Nina Bialowas
Prozessmanagement
Ziele und Nutzenpotenziale im Bereich der Fort- und Weiterbildung der Pädagogischen Hochschule Steiermark
Abstract
In einer wirtschaftlichen Realität, die von Änderungen geprägt ist und ein flexibles Agieren ihrer Akteure nötig macht, sind Prozessmanagement beziehungsweise eine prozessorientierte Ausrichtung der Aktivitäten als stabilitätsgebende Basis einer Organisation zu festen Bestandteilen des betrieblichen Managements geworden. Eine strategische Ausrichtung am Nutzen von Kundinnen und Kunden und Interessensgruppen macht ein Denken in Prozessen zum Erfolgsfaktor eines Unternehmens. In diesem Beitrag wird das Thema Prozessmanagement allgemein behandelt und der Frage nachgegangen, welche Ziele und Nutzenpotenziale die Prozessorientierung aufweist. Für die Fort-und Weiterbildung der Pädagogischen Hochschule Steiermark werden dabei vor allem Potenziale in den Bereichen Wissensmanagement und Kommunikation, in einer erhöhten Transparenz, einer gesteigerten Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie einer grundsätzlich veränderten Denkweise gesehen.
Schlagworte (dt.)
Prozessmanagement, Qualitätsmanagement, Ziele, Nutzenpotenziale, Fort-und Weiterbildung
Schlagworte (engl.)
Process Management, Quality Management, Objectives, Benefits, Further Teacher Education
1. Zur Aktualität der Thematik
Das Nachdenken über Unternehmensprozesse und die Etablierung eines professionellen Prozessmanagements in einem Unternehmen bzw. in einer Organisation haben sich in den letzten Jahren in der Praxis mehr und mehr durchgesetzt und zum dominanten Paradigma der unternehmerischen Praxis entwickelt (Jochem & Knothe, 2014, S. 122; Garscha, 2002, S. 6; Wilhelm, 2007, S. 5). Tendenzen im unternehmerischen/wirtschaftlichen Umfeld lassen heute kaum eine Alternative mehr zu, als in Prozessen zu denken und das Unternehmen entsprechend zu strukturieren (Stöger, 2009, S. 23).
Entscheidend für den Erfolg eines Unternehmens ist nicht mehr allein die kostenoptimale Bereitstellung standardisierter Güter, sondern vor allem die Erfüllung individueller Kundenanforderungen (Feldmayer & Seidenschwarz, 2008, S. 11). Eine Organisation sieht sich heute mehr denn je einem dynamischen, unsicheren und komplexen Umfeld gegenüber, das durch Wandel geprägt ist und in dem Veränderungen beinahe die einzige Konstante darstellen (Schmelzer & Sesselmann, 2013, S. 1; Feldmayer & Seidenschwarz, 2008, S. 9). Zu den größten Herausforderungen von Organisationen zählen daher das Managen von Veränderungen und Beherrschen der Komplexität, was wiederum eine hohe Veränderungs- und Innovationsbereitschaft und große Flexibilität voraussetzt (Schmelzer & Sesselmann, 2013, S. 1). Die eben beschriebenen Faktoren betreffen Produktionsunternehmen genauso wie die Pädagogische Hochschule Steiermark als größte Institution der Lehrerinnen- und Lehrerbildung im gesamten Südosten Österreichs. Die Pädagogische Hochschule Steiermark sieht sich als Akteurin und Teilnehmerin eines Reformprozesses, der die österreichische Bildungslandschaft fit für neue Herausforderungen im Bereich Bildung macht, den Auswirkungen von Wandel stärker als je ausgesetzt (PHSt, 2014a, S. 11).
Jede Organisation, die sich einem von Veränderungen geprägten Umfeld gegenübersieht, benötigt zur Bewältigung der an sie gestellten Anforderungen zentrale Ankerpunkte, von denen aus Wandel gesteuert/gemanagt werden kann. Unternehmensprozesse stellen diese Ankerpunkte einer kontinuierlichen Organisationsentwicklung dar (Feldmayer & Seidenschwarz, 2008, S. 9). Durch die gezielte Steuerung von Unternehmensprozessen ist es einer Organisation möglich, sich nachhaltig den gegebenen Umweltbedingungen anzupassen (Binner, 2010, S. 10).
Ziel dieses Beitrages ist es, die Bedeutung von Prozessen bzw. Prozessmanagement im Allgemeinen und für die Organisation der Pädagogischen Hochschule Steiermark (im Folgenden auch als „PHSt“ bezeichnet) im Speziellen zu erörtern. Der Beitrag fokussiert dabei auf den Bereich der Fort- und Weiterbildung der PHSt und geht der Frage auf den Grund, welche Nutzenpotenziale das Denken in Prozessen bzw. ein professionell etabliertes Prozessmanagement für diesen Bereich der PHSt aufweisen.
2. Die Entwicklung zur Prozessorientierung
Die Ursprünge des heutzutage weltweit anerkannten Prozessmanagements lassen sich bis in die 1930er-Jahre zurückverfolgen, denn bereits Nordsieck (1932, zit. nach Schmelzer & Sesselmann, 2013, S. 42), der als Begründer der Organisationslehre die Dualität von Aufbau- und Ablauforganisation beschrieb, betonte 1932 die Notwendigkeit, die Aufbauorganisation an den Abläufen auszurichten und forderte somit eine Orientierung der Aufgabengliederung an den Unternehmensprozessen (Zollondz, 2011, S. 248).
