UNTERWEGS IM NORDEN
HANOI 1 1
Übersichtskarte | Tourenkarte
Schattige Boulevards und quirlige Altstadtgassen, mondäne Villen und staatstragende Protzarchitektur – die vietnamesische Hauptstadt ist eine wunderbare, bunte Mischung. Asiatische Emsigkeit geht hier einher mit konfuzianischer Gewissenhaftigkeit; koloniale Anmut vereint sich mit sozialistischer Sachlichkeit. Die 3,6-Millionen-Metropole zeigt sich traditionsverliebt und zukunftstrunken: Sie blickt nach vorn, ohne dabei ihre tausendjährige Geschichte zu vergessen.
GESCHICHTE
Als König Ly Thai To 1010 am rechten Ufer des Roten Flusses die Stadt des »Aufsteigenden Drachen«, Thang Long, gründete, folgte er dem Vorbild der Song-Kaiser in China. Im Zentrum ließ er seine quadratische Königsresidenz, wörtlich »Gelbe Stadt«, mit den repräsentativen Bauten und, darin eingeschlossen, die »Purpurne Verbotene Stadt« für sich und seine Konkubinen errichten. Um sie herum schmiegte sich wie ein Ring die »Äußere Stadt« mit den Vierteln der Handwerker und Händler. Zum Schutz mussten die nachfolgenden Könige regelmäßig die Deiche und Befestigungsanlangen sichern lassen. Mehrfach umbenannt, heißt die Stadt seit 1831 Ha Noi, was »zwischen den Flüssen« bedeutet.
Das heutige Straßenbild ist den Franzosen zu verdanken, die ab 1883 viele Seen zuschütteten, um breite Alleen und vornehme Residenzen anzulegen. 1945 wurde Hanoi wieder Hauptstadt, hatte jedoch unter den Kriegen schwer zu leiden, vor allem während der heftigen US-Bombardierungen 1972. Viele Jahre sozialistische Misswirtschaft führten Hanoi in die Stagnation, doch seit Mitte der 1990er-Jahre erlebt die vietnamesische Hauptstadt einen rasanten Aufschwung.
HOAN-KIEM-DISTRIKT
Zwischen Rotem Fluss und Hoan-Kiem-See erstreckt sich das alte französische Viertel mit einer Reihe repräsentativer Bauten. Darunter ist das 1932 errichtete Historische Museum Online-Karte A, das auf zwei Etagen ideologisch ziemlich gefärbt die Landesgeschichte von der Frühzeit bis zur Unabhängigkeit präsentiert. Zu den bedeutendsten Ausstellungsstücken zählen die Trommeln aus der bronzezeitlichen Dong-Son-Kultur (1 Trang Tien, tgl. 8–12, 13.30–17 Uhr). Schräg gegenüber wird in ähnlicher Weise im alten Zollhaus, jetzt Revolutionsmuseum Online-Karte B, der Befreiungskampf dokumentiert (216 Tran Quan Khai, Di–Sa 8–12, 13.30–16.30 Uhr). Einige Schritte entfernt liegt am Ende der einstigen Flaniermeile Rue Paul Bert, heute Trang Tien, die neobarocke Oper, 1911 als kleinere, wenngleich sehr prächtige Kopie des Pariser Palais Garnier eröffnet. Das gemütliche Highlands Coffee nebenan lädt zur Einkehr ein.
In der 15 Ngo Quyen taucht rechter Hand die weiße Fassade des Sofitel Métropole Hanoi C auf. Das Luxushotel zählt seit seiner Eröffnung 1901 zu den ersten Häusern der Stadt. In dessen Bamboo Bar können Sie in kolonialen Erinnerungen schwelgen.
Schräg gegenüber an der Ecke Le Thach/Ngo Quyen liegt ein weiterer Markstein französischer Kolonialarchitektur, die im Jahr 1918 erbaute Residenz des Gouverneurs von Tongking, heute ein Gästehaus der Regierung.
An keinem von Hanois zahlreichen Seen hängt das Herz der Vietnamesen so sehr wie am Ho Hoan Kiem 0. Eine Legende erklärt den Ursprung des eigentümlichen Namens »See des zurückgegebenen Schwertes« so: Anfang des 15. Jhs. kämpfte der Großgrundbesitzer Le Loi gegen die chinesischen Besatzer – zunächst erfolglos. Erst als eine goldene Schildkröte ihm ein magisches Schwert überreichte, konnte er die Eindringlinge bezwingen. Bei Le Lois Siegesparade auf dem See erschien die Schildkröte erneut und forderte das Schwert zurück. Ehe Le Loi es sich versah, entschwebte das Schwert und verschwand mit dem Panzertier im See.
