Da die Produktqualität für viele Kunden schon als selbstverständlich angesehen wird, wird die Servicequalität zum entscheidenden Faktor in der Wettbewerbspolitik. Heribert Meffert und Manfred Bruhn definieren Dienstleistungsqualität wie folgt:
„Dienstleistungsqualität ist die Fähigkeit eines Anbieters, die Beschaffenheit einer primär intangiblen und der Kundenbeteiligung bedürfenden Leistung aufgrund von Kundenerwartungen auf einem bestimmten Anforderungsniveau zu erstellen. Sie bestimmt sich aus der Summe der Eigenschaften bzw. Merkmalen von Dienstleistungen, bestimmten Anforderungen gerecht zu werden“.[11]
„… bestimmten Anforderungen gerecht zu werden“. Doch welche Anforderungen sind damit gemeint? Sind es die Anforderungen, die der Kunde an den Dienstleister stellt oder die Anforderungen, die das Unternehmen an sich selber stellt oder sind es die Anforderungen, die das Unternehmen an sich bezüglich der Wettbewerber stellt. Mehrdimensionales Denken wird vom Dienstleistungsunternehmen gefordert, um dem Qualitätsdenken gerecht zu werden.
B.1.1.1 Anforderung aus Sicht der Kunden
Da Servicequalität nicht nur das Endprodukt betrifft, sondern die ganze Wertschöpfungskette einer Dienstleistung, vom Pre- bis zum After-sale-Service, wird in der Literatur zwischen Potenzial-, Prozess- und Ergebnis-Qualität unterschieden:[12]
Tabelle 1: Die drei Dimensionen der Servicequalität aus Kundensicht
Quelle: vgl. Meyer, Anton, 1998, S. 26
Unter Potential-Qualität versteht man die Fähigkeiten eines Menschen, bestimmte Leistungen zu erbringen. Diese Fähigkeiten erfolgen meist durch eine Ausbildung mit erfolgreichem Abschluss und Berufserfahrung. Für Kunden ist bei der erstmaligen Kaufentscheidung die Potentialentscheidung von großer Bedeutung. Fühlt sich der Kunde verstanden und tritt ihm der Dienstleister hilfsbereit gegenüber, so treten beide in die nächste Dimension, der Prozess-Qualität ein. Die Prozess-Qualität entwickelt sich aus der Art, dem Ablauf der Dienstleistungserstellung, der Atmosphäre sowie der Interaktion zwischen Kunden und Dienstleister. Unter Ergebnis-Qualität versteht man die Zufriedenheit des Kunden nach Erhalt der Dienstleistung. Ist oder übertrifft die Leistungserstellung die Vorstellung des Kunden, so stimmt für ihn die Qualität. Beispiele hierfür können sein: Der Erstkontakt des Dienstleisters mit dem Kunden, die Zuverlässigkeit, die Bereitschaft Probleme zu lösen und individuelle Lösungen vorzuschlagen, die Kommunikationsfähigkeit, Umgang mit schwierigen Situationen und Beschwerden und schließlich das fertige Ergebnis der Dienstleistung.[13] Folgendes Schaubild soll noch einmal die drei Dimensionen anhand einer Reisebuchung verdeutlichen.
Abbildung 2: Qualitätsdimensionen
Quelle: Pompl, 1996, S. 63
B.1.1.2 Anforderung aus Sicht der Wettbewerber
Wie kann sich ein Dienstleistungsunternehmen gegenüber seinen Mitbewerbern profilieren? Was bietet die Konkurrenz qualitativ an? Wie hoch ist das Qualitätsniveau der Mitbewerber? Welche Marktposition bezogen auf Qualitätsstandards haben diese?[14] Diese Fragen sollte sich ein Dienstleistungsunternehmen stellen, wenn es qualitativ auf dem Markt bestehen möchte. In dieser schnelllebigen Branche ist ein ständiger Branchenvergleich unabdingbar. Schnell kann ein Unternehmen den Anschluss auf dem Markt und an die Mitbewerber verpassen.
