21 2 Wissen, worum es geht: Schutzrechtsbasics
23 2.1 Schutzrechtsarten im Überblick
Gute Ideen sind glücklicherweise gar nicht so selten. Um das festzustellen, braucht man sich im Grunde bloß einmal wachen Blickes umzusehen. Die meisten Dinge, mit denen wir uns tagtäglich umgeben, starteten in ihr Dasein als gute Idee. Sie gehen also auf eine gute Idee zurück. Die Idee selbst entstand dabei quasi aus dem Nichts oder zielgerichteter als Ergebnis eines inkrementellen schöpferischen Prozesses. Dann folgte irgendwann die Umsetzung der Idee in ein erstes Produkt oder Konzept. Dieses wurde dann gegebenenfalls verbessert und verfeinert sprich perfektioniert. Manche dieser guten Ideen sind seit Menschengedenken praktisch Allgemeingut. Denken wir zum Beispiel an Sitzmöbel. Andere Ideen öffneten die Tür zur Technik wie beispielsweise die Nutzbarmachung der Elektrizität. Wieder andere Ideen waren vor wenigen Jahrzehnten noch purer Sciencefiction und haben sich erst vor kurzem sozusagen manifestiert wie zum Beispiel der Computer oder gar das iPad.
All diese Ideen bringen tiefgreifende Veränderungen für unser aller Leben mit sich. Und in einer Welt mit einem den Globus umspannenden Wirtschaftssystem ist es da ein sehr nachvollziehbarer Wunsch, aus Ideen auch wirtschaftliche Vorteile zu schlagen. Zumal manche Ideen erst mit einem erheblichen Einsatz an Energie, Herzblut, Zeit und Kapital zur Umsetzung bzw. Marktreife gebracht werden können! Da ist es nur fair, wenn dieser immense Einsatz auch belohnt wird.
Ein gewerbliches Schutzrecht generiert ein zeitlich befristetes Monopol
Genau dieser Deal, dieses Belohnungsprinzip, liegt dem schutzrechtlichen System unserer Zeit deshalb auch elementar zugrunde: Wer gute Ideen hat, soll bei der Umsetzung dieser Ideen auch einen angemessenen Vorteil genießen. Deshalb ist es gesetzlich möglich, bestimmte Ideen für einen begrenzten Zeitraum zu schützen, sprich zu monopolisieren. Ein gewerbliches Schutzrecht generiert also ein Monopol auf Zeit. Die Limitierung des Monopols auf einen endlichen Zeitraum ist dabei besonders bei technischen Erfindungen sehr wichtig. Nur diese zeitliche Begrenzung sorgt dafür, dass kein Entwicklungsstillstand eintritt und wir als Privatleute oder professionelle Kunden auch am Fortschritt wahrhaft partizipieren können. Und es soll ja schon gar nicht so sein, dass andere in der Umsetzung ihrer eigenen, vielleicht sogar noch besseren Ideen dauerhaft gehemmt werden.
24Der Wettbewerb darf durch das zeitlich befristete Monopol nicht abgewürgt werden. Und das wird er auch nicht. Ganz im Gegenteil. Das schutzrechtliche System ist genialer Weise so eingerichtet, dass es den Wettbewerb sogar noch weiter befeuert!
Wer nämlich seine Ideen schützen lässt, muss die Idee auch dokumentieren und der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Dazu gibt es praktisch keine Ausnahme.16 Die Idee ist dann also bekannt und kann die weiteren Ideen der Konkurrenz durchaus befruchten. Sie liefert Input und den einen oder anderen wichtigen Denkanstoß, der seinerseits wieder zu schützenswerten Ideen führt. Dabei liefert die Offenlegung der Idee wohlgemerkt im Allgemeinen nicht mehr Informationen, als man auch bei einem Reverse Engineering eines Produktes bekäme.
Das Schutzrechtssystem kombiniert also in geradezu verblüffender Weise zwei an sich gegensätzliche Prinzipien: Es verbindet den Gedanken des Monopols mit dem des verschärften Wettbewerbs. Das Monopol wird durch die zeitliche Befristung im Zaum gehalten und als Belohnungsinstrument eingesetzt.
Die Vielfalt von Ideen
Es gibt von ihrem Typus her ganz unterschiedliche Ideen, deren Schutz man sich vorstellen oder wünschen kann. Da gibt es zum einen die vielfältigen technischen Erfindungen, die auf der Anwendung physikalischer, chemischer oder biologischer Erkenntnisse beruhen. Auf der anderen Seite gibt es die eher schöpferisch kreativen Ideen aus den Bereichen Marketing und Werbung oder die künstlerisch kulturellen Schöpfungen von Designern, Künstlern und Autoren. Das sind nur einige Beispiele – die ganze Bandbreite von Ideen umfasst noch viel mehr, auch rein wirtschaftliche Ideen (Geschäftsmethoden). Und die Vielfalt der Ideenlandschaft wächst ständig: Denken wir zum Beispiel an die viel diskutierte Frage nach dem Schutz von Computerprogrammen. Diese Frage hat sich vor der Erfindung des Computers schlichtweg nicht gestellt!
