Vorwort zur 3. Auflage
Nun sind schon sechs Jahre vergangen, seit dieses Buch erschienen ist. Sie halten bereits die dritte Auflage in den Händen, gründlich überarbeitet und um weitere Kapitel ergänzt. Und bevor wir gemeinsam in die Bürowelt eintauchen, möchte ich gerne mit ein paar grundlegenden Missverständnissen aufräumen. Außerdem möchte ich Ihnen gerne erzählen, wie die Methode entstanden ist, die Ihnen das (Arbeits-)Leben enorm vereinfachen wird. Sie ist nämlich nicht (nur) meinem Kopf entsprungen, sondern sie hat sich durch viele Versuche aus der Praxis quasi von selbst entwickelt.
Missverständnis 1: Es gibt Chaoten
Bezeichnen Sie sich selbst als einen mehr oder weniger ausgeprägten Chaoten? Sind Sie das Genie, das das Chaos beherrscht? Halten Sie leicht Ordnung oder wünschen Sie sich einen Butler, der hinter Ihnen herräumt? Lieben Sie ein aufgeräumtes Zimmer oder fühlen Sie sich am wohlsten, wenn alles fröhlich verteilt ist?
In den 22 Jahren seit meiner Firmengründung habe ich entdeckt: Es gibt keine Chaoten! Ich habe sehr viele Menschen organisiert und nicht nur deren Arbeitsplätze, sondern manchmal auch deren Aktentaschen, Autos, Abteilungen, Privathaushalte und manchmal ganze Firmen. Aber selbst der Grafik-Designer, der von sich behauptet, das kreative Chaos zwingend für seinen Schöpfungsprozess zu benötigen, stellt irgendwann fest, dass ein organisiertes Büro die beste Grundlage ist, das eigene Talent zu entfalten. Denn darum geht es: Menschen haben unterschiedliche Talente. Eines meiner größten Talente ist das Organisieren, das strukturierte Denken und das Auffinden und Schaffen von Ordnungen. Dafür ist meine künstlerische Ader nur wenig ausgeprägt. Wenn ich bei meinen Seminaren beginne, einfachste Dinge auf das Flip-Chart zu zeichnen, führt das immer zu großer Erheiterung.
Wirklich leicht fällt Ordnung immer nur dem Menschen, der mit dem Talent der Organisation gesegnet ist. Haben Sie ihr Talent aber in einem anderen Bereich, werden Sie vermutlich in einem mehr oder weniger intensiven »Dauer-Kampf« mit den Dingen stecken. Einfach weil diese sich nicht von selbst dorthin bewegen, wo sie eigentlich hingehören und vor allem immer nicht da sind, wo Sie sie gerade suchen.
Aber egal, welches Talent Sie haben, in diesem Buch lernen Sie eine Methode kennen, mit der Sie gut organisiert und sehr entspannt hocheffektiv arbeiten können. Natürlich wird denjenigen, die ihr Talent in der Organisation haben, das Umsetzen der Maßnahmen und das Einfinden in die neuen Strukturen leichter fallen, bei allen anderen dauert der Gewöhnungsprozess einfach ein wenig länger.
Der Effekt ist jedoch immer der Gleiche: Sie werden sich nicht mehr um das Verwalten des Papiers kümmern müssen, sondern Sie können sich auf das Wesentliche konzentrieren: Ihre eigentliche Arbeit! Und das im Zustand von maximaler Transparenz, in dem Sie und Ihre Kollegen oder Mitarbeiter alles sofort finden.
Ich habe viele Menschen getroffen, die von sich behauptet haben, chaotisch zu sein, und ich habe auch so viel Chaos gesehen, dass es für ein ganzes Leben reichen würde. Wen ich aber noch nie entdeckt habe, war ein Chaot. Denn Ordnung ist nichts, was dem einen angeboren ist und dem anderen fehlt, was der eine gelernt hat und der andere nicht. Ordnung ist ein universelles Grundprinzip, das jedes Atom durchdringt und belebt. Es gibt weder in der Natur noch in unserem Körper oder in der Galaxie Unordnung, selbst der Urknall, also das Ur-Chaos, besitzt eine absolut ordentliche Struktur – auch wenn der Mensch diese nicht auf Anhieb erfassen kann. So hat also jeder Mensch einen Zugang zur Ordnung. Mancher hat zusätzlich die Fähigkeit des Organisierens, dann wird die Ordnung schnell im Außen sichtbar. Aber auch Menschen, die von sich behaupten, keinerlei Sinn für Ordnung zu besitzen, haben in irgendeinem Bereich ihres Lebens immer »eine Tür“ zur Ordnung – und wenn es die unterste Schublade des Rollcontainers ist, in der die privaten Kekspackungen ordentlich sortiert gelagert sind. In den Lebensbereichen, die dem Menschen wichtig sind, hält er meist Ordnung.
