Einleitung
Warum Ihr Banker nicht nach Ihrem Zeugnis fragt
Bildung ist heute wichtiger als sie es zu jedem anderen Zeitpunkt in der Geschichte war. Während wir das Industriezeitalter hinter uns lassen und uns im schnelllebigen Informationszeitalter bewegen, nimmt der Wert der eigenen Bildung stetig zu. Aus heutiger Sicht lautet die Frage: Ist die Ausbildung, die Sie oder Ihr Kind in der Schule erhalten (haben), ausreichend, um die Herausforderungen dieser schönen neuen Welt zu meistern?
Im Industriezeitalter konnte man zur Schule gehen, einen Abschluss machen und eine Karriere starten. Normalerweise brauchte man keine zusätzliche Ausbildung, um erfolgreich zu sein, weil sich die Dinge nur langsam veränderten. Mit anderen Worten: Die Ausbildung, die man in der Schule erhielt, war alles, was man für sein Leben brauchte.
Millionen von Babyboomern stehen heute kurz vor ihrem Renteneintritt. Viele von ihnen sind dabei mit der Erkenntnis konfrontiert, dass sie nicht ausreichend für die neue Welt ausgebildet wurden. Zum ersten Mal in der Geschichte stehen viele gut ausgebildete Menschen vor den gleichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten wie die weniger gut Ausgebildeten. Sie müssen sich kontinuierlich weiterbilden, wollen sie den aktuellen Anforderungen gerecht werden.
Wann messen Sie den Erfolg Ihrer Ausbildung?
Wann messen Sie den Erfolg Ihrer Ausbildung? Ist es das Zeugnis am Tag Ihres Ausbildungsabschlusses, sagen wir im Alter von 25 Jahren? Oder wird die Effektivität der Ausbildung gemessen, wenn Sie in Rente gehen, sagen wir im Alter von 65 Jahren?
Laut einer Studie der US-Regierung ist eine von 100 Personen im Alter von 65 Jahren reich, vier von ihnen befinden sich in einer komfortablen Lebenssituation, fünf Personen arbeiten noch, 56 brauchen staatliche oder familiäre Unterstützung. Der Rest ist verstorben.
In diesem Buch geht es nicht darum, diese eine reiche Person zu werden. Es geht um die 56 Personen, die Unterstützung anderer benötigen. Ich will nicht, dass Sie oder Ihr Kind in dieser Gruppe der Statistik landen.
Oft höre ich Leute sagen: »Ich brauche nicht viel Geld, wenn ich in Rente gehe, denn dann sind meine Lebenshaltungskosten niedriger.« Zwar ist es einerseits korrekt, dass die Lebenshaltungskosten sinken können, doch andererseits gibt es einen Kostenfaktor, der in diesem Alter häufig drastisch ansteigt, und zwar die Kosten für die eigene Gesundheit. Für Millionen von älteren Menschen wird Gesundheit zu einem Thema, das über Leben oder Tod entscheidet. Um es ganz deutlich zu sagen: Wenn Sie Geld haben, können Sie am Leben bleiben, haben Sie kein Geld, könnten Sie sterben.
Die Frage ist: Hat die Ausbildung dieser Menschen sie auf die finanzielle Herausforderung am Ende ihres Lebens vorbereitet? Die nächste Frage lautet: Was hat die Notsituation dieser Menschen mit der Ausbildung Ihres Kindes zu tun?
Auf diese Fragen gibt es zwei Antworten. Die erste Antwort lautet, dass es Ihr Kind ist, das letztendlich für die Gesundheitsversorgung dieser Millionen von Menschen aufkommen muss, wenn sie selbst nicht dafür bezahlen können.
Die zweite Antwort besteht in einer weiteren Frage: Wird die Ausbildung Ihres Kindes dieses darauf vorbereiten, finanziell so abgesichert zu sein, dass es am Ende seines Arbeitslebens keine staatliche finanzielle und medizinische Unterstützung benötigt?
Die Regeln haben sich geändert
Im Industriezeitalter sah der übliche Weg so aus: zur Schule gehen, gute Noten bekommen, einen sicheren Arbeitsplatz mit vielen Vorteilen finden und dort für sein gesamtes Arbeitsleben bleiben. Nach etwa 40 Jahren ging man in Rente, und das Unternehmen und der Staat kümmerten sich für den Rest des Lebens um einen.
Im Informationszeitalter hat sich das geändert. Der übliche Weg sieht nun so aus: zur Schule gehen, gute Noten bekommen, eine Stelle finden und sich dann laufend für diesen Beruf weiterbilden. Dann findet man ein neues Unternehmen und einen neuen Arbeitsplatz und bildet sich wieder weiter. Am Ende des Arbeitslebens muss man hoffen und beten, genug Geld zu haben, wenn man deutlich älter als 65 Jahre wird. Denn höchstwahrscheinlich wird man weit älter als 65 Jahre werden.
Im Industriezeitalter war Albert Einsteins Formel E = mc2 die bestimmende Theorie. Im Informationszeitalter ist die bestimmende Theorie der Ära das Mooresche Gesetz. Auf diesem Gesetz basiert die gegenwärtige Weltanschauung, dass sich die Informationsmenge alle 18 Monate verdoppelt. Mit anderen Worten: Um mit dem Wandel Schritt halten zu können, muss man praktisch alle 18 Monate alles neu lernen.
