1 Traditionelle Chinesische Medizin und 5 Elemente
Die Lehre der 5 Elemente als ein Aspekt der TCM ist in der traditionellen chinesischen Philosophie verankert und basiert auf Beobachtungen der Natur, die sich im Menschen widerspiegeln.
Je tiefer ich über die Jahre in das ganzheitliche Denken der Chinesischen Medizin eingetaucht bin, desto mehr Fragen haben sich für mich ergeben. Die Fragen werden nicht verschwinden, im Gegenteil, sie sind ein ständiger Begleiter und fördern den Impuls, immer wieder offen zu sein für Neues und oft auch Unerwartetes. Es ist wie eine Reise, die zwar durch das Lernen der Theorie geplant werden kann, aber deren tatsächlicher Verlauf durch die Verbindung zum »Gesamten« bestimmt wird und daher vorher nicht genau festgelegt werden kann.
Während einer Therapie sollte also immer wieder geprüft werden, welcher Weg in der Behandlung der jeweils richtige ist, und dieser sollte gemeinsam mit dem Patienten fein abgestimmt werden.
Gesundheit und Krankheit werden subjektiv sehr unterschiedlich empfunden, gerade deshalb ist es wichtig, die Bedürfnisse des Einzelnen genau zu erfassen. Darüber hinaus haben viele Faktoren Einfluss auf die Gesundheit und das Wohlbefinden, z. B. der kulturelle Hintergrund oder auch Lebens- und Arbeitsbedingungen.
Damit ist es nicht möglich, die Begriffe »Gesundheit« und »Krankheit« allgemeingültig zu definieren. Gesundheit und Krankheit sollten nicht isoliert betrachtet werden – beide sind Teil des Lebens!
Die Chinesische Medizin, als eine der großen naturheilkundlichen Disziplinen, beschreibt es eindrücklich mit den Worten: »Es wird nicht die Krankheit behandelt sondern der Mensch!«
Bereits kleinste Abweichungen vom gewohnten Lebensrhythmus können die eigene Balance stören und wenn die Störungen über einen längeren Zeitraum bestehen bleiben, können sie dazu führen, dass die eigenen Reserven nicht ausreichen und der Mensch krank wird.
Wir können auf verschiedenen Ebenen »krank« werden – körperlich, geistig und sozial – diese drei Formen stehen in einer engen Beziehung zueinander. Beispielsweise kann jemand körperliche Beschwerden haben, die großen Stress und Ängste auslösen, woraus sich dann psychische Probleme bis hin zum Verlust von sozialen Kontakten entwickeln können.
Die 5 Elemente in der Chinesischen Medizin und das Konzept der Organuhr können Ungleichgewichte frühzeitig anzeigen und somit wertvolle Hinweise dafür geben, wie man beispielsweise über Änderungen in der Lebensführung dem Entstehen von Krankheit frühzeitig entgegenwirken kann.
In einem alten Text aus China heißt es: »Ein Arzt, der eine Krankheit behandelt bevor sie ausbricht, ist ein guter Arzt.«
1.1 Geschichte der 5 Elemente
Das Buch »Huang Di Nei Jing« – erstellt im dritten Jahrtausend v. Chr. – besteht aus zwei Teilen – dem Su Wen und dem Ling Shu – und ist eines der ältesten Standardwerke der Chinesischen Medizin. Es wurde übersetzt als das »Buch des Gelben Kaisers zur Inneren Medizin« und wird bis heute grundlegend in der Ausbildung zur Chinesischen Medizin verwendet.
»Das Buch des Gelben Kaisers« ist einer der wichtigsten Klassiker des Daoismus und zeichnet ein ganzheitliches Bild des menschlichen Lebens. In ihm werden alle Einflüsse berücksichtigt, sowohl äußere, wie z. B. klimatische oder jahreszeitliche, als auch innere, z. B. Emotionen und unsere Reaktionen darauf.
Schon damals gab es ein großes Wissen über den natürlichen Weg zur Gesundheit: Alle Phänomene der Welt unterstützen und stärken unsere natürliche Lebenskraft, können sie aber auch einschränken und unterdrücken.
Das Buch beschränkt sich nicht nur auf medizinische Fragen, sondern es behandelt alle Facetten des menschlichen Lebens – Geburt, Wachstum, Fortpflanzung und Tod.
