Vorwort
Dieses Buch enthält Texte von Missionar Dieter Mascher (1937-2015), die er zusammengestellt und als Datei hinterlassen hat mit dem ausdrücklichen Wunsch, dass sie veröffentlicht werden. Dieter Mascher hat über fünfzig Jahre unter den Tswanas im Nordwesten Südafrikas gelebt, hat ihre Sprache nicht nur fließend gesprochen, sondern auch über dreißig Jahre gelehrt.
1964 wurde er von der Hermannsburger Mission in das von der Apartheid gezeichnete Südafrika ausgesandt. Er lernte zusammen mit seiner Frau Maria Mascher Tswana an der Witwatersrand Universität bei Professor D. T. Cole. Dieser wissenschaftlich orientierte Sprachunterricht legte die Grundlage für Dieter Maschers Tswanakurs.
Dieter Mascher war kein Wissenschaftler, aber er war gut informiert, belesen und teilte gern seine Gedanken und Einsichten mit anderen. Er hat viele Vorträge gehalten, die in diesem Buch festgehalten sind. Sein Spezialgebiet war die Sprachenpolitik in Afrika. Wie unterichtet man eine strukturfremde Sprache? Welche Förderung von muttersprachlichem Unterricht in Südafrika/Afrika ist nötig?
Das alles eignete er sich neben seiner Arbeit als Pastor, Superintendent und Bischofsvertreter in der ELCSA an. Das war nur möglich, weil Maria ihm viel Arbeit abgenommen hat. Sie hielt Konfirmandenunterricht und sorgte für die Familie, unterrichtete Sprachschüler und -schülerinnen. Das ist im Brief ihres Sohnes Konstantin beschrieben (Text 10). Dieser Brief drückt in schöner Weise aus, was Maria ihren Söhnen auf den Weg mitgegeben hat.
Beide, Maria und Dieter, gehörten zur Koinonia, in der großen Wert darauf gelegte wurde, die Sprache der Menschen so gut wie möglich zu lernen. Dieter entwickelte eine Didaktik für die Tswana-Tonregeln, diese Tonregeln zu vermittteln. Bis dahin galt die Meinung: Ausländer können Tswana niemals richtig lernen. Dieter war einer der Ersten, der das widerlegte. Als er 1979 erstmals Missionare der Hermannsburger Mission in Tswana unterrichtete, begann er systematisch einen Kurs zu entwickeln, an dem er bis kurz vor seinem Tod gearbeitet hat.
Dieter war Missionar, nicht Sprachlehrer, aber er merkte bald, welch große Rolle das Erlernen und Beherrschen einer afrikanischen Sprache im Miteinander zwischen den Rassen und Kulturen spielt. Die Sprache schließt das Herz der Menschen auf. Das Sprechen einer afrikanischen Sprache in einem Land, das von Trennung, Rassismus und Verachtung gezeichnet war, ermöglichte ein Miteinander auf Augenhöhe. Bis heute ist das eine der schönsten Erfahrungen, die Weiße in Südafrika machen können, wenn sie eine afrikanische Sprache lernen: Ich werde zum Menschen, ich bin nicht mehr „die oder der Weiße“, wenn ich Tswana spreche. Ein lustiges Erlebnis in unserem Montessorikindergarten war folgendes: Ein Kind kommt zu mir, schaut mich von der Seite an und fragt mich: „Mme Lerato (das ist mein Tswananame), bist du eine „lekgoa“ (das ist ein abwertendes Wort für Weiße)?“ Ich frage zurück: „Denkst du, dass ich eine „lekgoa“ bin?“ Das Kind schüttelt den Kopf: „Nein, du sprichst doch wie wir, nein, du bist keine „lekgoa“.“
Mehrere Texte in diesem Buch beschäftigen sich mit dem Thema Sprache oder damit, wie eine afrikanische Sprache gelernt werden sollte. Einige sind geschrieben von ehemaligen Sprachschülern und -schülerinnen, die bei Dieter Tswana gelernt haben. Das sind die Texte 4a von Frau Prof. Zerbian, Text 5 von Angelika Krug, Text 6a von Wolfgang Hermann, Text 12 von Pastor I. Motswasele, Text 13 von Christoph Zöller und Text 14 von Undine Rauter.
Dieter Maschers (Anliegen) Gedanken über die Bedeutung des Lernens und Lehrens von afrikanischen Sprachen kommt in den Texten 4 und 4.1 zum Ausdruck.
Ein zweites großes Anliegen von Dieter war es, die Laien in der Kirche zu stärken und zuzurüsten. Das hat er aus der Evangelischen Jugendarbeit im Sprengel Göttingen mitgebracht und in Afrika fortgesetzt. Mündige Christen im Sinne des “Priestertums aller Gläubigen” brauchen Gebet, geistliche Impulse und Zeiten der Zurückgezogenheit. Die Texte zum Thema Gebet und die Texte über den Laienmissionar thematisieren dieses Anliegen.
Die Texte 2 („Missionstrategien-Perspektiven aus der Geschichte“) und 3 („Sol Tshekisho Plaatje “)zeigen, wie Dieter Mascher die Missionsgeschichte und deren Folgen mit der heutigen kirchlichen Arbeit und den gegenwärtigen gesellschaftlichen Herausforderungen verknüpft hat.