In den darauffolgenden Jahrzehnten fokussierte die betriebswirtschaftliche Forschung und Lehre jedoch auf die Aufbauorganisation und beschäftigte sich nur marginal mit der Gestaltung betrieblicher Abläufe. Eine Rückbesinnung auf die Ablauforganisation und damit auch eine Hinwendung zur Prozessorganisation als zentralen Ansatzpunkt für die Organisationsgestaltung wurde erst in den 1980er-Jahren wieder eingeleitet (Schmelzer & Sesselmann, 2013, S. 42).
Im Produktionsbereich hingegen wurde das Prozessdenken schon früher relevant, da die industrielle Fertigung nach austauschbaren Teilen verlangte und dadurch der Ruf nach klar definierten Qualitätsanforderungen laut wurde. Vor diesem Hintergrund leitete der Qualitätsexperte Deming bereits in den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts einen Wandel im Managementverständnis ein, indem er das Denken in Prozessen in den Mittelpunkt rückte (Zollondz, 2011, S. 248, 88, 91). Als einer der Ersten setzte sich Deming für die Einführung eines Qualitätsbegriffes ein, der sich an den Bedürfnissen der Kundinnen bzw. Kunden orientiert, und setzte damit Standards im Qualitätsmanagement, die noch heute Gültigkeit haben (ebd., S. 88).
In der Praxis haben sich in den 1970er- und 1980er-Jahren weitere klassische Vertreter des Qualitätsmanagements wie Juran, Feigenbaum und Ishikawa intensiv mit Prozessen beschäftigt und deren Bedeutung für die Qualität und den Unternehmenserfolg unterstrichen (Schmelzer & Sesselmann, 2013, S. 42). Auch durch die zunehmend an Einfluss gewinnende Informatik wurde das Prozessdenken weiter vorangetrieben (ebd., S. 248). Seit den späten 90er-Jahren rückt die Betrachtung von Geschäftsprozessen zunehmend in den Fokus von Unternehmen und auch Forschung und Lehre widmen dem Thema immer mehr Aufmerksamkeit (Fischer, Fleischmann & Obermeier, 2006, S. 1).
3. Begriffe und Definitionen
Begriffe im Bereich des Prozessmanagements sind äußerst vielfältig und werden oft unterschiedlich interpretiert (Schmelzer & Sesselmann, 2013, S. 74). Um im Rahmen dieser Publikation von einheitlichen Definitionen ausgehen zu können, werden die bedeutendsten Begrifflichkeiten im Folgenden dargestellt. Bestandteile von Begriffsdefinitionen unterschiedlicher Autorinnen und Autoren werden analysiert, um zu einer breiten Erklärung grundlegender Begriffe zu gelangen.
3.1. Der Begriff „Prozess“
Der Begriff „Prozess“ leitet sich aus dem Lateinischen „processus“ ab, das so viel bedeutet wie „Fortschreiten, Fortgang, Verlauf“ und beschrieben wird als „sich über eine gewisse Zeit erstreckender Vorgang, bei dem etwas [allmählich] entsteht, sich herausbildet“ (Bibliographisches Institut GmbH, 2015a, o.S.).
Pall (1987) formulierte sehr früh eine Definition für den Begriff „Prozess“. Seine Ausführungen wurden daher zum Orientierungspunkt für viele nachfolgende Autoren:
„A process can be defined as the logical organization of people, materials, energy, equipment and procedures into work activities designed to produce a specified end result (work product).“ (Pall, 1987 zit. nach Zollondz, 2011, S. 251).
Bereits aus dieser sehr frühen Definition geht hervor, dass ein Prozess auf einen spezifischen Output, der durch eine Kombination unterschiedlicher Inputs im Rahmen von Arbeitsaktivitäten erzeugt wird, bezogen ist.
Eine weitere bedeutende und prägnante Definition des Begriffes Prozess stammt von Geiger: „Prozess ist als System von Tätigkeiten zu verstehen, das Eingaben in Ergebnisse umgestaltet.“ (Geiger, 1998, S. 89 zit. nach Zollondz, 2011, S. 252). Auf diese kurze und sehr klare Definition beziehen sich die internationalen Qualitätsmanagement-Experten der ISO 9000:2000, weshalb diese Definition gerade im Bereich des Qualitätsmanagements als Ausgangspunkt herangezogen werden kann (Zollondz, 2011, S. 252).
Wiederum werden als Komponenten der Definition systematische Tätigkeiten, Inputs und Outputs betont. Auch zahlreiche weitere Autorinnen und Autoren nennen diese Komponenten als Hauptbestandteile einer Prozessdefinition, führen diese zum Teil weiter aus und ergänzen sie. Im Folgenden werden die Merkmale der Definitionen des Begriffes Prozess herausgearbeitet, um eine Übersicht über diese und deren Zusammenhänge zu erhalten.
3.1.1. Merkmale von Prozessdefinitionen
Abfolge von Tätigkeiten
Zahlreiche...