Quo vadis, sustainable development? Zum Übergang der Umweltsoziologie in ein neues Jahrhundert
Autor | Stefan Proksch |
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Verlag | GRIN Verlag |
Erscheinungsjahr | 2003 |
Seitenanzahl | 28 Seiten |
ISBN | 9783638195089 |
Format | ePUB/PDF |
Kopierschutz | kein Kopierschutz |
Geräte | PC/MAC/eReader/Tablet |
Preis | 12,99 EUR |
Entwicklung', verkündete Klaus Töpfer, der oberste Umweltschützer der Uno, als er neulich
in Bonn über den 'internationalen Prozess der nachhaltigen Entwicklung' referierte.«
(Vorholz 2000)
Tatsächlich scheint es so zu sein, daß von dem ehemaligen Prototyp eines umweltpolitischen
Leitbildes mit dem Titel sustainable development zu Beginn des 21. Jahrhunderts nichts
weiter übrig geblieben ist, als eine inhaltsleere Worthülse. Doch war der Begriff das nicht
schon immer? Alleine die deutsche Übersetzung kann retrospektiv als Euphemismus
bezeichnet werden: Für sustainable development hätte anstatt des Ausdrucks nachhaltige
Entwicklung auch durchaus die Formulierung aushaltbare oder gar erträgliche Entwicklung
gewählt werden können. Ein Jahr vor der zweiten Nachfolgekonferenz der Konferenz von Rio
aus dem Jahr 1992 - der eigentlichen Geburtsstunde von sustainable development - steht das
Leitbild vor einer entscheidenden Frage: Kann es vollkommen zu den Akten gelegt werden,
oder erlebt es eine Renaissance?
Die Auseinandersetzung der (Umwelt-)Soziologie mit sustainable development war dabei
traditionell nicht leicht: »Das (möglicherweise) Provozierende dieses Konzepts für die
Soziologie liegt zunächst darin, daß theoretische Grundlagen und Gewißheiten der Disziplin,
vor allem die konstitutive Abgrenzung und Gegenüberstellung von Gesellschaft und Natur, in
Frage gestellt werden.« (Wehling 1997: 36) Aus diesem Grund wurde die soziologische
Auseinandersetzung mit der Umwelt im allgemeinen - und nachhaltiger Entwicklung im
speziellen - gar nicht in Erwägung gezogen. Es muß deshalb im folgenden Kapitel zunächst
die Frage gestellt werden, inwiefern die soziologische Auseinandersetzung mit einem
ökologischen Modell überhaupt einen Diskurs klassischer oder zeitgenössischer Soziologie
darstellen kann. Dabei wird festzustellen sein, daß gerade durch sustainable development ein
klassischer soziologischer Themenbereich - sozialer Wandel - in einen zeitgenössischen
transformiert werden konnte.
Auf der Entwicklungsgeschichte des Begriffs der nachhaltigen Entwicklung aufbauend kann
so die Frage gestellt werden, inwiefern soziologische Forschungstheorien in den
Wiederbelebungsprozeß des ehemals gefeierten Leitbildes mit eingreifen können. Wo sollten
soziologische Theorien ansetzen: Bei der Weltgesellschaft, hier verstanden als globale
Schicksalsgemeinschaft? [...]