Mehrere Schutzrechtsarten mit spezifischen Zugangsvoraussetzungen
Die oben grob skizzierten Ideentypen sind mit unterschiedlichem Einsatz und finanziellem Aufwand geschaffen worden und werden wirtschaftlich auch auf verschiedene Weise umgesetzt und ausgenutzt. Es wäre deshalb ganz sicher nicht adäquat, alle Ideentypen über einen Kamm zu scheren und nach denselben Regeln zu schützen. Sinnvoll ist vielmehr ein System, dass verschiedenen Charakteristika von Ideen angemessen Rechnung trägt. Und genau so ist 25die Schutzrechtslandschaft rechtlich auch ausgestaltet. Es existieren mehrere Schutzrechtsarten, die jeweils spezifische Zugangsvoraussetzungen für das angestrebte zeitlich limitierte Monopol voraussetzen. Die wahrscheinlich wichtigste Schutzrechtsart davon kennen Sie schon, nämlich das Patent. Andere wichtige Schutzrechtsarten sind zum Beispiel das Gebrauchsmuster, die Marke, das Design und das Urheberrecht. Es wird also nicht, wie leider häufig zu hören und zu lesen ist, alles „patentiert“. Stattdessen werden verschiedene Ideentypen auch durch unterschiedliche Schutzrechtsarten geschützt.
Das Patent ist dabei das klassische Schutzrecht für technische Erfindungen. Der Begriff der Technik ist in diesem Kontext sehr weit gefasst und umfasst nicht nur die „harte“ Technik der Physik, Chemie und Ingenieurswissenschaften, sondern auch die „weiche“ Technik der Biologie bzw. auch Biotechnologie. Patente schützen also zum Beispiel Maschinen und vielfältige technische Gerätschaften („Vorrichtungen“ im Fachjargon). Konkrete Beispiele sind u. a. Laser, Optiken, Arbeitsmaschinen wie z. B. Fräsmaschinen und Lackiervorrichtungen, komplexe industrielle Anlagen, Förderbänder, Fahrzeuge, Fahrzeugteile, Messinstrumente, medizinische Geräte wie Kernspintomographen und Skalpelle, chemische und pharmazeutische Substanzen, Fernsehgeräte, Waschmaschinen, Fotoapparate, Handys, etc. Und natürlich können auch einzelne Module oder Bauteile vorgenannter Vorrichtungen durch ein Patent geschützt werden, also zum Beispiel das ABS-System für ein Auto oder eine bestimmte Schaltungsanordnung in einem Steuergerät. Neben dem Schutz für technische Vorrichtungen, also für technische Produkte, die mehr oder weniger zum Anfassen geeignet sind, ist Patentschutz auch für Verfahren möglich. In jedem Fall handelt es sich dabei um technische Verfahren, also Verfahren, bei denen entweder ein Produkt hergestellt oder einem Prozess unterzogen wird. Man unterscheidet deshalb auch zwischen Herstellungsverfahren einerseits und Arbeitsverfahren andererseits.
Die Liste der dem Patentschutz zugänglichen Dinge ließe sich sehr einfach um ein Vielfaches verlängern. Es geht mir an dieser Stelle aber lediglich darum, Ihnen ein Gefühl für die Dinge zu geben, die prinzipiell durch ein Patent geschützt werden können. Die tatsächlichen Möglichkeiten sind so vielfältig wie die Welt der Technik selbst.
Das durch ein Patent errichtbare Monopol auf Zeit währt maximal 20 Jahre. Das reicht auch anscheinend zur wirtschaftlichen Verwertung eines Patentes vollkommen aus, denn viele Patentinhaber entscheiden sich, Patentschutz nur für einen kürzeren Zeitraum von 26ca. 12 bis 13 Jahren aufrecht zu halten.17 Die gewählte Patentlaufzeit ist dabei auch ein wenig branchenabhängig bzw. hat mit den branchentypischen Produktlebenszyklen zu tun.
Eine spezielle Branche ist in Hinblick auf die Aufrechterhaltungsdauer von Patenten die Pharmaindustrie. Der Pharmabranche hat ein starkes Interesse an möglichst langem Patentschutz. Umgekehrt muss man wohl zugeben, dass keine andere Branche so viel Entwicklungsarbeit und Geld in die Entwicklung von Produkten investiert wie diese. Für die forschenden Pharmaunternehmen ist Patentschutz essentiell – sie würden ihre Forschung einstellen, könnten Generikahersteller ihre Forschungsergebnisse sofort kopieren. Und im Pharmabereich laufen die Uhren auch deshalb ein wenig anders, weil neben dem Patentschutz ja noch diverse klinische Tests und Zulassungsverfahren für Medikamente etc. abgeschlossen sein müssen, bevor das Produkt überhaupt auf den Markt kommen und somit genutzt werden darf. Diese Verfahren müssen Generikahersteller im Übrigen auch nicht noch einmal durchlaufen. Der Gesetzgeber hat deshalb zum Interessenausgleich das sogenannte Ergänzende Schutzzertifikat „erfunden“. Dieses verlängert den Patentschutz um die Zeitspanne, die das Zulassungsverfahren in Anspruch genommen hat, allerdings um maximal fünf Jahre.18
Das Gebrauchsmuster als Spielart eines technischen Schutzrechts gibt es in vielen, aber längst nicht in allen Ländern. Es schützt genau wie das Patent technische Erfindungen, hat aber eine kürzere Laufzeit19 und schützt keine Verfahrenserfindungen. Wozu also braucht man ein Gebrauchsmuster?
Patente werden nach ihrer Anmeldung von den Patentämtern auf ihre Patentfähigkeit hin geprüft. Dabei wird...