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Moralisches Handeln von Unternehmen

Eine Weiterentwicklung des neuen St. Galler Management-Modells und der Ökonomischen Ethik

AutorRegina Schwegler
VerlagGabler Verlag
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl381 Seiten
ISBN9783834981226
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis62,99 EUR
Regina Schwegler geht der Frage nach, welche Möglichkeiten und Grenzen Unternehmen haben, in einem marktwirtschaftlichen Wettbewerb moralisch zu handeln. Sie entwickelt das neue St. Galler Management-Modell und die Ökonomische Ethik weiter, indem sie systematisch aufzeigt, inwieweit Wirtschaft und Moral aus Unternehmenssicht Hand in Hand gehen. Zudem gibt sie Unternehmen Hinweise, wie moralische Ansprüche weitestgehend mit Wettbewerbsbedingungen in Einklang gebracht werden können.

Regina Schwegler promovierte bei Prof. Dr. Harald Dyckhoff am Lehrstuhl für Unternehmenstheorie, insb. Nachhaltige Produktion und Industrielles Controlling, der RWTH Aachen. Sie ist als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der INFRAS AG in Zürich tätig.

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Leseprobe
7 Die Governanceethik von Wieland (S. 189-190)

Josef Wieland leistet mit seinem Ansatz einer Governanceethik einen wertvollen Beitrag zur theoretischen Integration moralischer Werte in die Neue Institutionenökonomik. Es wird deutlich werden, dass dieser Ansatz für die vorliegende Arbeit eine nahezu ideale Ergänzung darstellt: Zunächst fundiert Wieland seinen Ansatz organisationstheoretisch, indem er bestehende institutionenökonomische Ansätze zu einer deskriptiven, anwendungsbezogenen und mikroanalytischen „Ökonomik der Transaktionsatmosphäre" erweitert (Abschnitt 7.1).

Dabei gelingt es ihm, die systemtheoretischen und institutionenökonomischen Metatheorien seines Ansatzes stringent zusammenzuführen und auf diese Weise die Bezogenheit von Unternehmen auf das Wirtschaftssystem zu begründen. Wieland arbeitet zudem die Funktion und Leistung des Moralsystems für die Gesellschaft heraus. Dabei zeigt er, dass dieses eine unabdingbare und genuine Leistung insbesondere für Organisationen im Allgemeinen und Unternehmen im Besonderen erbringt. Schließlich stellt er dar, wie Unternehmen von Moral in Ökonomie übersetzen, um kooperatives unternehmerisches Handeln überhaupt zu ermöglichen, und welche Rolle Parameter wie tugendethische Werte, Reputation, Vertrauen etc. dabei spielen. Welche Aufgaben erwachsen dem Management daraus?

Dieser Frage widmet sich der normative Kern der Governanceethik Wielands (Abschnitt 7.2). Er weist auf die zentralen Faktoren hin, die für eine effektive und effiziente Verankerung der Moral in Unternehmen wichtig sind. Darüber hinaus legt er dar, durch welche einzelnen Schritte ein solches „Wertemanagementsystem" in die Regeln des Unternehmens – die Strategien, Strukturen und Kulturen – implementiert werden kann. Was sind die Stärken und Schwächen der Governanceethik?

Diese Frage wird in Abschnitt 7.3 diskutiert. Dabei wird sich zeigen, dass die wesentlichen Stärken des Ansatzes darin bestehen, einerseits mit der Ökonomischen Ethik kompatibel zu sein und andererseits diesen Ansatz optimal zu ergänzen. Die Schwächen des Ansatzes, welche anschließend erläutert werden, münden schließlich in dessen gezielte Weiterentwicklung. Auf diese Weise können in Kapitel 8 die modifizierten Ansätze der Governanceethik und der Ökonomischen Ethik in das neue St. Galler Management-Modell eingearbeitet werden.

7.1 Die Ökonomik der Transaktionsatmosphäre

7.1.1 Systemtheoretische Grundlagen


Bei der Beschreibung der modernen gesellschaftlichen Strukturen, in denen unternehmerisches Handeln stattfindet, lehnt sich Wieland (1996, S. 88ff.) – ebenso wie Rüegg-Stürm (2002) und Homann (1993)869 – weitgehend an die soziologische neuere Systemtheorie870 an. Derzufolge sind die grundlegenden Einheiten der Gesellschaft Kommunikationen. Die indivi duellen Akteure stellen als Menschen – als psychische und biologische Systeme – eine (unabdingbare) Umwelt der Gesellschaft dar.871 Die moderne Gesellschaft hat sich in verschiedene gleichrangige und autonome funktionale Teilsysteme ausdifferenziert.

