Bevor im Kapitel 3.1 das Thema Online-Marketing definiert wird, erfolgt eine Betrachtung einiger relevanter Rahmenbedingungen zum Thema Marketing im Internet.[102] Derzeit scheint es nicht möglich, Online-Marketing losgelöst vom Offline-Marketing also klassisches Marketing zu betrachten. Vielmehr muss berücksichtigt werden, dass eine Verzahnung dieser beiden Elemente durch eine integrierte Kommunikation gewährleistet wird. Es ist immer wieder notwendig, offline in Print-anzeigen, Geschäftsbriefen, Flyern und sonstigen Werbeträgern auf das Internet-Angebot hinzuweisen.[103] Zudem muss man Unterschiede in der Art und Positionierung der werblichen Ansprache für die gewünschte Zielgruppe berücksichtigen, je nachdem, ob man eine Corporate Site als eine Darstellung des Unternehmens oder eine Marketing Site als Darstellung der Produkte und Leistungen bewirbt.[104]
Spricht man von der Erreichung einer Zielgruppe, so lässt sich feststellen, dass sich ein „Wechsel von der breitstreuenden, massen-medialen Ansprache“[105] hin zur „punktgenauen, individuellen Kommunikation“[106] von den Ursprüngen des Online-Marketings im Internet bis heute vollzogen hat. In diesem Zusammenhang spricht man dann nicht mehr wie Offline von einer One-to-Many-Kommunikation sondern von einer Many-to-Many-Kommunikation. Dies bedeutet, dass der User nicht mehr ausschließlich Empfänger von Kommunikationsbotschaften ist, sondern wie in Kapitel 2.3 erläutert, den Kommunikationsprozess aktiv mitgestalten kann. Somit ist er eine wertvolle Unterstützung für die Zusammenstellung des Angebots von Unternehmen.[107]
Zusätzlich kann hier der auf Davis/Kotler/Pine zurückgehende Begriff der „Mass Customization“ eingebracht werden. Kotler/Bliemel definieren den Begriff der „Mass Customization“ so, dass es die Aufgabe der Unternehmen ist, „in grossem Umfang individuell gestaltete Produkte herzustellen, die den Erfordernissen des einzelnen Kunden entsprechen“[108].
Die Individualisierung des Produktangebots sowie das auf den Kunden zugeschnittene punktgenaue Marketing wurden durch die Einführung des Internets nicht nur begünstigt, sondern konnten gerade dort erst zur absoluten Entfaltung kommen. Dies hängt damit zusammen, dass die Kunden im Internet besser erreichbar sind, als im klassischen Marketing und zusätzlich die Unternehmen durch die besseren Dialogmöglichkeiten im Web bei der Produktentwicklung unterstützen.
Letztlich ist bei den marketingorientierten Rahmenbedingungen im Internet festzustellen, dass sich das Medium Internet, im Gegensatz zu den klassischen Medien, weg vom Push-Charakter hin zum Pull-Medium entwickelt. Dahinter steckt die Tatsache, dass die Nutzer sich mehr und mehr autark im Netz bewegen und selbst entscheiden wollen, welcher Webseite sie ihre Aufmerksamkeit für eine gewisse Dauer widmen.[109] Das bedeutet, dass im Internet nicht mehr die Unternehmen ihre Kunden finden, sondern die Kunden die Unternehmen, die sich am besten positioniert haben.
