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E-Book

Praxishandbuch Social Media und Recht

Rechtssichere Kommunikation und Werbung in sozialen Netzwerken

AutorCarsten Ulbricht
VerlagHaufe Verlag
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl368 Seiten
ISBN9783648102213
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis43,99 EUR
Posten, sharen, liken - dieses Buch erklärt verständlich alle wichtigen rechtlichen Rahmenbedingungen, die Unternehmen im Social Web beachten sollten: Ob Urheberrecht, die neue Datenschutzgrundverordnung, Dokumentationspflichten oder Einbinden der Mitarbeiter mit Hilfe Social Media Guidelines - nicht zuletzt wegen des erheblich erhöhten Bußgeldrahmens sollten sich Unternehmen rechtzeitig mit diesen komplexen Themen auseinandersetzen.   Inhalte: - Aktuelle Informationen zu den juristischen Risiken und Besonderheiten von Social Media - Umgang mit nutzergenerierten Inhalten - Social Media Marketing und Social Media Recruiting - Checklisten zu Urheberrecht, Social-Media-Präsenz des Unternehmens sowie Social Media Guidelines - Social Media Security: Richtlinien zur Reduzierung von Sicherheitsrisiken - NEU: aktuelle Informationen zu der ab 2018 geltenden Datenschutzgrundverordnung, rechtliche Grenzen für Influencer Marketing und Testimonials 

Carsten Ulbricht Dr. Carsten Ulbricht ist Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei Diem & Partner in Stuttgart. Er berät rechtlich zu allen Themen des Internet, insbesondere Social Media, E-Commerce und Enterprise 2.0. Die Schwerpunkte liegen dabei auf Internetrecht, Urheberrecht, Markenrecht, Wettbewerbsrecht und Datenschutzrecht, aber auch der Erstellung entsprechender AGB bzw. Nutzungsbedingungen und der Prüfung der rechtlichen Zulässigkeit des Geschäftsmodells bzw. der jeweiligen Plattform.

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Leseprobe

1   Erste Schritte: die eigene Präsenz im Social Web


1.1   Auswählen und Anmelden eines Account-Namens


Beispiel: Unternehmen unterwegs im Internet

Viele Unternehmen sind bereits seit Längerem in den Sozialen Medien zu finden. So präsentieren sich mittlerweile auch Branchenriesen wie z. B. Porsche oder adidas bei Facebook oder Twitter: www.facebook.com/porsche oder
www.twitter.com/adidas.

Auf dem Weg zu einer eigenen Präsenz in den Sozialen Medien sollten Unternehmen zunächst prüfen, ob ihr Firmenname bzw. etwaige Markennamen zentraler Produkte als Nutzernamen auf relevanten Social-Media-Plattformen bereits von Dritten verwendet werden. Dabei kommt dem Account- oder Benutzernamen bei vielen Social-Media-Plattformen durchaus eine namensähnliche und damit kennzeichnende Funktion zu, unter dem Besucher regelmäßig die jeweilige Marke oder das entsprechende Unternehmen erwarten (siehe das Beispiel oben).

Tipp: Schnell und bequem Nutzernamen finden

Auf Plattformen wie www.namecheck.com oder www.namechk.com kann man den eigenen Unternehmens- bzw. auch wichtige Produktnamen eingeben. Die Suchfunktionen der genannten Internetseiten zeigen dann, auf welchen Social-Media-Plattformen die jeweiligen Namen noch frei oder auch schon an Dritte vergeben sind.

1.1.1   Wenn der gewünschte Nutzername noch frei ist


Sind entsprechende Nutzernamen frei, sollten diese - selbst wenn sie erst mittelfristig interessant sein könnten - dennoch bereits für das Unternehmen gesichert werden, um späteren Problemen vorzubeugen. Bereits jetzt ist nämlich erkennbar, dass gerade bei bekannten Namen und Marken eine Entwicklung ähnlich dem Domaingrabbing stattfindet. Insofern sollten Unternehmen dem „Account Grabbing“, d. h. dem bewusst schädigenden Reservieren durch Dritte, zuvorkommen.

