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E-Book

Plötzlich gesund

Medizinische Wunder und was dahinter steckt

AutorErwin Liek
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl148 Seiten
ISBN9783748175919
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis23,99 EUR
Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent. Wie kann es sein, daß Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge in Form von sogenannten Wunderheilungen aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet? Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung ableitet.

Das Themenspektrum des Mediziners Dr. Erwin Liek umfaßt vor allem die Beziehung zwischen Naturheilkunde und Schulmedizin. Er gründete die allgemeinmedizinische Zeitschrift Hippokrates, die Homöopathie und gesunder Ernährung aufgeschlossen gegenübersteht und an der renommierte Ärzte wie Bernhard Aschner, Eugen Bircher und der Medizinhistoriker Henry E. Sigerist mitarbeiteten. Seine Reformbestrebungen werden als grundlegend für eine Erneuerung des ärztlichen Standes angesehen

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Leseprobe

Das Wunder des Lebens


„Wunder nennt man neue, unerwartete Ereignisse. Wenn dieselben gewöhnlich

werden, wirken sie nicht mehr als Wunder, wenn sie auch unerklärlich sind.“

Linné in den „Miracula insectorum“

Die Linnesche Umschreibung des Wunders scheint mir brauchbar. Wunder nennen wir das, was wir in seiner Wirksamkeit nicht durchschauen. So wie wir es durchschauen, hört das Wunder auf.

„Das Wunder ist ein Ereignis, das Glauben schafft.“

Bernard Shaw in der „Heiligen Johanna“

Als Jesus auf der Hochzeit zu Kana Wasser in Wein verwandelte, war das unzweifelhaft ein Wunder. Ein Wunder wäre es gewesen, wenn die Alchimisten ihr Ziel, aus unedlen Metallen Gold zu machen, verwirklicht hätten. Jetzt nehmen wir einmal an, unsere moderne Chemie wäre so weit, könnte Wasser in Wein, Blei und Quecksilber in Gold verwandeln, dann wäre es mit diesen „Wundern“ aus. Gewiß, wir könnten noch immer nicht den Vorgang „erklären“. Aber das können wir ja nirgends, können nur beschreiben, bestenfalls uns mit „vorläufigen Erklärungen“ (Dirigier) abfinden, wie die Physik es heute in kluger Selbstbescheidung tut.

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, „Wissenschaft“, ist der stärkste Feind des Wunders. Was unsern Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr. Die Zeit, da Jupiter und Thor ihre Donnerkeile schleuderten, ist vorüber. Für uns ist der Blitz ein gut bekannter und längst erforschter Spannungsausgleich der atmosphärischen Elektrizität, der nachfolgende Donner ein ebenso gut bekanntes und ganz natürliches akustisches Phänomen.

Ein österreichischer Arzt berichtete, daß er im Weltkrieg, in irgendeiner Ecke Arabiens, einen alten Mann von seiner Taubheit heilte durch Ausspritzen alter Ohrenschmalzpfropfen. Er hatte seitdem bei den Beduinen den unerschütterlichen Ruf eines Wunderheilers, eines Magiers.

Ein Afrikareisender wurde von einem wilden Negerstamm tätlich bedroht. In der höchsten Not nahm er sein Glasauge heraus, legte es vor sich hin und sagte, jetzt werde er gleich auch das zweite Auge herausnehmen. Die Neger zitterten vor Angst, fielen in die Knie und erwiesen dem Wundermann göttliche Ehren.

Beide Vorgänge würden auf den Europäer gar keinen Eindruck machen. Damit ist natürlich nicht gesagt, daß der Zivilisierte dem Wunder nicht mehr zugänglich ist. Es findet lediglich eine Verschiebung auf andere Gebiete statt. Doch davon später.

Der weiße Mensch hat sich in knappen hundert Jahren die mannigfaltigsten und geheimsten Naturkräfte in einem Grade dienstbar gemacht, wie es der Menschheit vorher nicht in Hunderttausenden von Jahren beschieden war. Der entscheidende Aufstieg der Naturwissenschaften begann, als der Forscher sich endgültig loslöste von Animismus, Vitalismus, spekulativer Philosophie, religiösen Bindungen, und sich mit beiden Füßen auf unsere Erde stellte, ohne Vorurteil, geduldig, offenen Geistes die Natur befragte, immer wieder fragte, bis die Antwort kam. Seien wir gerecht, der Weltanschauung des Materialismus verdanken wir auf dem Gebiete der Naturwissenschaften, der Technik, der Heilkunde nahezu alles, was wir im letzten Jahrhundert erobert und in dauernden Besitz genommen haben.

Die letzten Geheimnisse schienen sich dem menschlichen Geist zu entschleiern, wenn nicht dieser Generation, dann, wir haben Zeit, der nächsten. Die letzten Geheimnisse, darunter auch das größte, das Wunder des Lebens. Der Forscher sah alle Schranken fallen, weshalb sollte er nicht auch das Problem des Lebens angreifen? Er tat es ohne Zögern — und kam gewaltig voran. Der jungen Chemie gelang es sehr bald (Wähler, 1828), einen organischen Stoff, den Harnstoff, in der Retorte zu erzeugen. Weitere Synthesen folgten und führten schließlich zur künstlichen Darstellung von Polypeptiden (eiweißähnlichen Stoffen) (E. Fischer, 1907). Die Richtigkeit der Gedankengänge schien damit einwandfrei bestätigt.

Es kam jetzt nur darauf an, den ersten Übergang vom toten zum lebendigen Stoff verständlich zu machen, alles Weitere ergab sich dann ohne Schwierigkeit.

