WO DAS LAND AUFHÖRT UND DAS MEER BEGINNT
»Aqui ... onde a terra se acaba e o mar começa ...«, »Hier ... wo das Land aufhört und das Meer beginnt ...« Mit diesen Worten beschreibt Luís de Camões, der große portugiesische Dichter des 16. Jahrhunderts, in seinen »Lusiaden« die geographische Lage seiner Heimat. Doch für eine Reise durch das Land braucht man noch genauere Daten.
Portugal teilt sich mit Spanien die Iberische Halbinsel am westlichen Rand Europas. Mit 89 060 Quadratkilometern Fläche ist es jedoch nur gut ein Sechstel so groß wie sein Nachbar. Auch die noch hinzuzurechnenden 2581 Quadratkilometer der Azoren und Madeiras verbessern die Bilanz nicht wesentlich. Diese beiden Inselgruppen weit draußen im Atlantik werden häufig vergessen. Von den 2047 Kilometern Grenze sind 832 Kilometer Küstenlinie. Steilküsten und kilometerlange Sandstrände wechseln sich ab und sind geradezu prädestiniert für einen Strandurlaub. Die Nord-Süd-Ausdehnung beträgt 560 Kilometer, die Ost-West-Ausdehnung maximal 218 Kilometer.
Die Landesfläche teilen sich 10,6 Millionen Einwohner, über drei Millionen weitere Portugiesen wohnen und arbeiten im Ausland. Etwa ein Drittel der Bevölkerung lebt im Großraum Lissabon zwischen Santarém und Setúbal, über eine Million Portugiesen haben ihren Wohnsitz im Großraum Porto. Die östlichen Gebiete und die Gebirgsregionen im Norden sind mit unter 50 Personen pro Quadratkilometer sehr schwach besiedelt. Das Leben spielt sich von alters her stärker in den Küstenregionen ab als im Hinterland, jeder zweite Portugiese lebt im Großraum Lissabon oder Porto. Der Osten war gut befestigtes Grenzland gegenüber Spanien, das im Laufe der Geschichte immer wieder versucht hat, den kleinen Nachbarn zu überrennen.
Portugal bietet auf seiner kleinen Fläche eine reizvolle landschaftliche Vielfalt. Die Gebirge steigen im Norden bis auf fast 2000 Meter an, sanfte Hügelketten in der Mitte und weite, wellige Ebenen zum Süden hin wechseln sich ab. Ausgesprochenes Tiefland ist rar und nur in den Küstenregionen und im Ribatejo zu finden. Die Flüsse Tejo, Douro, Guadiana und Minho kommen aus Spanien, Vouga, Mondego und Sado entspringen im Lande. Zahlreiche Seen wurden künstlich durch Stauwerke geschaffen. Sie dienen gleichermaßen der Elektrizitätserzeugung wie der Bewässerung der Felder.
Der Hahn von Barcelos (Galo de Barcelos, siehe hier) wurde zur Symbolfigur Portugals
Insgesamt weist Portugal einen mediterranen Klimacharakter auf, wobei das im Norden stärker atlantisch geprägte Klima nach Süden zunehmend mediterraner wird. Kennzeichnend sind heiße, trockene Sommer und milde, feuchte Winter. Die mittleren Temperaturen betragen im Sommer zwischen 20 und 25 Grad Celsius, im Winter zwischen acht und elf Grad Celsius. Im östlichen Alentejo können jedoch die Sommertemperaturen bis auf 45 Grad klettern. Die Niederschläge nehmen von Norden nach Süden und von Westen nach Osten ab. Die höchsten Niederschläge (1500 bis 3000 Millimeter jährlich) fallen im nordwestlichen Bergland, nach Osten sinken sie auf 500 bis 1000 Millimeter in Nordportugal und auf weniger als 400 Millimeter im Süden. Die Sommer sind allgemein sehr warm, die Winter im Süden kurz und milde, während im Norden auf den höheren Gebirgen oft längere Zeit Schnee liegen kann.
Flanieren am Tejo: das Denkmal der Entdeckungen in Belém
Im Küstenbereich dagegen herrschen das ganze Jahr über ausgeglichene Temperaturen. Eine etwa 50 Kilometer breite kalte Meeresströmung, die vom Norden her an der Westküste Portugals entlangzieht, hat mit dem Küstennebel eine unschöne Nebenwirkung. Der manchmal nur 500 bis 1000 Meter breite Nebelstreifen am Strand schafft im Sommer Novemberatmosphäre. Nur mittags gelingt es der Sonne sich durchzusetzen. Daher findet sich hier nur sehr wenig internationaler Tourismus, die Portugiesen bleiben unter sich. Die Algarve kennt dieses Problem nicht, sie ist die Küste mit den meisten Sonnenstunden in Europa.
Die elf historischen Provinzen Minho, Douro Litoral, Trás-os-Montes e Alto Douro, Beira Alta, Beira Baixa, Beira Litoral, Estremadura, Ribatejo, Alto Alentejo und Baixo Alentejo und Algarve haben seit einer Gebietsreform keine administrative Bedeutung mehr. Sie sind in 18 Distrikte untergliedert worden. Vier weitere liegen auf den Azoren und Madeira. Da die historischen Provinzen in langer Geschichte gewachsen sind, behielten sie trotz der Gebietsreform in Bewusstsein und Leben der Bevölkerung ihre Bedeutung. Die flächenmäßig größeren wurden bei der Reform unterteilt, oft sind alte und neue Grenzen identisch. Für den Tourismus hat man eigene Regionen mit besonderen Namen geschaffen: Costa Verde und Montanhas im Norden, Costa de Prata in der Mitte, Costa do Estoril, Costa Azul und Planícies in der südlichen Mitte sowie Algarve im Süden.