Im Industriezeitalter verlief der Wandel langsamer. Was in der Schule gelernt wurde, war für einen längeren Zeitraum nützlich. Im Informationszeitalter ist das vorhandene Wissen sehr schnell veraltet. Was man gelernt hat, ist wichtig, doch nicht so wichtig wie die Geschwindigkeit, mit der man sich an neue Gegebenheiten anpassen, neue Informationen abspeichern und neue Prozesse lernen kann.
Meine beiden Eltern wuchsen während der Weltwirtschaftskrise auf. Für sie hatte Arbeitsplatzsicherheit die höchste Priorität, weshalb ihre Stimmen immer leicht panisch wirkten, wenn sie zu mir sagten: »Du musst zur Schule gehen und einen guten Abschluss machen, damit du später eine sichere Stelle bekommst.« Heute besteht die Herausforderung darin, nicht auf der Strecke zu bleiben, wenn die Qualifikationen für den aktuellen Arbeitsplatz nicht mehr dem neuesten Stand entsprechen.
Hier gibt es einige subtilere, doch signifikante Veränderungen zwischen dem Industrie- und dem Informationszeitalter:
Im Industriezeitalter war der Arbeitgeber für die Altersvorsorge verantwortlich.
Im Informationszeitalter ist man als Mitarbeiter selbst für seine Altersvorsorge verantwortlich. Wenn einem nach dem 65. Lebensjahr das Geld ausgeht, hat man selbst ein Problem, nicht das Unternehmen.
Im Industriezeitalter wurde man immer wertvoller, je älter man wurde.
Im Informationszeitalter wird man immer weniger wertvoll, je älter man wird.
Im Industriezeitalter waren die Menschen auf Lebenszeit angestellt.
Im Informationszeitalter sind immer mehr Menschen selbstständig.
Im Industriezeitalter wurden die klugen Kinder Ärzte und Anwälte. Sie waren die Großverdiener.
Im Informationszeitalter sind die Großverdiener Sportler, Schauspieler und Musiker. Viele der Ärzte und andere Experten verdienen weniger als im Industriezeitalter.
Im Industriezeitalter konnte man sich darauf verlassen, dass der Staat einem aus der Patsche half, wenn man selbst und seine Familie in finanzielle Schwierigkeiten gerieten.
Im Informationszeitalter hören wir immer mehr Politiker versprechen, die Sozialversicherung und andere staatliche Unterstützungsprogramme zu retten. Sie und ich, wir sind klug genug, um zu wissen, dass, wenn Politiker Versprechungen machen, etwas retten zu wollen, die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist, dass das, was sie retten wollen, bereits verloren ist.
Wenn eine Veränderung eintritt, kommt es in der Regel zu Widerstand. In den letzten Jahren gab es viele Beispiele dafür, dass Menschen die Chancen erkennen, die sich in einer Zeit des Wandels bieten.
Bill Gates wurde der reichste Mann der Welt, weil die ältere Generation bei IBM die Veränderungen des Marktes und der Gesetze nicht erkannte. Die Investoren von IBM verloren Milliarden von Dollar.
Heute gründen 20-Jährige Informationszeitalter-Unternehmen. Diese kaufen die Industriezeitalter-Unternehmen auf, die von 45-Jährigen geführt werden.
Heute werden 20-Jährige Milliardäre, weil die 45-Jährigen es versäumt haben, die Chancen zu erkennen, die die 20-Jährigen sahen.
Heute gibt es 20-jährige Selfmade-Milliardäre, die noch nie in einem Angestelltenverhältnis gearbeitet haben. Gleichzeitig gibt es 45-Jährige, die sich für einen neuen Beruf umschulen lassen müssen.
Anstatt zu hoffen, eine gute Stelle in einem großen Unternehmen zu finden, gründen immer mehr Studenten ihr eigenes Unternehmen aus ihrem Zimmer im Studentenwohnheim heraus. Die Harvard University hat sogar ein spezielles Büro, das Studenten bei der Entwicklung ihrer Start-up-Unternehmen unterstützen soll – vor allem jedoch dazu dient, den Studenten einen Anreiz zu bieten, an der Universität zu bleiben.
Gleichzeitig verdient die Hälfte aller Beschäftigten eines der größten Arbeitgeber der Vereinigten Staaten so wenig, dass ihnen Essensmarken zustehen. Was passiert mit diesen Mitarbeitern, wenn sie zu alt sind, um zu arbeiten? War ihre Ausbildung angemessen?
Heimunterricht ist keine Ausnahme mehr. Heute steigt die Zahl der Kinder, die zu Hause unterrichtet werden, drastisch an.
Immer mehr Eltern suchen alternative Bildungssysteme, zum Beispiel Privatschulen, Schulen in kirchlicher Trägerschaft, Waldorf- oder Montessorischulen, um ihre Kinder aus einem veralteten staatlichen Bildungssystem zu nehmen. Immer mehr Eltern erkennen, dass die frühe Erziehung ihres Kindes für die Entwicklung genauso wichtig ist wie das Studium später.
Einfach ausgedrückt: Das Informationszeitalter wird wirtschaftliche Veränderungen mit sich bringen, die die Kluft zwischen den Gutverdienern und den Habenichtsen drastisch vergrößert. Für manche Menschen werden diese Veränderungen ein Segen sein, für andere ein Fluch. Für andere wiederum werden diese Veränderungen keinen Unterschied machen. Wie mein reicher Vater sagte: »Es gibt Menschen, die Dinge geschehen lassen, es gibt Menschen, die zusehen, wie Dinge...