten zu akzeptieren. Missverständnisse behindern auf diese Weise ein einvernehmliches Vorankommen. Die Bildung rivalisierender Gruppen, deren Mitglieder einander gut verstehen und vermeintliche Rivalen ausgrenzen, ergibt sich als nachvollziehbare Konsequenz.

Niemand ist davor gefeit, in eine Mobbingsituation zu geraten. Je weniger man damit rechnet, umso leichter wird man gegebenenfalls böswilligen Widersachern zum Opfer fallen. Und je friedlicher und wohlmeinender man selber eingestellt ist, umso größer ist erfahrungsgemäß das Risiko. In der Regel rechnet man bei seinen Mitmenschen nämlich mit einem der eigenen Grundhaltung entsprechenden Verhalten, solange man keine gegenläufigen Erfahrungen gemacht hat. Daher nehmen Mobbingbetroffene ihre Probleme gewöhnlich erst wahr, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist.

Geistige Fähigkeiten

Die hier angebotenen Erläuterungen zum menschlichen Denkvermögen sollen dazu beitragen, Stressmechanismen zu durchschauen und geeignete Gegenmaßnahmen zu kennen. Dabei ist es hilfreich, unterschiedliche Auffassungen grundsätzlich zuzulassen und Andersdenkende zu verstehen, ohne ihre Meinung gutheißen zu müssen. Das menschliche Gehirn erlaubt, eine ungeheure Vielfalt an Vorstellungen einzubeziehen.

Die Beantwortung folgender Fragen (siehe Kasten) wird den meisten Lesern leichtfallen. Wer aber die Probe aufs Exempel macht und seine Antworten notiert, wird sich über den einen oder anderen Fehler, der ihm wider Erwarten unterlaufen ist, sehr wundern.

Interessanterweise ärgern sich viele Menschen über gemachte Fehler dermaßen, dass sie ihnen nicht ein zweites Mal passieren. Andere fallen bei ähnlichen Fragen wiederholt auf die gleichen Tücken herein. Das macht einen deutlichen Unterschied in Intelligenztests aus, soweit diese auf derartigen Fragen aufgebaut sind.

Fragen, bei denen man ein wenig überlegen sollte, um nicht auf den Leim zu gehen (ein Beispiel: 13 Spatzen sitzen auf einer Stromleitung, von denen ein Jäger mit einer einzigen Schrotladung acht erschießt. Wie viele Spatzen sitzen noch auf der Leitung? Keiner, denn die fünf Überlebenden sind fortgeflogen):

1.   Wenn hier drei Äpfel sind, und du nimmst zwei weg, wie viele hast du dann? (1; 2; 3)

2.   Du nimmst an einem Wettlauf teil und überholst den Zweiten – an welcher Position befindest du dich jetzt? (Position 1; Position 2; Position 3)

3.   Ein paar Monate haben 31 Tage. Wie viele haben 28? (1; 2; 3; 6; 9; 12)

4.   Wie viel mal kannst du eins von zehn abziehen? (0; 1; 3; 5; 9; 10)

5.   Ist es in Kalifornien einem Mann möglich, die Schwester seiner Witwe zu heiraten? (Ja; nein; nein, aber in Deutschland wäre es möglich).

6.   Wie viele Geburtstage hat ein Mensch im Durchschnitt? (1; 2; 35; 78).

7.   Wie viele Zwei-Cent-Briefmarken sind in einem Dutzend? (1; 3; 6; 9; 12).

8.   Gibt es ein Tier, das höher springen kann als der Kölner Dom? (Ja; nein).

9.   Ich zeige dir meine Hände. Es sind zehn Finger. Wie viele Finger haben zehn Hände? (50; 100; 200).

10. Im Keller sind drei Lichtschalter, einer davon schaltet das Licht im ersten Stock ein – du weißt aber nicht, welcher. Du darfst nur einmal in den ersten Stock gehen, um nachzusehen, ob die Lampe brennt. Wie findest du heraus, welcher der drei Schalter die Lampe schaltet?

Sofern man die Antworten weiß, erscheinen alle Fragen sehr leicht, ansonsten wird man aber ganz schön ins Schwitzen kommen.

Wie arbeitet das Gehirn?

Rückkopplungsprozesse der Nerventätigkeit im Gehirn verstärken im ununterbrochenen Abgleich mit der äußeren Wirklichkeit alles Passende. Störende Unvereinbarkeiten bleiben entweder unbeachtet oder sorgen für eine behutsame Annäherung der Auffassungen. Während der Evolution des Menschen haben sich neben den Reflexen aufwendigere Denkprozesse bewährt, die zu wohlüberlegten Entscheidungen führen. Indem die Analyse der jeweiligen Situation frühere Erfahrungen einbezieht, kann aus kleinen Missgeschicken gelernt werden. Schwerwiegende Fehler lassen sich so weitestgehend vermeiden. Bedeutsame Signale aus dem Reizangebot finden Beachtung, andere werden als unpassend verworfen und bleiben außen vor. Gelangen Gedächtnisinhalte ins Bewusstsein, scheinen die auslösenden Sachverhalte wichtig zu sein. Dabei spielen Erinnerungen aus der Kindheit in Form von Gefühlen eine wesentliche Rolle. Die Gefühlslage bestimmt (ganz im Sinne des Wortes Stimmung), wie die einwirkenden Reize interpretiert werden.

