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Neue Perspektiven für die Befreiung der Frau - Eine Streitschrift

AutorMonika Gärtner-Engel, Stefan Engel
VerlagVNW - Verlag Neuer Weg
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl337 Seiten
ISBN9783880214231
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
Die Frauen haben insbesondere durch ihre Einbeziehung in die gesellschaftliche Produktion und in gesellschaftliche Bewegungen ein neues Selbstbewusstsein herausgebildet. Die Bewegung zur internationalen Vernetzung der kämpferischen Basisfrauen ist Ausdruck davon. Der Kampf um Befreiung der Frau rückt verstärkt ins öffentliche Bewusstsein. Mit ihrer Streitschrift leisten die beiden Autoren einen Beitrag zu dieser gesellschaftlichen Auseinandersetzung. Sie ergreifen dabei konsequent Partei für die Befreiung der Frau in einer von Ausbeutung und Unterdrückung befreiten Gesellschaft.

Monika Gärtner-Engel wurde 1952 in Bad-Boll geboren. Sie ist von Beruf Diplom-Pädagogin und Mutter dreier erwachsener Töchter. Sie verkörpert selbst den lebhaften Einsatz für eine kämpferische Frauenbewegung, schätzt und pflegt zahlreiche Kontakte zur internationalen Frauenbewegung. 1995 nahm sie an der Weltfrauenkonferenz der UN in Peking teil. Sie ist Initiatorin des Frauenpolitischen Ratschlags, der mittlerweile die größte selbständig organisierte frauenpolitische Veranstaltung in Deutschland ist, und der Weltkonferenz der Basisfrauen, die im März 2011 in Caracas/ Venezuela stattgefunden hat. Gemeinsam mit Stefan Engel ist sie Autorin des Buches 'Neue Perspektiven für die Befreiung der Frau - eine Streitschrift'. 2008 wurde Monika Gärtner-Engel zur stellvertretenden Vorsitzende der MLPD gewählt. Sie verfügt über umfangreiche Erfahrungen in den verschiedensten Seiten der politischen Arbeit der MLPD. Unter anderem im Bereich der Zusammenarbeit mit Selbstorganisationen und Bündnissen. Inzwischen dreimal wurde sie für das überparteiliche Wahlbündnis AUF Gelsenkirchen in den Stadtrat gewählt. Sie vertritt einen Politikstil, der unbestechlich, kompetent und demokratisch ist. Stefan Engel ist Jahrgang 1954, wuchs in Neustadt bei Coburg auf und ist seit 1968 politisch und gewerkschaftlich aktiv. Der gelernte Schlosser ist heute als freier Publizist tätig. Im Arbeiterbildungszentrum und anderen Einrichtungen gibt er regelmäßig Kurse zur dialektischen Methode in der Arbeiterbewegung. Seine wichtigsten theoretischen Beiträge finden sich in den Büchern 'Der Kampf um die Denkweise in der Arbeiterbewegung' 'Der Neokolonialismus und die Veränderungen im nationalen Befreiungskampf', 'Neue Perspektiven für die Befreiung der Frau - eine Streitschrift', 'Götterdämmerung über der 'neuen Weltordnung'' und 'Morgenröte der internationalen sozialistischen Revolution'. Seine Bücher sind sämtlich in unserm Verlag erschienen, eine Reihe Übersetzungen in Verlagen im Ausland. Seit 1992 ist er Redaktionsleiter der Reihe REVOLUTIONÄRER WEG, dem theoretischen Organ der MLPD. Er reiste wiederholt in Länder Europas, Lateinamerikas und Asiens. Er schrieb Bücher über seine Reisen nach Peru und Argentinien. Seit dem Gründungsparteitag der MLPD 1982 wurde er acht mal in Folge zum Parteivorsitzenden gewählt. International ist er aktiv an der Gründung und dem Aufbau einer internationalen Koordinierung revolutionärer Parteien und Organisationen (ICOR) beteiligt. Stefan Engel lebt in Gelsenkirchen und ist dort besonders mit dem Leben und Kampf der Bergleute und ihrer Familien verbunden. Er ist Sprecher der unabhängigen kämpferischen Bergarbeiterzeitung 'Vortrieb', die seit 1995 regelmäßig erscheint. Er ist kommunalpolitisch und in der Montagsdemonstrationsbewegung streitbar aktiv.