© Fotolia/shapkina, olga
Der Pavillon auf einer Insel im Hoan-Kiem-See
Seit dem 19. Jh. erhebt sich auf einer kleinen Insel im See ein Pavillon zu Ehren der Schildkröte. Kurioserweise wurde 1968 ein 250 kg schweres totes Exemplar gefunden, das etwa 400 Jahre alt sein soll. Bis zu ihrem Tod 2016 lebte eine knapp 2 m große Yangtze-Riesenweichschildkröte im See. Vom Nordostufer führt eine rote Holzbrücke auf eine Insel mit dem Den Ngoc Son D, einem 1865 errichteten Gedenktempel zu Ehren daoistischer Gottheiten. Ihm schräg gegenüber liegt das Thang-Long-Wasserpuppentheater Online-Karte E >, in dem täglich mehrere Vorstellungen stattfinden (57 Dinh Tien Hoang, www.thanglongwaterpuppet.org).
ALTSTADT 0
Nördlich des Sees erstreckt sich bis zur Bahnlinie das alte Viertel der Handwerker. Da sie ab dem 15. Jh. in 36 Zünften organisiert waren, nennen die Hanoier den Bezirk noch heute Ba Muoi Sau Pho Phuong, »Stadt der 36 Straßen und Gilden«. Noch im 19. Jh. bildeten die einzelnen Zunftquartiere eine von Mauern umgebene geschlossene Einheit mit eigenem Schutzgeisttempel. Als der übervölkerte Stadtteil aus allen Nähten zu platzen drohte, ließen die Franzosen ganze Viertel abreißen, die benachbarte Zitadelle schleifen und neue Straßenzüge anlegen. 1898 wurde die Bahnlinie fertiggestellt, vier Jahre später die 1,6 km lange Paul-Doumer-Brücke (nun Cau Long Bien) über den Roten Fluss.
Geblieben sind die Straßennamen, die auf die Spezialisierung der einstigen Bewohner hinweisen. Sie beginnen alle mit hang für »Ware«, und so kann man von der Hang Non, der Hutgasse, in die Hang Thiec, die Zinngasse, oder in die Hang Dieu, die Pfeifengasse, abbiegen. Heute zeigt die Altstadt kein geschlossenes Bild mehr und die alten, bis zu 80 m tiefen Tunnelhäuser weichen zunehmend mehrstöckigen handtuchschmalen Gebäuden mit wenig Charme.
Ein schöner Spaziergang führt von der Hang Dao gen Norden bis zur Hang Buom, wo Sie im sehenswerten Tempel des Weißen Pferdes, Den Bach Ma F, das an Göttern reiche Figurenkabinett ansehen können. Folgen Sie der Hang Buom dann gen Osten bis zur links abgehenden Dao Duy Tu. Sie führt zum einzigen erhaltenen Stadttor G an der Hang Chieu. In westlicher Richtung mündet diese Straße in die Dong Xuan, wo in der Nähe die Markthalle H mit einem gewaltigen Warenangebot liegt. Von dort können Sie direkt oder über weitere Querstraßen zum See zurückkehren. mehr > Punkt 1
TRENDVIERTEL NHA THO
Das Quartier rund um die katholische St.-Josephs-Kathedrale I hat sich mit seinen Cafés, Boutiquen und Galerien zu einem echten Trendviertel entwickelt. Ganz besonders schick ist die zum neogotischen Gotteshaus führende Nha-Tho-Straße. Seit 1886 erhebt sich an ihrem Ende die düstere Bischofskirche, deren architektonisches Vorbild unübersehbar die Pariser Kathedrale Notre Dame ist.
An der Nha Tho liegt hinter Häusern versteckt zudem die Chua Ba Da J, eine Oase der Stille. Zu der buddhistischen Pagode führt ein schmaler Weg beim Haus Nr. 3. Der Tempel aus dem 15. Jh. erhielt seinen Namen »Steinerne Großmutter« aufgrund einer Frauenstatue, die beim Bau der Königsstadt gefunden und hier aufgestellt wurde. Mit den Grabstupas im Hof und den Altären im Inneren strahlt der Tempel eine entrückte Atmosphäre aus.
© Schapowalow/Vaccarella, Luigi
Kalligraphien von Wünschen wie »Glück« oder »Wohlstand« schmücken viele Häuser
LITERATURTEMPEL K 0
Detailkarte
Nördlich der belebten Quoc Tu Giam erstreckt sich der lang gezogene Komplex des Literaturtempels (Van Mieu). Über 800 Jahre war er Zentrum der konfuzianischen Bildung. 1070 ließ König Ly Thanh Tong zunächst eine Schule für die Prinzen mit einer angeschlossenen Konfuzius-Kultstätte bauen. Sechs Jahre später wurde die Bildungseinrichtung zur Nationalakademie (Quoc Tu Giam) erhoben. 1915 fanden hier die letzten Prüfungen statt.
Die Anlage ist in fünf Innenhöfe mit unterschiedlichen Gebäudekomplexen gegliedert. Zu den Attraktionen zählen ein quadratischer Pavillon aus Holz und die 82 Steinstelen mit den Namen der zwischen 1442 und 1779 erfolgreichen Absolventen. Am Kopfende des vierten Hofs liegen hintereinander eine Zeremonialhalle sowie der Konfuziustempel mit der Statue des Gelehrten und seiner vier bedeutendsten Schüler. Im letzten Hof sind eine Ausstellungshalle und der zweistöckige Khai-Thanh-Tempel zu finden (tgl....