B.1.1.3 Anforderung aus Sicht der Unternehmen
Hierunter versteht man die Anforderungen, die ein Unternehmen an sich selbst stellt, um ein entsprechendes Qualitätsniveau zu erreichen. Diese können sein: die Ausstattung des Dienstleistungsortes, Fachkompetenzen und soziale Kompetenzen der Mitarbeiter, Kommunikationsfähigkeit der Mitarbeiter, die mit dem Kunden direkt in Kontakt treten oder auch das Wissen der Mitarbeiter darüber, was Dienstleistung an sich bedeutet.[15]
Neben den Anforderungen spielen auch unterschiedliche Dimensionen eine wichtige Rolle bei der Betrachtung der Dienstleistungsqualität. Parasuraman, Zeithaml und Berry beschreiben in ihrem Buch „Qualitätsservice“ fünf verschiedene Dimensionen:[16]
Tabelle 2: Die fünf Dimensionen der Dienstleistungsqualität
Quelle: vgl. Zeithaml, Parasuraman, Berry, 1992, S. 40
Anforderungen und Dimensionen dürfen nicht getrennt betrachtet werden. Nur zusammen ergeben sie die Qualität, die der Kunde sich wünscht.
Qualität ist die wichtigste Voraussetzung für Kundenzufriedenheit. Die D7 stellen in diesem Zusammenhang ausgewählte Werkzeuge dar, die in der Praxis große Erfolge verbuchen können und in den Dienstleistungsbetrieben mehr und mehr eingesetzt werden. Im Gegensatz zu anderen Instrumenten wie den Sieben Kreativitätswerkzeugen (K7) oder den Sieben Managementwerkzeugen (M7) sind die D7 speziell für den Servicebereich entwickelt worden. Die Techniken helfen bei der Ermittlung von Kundenwünschen, stellen Prozessabläufe dar, um mögliche Fehlerquellen zu definieren, ermitteln Qualitätsmerkmale, geben die Möglichkeit der Qualitätsmessung, analysieren Problemfelder und stellen mögliche Fehlervermeidung und -analysen dar.[17]
Die Vignetten-Technik wird bei der Entwicklung neuer Dienstleistungen eingesetzt. Somit werden die Wünsche und Bedürfnisse potentieller Kunden ermittelt. In Szenarien werden dem Kunden verschiedene Situationen oder Dienstleistungen vorgestellt, zu denen er anschließend eine Qualitätsbeurteilung abgeben kann. Hierfür werden für mehrere Merkmale verschiedene Ausprägungen festgelegt. Diese werden in allen möglichen Kombinationen zusammengestellt, auf Kärtchen geschrieben und dem Kunden paarweise vorgelegt. Die bevorzugte Vignette wird mit zwei Punkten bewertet, bei Gleichwertigkeit wird ein Punkt vergeben. So bekommt man die gewünschten Kombinationen der Kunden.
Tabelle 3: Vignette-Technik: Beispiel einer neuen Dienstleistung einer Bank
Quelle: Hoeth / Schwarz: Qualitätstechniken für die Dienstleistung
Das Service-Blueprinting hat die Aufgabe, einen Dienstleistungsprozess zu visualisieren. Mit Hilfe dieser Technik kann die Dienstleistung systematisch analysiert werden und der Dienstleistungsprozess für alle Mitarbeiter transparent dargestellt werden. Das Service-Blueprinting wird normalerweise nur unternehmensintern erstellt. Es hilft den Mitarbeitern zu begreifen, wie die Prozessabläufe strukturiert sind. Wichtig bei dieser Technik ist, dass die Prozessabläufe aus der Sicht des Kunden dargestellt werden, nicht aus der Sicht der Mitarbeiter. In
Abbildung 3 wird ein fertiger Blueprint für einen Restaurantbesuch beispielhaft dargestellt.
Abbildung 3: Blueprint für einen Restaurantbesuch (nach Stauss)
Quelle: Scheuer, Thomas, 2004 unter http://www.expression.de
Die graue Fläche zeigt den Teil des Dienstleistungsprozesses, an dem der Kunde direkt beteiligt ist. Diese Dienstleistungen wird der Kunde später bewerten. Ist er mit einem oder mehreren Punkten nicht zufrieden, sinkt für Ihn die Qualität des Restaurants. Nur in diesem Bereich kann das Restaurant Qualitätspunkte beim Kunden sammeln. Die Aktivitäten außerhalb der grauen Flächen sind notwendig, um den Kunden zufrieden zustellen. Der Kunde kann diese aber nicht sehen und somit nicht...