1.1.2   Wenn ein anderer den Namen verwendet


Unternehmen, die eigene Aktivitäten in den Sozialen Medien planen oder auch nur verhindern wollen, dass Dritte unter ihrem Unternehmensnamen im Internet auftreten, stellen bei der Recherche häufig fest, dass der Name bei Twitter, Facebook oder auch YouTube bereits vergeben ist.

Ist der gewünschte Nutzername schon vergeben, stellt sich die Frage, wie dieser wieder in die „Obhut“ des Unternehmens gebracht werden kann. Ein unmittelbares rechtliches Vorgehen ( Abmahnung oder Klage) gegen den Inhaber ist dann legitim, wenn der Name offensichtlich allein in der Absicht registriert worden ist,

  • das Unternehmen zu behindern oder

  • den Namen gegen ein „Lösegeld“ zu verkaufen.

Beispiel: Kein Twitter-Account für die Stadt Mannheim?

Die Stadt Mannheim, die - wie einige andere Städte und Kommunen auch - seit einiger Zeit eigene Social Media Aktivitäten vorantreibt, musste feststellen, dass ein junger Unternehmer den Twitter-Account twitter.com/mannheim bereits registriert hatte. Die Stadt nahm Kontakt mit ihm auf, um namensrechtliche Ansprüche auf den Twitter-Account anzumelden. Der Mann hat die Forderungen der Stadt nicht nur zum Anlass genommen, den Sachverhalt in die breite Öffentlichkeit zu bringen, sondern auch viel Geld für die Übertragung des Accounts verlangt.

1.1.3   Parallele zum Domaingrabbing?


Vor einigen Jahren mussten sich zahlreiche Unternehmen mit dem Phänomen des Domaingrabbing auseinandersetzen, bei dem Dritte bekannte Unternehmens-, Marken- oder Produktnamen verschiedenster Unternehmen als Domains registriert hatten. Die Registrierung diente allein dem Zweck, den Unternehmen die jeweiligen Domains später gegen Zahlung eines „Lösegeldes“ zum Verkauf anzubieten.

Diese teilweise auch als Cybersquatting bezeichnete Entwicklung wiederholt sich jetzt mit den Namen von Benutzerkonten (nachfolgend auch Accounts) bei den bekannten Social-Media-Plattformen, die in der Regel den „Namen“ des jeweiligen Accounts darstellen und sich auch in der entsprechenden Domain wiederfinden. In der täglichen Praxis häufen sich die Fälle, in denen Accounts allein im Hinblick auf einen späteren Verkauf an das Unternehmen und ohne eigene Nutzungsabsicht reserviert worden sind. Bei solch bösgläubigem Account Grabbing ist es nachvollziehbar und oft auch unvermeidbar, dass betroffene Firmen - d. h. Markenrechtsinhaber ebenso wie die Inhaber von Namensrechten (z. B. Städte und Kommunen) - gegen die unrechtmäßige Registrierung und/oder Nutzung von Social Media Accounts juristisch vorgehen.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob und wie man die „eigenen“ Accounts zurückholen kann.

In den USA existiert zu Fragen des Domaingrabbings mittlerweile ein eigenes Gesetz in Form des Anticybersquatting Consumer Protection Act, das unter Umständen auch für Social Media Accounts eingreift. In Deutschland sind aus juristischer Sicht namens- und markenrechtliche Ansprüche zu prüfen. Wer einen schutzwürdigen (Firmen-)Namen im Sinne des § 12 BGB oder eine eingetragene Marke sein Eigen nennt, kann von demjenigen, der eine verwechslungsfähige Bezeichnung verwendet, in der Regel → Unterlassung der Nutzung des Namens, bisweilen auch Schadenersatz verlangen.

1.1.4   Ansprüche gegen Account Grabber


Man kann davon ausgehen, dass dem Account-Namen bei Twitter, Facebook, YouTube usw. so etwas wie eine kennzeichnende Namensfunktion zukommt. Insoweit lassen sich die rechtlichen Grundsätze zum Domaingrabbing weitgehend auf das Account Grabbing übertragen.