Das Wort »Daoismus« leitet sich von »Dao« (ab und an auch »Tao« geschrieben) ab, einem Begriff der chinesischen Philosophie und Religion, und bedeutet »der rechte Weg«. Das Dao ist die höchste Wirklichkeit, auch die Dinge der Ordnung entstehen aus ihm, ähnlich einem Naturgesetz. Es ist Ursprung und Vereinigung der Gegensätze. Damit ist es letztendlich undefinierbar. Es ist unergründbar, es hat keinen Anfang und kein Ende, keine Zeit und keinen Ort.
Durch das Wirken des Dao wird die Schöpfung durch Dualität, das Yin und das Yang, Licht und Schatten, hervorgebracht, aus deren Wandlungen, Bewegungen und Wechselspielen dann die Welt hervorgeht.
Das Tao, das sich mit Worten beschreiben lässt, ist nicht das wahre Tao.
Laotse
Neben dem Daoismus hatte aber auch der Konfuzianismus einen starken Einfluss auf die Entwicklung in China. Der Konfuzianismus basiert sowohl auf einer religiösen als auch auf einer philosophischen Weltanschauung. Im Zentrum der Lehre steht der Mensch als Teil der Gesellschaft. Dieser soll nach moralisch-ethischer Vervollkommnung streben und sich dabei an den fünf Tugenden orientieren.
Jede dieser Tugenden hat auch ihre Entsprechung in einem der 5 Elemente:
Menschlichkeit – Element Holz
Sittlichkeit bzw. ritueller Anstand – Element Feuer
Aufrichtigkeit – Element Erde
Gerechtigkeit – Element Metall
Weisheit – Element Wasser
Wer entsprechend diesen Tugenden lebt, verändert sich allein dadurch zum Guten. Im Konfuzianismus geht es also darum, wie man sich als Mensch zu verhalten hat, um ein guter, tugendhafter Mensch zu sein, und darum, dass man dem Himmel untersteht und sich nach diesem richten muss. Das löst einen Dominoeffekt aus, der auf die Mitmenschen und schließlich den gesamten Kosmos wirkt und folglich die eigentliche Urordnung wiederherstellt.
Die Lehre der 5 Elemente in der Chinesischen Medizin basiert auf diesen beiden Grundlagen des Daoismus und Konfuzianismus, was in den folgenden Kapiteln zu den einzelnen Elementen verdeutlicht werden soll.
1.2 Yin und Yang
Im Daoismus bezeichnet »Taiji« die Einheit der sich ergänzenden Gegensätze Yin und Yang. Durch das Taiji kommt zum Ausdruck, dass alle Dinge in Harmonie miteinander stehen und dass auch scheinbare Gegensätze, wie z. B. Hell und Dunkel, denselben Ursprung haben. Erst durch dessen Kraft werden die beiden Pole Yin und Yang hervorgebracht. Yin und Yang beschreiben keinen statischen Zustand, sondern befinden sich in einem permanenten Wandel.
Im Konfuzianismus dagegen wird das Taiji als das ordnende Urprinzip des Universums angesehen.
Das Taiji ist das Höchste von allem, jenseits dessen nichts sein kann.
Zhu Xi – chinesischer Philosoph
Die Darstellung im Kreis, d. h. als Kosmos, zeigt, dass alles in Beziehung zueinander steht und ein ständiger Wandel stattfindet:
Wo Yang zunimmt, da nimmt Yin ab.
Wo Yin zunimmt, da nimmt Yang ab.
Im stärksten Yin sitzt der Keim des Yang.
Im stärksten Yang sitzt der Keim des Yin.
Die Idee, dass auf allen Ebenen eine Harmonie besteht, ist tief verwurzelt in der ostasiatischen Kultur. Dies spiegelt sich in vielen Bereichen wider, wie z. B. in der Spiritualität, dem Wohnen (Feng-Shui) oder auch in der Medizin.
Das Denken in den Kategorien von Yin und Yang ist in westlichen Ländern oftmals ungewohnt, da es mit Yin und Yang ein Sowohl-als-auch gibt. Yin und Yang sind eben nicht trennbar, sie bedingen sich gegenseitig, sie ergänzen sich, sie erzeugen sich, sie nähren sich, aber sie bekämpfen sich auch.
Das alte Schriftzeichen für »Yin« zeigt die Schattenseite eines Berges und das für »Yang« dessen Sonnenseite.
Yin symbolisiert das Weibliche, die Nacht, die Dunkelheit. Es gibt die Struktur und ist passiv.
Yang hingegen symbolisiert das Männliche, den Tag, die Helligkeit. Es gibt die Dynamik und ist aktiv.
Tab. 1.1 Beispiele für Manifestationen von Yin und Yang