Diese Gesellschaftsevolution sieht Wieland (2004b, S. 7) als irreversibel und höchst produktiv an. Die Funktionssysteme haben im Zuge der Differenzierung spezifische binäre Leitcodes herausgebildet, im Fall der Wirtschaft ist dies der Code „Angebot – Nachfrage". Die Wirtschaft verfügt über einen symbolisch generalisierten Kommunikationsmechanismus in Form des Mediums Geld, dessen Einführung eine monetäre Zweitcodierung „Zahlungsangebot – Zahlungsnachfrage" mit sich gebracht hat.

Die Zweitcodierung führt zur Preisbildung für Güter und Dienstleistungen. Dieser hoch effiziente Preismechanismus koordiniert Transaktionen von Verfügungsrechten über den Markt und alloziert knappe Ressourcen. Die Funktion der Wirtschaft für die Gesellschaft ist die Bewältigung von Knappheit – in dieser Hinsicht ist die Wirtschaft ein autonomes, autopoietisches Teilsystem. Offen ist sie bezüglich ihrer Leistungserbringung: der Befriedigung von Bedürfnissen nach Gütern und Dienstleistungen. Um diese Leistung erbringen zu können und dadurch die eigene Stabilität zu gewährleisten, lernt die Wirtschaft permanent von den Leistungsanforderungen anderer Teilsysteme und übersetzt diese für sich in Preissignale.
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort6
Vorwort8
Inhaltsübersicht10
Inhaltsverzeichnis11
1 Einleitung17
1.1 Möglichkeiten und Grenzen moralischen Handelns von Unternehmen17
1.2 Das neue St. Galler Management-Modell als adäquater Bezugsrahmen21
1.3 Gang der Forschung22
Teil I Metatheorien26
2 Neue Institutionenökonomik27
2.1 Grundlagen27
2.2 Marktliche Institutionen: Transaktionskostentheorie39
2.3 Nicht-marktliche Institutionen51
3 Neuere Systemtheorie60
3.1 Eine Theorie komplexer Systeme60
3.2 Sinn und Grenzziehung komplexer Systeme72
3.3 Funktionale Differenzierung und deren Probleme82
3.4 Spezielle gesellschaftliche Teilsysteme95
Teil II Kritische Würdigung des neuen St. Galler Management-Modells115
4 Geschichte des St. Galler Management-Modells116
4.1 Modelle der ersten Generation von Ulrich und Krieg116
4.2 Modelle der zweiten Generation von Bleicher118
5 Modelle der dritten Generation von Rüegg-Stürm123
5.1 Das neue St. Galler Management-Modell123
5.2 Organisation und organisationaler Wandel130
5.3 Inkonsistenter moralischer Anspruch137
Teil III Unternehmensethische Ansätze155
6 Die Ökonomische Ethik von Homann156
6.1 Darstellung der Ökonomischen Ethik156
6.2 Diskussion und Weiterentwicklung der Ökonomischen Ethik169
7 Die Governanceethik von Wieland197
7.1 Die Ökonomik der Transaktionsatmosphäre197
7.2 Das Management von Moral221
7.3 Diskussion und Weiterentwicklung der Governanceethik234
Teil IV Weiterentwicklung und Anwendung des neuen St. Galler Management-Modells251
8 Erweiterung des theoretischen Bezugsrahmens252
8.1 Umgestaltungen des neuen St. Galler Management-Modells252
8.2 Ethischer Ansatz auf Basis von Homann und Wieland253
8.3 Rahmenbedingungen des Unternehmens259
8.4 Kriterien für eine effiziente und effektive Implementierung264
8.5 Integration eines Wertemanagements in die Ordnungsmomente266
9 Praxisfragen unternehmerischer Moral282
9.1 Möglichkeiten und Grenzen des Umweltschutzes283
9.2 Otto: Kontinuierliche Verbesserung des Nachhaltigkeitsmanagements291
9.3 Möglichkeiten und Grenzen des Korruptionsverzichts314
9.4 Siemens: Erfolgreich dank Korruptionsstrategie?330
10 Synthese: Sind Wirtschaft und Moral Gegensätze?348
10.1 Ausgangslage: Polarisierungen versperren den Blick für das Ganze348
10.2 Prozess: Auf dem Weg zu Ganzheitlichkeit349
10.3 Ergebnis: Alles ist mit allem verbunden350
10.4 Ausblick: Erweiterte Perspektiven und deren Horizont352
Literaturverzeichnis356

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