Die Portugiesen lieben es, in Sprichwörtern zu reden. So beschreibt ein altbekannter Satz die Arbeitsteilung der Städte: »In Porto arbeitet man, in Coimbra studiert man, in Braga betet man und in Lissabon lebt man.« Wie alle Sprichwörter gilt auch dieses nur mit großen Einschränkungen. Porto war von jeher ein Ort des geschäftigen Gewerbe- und Handelsfleißes sowie ein Ort der Bürger. Bereits im Mittelalter wurde dem Adel verboten, sich hier niederzulassen. Selbst der König musste während seiner Besuche beim Bischof nächtigen, was ein noch heute zu spürendes Selbstbewusstsein gegenüber den Herrschenden schuf.
Das Konkurrenzdenken zwischen Porto und Lissabon ist groß – aber nur aus Portuenser Sicht. »Wenn wir nicht arbeiten würden, müssten die Lissabonner nackt herumlaufen!« heißt ein geflügeltes Wort. Die Region Porto ist nicht nur Zentrum der Textilindustrie, die mit ihren Produkten ganz Europa beliefert, sondern auch der Möbelindustrie.
Coimbra war bis 1256 die erste Hauptstadt des Landes, sie gehörte zum Kernland »Portucale«. 1307 übersiedelte die Universität von Lissabon, wo sie 17 Jahre zuvor gegründet worden war, hierher. Über Jahrhunderte blieb Coimbra das geistige Zentrum Portugals. Daher errichteten auch die Jesuiten 1554 in dieser Stadt ihr erstes Kolleg. Nach 1911 bekam Coimbra Konkurrenz durch die Gründung weiterer Hochschulen in Lissabon und Porto. 1974 kamen neue Universitäten in Braga, Vila Real, Aveiro, Évora, Faro und Funchal hinzu, aber Coimbra hat im Bewusstsein der Bevölkerung immer noch das beste Renommee.
Braga handelte sich im 15. Jahrhundert durch eine rege Kirchenbautätigkeit den Ruf ein, das »Rom Portugals« zu sein. Es war wiederum die Republik, die im Jahr 1911 eine offizielle Trennung von Staat und Kirche manifestierte. Der Erzbischof-Primas hat seinen Sitz in Braga, auch zum äußeren Zeichen dieser Trennung.
Am Douro: Weinterrassen mit Böden aus Schiefer und Granit
DAS POLITISCHE SYSTEM
Portugal ist eine parlamentarische Republik. Die gültige Verfassung stammt von 1976. Das Parlament (Assembleia da República) hat eine Kammer mit 230 Abgeordneten. Die Mitglieder werden für vier Jahre gewählt. Wahlberechtigt sind Staatsbürger ab einem Alter von 18 Jahren.
Die bedeutendsten Parteien sind die Sozialisten (PS) (im Vergleich zu Deutschland die SPD) und die Sozialdemokraten (PSD) (im Vergleich zu Deutschland die CDU). Daneben sind zurzeit vier weitere Parteien im Parlament vertreten: CDS-PP (Centro Democrático e Social – Partido Popular – Demokratisch-Soziale Volkspartei), PCP (Partido Comunista Português – Kommunistische Partei), BE (Partido Bloco de Esquerda – Linkspartei) und PEV (Partido Ecologista »Os Verdes« – Grüne Partei).
Der Präsident der Republik wird direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt fünf Jahre, er kann einmal wiedergewählt werden. Die verfassungsmäßige Stellung des Staatspräsidenten ist stärker als die des deutschen Bundespräsidenten. Er ist unter anderem Oberbefehlshaber der Streitkräfte (auch in Friedenszeiten) und kann das Parlament auflösen. Er kann den Notstand ausrufen und, wenn die Regierung dies vorschlägt, einem anderen Land den Krieg erklären beziehungsweise Frieden schließen.
Die nächste Wahl findet 2016 statt, der aktuelle Präsident Cavaco Silva kann dann nicht wiedergewählt werden.
Der Präsident wird vom Staatsrat beraten. Dessen Mitglieder werden ernannt und sollen die Gesellschaft repräsentieren.
Der Amtssitz des Präsidenten ist der Palácio Nacional de Belém.
Verwaltungsstruktur
Portugal ist in 18 Distrikte (distritos) eingeteilt. Jedem Distrikt steht ein Gouverneur als politischer Beamter vor.
Die Städte sind als concelhos organisiert. Jedes concelho (etwa Samtgemeinde) ist in freguesias (Gemeinden) gegliedert, diese teilweise in lugares (Ortschaften) ohne Verwaltungsbedeutung. Das concelho wird von einem Gremium von sieben für vier Jahre direkt gewählten vereadores (Dezernenten) regiert. Diese wählen aus ihrer Mitte den Presidente da Câmara (vergleichbar mit dem Oberbürgermeister). Die Versammlung der vereadores nennt man câmara (Rathaus).
Daneben gibt es ein direkt gewähltes Parlament des concelhos. Dieses hat keine besonders starke Stellung gegenüber der câmara. Es soll sie kontrollieren. Da sich in der Regel die Mehrheitsverhältnisse in der câmara und im Parlament ähneln,...