Einige Artikel sind ursprünglich Reden von Freunden, die bei der Trauerfeier in der Corvinuskirche in Göttingen am 21.11.2015 gehalten wurden.
Text 12 wurde von Pastor I. Motswasele geschrieben, einem Kollegen von Dieter Mascher, der ihn seit seiner Ankunft in Südafrika (1964) kannte und mit ihm im Gespräch geblieben ist über all die Jahre. Er schildert Dieter Mascher aus der Sicht der Tswanas. Dieter hatte viele Spitznamen, einer davon erscheint im Buchtitel und auch im Beitrag von Pastor I. Motswasele: „moetabosigo“, der nächtliche Besucher. Kulturell sind Besuche in der Dunkelheit nicht üblich. Dieter Mascher hatte als Pastor/Missionar hohes Ansehen bei seinen Kollegen und Kolleginnen und bei Gemeinden und Kirchenvorständen. Wenn er abends kam, wurde das akzeptiert, dennoch zeigt der Spitzname „moeta bosigo (der, zur Nacht kam), dass es für die Tswanas etwas Kurioses war.
Die Beiträge von Dieter Mascher in diesem Buch wurden über einen Zeitraum von vierzig Jahren geschrieben, in dem Südafrika, die Kirche und die Sprache sich gewandelt haben. Die vorliegenden Texte wurden weitgehend im Original belassen; nur bei missverständlichen Formulierungen wurden Veränderungen vorgenommen, einige Sätze wurden sprachlich geglättet.
Wir danken allen Autoren und Autorinnen, die zu diesem Buch beigetragen haben. Wir danken den Söhnen von Maschers: Peter, Alexander, Gregor und Konstantin, die uns die Dateien von Dieter großzügig überlassen haben. Wir danken den Lektoren: Stefan Liebner , Stefan Drößler und Hans-Georg Kelterborn. Für das Layout und die Druckvorbereitungen danken wir Christian Störmer. Die Fotos erhielten wir freundlicherweise von Brigitte Baumann, Peter Mascher und Elena Bokelmann.
Gedankt sei ebenso der Koinonia (Epiphaniaskreis, Blaue Koinonia, Communität Koinonia und Geschwisterschaft Koinonia), die durch Spenden dieses Buch ermöglicht haben.
Christel Hermann
Nina Dürr
Geb: 10.09.1945
Ausbildung zur Erzieherin, Studium zum Lehramt an Grund- und Hauptschulen, verheiratet seit 1968 mit Ekkehard Dürr. Sie haben zwei Söhne.
Seit 1978 sind Dürrs Mitglieder der Communität Koinonia.
Sie arbeitete 1 1/4 Jahre als Lehrerin in Äthiopien, später Mitarbeit im Ev. Luth. Missionswerk in Niedersachsen als Referentin für Frauen in der Ökumene mit vielen Reisen in die Frauenarbeit der Partnerkirchen (Schwerpunkt Afrika).
Viele eindrucksvolle Begegnungen mit Maria und Dieter Mascher in Südafrika und bei Deutschlandaufenthalten
Bei der Verwendung des Volksnamens „Tswana“ haben wir weitgehend darauf verzichtet, die spracheigenen Vorsilben (se-, mo-, ba-) zu verwenden. Singular und Plural ergeben sich aus dem Kontext. In einigen Texten wird das Wort Setswana verwendet, was die Sprache der Tswanas meint.
Moruti ist die Bezeichnung für einen Pastor im Tswana.
Seit der Wende in Südafrika (1994) haben sich viele Ortsnamen verändert. Mafikeng heisst heute Mahikeng. Südafrika hat insgesamt neun Provinzen. North West ist die Provinz, in der Maschers die längste Zeit gelebt und gearbeitet haben. In manchen Texten, die aus den siebziger Jahren stammen, wird die alte Bezeichnung „Transvaal“ benutzt, die heute nicht mehr existiert.
Wie oben schon erwähnt, stammen etliche Beiträge in diesem Buch aus den siebziger/achtziger Jahren und enthalten Formulierungen, die der heutigen geschlechtergerechten Sprache nicht entsprechen. Wir haben die Sprache angepasst. Wo das nicht geschehen ist, gilt: Alle Personen- und Funktionsbezeichnungen, die in der männlichen Form verwendet werden, gelten sinngemäß auch in der weiblichen Form .
Das Titelbild zeigt eine Karte, die 1972 in THE TIMES erschienen ist. Sie bildet eindrucksvoll die Vielzahl der Sprachgruppen Afrikas ab.
Die Herausgeberinnen
Christel Lerato Hermann
Jahrgang 1954, gehört seit 1979 zur Communität Koinonia und lebt seit 1987 in Südafrika. Sie ist verheiratet mit Wolfgang Hermann, sie haben zwei Kinder.
1988 hat sie für ein Jahr bei Maschers gelebt und bei Dieter Mascher Tswana gelernt. Sie hat eine Ausbildung als Lehrerin fürs Gymnasium, hat sieben Jahre als Studienrätin in Stadthagen gearbeitet. Vier Jahre hat sie im damaligen homeland Bophuthatswana unterrichtet.
Seit 2002 arbeitet sie mit in der NPO Tsibogang Christian Action Group. Zur Zeit ist sie verantwortlich für die beiden Montessori...