Sie sind hier
E-Book

Verhandlungsmanagement

Analyse, Werkzeuge, Strategien

AutorAndreas Nelle, Christian Bühring-Uhle, Horst Eidenmüller
VerlagVerlag C.H.Beck
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl241 Seiten
ISBN9783406666032
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis15,99 EUR
Inhalt In Zukunft besser verhandeln Das ist die Zielsetzung dieses Buches. Es wird die Fähigkeit vermittelt, Verhandlungen effektiv vorzubereiten und zielgerichtet zu führen. Für die Entwicklung von Strategien und die Optimierung von Verhandlungsprozessen sind Wissen, Verständnis und das richtige Konzept notwendig. Genau das wird in dem Buch verständlich und präzise vermittelt. Seit über 30 Jahren sind Verhandlungen Gegenstand der interdisziplinären Forschung (Spieltheorie, Psychologie, Wirtschafts-, Rechts- und Politikwissenschaft). Daraus und auf der Basis ihrer eigenen langjährigen Erfahrung im Verhandlungsmanagement haben die Autoren ein eigenständiges Workshop-Konzept entwickelt, an welchem sich die Struktur des Buches orientiert. Neuauflage Die Neuauflage dieses Standardwerkes der Verhandlungsliteratur trägt der Weiterentwicklung der internationalen Verhandlungsforschung Rechnung und bringt eine Optimierung der vermittelten Konzepte im Lichte neuer umfangreicher wissenschaftlicher, didaktischer und praktischer Erkenntnisse. Zielgruppe Für jedermann, insbesondere Fach- und Führungskräfte, Betriebswirte, Berater und Freiberufler, Rechtsanwälte, Personen in Aus- und Weiterbildung, Jurastudierende und Rechtsreferendare.

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Leseprobe

23II. Kapitel. Analysieren Sie die Verhandlungssituation


Stellen Sie sich vor, Ihre Vorgesetzte bittet Sie zu einem Gespräch und eröffnet Ihnen, dass Ihre Abteilung umstrukturiert und mit einer Einheit an einem anderen Standort, in einer 500km entfernten Großstadt, zusammen geführt wird. Sie sind ausgewählt worden, die neue Einheit zu leiten, mit der Aussicht auf eine zwanzigprozentige Gehaltserhöhung nach einem Jahr. Ihre spontane Reaktion sind gemischte Gefühle: Ihr Job hat Ihnen eigentlich bisher ganz gut gefallen, obwohl Sie schon der Meinung waren, dass eine Beförderung und insbesondere eine Gehaltserhöhung langsam fällig wären. Aber was da in Aussicht gestellt wird, ist relativ vage und auch nicht gerade ein Quantensprung. Und ein Ortswechsel in die deutlich größere – und teurere – Stadt birgt eine Vielzahl von Belastungen und Risiken. Wie wird Ihre Familie reagieren? Die Kinder müssten Schule und Freundeskreis wechseln, Ihr(e) Partner(in) ist berufstätig und müsste in der neuen Stadt ebenfalls eine neue Stelle finden. Andererseits fällt offenbar Ihre jetzige Stelle weg und die Familie ist auf Ihr Einkommen angewiesen. Und was wird aus dem Haus, das Sie gerade gebaut haben? Freilich muss das Angebot Ihrer Vorgesetzten ja nicht das letzte Wort gewesen sein. Sie werden also verhandeln müssen, aber wie kommen Sie mit dieser Gemengelage am besten zurecht?

Wie Sie eine solche Verhandlungssituation am besten analysieren und dadurch in den Griff bekommen können, möchten wir Ihnen in diesem Kapitel zeigen. Grundlage unserer Konzeption ist das Bild eines unvollkommen rational handelnden Menschen, der zwar sein Handeln an der Maximierung seines persönlichen Nutzens orientiert, dabei aber von vielfältigen, teilweise durchaus irrationalen Beweggründen gesteuert und in seiner Urteilsfähigkeit durch Verzerrungen der menschlichen Wahrnehmung getrübt wird. Ohne diese Einschränkung aus den Augen zu verlieren, ist die Annahme der Rationalität des Verhaltens aller Verhandlungspartner ein sinnvoller Ansatz, um Verhandlungssituationen zu verstehen und zu bewältigen. Sich sein Gegenüber als vollkommen irrational und unberechenbar 24vorzustellen, wäre genauso wenig hilfreich wie die Annahme einer vollkommenen Rationalität.

