Vorwort
Seit vielen Jahren liegt bereits der Kauderwelsch-Sprechführer Indonesisch vor und erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit. Wozu also ein Sprechführer Malaiisch: Sind nicht Bahasa Indonesia, wie Indonesisch offiziell genannt wird, und Bahasa Malaysia, die Nationalsprache Malaysias, dieselben Sprachen? Ja und nein! Beide basieren auf dem Johore-Riau-Dialekt des Malaiischen, der bereits seit Jahrhunderten zwischen den Seefahrern vieler Nationen und den Küstenbewohnern des „malaiischen“ Archipels nicht zuletzt wegen seiner unkomplizierten Grammatik zur Verständigung untereinander verwendet wurde.
Kein Wunder also, dass sich daraus die immer differenzierter werdenden Nationalsprachen der vier ASEAN-Staaten Indonesien, Malaysia, Brunei und Singapur (ja, auch dort) ableiteten. Aber wenn auch Bahasa Indonesia und Bahasa Malaysia (bahasa = Sprache) praktisch dieselbe Grammatik und den weitaus größten Teil des Wortschatzes gemeinsam haben, gibt es doch manche Unterschiede. Denken wir nur daran, wie sehr sich Deutsch im Westen und Osten, Norden und Süden unterscheiden. In Österreich weist der Wortschatz Hunderte von Abweichungen auf, vom Schweizerdeutsch wollen wir gar nicht erst reden.
Eine Sprache ist wie ein lebendiges Gebilde, das sich fortwährend ändert und anpasst. Indonesien und Malaysia sind zwei sehr verschiedene Länder. Sie haben eine unterschiedliche Vergangenheit und Gegenwart. Die Hauptunterschiede liegen also im Wortschatz. Malaysia war britische Kolonie, Indonesien niederländische. Dies spiegelt sich im Wortschatz deutlich wieder. Uns macht das wenig aus, denn wir werden sowohl mit den aus dem Englischen wie jenen aus dem Holländischen stammenden Lehnwörtern zurechtkommen. (Aber Achtung: die Schreibweise hat in beiden Varianten nichts mit der originalen zu tun, sondern schreibt sich, wie man es auf Malaiisch spricht!)
Es spricht also doch einiges für einen Malaiisch-Sprachführer. Indonesien und Malaysia sind zwei junge Nationen, in denen die Regierungen noch vieles tun, um das Nationalgefühl zu verstärken, das wir in Europa schon abbauen. Malaysier sind sicher nicht begeistert, wenn man ihre Sprache mittels eines Sprachführers „Indonesisch“ lernt, ebensowenig wie Indonesier einen Sprachführer für Bahasa Malaysia wirklich akzeptieren würden. Deren Sprache – sagen sie – ist nicht unser Bahasa Indonesia, sondern Bahasa Malaysia bzw. Bahasa Melayu (= Malaiisch). Die offizielle Bezeichnung der Landessprache Malaysias hat in den vergangenen Jahrzehnten wiederholt zwischen Bahasa Malaysia und Bahasa Melayu gewechselt.
Noch etwas kommt hinzu: Die Sprechführer der Kauderwelschreihe vermitteln ja nicht nur Sprache, sondern nebenher auch vieles über Land und Leute. Und da sind die Unterschiede noch größer als in der Sprache. Daher also der Sprechführer „Malaiisch“ oder „Bahasa Malaysia“.
Begleitendes Tonmaterial
Zu diesem Buch ist zusätzlich ein AusspracheTrainer als MP3-Download erhältlich unter https://www.reise-know-how.de/produkte/kauderwelsch-aussprachetrainer-und-audio/aussprachetrainer-malaiisch-mp3-1296
Auch erhältlich auf Audio-CD unter https://www.reise-know-how.de/produkte/kauderwelsch-aussprachetrainer-und-audio/aussprachetrainer-malaiisch-audio-cd-180
Der AusspracheTrainer enthält alle Sätze und Redewendungen, die in diesem Buch mit einem markiert sind.
Zur Sprache
Malaiisch gehört zur austronesischen Sprachgruppe, die ungeheuer weit verbreitet ist: von Madagaskar (!) und den Ureinwohnern Taiwans über den Malaiischen Archipel (Malaiisch, Javanisch, Tagalog usw.) bis Melanesien, Mikronesien und Polynesien (z. B. Tahitisch, Hawaiianisch, Maori). Allen diesen Sprachen gemeinsam ist eine Grammatik mit ähnlichen Grundprinzipien, die vielfach ausgesprochen einfach funktioniert, ein unkompliziertes vokalreiches Klangsystem, in der Regel zweisilbige Wörter u. a.