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Leseprobe

I. Die gesellschaftlichen Grundlagen für die besondere Ausbeutung und Unterdrückung der Frau im Kapitalismus


1. Produktion und Reproduktion des unmittelbaren Lebens als fundamentales Gesetz der Entwicklungsgeschichte der Menschheit


Die Entwicklung der Menschheit unterscheidet sich wesentlich von der Entwicklung der Tierwelt durch ihr mehr oder weniger bewusst organisiertes gesellschaftliches Leben. Die menschliche Gesellschaft muss einerseits die notwendigen Mittel zum Leben beschaffen und andererseits für den Fortbestand der menschlichen Gattung sorgen. In seiner Schrift »Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats« formulierte Friedrich Engels das fundamentale Gesetz des Werdens und Vergehens, das der Entwicklungsgeschichte der Menschheit von Anfang bis Ende zugrunde liegt:

»Nach der materialistischen Auffassung ist das in letzter Instanz bestimmende Moment in der Geschichte: die Produktion und Reproduktion des unmittelbaren Lebens. Diese ist aber selbst wieder doppelter Art. Einerseits die Erzeugung von Lebensmitteln, von Gegenständen der Nahrung, Kleidung, Wohnung und den dazu erforderlichen Werkzeugen; andrerseits die Erzeugung von Menschen selbst, die Fortpflanzung der Gattung.« (Marx/Engels, Werke, Bd. 21, S. 27/28)

Indem Menschen Lebensmittel produzieren, stellen sie die Existenz und Fortpflanzung der Gattung Mensch sicher. Der Verbrauch der Lebensmittel fällt zusammen mit der Produktion und Reproduktion der Gattung Mensch, das heißt mit der Wahrung menschlicher Existenz und ihrer Fortentwicklung. Diese umfasst auch immer die Produktion und Reproduktion menschlicher Arbeitskraft und die Höherentwicklung ihrer Arbeitsproduktivität. Der Verbrauch von Arbeit, die Anwendung der menschlichen Arbeitskraft ist gleichbedeutend mit der Produktion der notwendigen Lebensmittel.

In der Erzeugung von Lebensmitteln und von Menschen vollzieht sich der einheitliche Prozess von Produktion und Reproduktion des unmittelbaren Lebens. Diese beiden Arten von Produktion und Reproduktion bedingen die jeweilige Stufe der gesellschaftlichen Entwicklung, geben den gesellschaftlichen Einrichtungen jeweils ihre entscheidende Prägung. Dazu schrieb Friedrich Engels:

»Die gesellschaftlichen Einrichtungen, unter denen die Menschen einer bestimmten Geschichtsepoche und eines bestimmten Landes leben, werden bedingt durch beide Arten der Produktion: durch die Entwicklungsstufe einerseits der Arbeit, andrerseits der Familie.« (Marx/Engels, Werke, Bd. 21, S. 28)

Die menschliche Entwicklung ändert wohl im Verlauf der Geschichte ihre gesellschaftlichen Formen, nicht aber ihre Bedingtheit durch die beiden Arten der Produktion, die jeweilige Stufe der Arbeit und der Familie.

Die Produktion und Reproduktion des unmittelbaren Lebens in der Urgesellschaft

Die Entwicklungsstufe der Arbeit zur Zeit der Jäger und Sammler in der Urgesellschaft stand in dialektischem Zusammenhang mit dem gemeinschaftlichen Leben in einer kommunistischen Haushaltung und dem kollektiven Eigentum an Land, Behausung und gemeinsam gefertigten Arbeitsmitteln.

Die Menschen lebten in Geschlechtsverbänden (Gens) zusammen, die sich gemeinsamer Abstammung rühmten und durch gesellschaftliche und religiöse Gepflogenheiten zu einer besonderen Gemeinschaft verknüpft waren. Die Familienform war anfänglich die Gruppenehe, die sich im Verlauf einer langen Zeit zur Paarungsehe weiterentwickelte. Über viele Jahrtausende hinweg machten die Menschen der Urgesellschaft die Erfahrung, dass die Gattung Mensch sich umso besser entwickelte, je mehr die Inzucht ausgeschlossen wurde. Mit der Paarungsehe war endlich die Familienform entwickelt, die jegliche Inzucht ausschloss. Auf dieser Stufe der Entwicklung war die Familie keine eigenständige Wirtschaftseinheit. Sie konnte und wollte auch gar nicht außerhalb einer größeren Gemeinschaft eigenständig existieren.

Die bürgerlichen Ethnologen (Völkerkundler) wie auch die christliche Kirche behaupten, dass die Einzelfamilie die seit jeher bestimmende Form des menschlichen Zusammenlebens gewesen wäre. Damit soll der bürgerlichen Familie Ewigkeitswert verliehen werden. Engels wies nach: »Die Familie ist unter der Gentilverfassung nie eine Organisationseinheit gewesen und konnte es nicht sein, weil Mann und Frau notwendig zu zwei verschiednen Gentes gehörten … die Familie ging auf halb in die Gens des Mannes und halb in die der Frau.« (Marx/Engels, Werke, Bd. 21, S. 100)

Diese Gesellschaftsordnung kannte nur freie und gleiche Menschen – Frauen wie Männer. Es war eine Gesellschaft ohne Staat und ohne Gesetze, ohne vom Volk getrennte Körperschaften und Obrigkeiten – ohne Ausbeutung und Unterdrückung des Menschen durch den Menschen.