Beispiel: Kammergericht in Berlin bestätigt Anwendung des Markenrechts auf Social Media Account

Von der Anwendbarkeit namens- bzw. markenrechtlicher Grundsätze auf Account-Namen Sozialer Netzwerke ist offensichtlich auch das Kammergericht Berlin ausgegangen. Es hatte einen Fall zu entscheiden, in dem der Markeninhaber eines Kinos gegen die Verwendung des entsprechenden Namens für Benutzerkonten bei Facebook und MySpace vorgegangen war. In dem zugrunde liegenden Urteil (Beschluss vom 01.04.2011, Az. 5 W 71/11) waren die markenrechtlichen Ansprüche allerdings aus anderen fallspezifischen anderen Gründen (dort § 23 Nr. 2 Markengesetz) gescheitert.

Um die rechtswidrigen Handlungen des Account Grabbers zu verhindern bzw. das „eigene“ Benutzerkonto zurückzufordern, bietet das Gesetz viele Möglichkeiten, insbesondere namens- und/oder markenrechtliche Ansprüche gegen den Grabber.

  • Ein namensrechtlicher Anspruch besteht gemäß § 12 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) immer dann, wenn bei einem schutzwürdigen Namen eine Zuordnungsverwirrung der angesprochenen Nutzerkreise hinreichend wahrscheinlich ist oder schon eingetreten ist. In anderen Worten: Durch die Wahl des Benutzernamens des Account Grabbers muss also eine Verbindung zu einem Produkt oder Unternehmen suggeriert werden, die in Wahrheit nicht besteht.

  • Ist die jeweilige Bezeichnung als Marke bei einem nationalen oder internationalen Markenamt eingetragen, kann sich der Inhaber der Marke nach § 14 MarkenG gegen die Gefahr von Verwechslungen schützen. Ansprüche bestehen dann, wenn die jeweilige Bezeichnung von dem Account Grabber markenmäßig verwendet wird und eine hinreichende Verwechslungsgefahr besteht. Markenrechtliche Ansprüche stellen sich oft als stärkstes Argument dar, mit dem nicht nur → Unterlassung, sondern auch → Auskunft, Schadenersatz und Kostenerstattung verlangt werden können.

  • Neben dem Namens- und Markenrecht kommen bei Vorliegen weiterer spezifischer Voraussetzungen zusätzlich auch noch folgende Anspruchsgrundlagen in Betracht:

    • So können wettbewerbsrechtliche Ansprüche auf Grundlage des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) eingreifen. Und zwar dann, wenn der jeweilige Name benutzt wird, um damit einen Wettbewerber an der Verwendung „seines“ Kennzeichens als Account-Name zu hindern. Da die bloß gemeinsame Benutzung des Internets dafür aber nicht ausreicht, werden weitere Indizien hinzukommen müssen, die zeigen, dass es dem Account Grabber in besonderem Maße darum geht, den Wettbewerber zu behindern.

    • Schließlich sind auch deliktsrechtliche Ansprüche denkbar, wenn eine sogenannte vorsätzliche sittenwidrige Schädigung i. S. des § 826 BGB dargelegt werden und, wenn nötig, auch bewiesen werden kann.

1.1.5   Strategisches Vorgehen


Von vielen Betroffenen wird übersehen, dass es nicht nur möglich ist, gegen den Account Grabber selbst vorzugehen, sondern auch über den Betreiber der jeweiligen Plattform. Oft ist der Account Grabber nicht unmittelbar zu identifizieren. Das erschwert nicht nur die Kontaktaufnahme zu ihm, sondern auch eine mögliche Inanspruchnahme. Die Ermittlung der realen Kontaktdaten bzw. eine förmliche Inanspruchnahme ist häufig so aufwendig, dass sie in keinem Verhältnis zu der Erfolgsquote steht.

Deshalb empfehlen wir ein Vorgehen über die jeweilige Social-Media-Plattform, wenn der Account Grabber nicht leicht identifiziert werden kann oder in einem entfernten Land „sitzt“. Für die Betreiber von Facebook, Twitter & Co. gilt der sogenannte Notice-and-Takedown-Grundsatz: Ein Plattformbetreiber kann unter Umständen selbst haftbar gemacht werden, wenn er nach Kenntnis einer Rechtsverletzung auf der eigenen Plattform...

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