Die Nikon D750 kennenlernen
Im ersten Kapitel erfahren Sie die wichtigsten Neuerungen der D750, welche Bedienelemente sie besitzt, wie Sie die D750 startklar machen und wie Sie schnell erste Fotos mit der Kamera aufnehmen können.
1.1 Neuerungen und Verbesserungen der D750
Nikons neues Modell, die D750, ist das seit Langem sehnsüchtig erwartete Nachfolgemodell der legendären Nikon D700. Entsprechend hoch sind die Erwartungen an die Kamera.
Während der langen Entwicklungszeit hat die D750 zahlreiche Neuerungen und Verbesserungen erhalten, die von einer soliden Produktpflege bis hin zu genialen Innovationen reichen.
Der schlanke Kamerabody erinnert stark an die Nikon D7100 bzw. die D610. Eine gute Nachricht für jeden, der von diesen beiden Modellen umsteigt, fühlt er sich doch sofort zu Hause. Das gesamte Handling und die Menüführung sind in vielen Bereichen erhalten geblieben, und man findet sich gleich zurecht. Ein paar Bedienelemente haben ihren angestammten Platz leicht verändert und ein paar Menüeinträge sind neu hinzugekommen. Also im positiven Sinne wenig Veränderung und Umgewöhnung. Der Schritt von der D700 ist dann schon deutlich höher, in diesem Fall wird man sich meiner Erfahrung nach trotzdem schnell heimisch fühlen und von den vielen Verbesserungen profitieren.
Schlankes Gehäuse und hohe Geschwindigkeit
Wenn man mit der Nikon D750 erste Testaufnahmen macht, fällt als Erstes die hohe Geschwindigkeit der Kamera auf. Damit meine ich nicht nur die hohe Serienaufnahme von bis zu 6,5 Bildern/Sek., sondern das gesamte Verhalten der Kamera ist sehr flott. Der Autofokus, das Abspeichern der Fotos auf die Speicherkarten – alles fühlt sich deutlich schneller an als z. B. bei der D810 und macht richtig Spaß. Das Auslösegeräusch ist leider nicht ganz so leise wie bei der D810, aber durchaus erträglich. Dafür greift der Quiet-Modus an diesem Modell besser als an einigen anderen Kameras.
Das schlanke, aber stabile Gehäuse der Nikon D750 (Bild: Nikon).
Das Gewicht der Kamera liegt um 100 g unter der D610 und über 200 g unter dem der D810. Fotografen, die ihre Kamera gerne ständig mit sich herumtragen, werden sich darüber freuen. Diese Gewichtseinsparung geht nicht auf Kosten der Stabilität, Nikon verwendet nach wie vor ein sehr robustes Magnesium-Chassis in Monocoque-Bauweise, wie sie z. B. auch in der Luftfahrtindustrie verwendet wird. Durch die Schalenbauweise ist hohe Steifigkeit bei geringer Masse möglich.
Die Kamera liegt aufgrund des tiefer ausfallenden Griffwulstes ganz ausgezeichnet in der Hand, und es kommt nie ein Gefühl der Unsicherheit auf, wenn man die Kamera ohne Gurt nur in der Hand hält. Diese Tatsache erscheint vielleicht wie ein unwichtiges Detail, hat aber große Auswirkungen auf die tagtägliche Arbeitsergonomie und sollte deshalb nicht unterschätzt werden.
Überarbeiteter Sensor mit Tiefpassfilter
Nikon spricht von einem neu entwickelten Sensor, der aber wahrscheinlich zumindest auf dem Sensor der D610 basiert, und betont den großen Pixelabstand. Die Pixelgröße ist identisch mit derjenigen der D610 und beträgt 5,9 μ. Die Pixel der D810 sind mit 4,88 μ deutlich kleiner. Technisch gesehen hat die D750 – bis auf den Sensor – aber deutlich mehr Gemeinsamkeiten mit ihrer großen Schwester, der D810, als mit der D610, der sie in praktisch allen wichtigen Belangen überlegen ist. Warum Nikon in der D750, entgegen dem aktuellen Trend, den Tiefpassfilter beibehalten hat, bleibt Gegenstand zahlreicher Spekulationen. Im praktischen Einsatz werden sich dadurch aber nur mit den höchstauflösenden Objektiven relevante Unterschiede feststellen lassen – selbst dann eher auf den Messcharts als auf den realen Fotos.
Der Anti-Aliasing-Filter dient in vielen Spiegelreflexkameras dazu, den Moiré-Effekt zu unterdrücken. Der Moiré-Effekt entsteht vor allem dann, wenn sich feine Linienraster gegeneinander verdrehen. Es entstehen dann häufig (farbige) Muster, die Interferenzen sehr ähnlich sehen. Um diesen Effekt zu unterdrücken, werden entsprechende Filter vor den Sensor gesetzt, die das Bild ein ganz klein wenig unscharf machen, was den Moiré-Effekt meist zuverlässig unterdrückt. Es leuchtet ein, dass das Weglassen dieses Filters das Bild geringfügig schärfer macht bzw. die Auflösung erhöht. Obwohl die Sensoren und Objektive mittlerweile so gut geworden sind, dass der Moiré-Effekt nur noch eine untergeordnete Rolle spielt, tritt der Effekt doch gar nicht so selten auf. Umso besser, dass der Filter der D750 diesen Effekt zuverlässig unterdrückt.