Die Annahme eines in seiner Grundstruktur rationalen Verhaltens wird durch die Lebenserfahrung bestätigt: Die allermeisten Menschen streben nach ihrem eigenen Vorteil, auch wenn sie zutiefst subjektive und häufig sehr unklare Vorstellungen davon haben mögen, worin dieser Vorteil besteht und wie er am besten verwirklicht werden kann. Hier liegt die zentrale Herausforderung für Sie als Verhandler: Es geht darum, die Entscheidung eines anderen Menschen zu beeinflussen, und zwar sowohl in ihren rationalen Aspekten – der Wahl der für diesen Menschen günstigsten Handlungsoption – als auch in den subjektiven, möglicherweise weniger rationalen Einschätzungen und Bewertungen der wahrgenommenen Handlungsoptionen.

Dieses Kapitel zeigt die Parameter für eine Einflussnahme in Verhandlungen auf. Im Kern jeder Verhandlung steht die Entscheidung aller Beteiligten zwischen den zur Diskussion gestellten Angeboten und den Möglichkeiten, über die sie jeweils unabhängig von einer Verhandlungslösung verfügen. Diese Entscheidungssituation können Sie mit Hilfe eines Systems von vier Schlüsselfaktoren analysieren, die wir in diesem Kapitel detailliert vorstellen. Eine besondere Bedeutung hat dabei der Schlüsselfaktor der menschlichen Wahrnehmung. Er stellt als Grundlage und Rahmenbedingung für rationale Entscheidungen eine besondere Herausforderung dar. Um damit besser umgehen zu können, zeigen wir eine Reihe von „Fallen“ auf, deren Kenntnis den Blick für die Grenzen der Rationalität bei einer Verhandlung schärft.

1. Begreifen Sie Verhandeln als Entscheidungsfindung


Wenn Menschen miteinander verhandeln, dann kommunizieren sie über eine mögliche Zukunftsgestaltung. Ergebnis dieses Prozesses ist eine Entscheidung, wie in der Zukunft vorgegangen werden soll. Diese Entscheidung findet auf zwei Ebenen statt: einmal individuell („Will ich der vorgeschlagenen Lösung zustimmen?“) und einmal kollektiv („Wollen wir uns auf die vorgeschlagene Lösung einigen?“).

25Das Element der Entscheidungsfindung über eine mögliche Zukunftsgestaltung unterscheidet Verhandlungen von anderen, verwandten Kommunikationsformen. Wir haben im I. Kapitel ausgeführt, dass es in Verhandlungen nicht etwa darum geht, Recht zu behalten oder wie bei einem Rätsel oder einer Rechenaufgabe „die richtige Lösung“ zu finden. Zentral ist vielmehr, dass jede Partei „ein gutes Ergebnis“ erzielen will. Ich kann mich durchaus mit meinem Verhandlungspartner einigen, etwa über den Verkauf eines Gebrauchtwagens oder über eine Arbeitsteilung im Haushalt, ohne dass einer den anderen von seiner Sicht der Dinge überzeugt hat (oder dies auch nur versucht wurde). Es genügt, dass jeder von uns die vereinbarte Lösung – aus welchen Gründen auch immer – gegenüber dem Status quo bevorzugt und als verbindlich anerkennt.

Auch wenn Vergangenheitsbewältigung, wie zum Beispiel in einer Vergleichsverhandlung bei einem Rechtsstreit, oft einen breiten Raum in Verhandlungen einnimmt, so geht es doch letztlich immer um Zukunftsgestaltung (Inhalt des Vergleiches ist nicht in erster Linie eine Feststellung darüber, was geschehen ist bzw. ob das nun richtig oder falsch war, sondern eine Regelung für die Zukunft, z.B. wer wem wie viel zu zahlen hat).

Um die Entscheidung über eine gemeinsame Lösung für sich selbst zu treffen und bei den übrigen Beteiligten beeinflussen zu können, müssen Sie die Parameter kennen, unter deren Einfluss diese Entscheidung steht. Sie müssen die Ausgangssituation daher zunächst einmal analysieren, bevor Sie gezielt auf die Entscheidungsfindung einwirken können.