Im Sprachgebrauch der Experten werden Begriffe wie Internet-Marketing, E(lectronic)-Marketing oder Cyber-Marketing oft synonym verwendet. Es handelt sich in allen Fällen, um Online-Marketing, was zunächst einmal dadurch begründet werden kann, dass eine Nutzung nur möglich ist, wenn man über eine Telefonleitung online ist.[110]
Die maßgebende Definition für Online-Marketing lautet wie folgt:
„[…] aktive Nutzung der kommerziellen Online-Dienste[111] beziehunsgweise des Internet für Kommunikations-, Vetriebs- und Servicezwecke […]. Weiterhin sollen unter Online-Marketing alle Marketingaktivitäten gefasst werden, die mit Hilfe eines sog. Online-Mediums[112] unterstützt bzw. erst durch dieses ermöglicht werden.“[113]
Zudem lassen sich folgende Merkmale festhalten, die vom klassischen Marketing abweichen:[114]
Verbreitung von Werbebotschaften mittels vernetzter Systeme
Globale Verbreitung der Botschaften und Informationen
Selektives Abrufen der Botschaften durch die Beworbenen
Ständige Verfügbarkeit der Werbeinformationen
Möglichkeit der Übertragung und Darstellung komplexer Inhalte
Möglichkeit der Nutzung multimedialer Elemente
Geringe Streuung und gezielte Vermittlung durch gezielte Festlegung und Ansprache der Zielgruppe
Auch Hoffman/Novak stellen in einer Klassifikation zum Online-Marketing fest, dass es sich um ein neues „Kommunikations-Modell mit vielfältigen Inhalten und Links, hoher Interaktivität und zeitlicher Synchronität“ [115] handelt.
Dass sich das Online-Marketing vor allem im Web 2.0 ausgesprochen positiv entwickelt, zeigt der in 2006 7,6 prozentige Anteil am kompletten Werbekuchen (s. Abb. 4).
Abb. 4: Brutto-Werbekuchen 2006[116]
Die positive Entwicklung wird auch durch die allgemeine Stimmung in der Online-Branche gestützt. Die Angebote im Web 2.0 erwirken höhere Investitionen in Online-Werbung. Es gibt praktisch keine Verlierer beim Online-Marketing, da Zielgruppen exakt adressiert werden können.[117]
Die ersten Formen des Online-Marketings im Web 1.0 kann man nach Kotler/Armstrong/Saunders/Wong in vier Bereiche unterteilen:[118]
Einrichtung eines elektronischen Geschäfts
Online-Platzierung von Werbung
die Teilnahme an Internet-Foren, Newsgroups usw.
die Nutzung von E-Mail oder Webcasting
Aus den vorangegangenen Kapiteln wurde deutlich, dass das Internet respektive das Online-Marketing in den letzten zehn Jahren sein Erscheinungsbild geändert hat. Die Unterschiede des Web 1.0 gegenüber dem Web 2.0 werden anhand einiger Beispielen aufgezeigt:
Veränderte Gruppe der Internet-Nutzer
Durch die gestiegene Zahl der Internet-Nutzer ist eine höhere Reichweite an potenziellen Kunden für die Angebote des Unternehmens mittels Online-Werbeformen zu identifizieren und individueller anzusprechen – zudem sind diese neuen Nutzer technisch besser ausgestattet.
Veränderter Einsatz von Instrumenten des Online-Marketings
Während im Web 1.0 die klassische Bannerwerbung, die Präsenz in den Suchdiensten und die eigene Homepage für Werbezwecke genutzt wurden, hat sich neben dem effizienter genutzten Suchmaschinen-Marketing auch das Affiliate-Marketing[119] als leistungsstarkes Instrument etabliert.
Entwicklung zum Perfomance Marketing
Die Marketingaktivitäten sollen auch im Internet einen messbaren Erfolg generieren. Der Einsatz der Instrumente erfolgt leistungs-orientiert. Ein ständiges Controlling der leistungsbasierten Kennzahlen ermöglicht den wirtschaftlichen Einsatz der Werbeformen.[120] Zudem orientiert sich die Branche in Richtung der Standardisierung der Werbeformen und besseren Messgrössen.[121]
Veränderung der Kommunikationssituation von Push zu Pull
Die Werbung ist nicht mehr dazu da, dem Internet-Nutzer ein Angebot aufzudrängen, sondern verfolgt die Maßgabe, dem aktiv Suchenden die Auffindbarkeit des für ihn relevanten Angebots zu vereinfachen.
Verbesserung der Möglichkeiten des One-to-One-Marketings
Durch die verbesserten Technologien ergeben sich sowohl neue Ansätze der individuellen Personalisierung als auch der zielgruppenaffinen Ansprache z. B. durch Mails. Die Wünsche der Internet-Nutzer können aufgrund des größeren Wissens über ihre Präferenzen besser berücksichtigt werden.[122]
Veränderung der Zielsetzung von Online-Marketing
Während im Web 1.0 vor allem die Verkaufsförderung und die Neukundengewinnung im...