Die modifizierte Sensoreinheit mit dem zentralen CMOS-Sensor (Bild: Nikon).
Neuer Image-Prozessor EXPEED 4
Jetzt ist der schnelle EXPEED-4-Image-Prozessor auch in der D750 zu finden und beschleunigt die Bildverarbeitung deutlich. Nikon selbst spricht von einem 30-prozentigen Geschwindigkeitsvorteil gegenüber seinem Vorgänger. Da der Image-Prozessor sich um zahlreiche Aufgaben kümmern muss, schlägt die höhere Geschwindigkeit nicht voll auf die Serienbildgeschwindigkeit durch. Sie erhöht sich aber immerhin auf gute 6,5 Bilder pro Sekunde bei voller Auflösung.
Das neueste Modell der Nikon-ASICs (Application Specific Integrated Circuit) mit dem markierten EXPEED 4 (Bild: Nikon).
Auch insgesamt ist ein spürbar flotteres Handling mit der D750 gegenüber der D800 und auch gegenüber der D810 möglich. Das Blättern in den Aufnahmen oder die Preview der Bilder ist z. B. merklich leichtfüßiger geworden.
Das erste klappbare Display von Nikon
Das neue vertikal klappbare Display der Nikon D750 (Bild: Nikon).
Lange musste die Nikon-Gemeinschaft bei den Vollformatkameras auf das erste Klappdisplay warten, nun ist es endlich so weit. Nikon hat das erste Klappdisplay in dieser Kameragattung überhaupt verbaut, und es ist ein Traum.
Wer die Komfortzone des Fotografierens öfter einmal verlässt, weiß ein Klappdisplay schnell zu schätzen und will es nie wieder missen. Das Display kann 90° nach oben und 75° nach unten geneigt werden. Die Konstruktion wirkt ausgereift und robust.
Das RGBW-Display hat mit rund 1,3 Millionen Punkten bei 3,2 Zoll die gleiche Auflösung wie die D810. Das W in RGBW steht für White (Sub-)Pixel, die den Kontrast und die Helligkeit des Monitors verbessern.
Integrierte WLAN-Funktion
Ebenfalls ein lang ersehntes Feature für das Vollformat ist die integrierte WLAN-Funktion. Die Verbindung läuft mit 54 Mbps ausreichend schnell. Die Ersteinrichtung und Konfiguration ist allerdings ziemlich fummelig gelöst. Standardmäßig wird eine ungesicherte Verbindung hergestellt, was man natürlich gleich ändern sollte. Mehr dazu unter „1.6 Das WLAN-Modul in Betrieb nehmen“ ab Seite 44.
Toll ist natürlich, dass man jetzt nicht mehr an den externen WLAN-Klotz denken muss, wenn man sich unterwegs seine Bilder drahtlos auf dem Tablet ansehen will oder die Kamera steuern möchte. Mit der zugehörigen Nikon-App wird allerdings nur das Nötigste an Bedienkomfort abgedeckt. Aber diese Bresche werden sicherlich weitere Anbieter schließen, z. B. meine Lieblings-App DSLR-Dashboard.
Erweiterte ISO-Empfindlichkeit
Die Bandbreite der ISO-Empfindlichkeit bewegt sich in der normalen Bandbreite einer aktuellen Vollformatkamera von ISO 100 bis ISO 12800.
Die Empfindlichkeit kann nominell nach unten (Lo 0,3 bis 0,7 und 1) auf ISO 80 bis 50 und nach oben (Hi 0,3 bis 2) bis ISO 51200 erweitert werden.
Video
Einige Enthusiasten haben vielleicht endlich die 4-K-Auflösung in den Filmoptionen erwartet, aber immerhin ist nun Full HD (1.920 x 1.080) mit 60 Vollbildern pro Sekunde möglich.
Nikon hat auch sonst viel auf die Anfragen der Videofreunde gehört und weitere zahlreiche Verbesserungen eingebaut. Während des Filmens ist es jetzt zum Beispiel möglich, wie bei der D810 überstrahlte Bereiche mit einem Linienmuster kenntlich zu machen.
Mit der Nikon D800/E wurde die Möglichkeit eingeführt, während des Filmens über die Funktionstasten die Blende weich auf- und abzublenden. Allerdings funktionierte das nur bei der Aufnahme auf externe HDMI-Rekorder. An der D750 ist es jetzt auch bei einer internen Aufnahme möglich.
Ebenfalls besonders für Filmer interessant ist die Möglichkeit, jetzt die Auto-ISO-Funktion im voll manuellen Modus M einzusetzen. Die automatische ISO-Anpassung ergibt im Film häufig eine unauffälligere Helligkeitsanpassung als z. B. eine Änderung der Blende. Die Auto-ISO-Einstellungen werden für Videoaufnahmen separat gesteuert und gelten nicht für Fotos.
Picture Control
Der neue Picture-Control-Stil Ausgewogen (Flat), der mit der D810 eingeführt wurde, steht jetzt ebenfalls zur Verfügung. Er setzt noch unter dem Stil Neutral an und eignet sich besonders gut für eine optimale Nachbearbeitung des...