2. Analysieren Sie die Entscheidungslage


Trotz der großen Vielfalt und Komplexität von möglichen Verhandlungssituationen lässt sich der Prozess der Entscheidungsfindung in Verhandlungen anhand einer begrenzten Anzahl von Parametern analytisch beschreiben:

  • Gegenstand der Entscheidung sind Einigungsoptionen und Nichteinigungsalternativen
  • Bewertungsmaßstab für die Entscheidung sind vor allem die Interessen der Beteiligten
  • 26Grundlage der Entscheidung sind die Wahrnehmungen der Verhandlungspartner

Abbildung 3: Verhandeln als Entscheidungsfindung

Kern einer jeden Verhandlung ist die von allen Beteiligten zu treffende Entscheidung zwischen den vorgeschlagenen Lösungsmöglichkeiten für eine Einigung – wir nennen diese im folgenden „Einigungsoptionen“ (Schlüsselfaktor 1) – und den Handlungsalternativen, welche Ihnen bei einer Nichteinigung jeweils zur Verfügung stehen, welche wir „Nichteinigungsalternativen“ oder „NEA“ nennen (Schlüsselfaktor 2).

a) Einigungsoptionen

Ziel jeder Verhandlung ist es, wie im I. Kapitel beschrieben, ein tragfähiges, „gutes“ Ergebnis zu entwickeln. Dies ist harte Arbeit, denn ein wirklich gutes Ergebnis können Sie nur erreichen, wenn Sie den Raum der Möglichkeiten, das Spektrum der möglichen Lösungen, systematisch ausloten. Das ist die Arbeit an Einigungsoptionen. So ist die von Ihrer Vorgesetzten vorgeschlagene Verwendung als Leiter der umstrukturierten Abteilung zu den von ihr skizzierten Bedingungen sicher nicht die einzige denkbare Lösung. Man könnte zum Beispiel auch darüber nachdenken, die neue Position mit ganz anderen Rahmenbedingungen zu versehen oder eine neue Aufgabe für Sie am alten Standort zu finden.

Einigungsoptionen sind mögliche Verhandlungslösungen, die den Parteien als Vorschläge „auf dem Tisch“ liegen. Im Gegensatz zu bloßen Ideen sind Einigungsoptionen umsetzungsfähige Lösungen: Sie sagen aus, was im Falle der Zustimmung konkret zu tun ist. Das Entwickeln von Einigungsoptionen, die besser sind als die den Parteien zur Verfügung stehenden Alternativen, ist eine der fundamentalen 27Aufgaben des Verhandlungsmanagements. Nur wenn es Ihnen gelingt, der anderen Seite einen zustimmungsfähigen Vorschlag zu unterbreiten, kann die Verhandlung erfolgreich abgeschlossen werden.

Die Suche nach Einigungsoptionen erfordert ein systematisches Vorgehen und Kreativität sowohl in der Vorbereitung als auch während der Verhandlung. Ein besonders gutes Verhandlungsergebnis kann darin bestehen, dass durch eine zunächst überraschende Lösung die Interessen beider Parteien weitgehend verwirklicht werden. Mit etwas Fantasie lassen sich häufig auch scheinbar unvereinbare Positionen überwinden und die Unterschiede in der Interessenlage sogar als Sprungbrett für eine besonders vorteilhafte Einigung nutzen, wie etwa in dem im I. Kapitel geschilderten Orangenbeispiel.1 Kreativität ist der „Joker“ in jeder Verhandlung. Wenn es Ihnen gelingt, eine kreative Lösung zu finden, erhöhen Sie damit auch die Chance, dass das Ergebnis interessengerecht ist und als fair empfunden wird. Zugleich kann ein gemeinsames „Aha-Erlebnis“ verbindend wirken, so dass auch die Beziehung zu Ihrem Verhandlungspartner gefestigt wird.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass es praktisch immer mehr als nur eine gute Lösung geben wird und die Chance auf eine vorteilhafte Einigung erheblich steigt, wenn man...

Blick ins Buch

Weitere E-Books zum Thema: Arbeitswelt - Karriere - Bewerbung

Wer hat das Zeug zum Unternehmer?

E-Book Wer hat das Zeug zum Unternehmer?
Training zur Förderung unternehmerischer Potenziale Format: PDF

Wer hat das Zeug zum Unternehmer? Sie? Ihre Schüler? Ihre Studenten? Die Teilnehmer eines von Ihnen angebotenen Weiterbildungsprogramms? Jeder in einer Phase beruflicher Orientierung profitiert von…

Wer hat das Zeug zum Unternehmer?

