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Objektivierung des Sitzkomforts und seine automatische Anpassung

AutorRaphael Zenk
VerlagHerbert Utz Verlag
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl133 Seiten
ISBN9783831608706
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis26,99 EUR

Aufgrund der ansteigenden Komfortbedürfnisse hat sich der Fahrzeugsitz mittlerweile zu einem vielfach verstellbaren Multifunktionssitz entwickelt. Um die Komplexität der Einstellbarkeit zu reduzieren und gleichzeitig eine optimale physiologische Sitzposition zu schaffen, wird im Zuge dieser Arbeit eine automatische Sitzkomforteinstellung generiert. Grundlage der Automatisierung bildet ein Modell zur Prognose des Sitzkomforts, das durch eine einmalige medizinische Untersuchung validiert wird, bei der der Bandscheibendruck am lebenden Menschen in unterschiedlichen Sitzeinstellungen im Fahrzeug gemessen wird. Auf dieser Basis kann eine automatische Sitzkomforteinstellung entwickelt werden, welche die Verstellmöglichkeiten des Sitzes ideal ausgeschöpft und so Verspannungen und Rückenschmerzen reduziert. Umfangreiche Probandenstudien können zeigen, dass dieses System Sitzkomfort auf höchstem Niveau bietet.

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Leseprobe
2 Aktueller Forschungsstand (S. 9)

Um eine Basis für die weitere Arbeit zu schaffen, wird der Stand der aktuellen Forschung zur Objektivierung des Sitzkomforts anhand eines Literaturüberblicks dargestellt.

2.1 Literaturüberblick zur Begriffsdefinition von Komfort / Diskomfort

Slater (1985) versucht den Begriff Komfort in eine wissenschaftliche Definition zu packen: „Komfort sei ein angenehmer Zustand von physiologischer, psychologischer und physikalischer Harmonie zwischen dem Menschen und der Umgebung.“ Branton (1996) gibt zu bedenken, dass Komfort nicht notwendigerweise einen positiven Effekt zur Folge haben müsse. Kempfert (1999) beschreibt Komfort als ein subjektives Erleben eines Individuums innerhalb eines komplexen, heterogenen Bewertungskonglomerats.

Daher differenziert er „Komfort“ in drei verschiedene Ebenen: Auf der ersten Ebene stehen hierbei die Reaktionen auf einzelne Sinnesempfindungen, die von den meisten Personen ähnlich erlebt und gewichtet werden. Bewertungen sind in diesem Zusammenhang hauptsächlich durch physische Unterschiede und das individuelle Anspruchsniveau zu erklären.

Dies erfolgt spontan und kann unverzüglich verbalisiert werden. Zu beachten ist hierbei, dass sich die Komfortempfindung bei längerer Reizexposition verändern kann. Die nächste Ebene wird von Aspekten der Bequemlichkeit und Belastungsreduktion gebildet. Diese Stufe ist von der individuellen Gewohnheit einer Person abhängig und tritt erst bei längeren Benutzungszeiträumen auf. Die dritte Ebene des Komfortkonglomerats bilden die handlungs- und aufgabenbezogenen Bewertungen, die in starker Abhängigkeit von individuellen Bedürfnissen stehen. Daher sind hier sehr große Unterschiede von Individuum zu Individuum zu erwarten.

De Looze (2002) betont daher dreierlei: Komfort ist ein Konstrukt von subjektiver, persönlich definierter Natur, Komfort wird von unterschiedlichen Faktoren (physikalisch, physiologisch und psychologisch) beeinflusst, und Komfort ist eine Reaktion auf die Umwelt. Vink (2002) unterscheidet in Bezug auf Komfort drei Zustände: Ein Vorhandensein von Diskomfort, der aufgrund der physikalischen Störung der Umwelt erlebt wird.

An zweiter Stelle lässt sich der Zustand „Kein Diskomfort“ anführen. Als dritten möglichen Zustand führt Vink an, dass Komfort aktiv wahrgenommen wird. Man fühlt sich komfortabel, wenn man wahrnehmbar mehr Komfort erlebt, als man erwartet hat. Bubb (2003) weist darauf hin, dass Komfort gemäß dem allgemeinen Sprachgebrauch mit Begriffen wie Behaglichkeit, Bequemlichkeit, Zufriedenheit und Luxus verbunden ist. Das Webster’s Third New International Dictionary of the English Language (1981) gibt folgende Auskunft: „Komfort ist ein Zustand der Entlastung (relief), der Unterstützung (encouragement) und des Gefallens (enjoyment).“

Oben angeführte Studien haben gezeigt, dass Diskomfort hauptsächlich in Verbindung mit physiologischen und biomechanischen Faktoren zu sehen ist, während Komfort besonders mit der Ästhetik in Verbindung gebracht wird. Komfort und Diskomfort sind also keine Antonyme im eigentlichen Sinne. Tatsächlich sind sie zwei unterschiedliche Größen, die von verschiedenen unterschiedlichen Variablen beeinflusst werden. Knoll (2007) stellt fest, dass Stühle als komfortabler wahrgenommen, wenn sie besser gefallen. Das Design lässt sich gezielt zur Komfortsteigerung einsetzen.

Dieser Einfluss nimmt allerdings mit zunehmender Zeit im Vergleich zum rein visuellen Kontakt ab. Daraus lässt sich vermuten, dass die physikalische Beschaffenheit des Stuhles in den Vordergrund tritt, je länger die Sitzdauer ist. Für den Sitzentwickler bedeutet dies, dass Diskomfort durch physikalisch gut ausgelegte Produkte reduziert werden muss. Weitaus herausfordernder ist aber die Rolle des Komforts, die deutlich über eine physikalische Optimierung hinausgeht.

Dabei sind dem Endbenutzer eine Erzeugung von Gefühlen der Sicherheit, ein Übertreffen der Erwartungen oder selbst provozierende „Wow- Sensations“ wichtig.

2.2 Komfortmodelle

Zum besseren Überblick soll der Komfortbegriff nun in anschaulichen Modellen erörtert werden.

2.2.1 Zhangsches Komfortmodell

Zhang, Helander und Drury zeigen 1996 auf (vgl. Abbildung 3), dass Komfort und Diskomfort zwei unterschiedliche Dimensionen darstellen und nicht, wie ursprünglich in der Arbeitswissenschaft angenommen, zwei Extreme auf ein und derselben Skala subjektiven Empfindens bilden. Diskomfort ist vor allem mit physiologischen und biomechanischen Faktoren verbunden, während Komfort hauptsächlich mit Aspekten der Ästhetik zusammenhängt.

Diese Definition hebt hervor, dass Komfort ein facettenreiches, von mehreren Faktoren beeinflusstes Konstrukt ist – und nicht lediglich das Gegenteil von Diskomfort.

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