Sie sind hier
E-Book

Mobile Musik: Die mobile iPod-Hörkultur und ihre gesellschaftlichen und ästhetischen Konsequenzen

AutorDanja Ulrich
VerlagDiplomica Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl110 Seiten
ISBN9783842831254
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Technologien wie Mobiltelefone, Laptops oder der iPod sind Ausdruck eines aktuellen weltumspannenden Mobilisierungsprozesses, bei dem vormals stationäre technische Artefakte zu mobilen Alltagsbegleitern avancieren. Kulturtechniken, die traditionell in den eigenen vier Wänden stattfanden, verlagern sich dadurch in den öffentlichen Raum. Paradigmatisch für dieses Phänomen wird das mobile Musikhören mit Hilfe des iPods in den Fokus der vorliegenden Studie gesetzt. Durch eine gesellschaftliche und ästhetische Perspektivierung des mobilen Musikkonsums tritt die Studie in einen Dialog zu bisher bestehenden Werturteilen, die seit Einführung des Walkmans das Bild des mobilen Hörers prägten. Diese deuteten das personalisierte und singuläre Musikhören im öffentlichen Raum überwiegend als Anzeichen einer sich 'atomisierenden' Gesellschaft, oder auch als 'verdorbenes Gehör'.
Doch hatten die kulturkritischen Meinungen Recht? Mit Hilfe einer technischen Dimension, welche die Weiterentwicklung des iPods hin zum webfähigen Smartphone verfolgt, wird eine Gegenwartsdiagnose skizziert, welche die zunehmende Privatsphäre im öffentlichen Raum mit den wachsenden Vernetzungsprozessen durch mobile Internet-Technologien zusammen denkt.
Daneben wird der mobile Hörer im musikästhetischen Diskurs positioniert, mit dem Ziel den mobilen Rezeptionsakt nicht als 'minderwertiges' Musikhören zu verstehen, sondern dessen eigene ästhetische Qualität anzuerkennen.

Danja Ulrich, Jahrgang 1984, hat Musikwissenschaft, Kunstgeschichte und Neuere deutsche Literatur an der Friedrich-Wilhelm Universität in Bonn studiert. Heute arbeitet sie in einem Internet-Unternehmen in Berlin. In ihrem Magisterstudium hat sich die Autorin auf die wechselseitige Durchdringung von Musiksoziologie und Kunstästhetik ab Ende des 18. Jahrhunderts und der Frage nach der Legitimation und kulturellen Entstehung von Kritik an Kunst und Kulturkritik spezialisiert. Dabei stand immer wieder die Frage im Fokus, was Kunst für die Kritiker zu Kunst macht und inwiefern damalige Wertungsmaxime auch heute noch unsere ästhetischen Werturteile determinieren. Praktische Erfahrung konnte die Autorin auf diesem Gebiet bei ihrem Praktikum beim Deutschen Musikrat, dem Interessenverband der Musizierenden in Deutschland, sammeln. Nebenbei arbeitet die Autorin als freie Journalistin.