Aber hier schon stieß der Forscher auf unüberwindliche Hindernisse. Eine günstige, d. h. eine für die Entstehung des Lebens günstige Zusammenlagerung von Atomen und Molekülen in einer ebenfalls günstigen Periode der Erdgeschichte (Übergang vom feuerflüssigen in den festen Zustand, Bildung der Erdrinde) sollte das organische Leben eingeleitet haben. Ist das aber etwas anderes als Spekulation, etwas anderes als eine Umschreibung der Tatsache: ignoramus, wir wissen es nicht? Die Theorie von Svante Arrhenius, nach der winzige Lebenskeime durch den Lichtdruck aus dem Kosmos auf die Erde gelangt seien, ist auch nichts mehr als die Verschiebung des Problems von unserer Erde auf einen anderen Weltkörper. Nein, hier kamen wir nicht weiter. Aber wir fanden Ersatz. Gott war entthront, an seine Stelle trat der Entwicklungsgedanke.

Der Darwinismus überließ die Entwicklung des Lebens der natürlichen Auslese, dem Kampf ums Dasein, der geschlechtlichen Zuchtwahl, mit andern Worten, dem evolutionären Prinzip.

Darwin wollte dem Wunder, dem Übernatürlichen entgehen und an Stelle eines Plans und einer Voraussicht den Automatismus eines mechanischen Systems setzen. Wer die Schriften Darwins studiert, wird merken, daß den großen Denker der „Zufall“ nicht sehr befriedigte. Aber die Zeit war noch nicht reif, der Materialismus genügte, gab Stoff im Übermaß zu weiterer Forschung. Wir erlebten die Lösung der Welträtsel durch Haeckel.

Die Krönung der materialistischen Weltauffassung bedeutete Ende des vorigen Jahrhunderts die Entwicklungsmechanik von Roux. Sehr viele und große Erkenntnisse verdanken wir diesem ungewöhnlichen Manne. Aber er übertrieb, verfiel der Hybris, dem Gelehrtenhochmut, wenn er (und neben ihm viele andere) die künstliche Herstellung der lebenden Zelle in nahe Aussicht stellte. Wir sind heute so unendlich viel weiter, daß man sich nur schwer glaubhaft machen kann, wie diese grob materialistischen Vorstellungen von den Zeitgenossen ohne weiteres aufgenommen wurden.

Ich erinnere z. B. an die chemisch-physikalischen Nachahmungen einer Zelle, an die Schaumzellen Blütschlis, an die „lebenden Kristalle“ Lehmanns, an die Eigenbewegungen eines Öltropfens in einem anders gearteten Medium, an das Umfließen des Glasstäbchens, an die Resorption (Verdauung nannte man das) irgendeines festen, aber löslichen Stoffes. Das sollten Vorläufer der künstlichen Zelle sein? Es fehlt wie bei der schönsten Marmorstatue nur eine Kleinigkeit — der lebendige, der göttliche Odem.

„Die Gottheit ist im Lebendigen wirksam.“ (Goethe)

Vor einigen Monaten sah ich den bekannten Cantifilm, darin als das packendste, erschütterndste Bild lebende Bindegewebszellen im Dunkelfeld. Bindegewebszellen, also nichts Besonderes, Dutzendware aus der großen Werkstatt der Natur. Aber in dieser einfachen Zelle welch ein komplizierter Bau, wie viele und seltsame Einzelorgane! Und alle diese geheimnisvoll aufleuchtenden Kugeln, Ketten, Fäden in dauernder Bewegung. Nur diese Bewegung sehen wir, nicht aber die Vorgänge in den vielen chemischen Fabriken der Zelle. Nach Macfie hat eine einzige Eizelle 8640 Quadrillionen Atome in 1728 Trillionen Molekülen. Die Leberzelle ist einfacher gebaut, hat aber immerhin noch 300 Quadrillionen Atome in 24 Billionen Molekülen. Der kleinste lebende Organismus soll ungefähr 4 Billionen Moleküle enthalten. Ein amerikanischer Forscher hat die Organe, oder richtiger, was wir dafür halten, einer Zelle gezählt und glaubt 5 Milliarden Einzelteile unterscheiden zu können.

„Das unendliche Kleine und das wissenschaftlich Unerforschliche ist das unendlich Gewaltige und unendlich Große.“ (Ellis Barker)

Wenn wenigstens die Urbestandteile, die Atome, einfach gebaut, verständlich wären! Das nahm man früher an (Atom = das nicht mehr Teilbare). Heute wissen wir, daß jedes Atom eine eigene Welt, ein Sonnensystem, einen Mikrokosmos darstellt: einen ruhenden bezw. um sich selbst drehenden, positiven Kern, um den eine je nach dem Element wechselnde Zahl negativ geladener Elektronen (Materie, aber doch gewichtslos; welch unerhörte Vorstellung!) in bestimmten Abständen mit 30 km Geschwindigkeit in der Sekunde herumsausen. Wie ein aus Atomen zusammengesetztes Molekül, nun gar ein hochwertiges Eiweißmolekül gebaut ist, das auszumalen überlasse ich der Phantasie des Lesers. Hat Macfie aber nicht recht, wenn er sagt, die Zelle gleiche einem Riesendampfer, etwa der „Mauretania“, gefüllt mit Chronometern?

Und dies Wunderwerk — ich erinnere noch an die Vorgänge der Zellteilung, der Befruchtung, der Vererbung —...

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