Die Story des klassischen 911
Die Geburt einer Legende – die frühen Porsche 911
Der Prototyp des neuen Porsche wurde erstmals im September 1963 auf der Frankfurter IAA gezeigt, damals noch unter der Bezeichnung „901“. Nach einem Einspruch von Peugeot, wo man sich die Zahlenfolgen mit einer „0“ in der Mitte hatte schützen lassen, wählte Porsche die Bezeichnung „911“. Diese drei Zahlen sollten später zu einem Synonym für einen der faszinierendsten Sportwagen werden, die jemals gebaut wurden. Im Heck saß der neue luftgekühlte Sechszylinder-Motor mit zwei Litern Hubraum und 130 PS, auch dieser Motor sollte Geschichte machen. Der Porsche 911 hatte in den kommenden Jahren eine beeindruckende Karriere in der automobilen Welt vor sich.
Der Porsche 911 ist heute noch eine Ikone. Er wird immer noch produziert, rund 47 Jahre später, nachdem die ersten Fahrzeuge über die Straßen rollten. Die heutigen 911 teilen sich technisch gesehen nichts mehr mit den frühen Fahrzeugen, davon abgesehen, dass der Motor immer noch im Heck sitzt und sich das Design eine gewisse Konstanz erhalten hat. Doch der Geist der ersten Modelle ist auch in den neuen Autos zu spüren, und das ist der Grund, warum der 911 heute immer noch verehrt wird.
Ferdinand Alexander „Butzi“ Porsche ist der älteste Sohn von Ferry Porsche. Er entwarf das zeitlose Design des Porsche 911
Die Spannweite der Entwicklung, die der Wagen über die Zeit hinweg durchlaufen hat, überrascht viele Liebhaber. Das Design entwickelte sich kontinuierlich weiter, Porsche gönnte dem Wagen während seiner Bauzeit nur wenige Atempausen. Dann gibt es noch einen anderen Aspekt, der die Faszination des 911 ausmacht. Die frühen Modelle, nämlich jene, die vor Juli 1973 produziert wurden, sind unter den Sammlern sehr begehrt. Die 911 aus der Bauzeit zwischen 1974 und 1989 sind für Leute mit einem mehr praktischen Sinn die Autos der Wahl. Sie benötigen weniger Wartungsaufwand und bewegen sich technisch und qualitativ auf einem höheren Niveau.
Den „besten“ 911 gibt es nicht, man findet immer noch eine Version, die begehrenswerter erscheint als die, die man sich leisten kann. Aber alle Wagen vermitteln auf ihre eigene Art und Weise das Porsche-911-Gefühl, sei es den rauen Charme der Wettbewerbswagen oder die Eleganz eines Langstreckenfahrzeuges. Was das Wichtigste ist: Sie alle bieten das, was Ferry Porsche als „Fahren in seiner schönsten Form“ bezeichnet hat.
Ferry Porsche hatte ganz eigene Ideen davon, was den neuen Gran Tourismo auszeichnen sollte. Ein kleines Team aus Technikern und Designern begann Mitte der 1950er Jahre mit der Arbeit. Aber es sollte eine geraume Zeit dauern bis er bekam, was ihm vorschwebte.
Ferry Porsche wollte einen Sportwagen mit 2+2 Sitzen, mit einem Kofferraum in der Größe, um das Gepäck für eine Wochenendreise aufzunehmen. Der im Heck untergebrachte Motor sollte sechs Zylinder in Boxer-Anordnung besitzen. Und luftgekühlt sein, denn Porsche hatte große Erfahrung im Umgang mit dieser Bauweise. Diese Lösung besaß konstruktive Vorteile, weil sie weniger Gewicht als eine Lösung mit Wasserkühlung mit sich bringt.
Die ersten Prototypen trugen noch das Kürzel 901, mit dem Beginn der Produktion bekam der neue Porsche die Bezeichnung 911.
Verschiedene Designer entwarfen zunächst einige Karosserievarianten, doch am Ende war es der älteste Sohn von Ferry Porsche, Ferdinand (Butzi) Porsche, der das zeitlose Design, wie wir es heute kennen, zu Papier brachte. Die Form war windschlüpfig, alle Bauteile wurden geschickt im zur Verfügung stehenden Raum untergebracht.
Dies sollte man so nicht unbedingt zu Hause versuchen: Ferry Porsche weist seinen Sohn Butzi auf ein Detail hin.
Zwischen der ersten Präsentation im September 1963 und dem Beginn der Produktion im September 1964 fanden umfangreiche Modifikationen am Wagen statt. Sicher nicht die unerheblichste davon war die Umstellung von Nass- auf Trockensumpfschmierung mit einem separaten Öltank, eine Anleihe aus dem Rennsport, die auch dafür sorgte, dass der Motor flacher baute. Diese Änderungen im Motor-Layout kamen nicht zuletzt durch die Unzufriedenheit eines 28-jährigen Ingenieurs mit der vorherigen Konstruktion zustande. Der junge Mann hieß Ferdinand Piëch.