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Leseprobe
Textprobe: Kapitel 3.3.2, Antithese: Der iPod schafft Verbindungen: Wie bereits erwähnt, akzentuiert Bull bei der Nutzung moderner Technologien zwar primär die Isolation des Subjekts, verweist jedoch darauf, dass der iPod auch Verbindungen schaffe: 'Media technologies simultaneously isolate and connect.' Dabei stellt sich die Frage, welche Verbindungen er diskutiert und wie er diese mit seiner Isolationsthese in Einklang bringt. Die Verbindung, die der mobile Hörer durch den iPod aufbaut, sieht Bull in der kontinuierlichen Begleitung von Musik. Er spricht von einem 'tethered' self to sound technologies.' Bei der Beschreibung dieser Verbindungsform bezieht er sich auf Adornos Idee der 'mediated we-ness.' 'We-ness' bedeutet dabei eine medial aufgebauten Form der Verbindung zwischen Hörer und Musik, Fernseher oder Radio: '(...) the listener who remembers a hit song will turn into the song's ideal subject, into the person for whom the song ideally speaks. At the same time, as one of many who identify with the fictitious subject, he will feel isolated ease as he himself feels integrated into the community of 'fans'.' Technologien helfen in diesem Sinne Nähe und Wärme zu vermitteln und eine soziale Integration zu ermöglichen: 'Personal-stereo use provides the user with a sense of being 'connected'.' Diese Möglichkeit wertet Bull als Versuch die Nähe und Wärme, die der urbane Raum nicht mehr bietet, anhand von Technologien trotzdem zu erfahren: 'Music represents to the urban subject a utopian longing for what they desire but cannot achieve.' Dass diese Nähe in der Vergangenheit traditionell von Menschen ausging, macht Bull mit Rückgriff auf den Soziologen Ferdinand Tönnies deutlich. Dieser dichotomisiert das soziale Miteinander in eine prä-industrielle, warme, intime Gemeinschaft und eine moderne, distanzierte, auf Nutzen bedachte Gesellschaft. Anstatt diese 'warmen' Erfahrungen im Zwischenmenschlichen zu machen, wird das Bedürfnis nach Nähe - ganz im Sinne des Konzepts von 'warm' und chilly' - heutzutage zunehmend durch Technologien gestillt. Mit der steigenden Nutzung von Technologien nimmt für Bull auch die Quantität medial vermittelter Erfahrung zu: 'Mediated aural proximity constitutes states of 'we-ness' whereby 'direct' experience is either substituted or transformed by a mediated, technological form of aural experience.' Bei der Beurteilung der 'we-ness' ist Bull der Ansicht, dass technologisch vermittelte Erfahrung eine Form der 'indirekten' Erfahrung sei, die zunehmend die 'direkte' Erfahrung substituiere. Mit Referenz auf Adorno und Horkheimer teilt Bull die Vorstellung, reproduzierte Musik und Technologien erzeugen lediglich eine 'Illusion der Direktheit' beziehungsweise eine Illusion der Gemeinschaft: 'Music substitutes that which is desired for itself, producing an illusion of immediacy in a totally mediated world.' Bull bezieht sich in seiner Argumentation und Beschreibung der 'states of 'we-ness' auch auf den amerikanischen Politikwissenschaftler Robert Putnam und den französischen Philosophen Claude Lefort, die in diesem Kontext von einer ''false sense' of companionship' oder 'constant illusion of a between us, an entre-nous in which the media provoke an hallucination of nearness' sprechen. Bull ist demnach der Meinung, dass der iPod zwar eine Nähe oder Intimität zur Musik oder zum Sänger suggeriere, den mobilen Hörer dabei jedoch nicht pragmatisch vernetze, sondern lediglich zu einer 'accompanied solitude' führe. Die technologisch vermittelte Nähe ist für Bull lediglich eine imaginierte Nähe, quasi eine vermittelte Erfahrung der Imagination von Begleitung: 'Personal-Stereo users move in public isolation but are not alone in their mediated flights of the imagination. Users are never 'alone' as theirs is a more intimate yet more 'isolated' form of company.' Wenn Bull von einer Dialektik der iPod-Kultur spricht, bei der sich der Hörer sowohl isoliert als auch verbindet, dann erscheint seine Antithese gegenüber der These eher schwach. Anstatt pragmatische Formen zu diskutieren, baut der Hörer für Bull lediglich imaginäre Verbindungen auf. So beschreibt Bull auch keine ausgeglichene Synthese, bei der Isolation zu pragmatischen Verbindungen führt, sondern spricht von einer 'begleiteten Einsamkeit'. Aber wird der mobile Hörer durch die Technologie wirklich nur imaginativ begleitet oder kollidiert diese These mit kulturellen Praktiken oder technischen Strukturen des iPods, bei denen sehr wohl zwischenmenschliche Verbindungen über die Isolation aufgebaut werden?
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
MOBILE MUSIK: Die mobile iPod-Hörkulturund ihre gesellschaftlichen &ästhetischen Konsequenzen1
Inhaltsverzeichnis3
1. Einleitung5
2. Perspektivierung / Vorgehen11
3. Soziokulturelle Dimension15
3.1 Die Kulturkritik am Walkman16
3.2. Hosokawa Der Walkman-Effekt18
3.2.1. Das Wirkungs-Ereignis19
3.2.2 Die integrative Funktion des Walkman21
3.2.3 Kritik23
3.3 Michael Bull Sound Moves: The Dialectic of 'mediated isolation'24
3.3.1 These: Der iPod isoliert26
3.3.2 Antithese: Der iPod schafft Verbindungen32
3.3.3 Synthese: Verbindung durch Isolation34
3.3.4 Kritik36
3.4 Zwischenfazit: Zwischen affirmativer und isolierender Distanz43
4. Technische Dimension45
4.1 Der iPod als materielle Kultur45
4.2 Technikgeschichte: Die iPod-Generationen46
4.3 iPod touch und iPhone49
4.4 Applikationen50
4.5 Archivierungskonzepte / Playlist-Generatoren52
4.5.1 iTunes52
4.5.2 Last.fm54
4.5.3 mufin / Globalmusic2one55
4.6 Zwischenfazit: Gemeinschaft durch Individualisierung57
5. Ästhetische Dimension63
5.1 Mobiler Hörmodus63
5.2 Der mobile Hörer als Typ musikalischen Verhaltens70
5.3 „Verdorbenes Gehört?“ Mobiles Hören zwischen Werk- und Wirkungsästhetik74
5.4 Es schläft ein Lied in allen Dingen: Die Aisthetik Gernot Böhmes75
5.4.1 Mobiles Hören und die Schaffung von Atmosphären77
5.5 Sabine Sanios 'erweiterte' Ästhetik der Klangkunst79
5.5.1 Und die Welt hebt an zu singen: Walkman-Effekt und Klangkunst82
5.5.2 Die Performanz der ästhetischen Erfahrung83
5.6 Zwischenfazit – Die ästhetische Qualität des Hörens84
6. Schluss87
Literaturverzeichnis97
Anhang109

