Cortison und seine Nebenwirkungen
Vor wenigen Jahren noch gab es eine Information aus dem Gesundheitsministerium, wonach bei steigender Tendenz sieben bis acht Prozent der Neugeborenen an Neurodermitis erkrankt seien. Heute sind es, immer noch steigend, schon mehr als zehn Prozent. Das wären allein in Deutschland über acht Millionen Betroffene. Genauere Zahlen existieren nicht, da das Leiden keiner Meldepflicht unterliegt. Nicht nur unter den Neugeborenen, auch bei heranwachsenden Jugendlichen und bei reiferen Jahrgängen fällt seit Mitte des 20. Jahrhunderts eine beständige Zunahme der Krankheit auf.
Zugleich markiert dieser Zeitpunkt eine Zäsur im Behandlungswesen der Neurodermitis. Es gelang damals nämlich, auf biochemischem Weg das Hormon der Nebennierenrinde Cortison[11] chemisch nachzubauen, das heißt zu synthetisieren, und damit ein Medikament einzuführen, mit dem der unerträgliche Juckreiz neurodermitischer Ekzeme vorübergehend zuverlässig ausgeschaltet werden kann. Damit ist es in Notfällen sicher unverzichtbar, um Schlimmeres wie fatale Kurzschlusshandlungen der Betroffenen zu verhindern. Allerdings stellte sich nur zu bald heraus, dass Cortison zwar kurzfristig Symptome lindern und zeitweilig zum Verschwinden bringen kann, aber das Leiden keineswegs grundlegend zu heilen vermag. Mit einer dauerhaften Anwendung sind zudem höchst unerwünschte Nebenwirkungen verknüpft, die zu dem flüchtigen Nutzen des Medikaments in keinem akzeptablen Verhältnis stehen.
Die Gründe für den schubweisen Krankheitsverlauf, der von erscheinungsfreien Intervallen unterbrochen ist, täuschen außerdem bei manchen Patienten jahrelang Heilung vor. Diese Reaktionen sind aus schulmedizinischer Sicht ebenso wenig aufgeklärt wie klimatische Einflüsse oder der vorzugsweise Befall einzelner Körperregionen wie Armbeugen und Kniekehlen, der bei Jugendlichen häufiger anzutreffen ist als bei Erwachsenen.
Ein allmähliches Abnehmen der Krankheit, worauf man zunächst gehofft hatte, ist also über Cortison nicht erzielbar. Im Gegenteil wird sie in andere organische und zuweilen auch psychische Bereiche verschoben, wo sie in veränderter Form eskaliert, und keinesfalls ausgeheilt!
Es handelt sich bei dieser Substanz um ein Hormon, das sowohl im menschlichen Körper als auch im Organismus der meisten Säugetiere in winzigen Mengen in den Nebennieren hergestellt wird. Die Nebennieren, zwei ins Körperinnere absondernde (endokrine) Drüsen, sind an den oberen Polen der Nieren angelagert, ohne jedoch an deren Funktionen beteiligt zu sein. Je nach Körperstatur wiegen sie 10 bis 20 Gramm. Das für unser Thema weniger bedeutsame Mark produziert die Hormone Adrenalin und Noradrenalin, die den Blutzuckerspiegel beeinflussen und bei Gefahrensituationen oder im Stress durch erhöhte Hormonausschüttung für eine Anpassung des Blutdrucks sorgen.
In der aus drei Schichten bestehenden Nebennierenrinde werden nicht weniger als vierzig Hormone erzeugt. Die äußere Schicht (Zona glomerulosa[12]) produziert solche, die den Mineralhaushalt im Organismus steuern. Aus der mittleren Schicht (Zona fasciculata[13]) gehen die für unser Thema wichtigen Glucocorticoide[14] wie Cortisol hervor, während die innere Schicht (Zona reticularis[15]) überwiegend Geschlechtshormone (Androgene) erzeugt.
Es bleibt ein als hoch einzuschätzendes Verdienst der Biochemie, die Zusammensetzung dieser Hormone aufgeklärt und sie schließlich synthetisiert zu haben. Was Cortison und seine Anwendung bei Neurodermitis betrifft, muss sie wie gesagt ungeachtet aller Nebenwirkungen in Extremsituationen sogar begrüßt werden, weil der in schweren Fällen unerträgliche Juckreiz bei labilen Patienten unbehandelt schon des Öfteren zu Extremreaktionen geführt hat, mitunter leider auch mit tödlichem Ausgang.
Für die unerwünschten Nebenwirkungen, die in ihrer Komplexität und Intensität nicht immer prognostizierbar und vermeidbar sind, kommen als Ursachen unter anderem auch zu hohe Dosierungen oder anderweitige falsche Anwendungen in Betracht, etwa innerlich statt äußerlich. Aber auch besondere Empfindlichkeiten, zum Beispiel eine Allergie des Patienten gegenüber den Wirksubstanzen, haben zum Teil verheerende Auswirkungen.