Malaiisch hat innerhalb dieser Sprachgruppe dank Indonesien die meisten Sprecher (insgesamt wohl rund 200 Millionen, bei der Mehrheit davon aber als Zweitsprache), womit es eine der am häufigsten gesprochenen Sprachen der Welt ist und – freuen Sie sich – die am leichtesten zu erlernende unter den Weltsprachen. Gesprochen und verstanden wird Malaiisch auf der ganzen malaiischen Halbinsel, d. h. auch in Südthailand, in ganz Indonesien, natürlich in Sabah und Sarawak, Brunei, früher auch in Südchina.
Unter dem Einfluss des Islam wurde Malaiisch spätestens ab dem 15. Jahrhundert mit arabischer Schrift geschrieben. Diese Schreibweise heißt Jawi und wurde in unserem Jahrhundert durch die besser geeignete lateinische Schrift (Rumi) abgelöst, ist aber noch nicht verschwunden. Im Gegenteil, in Malaysia, dessen offizielle Religion ja der Islam ist, erlebt es eine Renaissance. Jawi ist heute sogar präsenter als noch vor einem Dutzend Jahren. In der Schule ist es Pflichtfach. Es gibt auch noch ein paar in Jawi geschriebene Zeitungen.
Die lateinische Schreibweise hat sich im Verlauf der Jahre geändert: in Malaysia neigte man der englischen Schreibweise zu, in Indonesien der holländischen, was sich besonders bei den Vokalen (Selbstlauten) zeigt. Heute haben sich beide Schreibweisen einander stark angenähert.
In Malaysia heißt es jetzt bahasa baku (baku = echt, anerkannt): So sprechen, wie man es schreibt. Man kann auch sagen: So schreiben, wie man es spricht. Es gibt ein ganzes Bündel neuer Rechtschreibregeln. Wundern Sie sich nicht, wenn Sie unterwegs zwei und mehr Schreibweisen desselben Wortes finden: z. B. Bahnhof = stesen, aber auch setesen (zwei Konsonanten werden oft durch einen Vokal getrennt aber zusammen gesprochen), stesyen, selten vielleicht noch steshen. Oft gibt es zwei Formen: kampong – kampung (Dorf), masok – masuk (Eingang, betreten).
Da Malaiisch vor allem auch die Sprache der Seefahrer, Händler, Marktleute war, ist es prosaischer als etwa Javanisch, das eine hoch entwickelte Literatur aufweist. Gut entwickelt ist im Malaiischen aber die Rhetorik. In der Tat, Malaien sind häufig gute Redner. Sie werden es bestätigt finden. Es gibt natürlich Dialekte, die aber nicht solche Unterschiede aufweisen wie z.B. die deutschen (Ausnahme: der Kelantan-Dialekt).
Da Indonesier Bahasa zumeist als Zweitsprache erlernen, wird es trotz der riesigen Ausdehnung des Archipels einheitlicher gesprochen als das Malaiische in Malaysia, wo es für die Malaien ja die Muttersprache ist. Das indonesische Bahasa ist melodiöser, fließender, weniger schnell, das „r“ stärker gerollt. Malaiisch in West-Malaysia (in Sabah und Sarawak klingt es eher wie Indonesisch) wird schneller, abgehackter gesprochen, wobei sich die Stimme nach den einzelnen Satzteilen oft hebt.
Seit Malaiisch zur bahasa kebangsaan (Nationalsprache, bangsa = Rasse, kebangsaan = national) erklärt wurde, hat es natürlich eine Riesenmenge an neuen Wörtern bilden müssen. Englisch liefert immer noch den Löwenanteil technischer Begriffe. Erst beim Laut-Lesen merkt man oft die Herkunft, das Schriftbild hat sich total verändert. Wenn möglich bemüht man aber auch die eigene Sprache.
Aussprache & Betonung
Malaiisch lässt sich für uns leicht aussprechen. Es gibt keinen uns unbekannten Laut, lediglich ein paar kleine Abweichungen.
Vokale
Es gibt fünf Vokale: a, e, i, o, u.
a | mittellang, am Wortende als stumpfes „e“ sprechen, saya (ich) wird zu saye wie im Wort „Schale“: apa (was), nama (Name), jalan (Straße, Weg) |
e | teils halboffen und mittellang (hartes „e“) wie in „rechts“; teils stumpf und kurz (weiches „e“); zwischen zwei Konsonanten meist verschluckt (weich); ein Beispiel für beide „e“ ist „essen“: empat (vier), peta (Karte, Landkarte) |
i | mittellang wie in „mit“: kita (wir), sakit (krank, verletzt) |
o | mittellang und mitteloffen, zwischen „oft“ und „Note“: boleh (können), kota (Stadt,... |