Zielcluster und Bestandspflege ergänzen sich
Beispiel Werbewirtschaft: Nutzung vorhandener Büroraum und Leerstände – Kreativwirtschaft als Nährboden für Gastronomie, Einzelhandel und Tourismus, vielseitiger Multiplikatornutzen – Auslöser für Standortentwicklung. Strategische Überlegungen der Wirtschaftsförderung sollten sich nicht nur auf einen einzigen Zielcluster beschränken. Vielmehr könnten dabei immer mehrere mögliche Cluster ins Auge gefasst und verglichen werden. Zumal ja von Standort zu Standort unterschiedlich bereits einzelne Cluster-Bausteine vorhanden sein sollten und deshalb im konkreten Fall für die Strategieentwicklung zu berücksichtigen sind. Vorteile Zielcluster Werbeagenturen: intensive Kontakte zu Unternehmen außerhalb des Standortes und als Folge große Anzahl von Geschäftsbesuchern. Vorhandener Büroraum kann vielseitig genutzt und flexibel angepasst werden. Es werden wenige Sondereinrichtungen (z.B. Lagerhallen, Laderampen u.ä.) benötigt. Es gibt keine Lärmbelästigung von Anwohnern. Die Werbewirtschaft verfügt über viel Management-Kompetenz. Die Werbewirtschaft verfügt über viel Projektmanagement-Knowhow. Es werden gruppenbezogene Arbeitsmodelle mit Teamarbeit praktiziert. Für die Gewinnung potentieller Ansiedler sind auf Seite des Standortes keine aufwendigen Abstimmungsprozesse notwendig. Bei geschickter, kompetenter Anwendung greifen viele der möglichen Abwerbungsinstrumente. Für die Ansiedlung von Werbewirtschaftlern sind keine schwierigen behördlichen Auflagen zu erwarten. Für Ansiedlungsmaßnahmen von Werbewirtschaftlern sind keine komplizierten Genehmigungsverfahren zu handhaben. Nach einer Anlaufzeit können Ansiedlungen zum Selbstläufer werden (neu gewonnene Ansiedler wirken als Multiplikatoren). Anderweitig bereits ausgeschöpfte Standortvorteile (Landschaft, Ruhe, störungsfreies Arbeiten u.a.) können zusätzlich vermarktet werden. Informationsaustausch-Beschleuniger/-Initiator zwischen Branchen, Unternehmenstypen u.a. Projektarbeit fördert Kompetenznetzwerke. Große Unabhängigkeit von Material-, Energie-, Rohstoffkosten. Gespür für Marktentwicklungen und –trends. Ausgeprägtes Marketingknowhow.
Akquisitionsschiene der Wirtschaftsförderung: bei der Wirtschaftsförderung hinsichtlich Gewinnung neuer "Kunden" (Investoren, Wirtschaftsansiedlungen) bewegt sich die Kommune in einem zunehmend härter werdenden Wettbewerbsumfeld. Bei einer Gewerbeansiedlung ist das Interesse meist nicht von Beginn an auf einen speziellen Standort eingeschränkt oder festgelegt, d.h. die Akquisitionsschiene der Wirtschaftsförderung muss versuchen, ihr spezifisches Angebot aus einer Vielzahl konkurrierender Angebote herausragen zu lassen. Zu überregionalen Themen wie z.B. Wirtschaftsförderungsprogramme sollten für interessierte Unternehmen als Service entsprechende Links zur Verfügung gestellt werden. In einem branchenorientierten Ansatz sollten Unternehmen gezielt unter Herausstellung der für die spezielle Branche wichtigen Standortfaktoren angesprochen werden. Dabei verdienen auch kleine oder mittlere Unternehmen unbekannter, weniger prominenter Branchen eine Aufmerksamkeit. Um Interessenten an die eigene (Internet-)Präsenz zu binden, sollte immer ein umfassendes Informationsangebot bereitgestellt werden (z.B. über "cross-linking" auf entsprechende themenspezifische Portale). Man bildet eine Anlaufstelle, dass man diejenigen, die möglicherweise an den Standort kommen wollen, quasi an die Hand nimmt und durch die Verwaltung lotst (Gedanke einer „One-stop-Agency“, die für Unternehmen einen Service aus einer Hand bietet). Auch wenn die Wirtschaftsförderung der Meinung wäre, dass für die Zukunft keine großen Industrieansiedlungen zu erwarten sind, geht es um die Ansiedlung von industrienahen Dienstleistungen (Engineering, Designerbüros, Werbeagenturen, Softwareentwickler, P+R-Agenturen, Gebäudereinigungen). Ein Indikator für Erfolge der Wirtschaftsförderung ist beispielsweise auch die Anzahl neuer Eintragungen von Unternehmen im Handelsregister (wie viel Handelsregistereintragungen entfallen am Standort auf je 1.000 Einwohner?).
Bestandspflege mit Kundenbindung: Förderung und Festigung bestehender "Kundenbeziehungen" (Customer Relation Management, Pflege ansässiger Betriebe aus Industrie, Handel, Handwerk, Dienstleistung). Mit der Zielsetzung "Kundenbindung" wird eine örtliche Zielgruppe von Unternehmen besonders angesprochen (man kümmert sich um die, die hier sind). Die Bestandspflege von bereits ansässigen Firmen ist genauso wichtig wie Neuansiedlungen. Voraussetzung ist, dass die Wirtschaftsförderung mit den kommunalen Verwaltungsstellen und der Wirtschaft des Standortes möglichst tief vernetzt ist und hierbei stark kommunikativ arbeitet. Man muss denjenigen, die hier sind, seitens des Standortes das Gefühl geben, dass man sich um sie kümmert. Zwar wird man Abwanderungen niemals gänzlich verhindern können, kann aber durch Vernetzung in die Unternehmen hinein frühzeitig von geplanten Bewegungen erfahren. Wenn sich Veränderungen ankündigen, sollte die Wirtschaftsförderung zu den ersten Adressen der Informationsempfänger gehören.