Die Möglichkeit der Einflussnahme von außen hängt davon ab, ob es überhaupt empfangsbereite Sensoren gibt, die mithilfe von aktivierten Nervenzellen entsprechende Impulse in das Gehirn weiterleiten. Erregende Nervenzellen sind gewöhnlich mit hemmenden Nervenzellen verschaltet, die eine Übererregung verhindern. Einerseits geschieht das durch bremsende Rückkopplung (analog dem mechanischen Fliehkraftregler bei der Dampfmaschine), andererseits durch verstärkte Hemmung, die vom Gehirn aufgrund spezifischer Vorerfahrungen ausgeht und eine Weiterleitung der Impulse erst bei massiver Reizeinwirkung zulässt. Reicht die Hemmung bei überstarken Reizen nicht aus und überfluten erregende Impulse das Gehirn, können Krampfanfälle auftreten.

Die einzelnen Nervenzellen werden erst bei überschwelliger Erregung aktiv. Somit entstehen im Gehirn Raum-Zeit-Muster von Impulsen, die starke von außen empfangene Signale mit den im Gehirn vorhandenen Informationen kombinieren. Erinnerungen sind auf diese Weise als dynamische Zustände von miteinander weiträumig vernetzten Nervenzellverbänden so verteilt, dass sie im Normalfall niemals spurlos verschwinden werden. Selbst durch den Ausfall einzelner Nervenzellen oder durch Modifikation der Verbindungen können gut verankerte Gedächtnisinhalte nicht verloren gehen. Nervenzellgruppen werden durch Lernprozesse in immer neuen Konstellationen verbunden, deren gemeinsame Aktivierung dann den jeweiligen Gedächtnisinhalt repräsentiert. Einzelne Nervenzellen sind an der Speicherung sehr vieler Inhalte beteiligt, nur die Zusammensetzung, in der sie aktiv werden, ist verschieden. Mit der Zeit gehören dieselben Nervenzellen also zu immer mehr unterschiedlichen Inhalten. Damit nimmt die „Zugriffsschärfe“ notgedrungen ab, was sich umso störender auf das spontane Erinnerungsvermögen auswirkt, je mehr Zusammenhänge bereits gespeichert wurden. Schriftlich niedergelegtes Wissen, das jederzeit nachgelesen werden kann, trägt wesentlich zur Aufrechterhaltung der lebensnotwendigen Bedingungen bei und kann als kulturelles Gedächtnis betrachtet werden.

Interessengeleitet lernen wir andauernd hinzu. Beim erneuten Lesen eines Textes entdecken wir oft ganz andere Inhalte als beim ersten Mal. Das beruht auf dem kontinuierlichen Denkprozess in unserem Gehirn. Die Dynamik wird durch Dauerhaftes wie zum Beispiel die Lage der Fenster und Türen in unserer Wohnung stabilisiert. Der Hell-Dunkel-Wechsel in der Natur ist ebenso verlässlich wie die Schwerkraft, die Worte in diesem Text bleiben dieselben, wenn wir ihn morgen wieder lesen. Daher merken wir nicht, wie leicht unser Denken eigentlich aus dem Gleis geraten kann. Störeinflüsse, wie zum Beispiel ein Erdbeben, wirken sich äußerst destabilisierend und somit stark ängstigend aus und bedeuten extremen Stress.

Von der andauernden Informationsverarbeitung und den aktivitätsbedingten Veränderungen in unserem Gehirn nehmen wir gewöhnlich nichts wahr. Nur die Anteile, die aufgrund eines alarmierenden Erregungsniveaus von Bedeutung zu sein scheinen und die Bewusstseinsschwelle durch Aktivierung entsprechender Hirnregionen überschreiten (der Thalamus gilt als Tor zum Bewusstsein), können überhaupt beachtet werden. Mit wacher Aufmerksamkeit sorgen wir dafür, möglichst jede Unsicherheit bezüglich unserer unmittelbaren Umgebung zu beseitigen. Soweit uns das gelingt, ist dies mit erheblichem Lustgewinn und großer seelischer Beruhigung verbunden. Deshalb sind wir auch zu stumpfsinnigen Übungen bereit, solange wir Erfolge erkennen. Immer wieder dürfen wir unnachahmliche Leistungen bewundern, die nur durch beharrliche, zielgerichtete Förderung von Talenten zustande kommen konnten.

Wer sich beispielsweise an die erste Fahrstunde beim Erwerb seines Führerscheins erinnert und die damalige Situation damit vergleicht, wie er heute Auto fährt, kann ermessen, wie viele Abläufe mittlerweile bestens koordiniert unbewusst im Gehirn stattfinden. Als Autofahrer verlassen wir uns auf die Verkehrsregeln und sind sicher, dass wir bei grünen Ampeln fahren dürfen. Ausnahmesituationen verunsichern uns. Das...

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