Piëch war der Neffe von Ferdinand Porsche und ein Enkel von Professor Ferdinand Porsche (dem Konstrukteur des VW Käfer und der Vorkriegs-Auto-Union-Rennwagen). Piëch hatte das technische Talent seines Großvaters geerbt. Ihm fiel auf, dass der ursprüngliche Motor, der für den Porsche 911 vorgesehen war, keine gute Basis für künftige Rennaktivitäten von Porsche bilden würde. Deshalb überarbeitete er fast das gesamte technische Layout des Triebwerks zusammen mit dem jungen Ingenieur Hans Mezger innerhalb von nur zwölf Monaten, samt der Produktion neuer Werkzeuge für die Fertigung. Nur die Techniker unter den Lesern werden einschätzen können, was das für eine gigantische Aufgabe bedeutete, besonders in jenen Tagen, als es noch keine Computer zur Berechnung, Gestaltung und Fertigung gab und eine Entwicklungszeit wie heute von sechs bis neun Monaten unvorstellbar erschien.
Der Porsche 912 mit seinem Vierzylindermotor sollte die Preislücke zwischen dem auslaufenden 356 und dem neuen, deutlich teureren 911 schließen.
Piëch wurde ab 1965 Leiter der technischen Bereiche bei Porsche und war der führende Kopf hinter der beeindruckenden Entwicklung des Porsche 911 in der Zeit zwischen 1965 und 1972. Er bildete ebenso die treibende Kraft hinter der Porsche-Dominanz im Rennsport mit dem legendären Porsche 917. Er verließ das Unternehmen 1972, als Porsche in eine AG umgewandelt wurde und keine Familienmitglieder mehr Leitungsfunktionen im Unternehmen ausüben sollten. Im Jahr 1990 wurde er Chef des Volkswagen-Konzerns mit seinen Tochtermarken. Heute ist er dort Aufsichtsratsvorsitzender.
Piëchs und Metzgers Überlegungen für den 911 -Motor waren wegweisend. In den darauffolgenden Jahren sollte er die Basis für alle Straßen- und Renntriebwerke des Unternehmens werden. Zwischen den 1960er und den 1980er Jahren wuchs der Hubraum der Straßenversion von gerade mal zwei Litern erst auf 2,2 Liter, dann auf 2,4 und 2,7 Liter. Der rennorientierte Carrera RS 3.0 hatte den ersten 3,0-Liter-Motor im Heck, während der Porsche Turbo im Herbst 1977 die Grenze auf 3,3 Liter Hubraum anhob.
Zunächst war der Erfolg des neuen Porsche 911 auf dem Markt der Sportwagen eher bescheiden. Sein Konzept wirkte ungewöhnlich und erst die kontinuierlichen Rennerfolge rückten den Wagen bei Sportwagenliebhabern ins Blickfeld.
Der erste 911, dessen Produktion spät im Jahr 1964 voll anlief, entwickelte muntere 130 PS (95 kW), über 30 PS mehr als der auslaufende 356 SC, aber er war auch um 30 Prozent teurer und das schreckte selbst loyale Porsche-Kunden ab. Das Unternehmen erkannte das Problem schnell und bot bald den billigeren 912 mit Vierzylinder-Motor an.
Der 912 entsprach in allen Punkten dem 911, abgesehen von der Maschine. Zum Einsatz kam ein modifizierter 90-PS-Stoßstangenmotor mit 1,6 Litern Hubraum aus dem 356 SC, ergänzt durch ein Viergang-Getriebe, das auf dem des 911 basierte. Innenraumgestaltung und Ausstattung wurden abgespeckt. In den ersten Jahren stellte der 912 eine reelle Alternative zum 911 dar. In den drei Jahren seiner Produktion wurden 30.300 Fahrzeuge hergestellt, 2562 davon als Targa. Etwa zwei Drittel der Produktion gingen in die USA.
Das Handikap des Wagens war seine spürbare Leistungsschwäche, aber weil die Vierzylinder-Maschine deutlich leichter war (und näher Richtung Schwerpunkt des Wagens montiert werden konnte), bot der 912 ein viel gutmütigeres Fahrverhalten. Mitte der 1960er Jahre war der 912 ein populäres Modell, mit Ende des Modelljahrs 1968 endete auch seine Herstellung. Als 912 E erlebte er nur für das Jahr 1975 eine Neuauflage in den USA, kurz bevor dort der neue Transaxle-Porsche 924 eingeführt wurde. 2099 Fahrzeuge dieses Typs entstanden.
Der Porsche 911 erwies sich von Beginn an als ein praktischer 2+2-Sitzer, der zudem einen bemerkenswert großen Kofferraum besaß. Dieses Bild zeigt eines der sehr seltenen 2-Liter-Modelle aus dem Jahr 1965.
Nach einem eher verhaltenen Start fand das neue Fahrzeug recht schnell Akzeptanz auf dem Markt. Im Oktober 1966 wurde eine sportlichere Variante, der 911 S, präsentiert und von den Kunden mit großer Zustimmung aufgenommen. Zu dieser Phase stand vor allem die Verbesserung des Fahrverhaltens im Mittelpunkt der Weiterentwicklung. Die im Heck untergebrachte schwere Sechszylinder-Maschine verlieh dem Fahrzeug eine deutliche Neigung zum Übersteuern. Abgesehen davon bot der 911 S eine Mehrleistung von 30 PS (22 kW) gegenüber der Basis-Ausführung. Dreifach-IDS-Webervergaser verliehen dem Wagen einen viel versprechenden Klang, auch wenn sich...