Die mangelnde männliche Aufmerksamkeit mag damit zusammenhängen, dass man sich einerseits gegen diese Krebsentartung eines der eigenen Organe nicht durch ein vorsorgend-vernünftiges Verhalten schützen kann und dass andererseits diese Krebserkrankung auf Grund der Früherkennungs- und damit dann meist durchaus gegebenen guten bis sehr guten Heilungsmöglichkeit nicht für die häufigste Krebsmortalität der Männer ursächlich ist. 2008 sind 35.350 Männer an Darmkrebs erkrankt und 13.726 daran gestorben; an Lungenkrebs erkrankten in dem Jahr 33.960 und 29.505 starben daran. Die prozentuale Mortalität der von Lungen- und Darmkrebs betroffenen Männer liegt mit 87,7 % beziehungsweise 36,9 % bedeutend höher als die »nur« knapp 19 % bei Prostatakrebs.
An Prostatakrebs erkranken demgegenüber 64.000 Männer jährlich, 12.134 sterben daran. Somit sterben »nur« knapp 19 % der derart Erkrankten pro Jahr – wenn ihre Erkrankung rechtzeitig erkannt wurde. »Nur« 19 % an Prostatakrebstoten bedeuten in Leichen konkret über 12.000 Prostatakrebstote pro Jahr!
Das sind rund 10,5 % aller an irgendeinem Krebs gestorbenen Männer pro Jahr.
Diese Zahlen, insbesondere die der Neuerkrankungen, zeigen die hohe Bedeutung einer Prostatakrebserkrankung für Männer.
Diese Zahlenangaben stammen vom Robert Koch-Instituts (RKI).
Anders gerechnet bedeutet das, dass durch die ständige Kontrolle des PSA-Wertes ab eines gewissen Alters 52.500 Männer pro Jahr gerettet werden oder – z.B. durch einen Autounfall – mit ihrem, nicht aber an ihrem Prostatakrebs sterben, bevor ihr Krebs sie ins Grab bringt; der Anteil der durch eine Behandlung tatsächlich Geretteten lässt sich bei dieser Berechnungsweise daher nicht so genau abschätzen. Aber es ist auf jeden Fall vorstellbar, dass bei den sehr guten Heilungschancen einer Prostatakrebserkrankung die etwas mehr als 12.000 an Prostatakrebs jährlich gestorbenen Männer zum größten Teil ebenfalls hätten gerettet werden können, wenn man ihren Prostatakrebs früh genug diagnostiziert hätte! Die hohe Zahl von 12.000 Prostatakrebstoten ergibt sich ja deswegen, weil deren Krebs zu spät entdeckt wurde, als keine Heilungschancen mehr bestanden!
Könnte man die Früherkennung forcieren, hätte man eine noch größere Überlebensrate. Doch wie soll man den Prostatakrebs erkennen? Das ist das Problem!
Der PSA-Test ist der einzige anerkannte Test zur Früherkennung von Prostatakrebs, und Früherkennung ist das A und O der Krebsbekämpfung: Da gibt es dann – im Gegensatz zu anderen Krebsarten – bei Prostatakrebs sehr gute Heilungschancen!
Allerdings ist der Nutzen des PSA-Tests für eine flächendeckende Anwendung analog dem Mamakarzinom-Screening bei Frauen durch Reihenuntersuchungen der weiblichen Brust, ein PSA-Screening also, wie es sich in den USA mehr oder minder eingebürgert hatte, unter Experten äußerst umstritten. Die Gegner führen für ihre Sicht der Dinge zwei Argumente ins Feld: Das Prostatakarzinom wächst meistens nur langsam und viele Männer sterben mit ihrem Prostatakrebs, nicht aber an ihm. Außerdem wird ins Feld geführt: der PSA-Test würde im Ergebnis eine hohe Falsch-Positiv-Rate (= fälschliche Annahme des Vorliegens von Prostatakrebs) aufweisen, die nach Angaben des Deutschen Ärzteblattes aus dem Jahr 2006 bei 75 % liege. Das mache den Test nicht nur sinnlos, sondern auch gefährlich, weil dadurch Männer zur Operation gedrängt würden, für die das nicht notwendig wäre. Und die psychologischen Folgen der falschen Diagnose: „Sie haben Prostatakrebs.“, können so hoch sein wie die Auswirkungen der auf der Grundlage einer falschen Diagnose vorgenommenen Operation mit ihren beiden „I“s als Drohung: der Impotenz und der Inkontinenz.
Falsch-positiv-Diagnosen werden aber nicht nur im Fall von Prostatakrebs vorgenommen. In der Sendung „Hart aber fair“ mit dem Titel „Tabuthema Ärztepfusch - wer hilft den Patienten?“ vom 05.03.12 wurde der Fall eines jungen Mannes herausgestellt, der 1975 im Alter von 15 Jahren falsch auf Krebs diagnostiziert worden war und durch die Behandlung zum Krüppel wurde: „Heute ist das Auffälligste an Wolf der gesenkte Kopf. Den hat er, weil er als Spätfolge einer aufwendigen Krebsbehandlung eine Muskelschwäche in der Halsmuskulatur hat und den Kopf kaum noch selbst heben kann. Diese Krebsbehandlung bekam er als 15-Jähriger, inklusive Chemotherapie, Bestrahlungen und einer Milzentfernung. Der Skandal: Wolf...