Innovations- und Technologiestärke, Standortförderung für Innovationen: die Bundesregierung hat ein Förderprogramm für Hightech-Strategien aufgesetzt. Deutsche Standorte können nicht auf allen Gebieten Spitzenleistungen erbringen und müssen sich deshalb auf Kompetenzen konzentrieren. Die Hightech-Strategie setzt hierfür mit 17 Themen Schwerpunkte/ Prioritäten. Fördermittel sollen den Akteuren in Wissenschaft und Wirtschaft Planungssicherheit und Gestaltungsspielraum geben. Das Prinzip (Leitbild): "Stärken durch Innovationen stärken". Was gilt für den Standort? Neues entsteht immer erst durch Innovation, d.h. auch die Zukunft des Standortes wäre ohne Innovationen nicht denkbar. Sind innovative Technologiemärkte erst einmal verloren, können sie nur sehr schwer wieder zurückerobert werden.
Innovationsprozesse als zentrale Standort-Stellgröße: der herausragende Stellenwert von Innovationen lässt sich mit der einfachen Formel beschreiben: Forschung macht aus Geld Wissen - Innovationen machen aus Wissen Geld. Es ist eine herausragende Aufgabe der Wirtschaftsförderung, Faktoren abzubauen, die das Innovationsgeschehen hemmen, und Bedingungen zu schaffen, die es begünstigen. Beim Erkennen von Innovationen muss Technik von morgen bewertet werden. Hierbei können u.U. erhebliche Einschätzungsunterschiede auftreten. Die Fraunhofer-Gesellschaft versteht unter Leit-Innovationen nicht einzelne revolutionäre Erfindungen, sondern wichtige Zukunftsfelder. Das sind meist sehr junge Forschungsgebiete, in denen sich -ausgelöst von technologischen Durchbrüchen- vielfältige Produkt- und Verfahrensinnovationen anbahnen. Für den Standort Deutschland bedeutsam werden genannt: Ambient Intelligence - elektronische Assistenz, Polytronik - Displays und Chips aus Kunststoff, Digitale Medizin, Beschleunigte Medikamentenentwicklung, Intuitive Mensch-Maschine Kooperation, Integrative Produktion - Schneller zum Produkt, Erfolgsfaktor Logistik, Adaptive Strukturen, Prozesse und Produkte rechnen, Universelles Werkzeug der Photonik. Eine Verbesserung der Innovationsfähigkeit ist einer der wichtigsten Hebel zu mehr Wachstum und Profitabilität. Schnellere und effizientere Innovationsprozesse sind eine zentrale Stellgröße für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit von Standorten.
Die Höhe der Gewerbesteuer kann oft über neue Standorte von Firmen entscheiden, d.h. die Höhe des Hebesatzes spielt eine immer stärkere Rolle bei Standortentscheidungen der Unternehmen. Der Hebesatz ist eine Art kommunaler Steuersatz. Ausgangspunkt für die Steuerbelastung des Unternehmens ist der Unternehmensgewinn, dem teilweise auch noch langfristige Finanzierungskosten hinzugerechnet werden. Darauf wird die Messzahl angelegt (eine Art bundeseinheitlicher Steuersatz). Dieses Produkt wird dann mit dem Hebesatz multipliziert.
Eine unterdurchschnittliche Gewerbesteuer ist in vielen Fällen Teil der kommunalen Wirtschaftsförderung. Die Konjunkturabhängigkeit der Gemeinden ist nicht zuletzt dadurch gestiegen, dass die Gewerbesteuer zu einer Haupteinnahmequelle ausgebaut worden ist. Und dass sie andererseits zu einer Großbetriebssteuer degeneriert ist, wodurch die Abhängigkeit von wenigen Unternehmen immer größer wird. Welches Unternehmen wie viel Gewerbesteuer zahlt fällt in der Kämmerei, im Kassen- und Steueramt aber immer unter ein strikt gehütetes Steuergeheimnis. Allenfalls ist zu erfahren, wie viel Unternehmen wie viel % der Gewerbesteuersumme aufbringen. Auch kann nicht einfach angenommen werden, dass an Standorten mit günstigerer Gewerbesteuer die gleiche Leistung für weniger Geld geboten wird. Beispiel: Eschborn ist eben nicht Frankfurt (weniger Urbanität, schlechtere Eisenbahnanbindung, geringere Fühlungsvorteile an Lebensqualität u.a.). Die Gewerbesteuer wird in den Ballungsräumen mit den dort herrschenden Hebesätzen zur dominierenden Unternehmenssteuer (gilt vor allem für Kapitalgesellschaften, da Personenunternehmen die Gewerbesteuer mit der Einkommensteuer verrechnen können). Für Unternehmen ist dies wiederum ein wichtiger Anlass, ihren Standort zu überdenken.
Die Gewerbesteuer verleiht dem Thema Region einen höheren Stellenwert: mehr als bisher wird deutlich, dass Umlandkommunen soweit an Kontur gewonnen haben, dass sie für den zentralen Standort ernst zu nehmende Konkurrenten sind und sich damit die Stadt-Umland-Problematik weiter verschärft. Es geht um Beziehungen zwischen Kernstädten und Umlandgemeinden: große Städte entwickeln eine gute Standortqualität (die ihren Preis hat), die aber von Firmen im Umland kostenlos mit genutzt werden kann. Obwohl...