E-Book Wer hat das Zeug zum Unternehmer?
Training zur Förderung unternehmerischer Potenziale Format: PDF

Wer hat das Zeug zum Unternehmer? Sie? Ihre Schüler? Ihre Studenten? Die Teilnehmer eines von Ihnen angebotenen Weiterbildungsprogramms? Jeder in einer Phase beruflicher Orientierung profitiert von…

Wer hat das Zeug zum Unternehmer?

E-Book Wer hat das Zeug zum Unternehmer?
Training zur Förderung unternehmerischer Potenziale Format: PDF

Wer hat das Zeug zum Unternehmer? Sie? Ihre Schüler? Ihre Studenten? Die Teilnehmer eines von Ihnen angebotenen Weiterbildungsprogramms? Jeder in einer Phase beruflicher Orientierung profitiert von…

Duden

E-Book Duden
Erfolgreich bewerben Format: PDF

Bewerbung – schon in diesem Begriff steckt das Wort „Werbung“. Das kommt nicht von ungefähr: Als Bewerber hat man heute, im Zeitalter der Massenbewerbungen, große…

Das Unternehmen Agentur

E-Book Das Unternehmen Agentur
Erfolgreich selbständig in der Versicherungswirtschaft Format: PDF

Chancen einer Existenzgründung in der Versicherungswirtschaft Start ins Unternehmen Basis-Know-how einer Versicherungsagentur Strategie, Vision, Gewinnorientierung, Liquidität, Steuern…

Das Unternehmen Agentur

E-Book Das Unternehmen Agentur
Erfolgreich selbständig in der Versicherungswirtschaft Format: PDF

Chancen einer Existenzgründung in der Versicherungswirtschaft Start ins Unternehmen Basis-Know-how einer Versicherungsagentur Strategie, Vision, Gewinnorientierung, Liquidität, Steuern…

Das Unternehmen Agentur

E-Book Das Unternehmen Agentur
Erfolgreich selbständig in der Versicherungswirtschaft Format: PDF

Chancen einer Existenzgründung in der Versicherungswirtschaft Start ins Unternehmen Basis-Know-how einer Versicherungsagentur Strategie, Vision, Gewinnorientierung, Liquidität, Steuern…

Weitere Zeitschriften

BEHINDERTEPÄDAGOGIK

BEHINDERTEPÄDAGOGIK

Für diese Fachzeitschrift arbeiten namhafte Persönlichkeiten aus den verschiedenen Fotschungs-, Lehr- und Praxisbereichen zusammen. Zu ihren Aufgaben gehören Prävention, Früherkennung, ...

Computerwoche

Computerwoche

Die COMPUTERWOCHE berichtet schnell und detailliert über alle Belange der Informations- und Kommunikationstechnik in Unternehmen – über Trends, neue Technologien, Produkte und Märkte. IT-Manager ...

dental:spiegel

dental:spiegel

dental:spiegel - Das Magazin für das erfolgreiche Praxisteam. Der dental:spiegel gehört zu den Top 5 der reichweitenstärksten Fachzeitschriften für Zahnärzte in Deutschland (laut LA-DENT 2011 ...

SPORT in BW (Württemberg)

SPORT in BW (Württemberg)

SPORT in BW (Württemberg) ist das offizielle Verbandsorgan des Württembergischen Landessportbund e.V. (WLSB) und Informationsmagazin für alle im Sport organisierten Mitglieder in Württemberg. ...

Deutsche Tennis Zeitung

Deutsche Tennis Zeitung

Die DTZ – Deutsche Tennis Zeitung bietet Informationen aus allen Bereichen der deutschen Tennisszene –sie präsentiert sportliche Highlights, analysiert Entwicklungen und erläutert ...

dima

dima

Bau und Einsatz von Werkzeugmaschinen für spangebende und spanlose sowie abtragende und umformende Fertigungsverfahren. dima - die maschine - bietet als Fachzeitschrift die Kommunikationsplattform ...

e-commerce magazin

e-commerce magazin

e-commerce magazin Die Redaktion des e-commerce magazin versteht sich als Mittler zwischen Anbietern und Markt und berichtet unabhängig, kompetent und kritisch über ...

elektrobörse handel

elektrobörse handel

elektrobörse handel gibt einen facettenreichen Überblick über den Elektrogerätemarkt: Produktneuheiten und -trends, Branchennachrichten, Interviews, Messeberichte uvm.. In den monatlichen ...