Weitere E-Books zum Thema: Musik - Instrumente - Jazz - Musikwissenschaft

Jahrbuch Musikpsychologie Band 17

E-Book Jahrbuch Musikpsychologie Band 17
Musikalische Begabung und Expertise Format: PDF

Der Schwerpunkt von Band 16 ist dem Thema "Wirkungen und kognitive Verarbeitung in der Musik" gewidmet. Themen sind u.a.: Understanding the expressive performance movements of a solo pianist,…

Jahrbuch Musikpsychologie Band 17

E-Book Jahrbuch Musikpsychologie Band 17
Musikalische Begabung und Expertise Format: PDF

Der Schwerpunkt von Band 16 ist dem Thema "Wirkungen und kognitive Verarbeitung in der Musik" gewidmet. Themen sind u.a.: Understanding the expressive performance movements of a solo pianist,…

Jahrbuch Musikpsychologie Band 17

E-Book Jahrbuch Musikpsychologie Band 17
Musikalische Begabung und Expertise Format: PDF

Der Schwerpunkt von Band 16 ist dem Thema "Wirkungen und kognitive Verarbeitung in der Musik" gewidmet. Themen sind u.a.: Understanding the expressive performance movements of a solo pianist,…

Plastizität und Bewegung

E-Book Plastizität und Bewegung
Körperlichkeit in der Musik und im Musikdenken des frühen 20. Jahrhunderts Format: PDF

Musik vermag es, Körperlichkeit in neuer Weise für die Kulturwissenschaften fruchtbar zu machen. Zu oft missverstanden als klingendes Beiwerk bewegter Körper in Tanz oder szenischer…

Plastizität und Bewegung

E-Book Plastizität und Bewegung
Körperlichkeit in der Musik und im Musikdenken des frühen 20. Jahrhunderts Format: PDF

Musik vermag es, Körperlichkeit in neuer Weise für die Kulturwissenschaften fruchtbar zu machen. Zu oft missverstanden als klingendes Beiwerk bewegter Körper in Tanz oder szenischer…

Weitere Zeitschriften

Card Forum International

Card Forum International

Card Forum International, Magazine for Card Technologies and Applications, is a leading source for information in the field of card-based payment systems, related technologies, and required reading ...

Computerwoche

Computerwoche

Die COMPUTERWOCHE berichtet schnell und detailliert über alle Belange der Informations- und Kommunikationstechnik in Unternehmen – über Trends, neue Technologien, Produkte und Märkte. IT-Manager ...

Courier

Courier

The Bayer CropScience Magazine for Modern AgriculturePflanzenschutzmagazin für den Landwirt, landwirtschaftlichen Berater, Händler und generell am Thema Interessierten, mit umfassender ...

crescendo

crescendo

Die Zeitschrift für Blas- und Spielleutemusik in NRW - Informationen aus dem Volksmusikerbund NRW - Berichte aus 23 Kreisverbänden mit über 1000 Blasorchestern, Spielmanns- und Fanfarenzügen - ...

dima

dima

Bau und Einsatz von Werkzeugmaschinen für spangebende und spanlose sowie abtragende und umformende Fertigungsverfahren. dima - die maschine - bietet als Fachzeitschrift die Kommunikationsplattform ...

DULV info

DULV info

UL-Technik, UL-Flugbetrieb, Luftrecht, Reiseberichte, Verbandsinte. Der Deutsche Ultraleichtflugverband e. V. - oder kurz DULV - wurde 1982 von ein paar Enthusiasten gegründet. Wegen der hohen ...

IT-BUSINESS

IT-BUSINESS

IT-BUSINESS ist seit mehr als 25 Jahren die Fachzeitschrift für den IT-Markt Sie liefert 2-wöchentlich fundiert recherchierte Themen, praxisbezogene Fallstudien, aktuelle Hintergrundberichte aus ...

filmdienst#de

filmdienst#de

filmdienst.de führt die Tradition der 1947 gegründeten Zeitschrift FILMDIENST im digitalen Zeitalter fort. Wir begleiten seit 1947 Filme in allen ihren Ausprägungen und Erscheinungsformen.  ...