Standardmäßig werden Arzneimittel auf Nebenwirkungen hin geprüft, bevor sie zugelassen werden. Bei stark wirkenden Mitteln ist das Risiko in der Regel größer als bei schwachen oder niedrig dosierten, bei homöopathischen Medikamenten sind gesundheitsschädigende Wirkungen außer einer sogenannten, teilweise erwünschten »Erstverschlimmerung« ausgeschlossen. Und bei lebensrettenden Medikamenten darf das Risiko naturgemäß höher sein als bei solchen, die zur Behandlung leichter Beschwerden dienen. Das Verhältnis vom Nutzen zum möglichen Schaden sorgfältig abzuwägen ist sowohl Aufgabe der Arzneimittelprüfung wie auch des verantwortlichen Therapeuten.
Bei dem Hormon Cortison, das von Natur aus nur in winzigen Mengen zur Verfügung steht und das für das Zusammenwirken mit anderen Hormonen bestimmt ist, mit denen es aus der Nebenniere direkt ins Blut gelangt, sind Nebenwirkungen allein schon deshalb zu erwarten, weil es entweder überdosiert durch Tabletten oder Spritzen verabreicht wird oder weil die Zufuhr – abweichend von der natürlichen Bestimmung des Hormons – meistens von außen her über die Haut erfolgt.
Ob Cortison dem Organismus in Salben-, Tabletten-, Aerosol- (»Püsterchen«) oder Spritzenform zugefügt wird, wer Ihnen die möglichen Nebenwirkungen bei längerer Anwendung verschweigt, handelt verantwortungslos. Zudem ist im Hinblick auf Nebenwirkungen von Bedeutung, dass aufgrund der Synthese praktisch unbegrenzte Mengen dieser hochwirksamen Substanz zugeführt werden können, obwohl es sie in der natürlichen Dosierung nur in Bruchteilen eines Milligramms gibt.
Die Pharmaindustrie hält unzählige Präparate bereit, in denen Cortisonabkömmlinge mit zungenbrecherischen Namen und unterschiedlicher Konzentration enthalten sind. Durch diese Medikamente sollen Überdosierungen vermieden und mögliche Nebenwirkungen auf das geringstmögliche Maß beschränkt werden. Aber zugleich wird in der Schulmedizin die Meinung vertreten und gutgläubig verbreitet, Neurodermitis sei unheilbar, der Patient müsse damit leben und sei – womöglich lebenslang – auf das Einreiben mit cortisonhaltigen Salben angewiesen.
Aus Sicht der Naturheilkunde gibt es wohlbegründete Vorbehalte gegen diese oberflächliche Betrachtungsweise mit ihrer obligaten Salbenschmiererei und der Verdrängung von Symptomen, ohne den Ursachen des Leidens auf den Grund zu gehen. Unter diesen Gesichtspunkten kann die Anwendung von Cortison gegen Neurodermitis nur in seltenen Fällen gutgeheißen werden, etwa in ebenjenen erwähnten, in denen der Patient suizidgefährdet ist. Nach dem Abklingen der lebensbedrohlichen Situation stehen homöopathische Mittel und andere bewährte Behandlungsmethoden zur Verfügung.
Im Laufe meiner Praxistätigkeit musste ich mich mit jeder der in der Übersicht aufgeführten Nebenwirkungen des Cortisons auseinandersetzen, und manchmal war es nachgerade nebensächlich, die Grunderkrankung wie zum Beispiel die Neurodermitis zu behandeln, wenn diese »Begleiterscheinungen« im Vordergrund standen. Cortisonabhängige müssen sich von diesem Medikament befreien, wenn sie eine natürliche, nachhaltige Heilung und Gesundheit erreichen wollen, und ein Ausschleichen ist zuweilen mit Höllenqualen verbunden. Denn Cortison ist und bleibt nur der »Deckel auf dem Dampfkochtopf«. Daher empfehle ich statt der konventionellen Methode von vornherein die Behandlung durch einen naturheilkundlich orientierten Arzt oder einen Heilpraktiker Ihres Vertrauens, der auch einer guten homöopathischen und psychologischen Begleittherapie gegenüber offen ist.
Nebenwirkungen des Cortisons (Auswahl)
Der Roten Liste für ärztliches Personal entnommen.
Bei andauernder Anwendung von Cortison
Muskeln und Knochen
Muskelschwäche oder Muskelschwund (Muskelatrophie),
Osteoporose und aseptische Knochennekrosen[16] (Kopf des Oberarm- und Oberschenkelknochens).
Haut
Dehnungsstreifen (Striae rubrae),
Dünnwerden der Haut (Atrophie),
punktförmige Hautblutungen (Petechien), Bluterguss,
Steroidakne (durch die Einnahme von Steroiden wie zum Beispiel Anabolika verursachte Hautausschläge),
verzögerte Wundheilung.
Augen
Stoffwechsel
erhöhter Blutzuckerspiegel,
Diabetes mellitus,
Wassereinlagerung im Gewebe, Vollmondgesicht,
vermehrte Kaliumausscheidung,
Wachstumsstörungen bei Kindern,
Störungen der Sexualhormonsekretion (Ausbleiben der Menstruationsblutung, abnormer Haarwuchs, Impotenz),
»Stiernacken«.
Blut, Immunsystem
Blutbildveränderungen (Leukozytose [Vermehrung der weißen Blutkörperchen], Lymphopenie, Eosinopenie, Polyglobulie),[17]
Erhöhung des Infektrisikos,...