Missverständnis 2: Das Büro ist Nebensache
Meiner Erfahrung nach ist das Büro immer das Herz des Unternehmens! Was im Büro nicht funktioniert, hat meist direkte Auswirkungen auf alle anderen Abteilungen eines Unternehmens. Üblicherweise wird das Büro als Stiefkind behandelt, da es ja vordergründig nicht zum Betriebsergebnis beiträgt. Es lässt sich nur schwer betriebswirtschaftlich darstellen, wie produktiv in Büros gearbeitet wird. Und so investieren die meisten Firmen zuerst in alle anderen Bereiche: Die Produktion bekommt neue Maschinen, Unternehmensberater werden für das Optimieren der Prozesse engagiert und all der praktischen und vermeintlich sofort sichtbaren Dinge mehr, die schnellen Erfolg versprechen. Wenn aber in den Büros die Strukturen nicht klar sind und auch sonst überall das gewohnte Durcheinander herrscht, werden all diese Investitionen und Anschaffungen bestenfalls kurzfristig die erwünschten Veränderungen bringen.
Im Büro entscheidet es sich, ob Abläufe reibungslos ineinandergreifen oder ob es tiefe Sumpflandschaften gibt, in denen Dokumente spurlos verschwinden. Nicht umsonst wird der Titel der guten und geschätzten Chefsekretärin heutzutage neudeutsch zur Office-Managerin erhoben.
Missverständnis 3: Büroorganisation ist immer kompliziert
Ich rufe eine Rückkehr zur Einfachheit aus! Viele Menschen sehnen sich nach überschaubaren Strukturen und einfachen Regeln. Nach Stabilität, Verbindlichkeit und Sicherheit. Die Zeiten der aufwendigen Zeitmanagement-Systeme und »Einfacher-Leben-Regeln“ sind vorbei. Es bringt Ihnen nichts, wenn Sie dreihundert verschiedene Möglichkeiten genannt bekommen, jedoch mit der Entscheidung, welche nun für Ihren speziellen Fall die richtige ist, alleine gelassen werden.
Mein Buch nimmt Sie an die Hand und hilft Ihnen, sich Schritt für Schritt durch Ihren Arbeitsplatz durchzuarbeiten. Dies ist ein Praxis-Ratgeber, kein Fachbuch. Eine Arbeitsanleitung, keine Abhandlung über Fallstudien. Ein guter Freund, in dem Sie immer wieder nachschlagen können, kein Dozent, der Ihnen kompliziertes Fachwissen »um die Ohren schlägt“.
Dieses praktische Arbeitsbuch reduziert das Thema auf das Wesentliche: Wie bringen Sie Ihr Büro für immer in Ordnung? Ganz einfach und unkompliziert.
Wie die Methode entstand
Im Jahr 1996 hatte ich die noch sehr vage Geschäftsidee, mit einer Unternehmensberatung für Büroorganisation mein Geld zu verdienen. Im ersten Jahr der Selbstständigkeit etablierte ich einen Schreibservice, der mich einigermaßen finanzierte und der mir die Möglichkeit bot, viele Versuche und Testläufe in Büros, Backoffices und an Privatschreibtischen durchzuführen. Dadurch konnte ich ein Gefühl dafür entwickeln, wie eine Beratung für Büroorganisation ablaufen könnte. Ich habe im Laufe von eineinhalb Jahren verschiedenste Arten von Beratungen durchgeführt: Fast alle meine Freunde mussten mich an ihre privaten Schreibtische lassen und diese mit mir gemeinsam durcharbeiten. Ebenso erging es den Schreibservice-Kunden. Ich habe sehr viele Fragen gestellt und immer ganz individuelle Lösungen erarbeitet. Die Nachhaltigkeit meiner Umsetzungen habe ich dann jeweils nach zwei bis drei Monaten vor Ort erneut überprüft.
Dabei gelangte ich zu spannenden Erkenntnissen:
Zum einen wird erstaunlicherweise in keiner Ausbildung Methodenkompetenz gelehrt, die das Organisieren von Abläufen, Zeit und Arbeit beinhaltet. Es werden immer nur Fragmente vermittelt, im Stil von: »Das ist eine Registratur und die kann in diesem Fall so und in einem anderen Fall anders eingesetzt werden.« Ob Sie eine Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement machen (von der hinterher erwartet wird, dass sie die Büroorganisation perfekt beherrscht) oder ob Sie BWL studieren (hier gibt es einen ganzen Fachbereich der Organisationslehre), in keiner dieser Ausbildungen erlernen Sie Methoden, sondern bekommen immer nur eine Sammlung von Möglichkeiten angeboten. Wenn Sie nun nach abgeschlossener Ausbildung an Ihren ersten Arbeitsplatz kommen, sind Sie mit Ihrer Situation völlig allein. Die Frage, wie Sie sich, Ihre Zeit, Ihr Papier und Ihre Arbeit am besten organisieren, beantwortet sich dann meist damit, dass Sie einfach das in der Regel vorhandene System des Vorgängers übernehmen. Kann ja nicht so falsch sein … Und da wir Menschen Gewohnheitstiere sind, gewöhnen Sie sich innerhalb weniger Wochen daran und behalten es einfach bei. Ich habe schon oft Arbeitsplätze erlebt, die mir den Eindruck vermittelten, die organisatorische Ahnengalerie reicht bis ins 16. Jahrhundert zurück, so verknöchert und verstaubt waren die Strukturen. Und niemand bemerkt es, werden wir doch schnell in dem uns umgebenden »Biotop“ betriebsblind.
Nun kann man natürlich denken: »Wieso suchen Sie sich überhaupt einen Bürojob aus, wenn Ihr Talent vielleicht ganz woanders liegt?« Dieser Gedanke liegt nahe, aber wie viele Menschen haben schon den Beruf, der sie voll und ganz...