Die gesellschaftliche Arbeitsteilung bestand rein naturwüchsig auf Grundlage der Geschlechts- und Altersverschiedenheit. Die Kinder wurden nur der Frau zugeordnet, da die Rolle der Vaterschaft biologisch unbekannt und gesellschaftlich nicht relevant war. Ausgehend von der Verantwortung für die Kinder und für die Ernährung besorgten die Frauen gemeinschaftlich die Hausarbeit, die Zubereitung der Nahrung, die Herstellung der Kleidung sowie das Sammeln der Pflanzenkost. Die Männer besorgten Nahrungsmittel, jagten und fischten und führten Krieg. Diese naturwüchsige Arbeitsteilung rückte die Frauen in der klassenlosen Ordnung in der Regel unangefochten in den Mittelpunkt des gesellschaftlichen, religiösen und kulturellen Lebens, da sie die kommunistischen Haushalte organisierten.

Der dafür im bürgerlichen Sprachgebrauch gewählte Begriff »Mutterrecht« oder »Matriarchat« trifft die damalige gesellschaftliche Stellung der Frau allerdings nur unzureichend. Selbstredend kann man in einer Gesellschaft nicht von »Recht« im juristischen Sinne ausgehen, in der es keine Klassen und keinen Staat gibt. Das Matriarchat gab deshalb auch nicht den Frauen Macht über andere Teile der Gesellschaft, wie das etwa beim Patriarchat in der Sklavenhaltergesellschaft oder im Feudalismus für die Männer der Fall war. Aufgrund ihrer gesellschaftlichen Stellung genossen die Frauen jedoch für die Männer anerkannte Autorität in ihren Geschlechtsverbänden.

Die kommunistischen Haushalte unterschieden sich wesentlich von der uns bekannten privaten Haushaltsführung in der bürgerlichen Einzelfamilie. Sie umfassten eine erheblich größere Zahl von Personen und organisierten das gesamte gesellschaftliche Leben als gemeinschaftlichen Prozess, in den ausnahmslos alle Mitglieder der Gesellschaft einbezogen waren. Die Produktion und Reproduktion des unmittelbaren Lebens fand in jeder Beziehung gesellschaftlich statt. Die Triebkraft war das gemeinsame Überleben.

Die Urgesellschaften waren – bei all den dargestellten Vorzügen – dem Untergang geweiht. Die kommunistischen Haushalte waren grundsätzlich beschränkt auf eine Maximalgröße, weil die Menschen zu einer komplizierteren, höheren Organisation, die über die Unmittelbarkeit ihres praktischen Lebens hinausging, noch nicht fähig waren. Das war Ergebnis einer unterentwickelten Produktion von Lebensmitteln, die sich in den engen Schranken dessen bewegte, was die Natur von sich aus anbot. So war die Menschheit aufgrund der Launen der Natur ständig vom Aussterben bedroht. Diese Stufe der Arbeit erlaubte nur eine dünne Besiedlung auf weitem Gebiet. Damit fehlte der kommunistischen Urgesellschaft jede Entwicklungsperspektive zum Beispiel durch eine wachsende Bevölkerung, durch einen Fortschritt in der Arbeitsproduktivität oder durch eine dichtere Besiedlung.

Die Entwicklung der Arbeitsproduktivität schuf erstmals einen Überschuss an Lebensmitteln über den unmittelbaren Bedarf der Gesellschaft hinaus. Das war die materielle Grundlage für die Entstehung von Privateigentum und Klassenunterschieden, das heißt der Möglichkeit einer Minderheit der Gesellschaft, sich die Früchte der Arbeit der Mehrheit anzueignen. Mit der Herausbildung des Privateigentums lösten sich die kommunistischen Haushalte auf. Das gemeinschaftliche Ackerland und das Vieh wurden in Privatbesitz überführt. Mit der Arbeitsteilung zwischen Ackerbau und Viehzucht und der Verselbständigung des Handwerks zur Herstellung von Arbeitsgeräten für den Ackerbau entwickelte sich notwendig die Warenproduktion.

Die erhöhte Arbeitsproduktivität und die Überschüsse der Lebensmittelproduktion resultierten vor allem aus Viehzucht und Ackerbau – den traditionellen Arbeitsgebieten der Männer. Zudem entstand im Zusammenhang mit der Viehzucht auch die Erkenntnis über die biologischen Zusammenhänge der Zeugung und der Vaterschaft. Um die Kinder den Vätern zuordnen und den Privatbesitz vererben zu können, wurde den Frauen fortan Monogamie abverlangt. Die Einzelehe begann die wirtschaftliche Einheit der Gesellschaft zu werden. Privatbesitz oder Besitzlosigkeit dieser Einzelfamilien bestimmten fortan die gesellschaftliche Stellung ihrer Mitglieder in allen...

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