Nachdem die Entwicklung der römischen Verfassung während der zwei ersten Jahrhunderte der Republik dargestellt ist, ruft uns die äußere Geschichte Roms und Italiens wieder zurück in den Anfang dieser Epoche. Um diese Zeit, als die Tarquinier aus Rom vertrieben wurden, stand die etruskische Macht auf ihrem Höhepunkt. Die Herrschaft auf der Tyrrhenischen See besaßen unbestritten die Tusker und die mit ihnen eng verbündeten Karthager. Wenn auch Massalia unter steten und schweren Kämpfen sich behauptete, so waren dagegen die Häfen Kampaniens und der volskischen Landschaft und seit der Schlacht von Alalia auch Korsika im Besitz der Etrusker. In Sardinien gründeten durch die vollständige Eroberung der Insel (um 260 500) die Söhne des karthagischen Feldherrn Mago die Größe zugleich ihres Hauses und ihrer Stadt, und in Sizilien behaupteten die Phöniker während der inneren Fehden der hellenischen Kolonien ohne wesentliche Anfechtung den Besitz der Westhälfte. Nicht minder beherrschten die Schiffe der Etrusker das Adriatische Meer, und selbst in den östlichen Gewässern waren ihre Kaper gefürchtet.
Auch zu Lande schien ihre Macht im Steigen. Den Besitz der latinischen Landschaft zu gewinnen, war für Etrurien, das von den volskischen in seiner Klientel stehenden Städten und von seinen kampanischen Besitzungen allein durch die Latiner geschieden war, von der entscheidendsten Wichtigkeit. Bisher hatte das feste Bollwerk der römischen Macht Latium ausreichend beschirmt und die Tibergrenze mit Erfolg gegen Etrurien behauptet. Allein als der gesamte tuskische Bund, die Verwirrung und die Schwäche des römischen Staats nach der Vertreibung der Tarquinier benutzend, jetzt unter dem König Lars Porsena von Clusium seinen Angriff mächtiger als zuvor erneuerte, fand er nicht ferner den gewohnten Widerstand; Rom kapitulierte und trat im Frieden (angeblich 247 507) nicht bloß alle Besitzungen am rechten Tiberufer an die nächstliegenden tuskischen Gemeinden ab und gab also die ausschließliche Herrschaft über den Strom auf, sondern lieferte auch dem Sieger seine sämtlichen Waffen aus und gelobte, fortan des Eisens nur zur Pflugschar sich zu bedienen. Es schien, als sei die Einigung Italiens unter tuskischer Suprematie nicht mehr fern.
Allein die Unterjochung, womit die Koalition der etruskischen und karthagischen Nation die Griechen wie die Italiker bedroht, ward glücklich abgewendet durch das Zusammenhalten der durch Stammverwandtschaft wie durch die gemeinsame Gefahr aufeinander angewiesenen Völker. Zunächst fand das etruskische Heer, das nach Roms Fall in Latium eingedrungen war, vor den Mauern von Aricia die Grenze seiner Siegesbahn durch die rechtzeitige Hilfe der den Aricinern zur Hilfe herbeigeeilten Kymäer (248 506). Wir wissen nicht, wie der Krieg endigte, und namentlich nicht, ob Rom schon damals den verderblichen und schimpflichen Frieden zerriß; gewiß ist nur, daß die Tusker auch diesmal auf dem linken Tiberufer sich dauernd zu behaupten nicht vermochten.
Bald ward die hellenische Nation zu einem noch umfassenderen und noch entscheidenderen Kampf gegen die Barbaren des Westens wie des Ostens genötigt. Es war um die Zeit der Perserkriege. Die Stellung der Tyrier zu dem Großkönig führte auch Karthago in die Bahnen der persischen Politik – wie denn selbst ein Bündnis zwischen den Karthagern und Xerxes glaubwürdig überliefert ist – und mit den Karthagern die Etrusker. Es war eine der großartigsten politischen Kombinationen, die gleichzeitig die asiatischen Scharen auf Griechenland, die phönikischen auf Sizilien warf, um mit einem Schlag die Freiheit und die Zivilisation vom Angesicht der Erde zu vertilgen. Der Sieg blieb den Hellenen. Die Schlacht bei Salamis (274 der Stadt 480) rettete und rächte das eigentliche Hellas; und an demselben Tag – so wird erzählt – besiegten die Herren von Syrakus und Akragas, Gelon und Theron, das ungeheure Heer des karthagischen Feldherrn Hamilkar, Magos Sohn, bei Himera so vollständig, daß der Krieg damit zu Ende war und die Phöniker, die damals noch keineswegs den Plan verfolgten, ganz Sizilien für eigene Rechnung sich zu unterwerfen, zurückkehrten zu ihrer bisherigen defensiven Politik. Noch sind von den großen Silberstücken erhalten, welche aus dem Schmuck der Gemahlin Gelons, Damareta, und anderer edler Syrakusanerinnen für diesen Feldzug geschlagen wurden, und die späteste Zeit gedachte dankbar des milden und tapferen Königs von Syrakus und des herrlichen, von Simonides gefeierten Sieges.
Die nächste Folge der Demütigung Karthagos war der Sturz der Seeherrschaft ihrer etruskischen Verbündeten. Schon Anaxilas, der Herr von Rhegion und Zankte, hatte ihren Kapern die sizilische Meerenge durch eine stehende Flotte gesperrt (um 272 482); einen entscheidenden Sieg erfochten bald darauf die Kymäer und Hieron von Syrakus bei Kyme (280 474) über die tyrrhenische Flotte, der die Karthager vergeblich Hilfe zu bringen versuchten. Das ist der Sieg, welchen Pindaros in der ersten pythischen Ode feiert, und noch ist der Etruskerhelm vorhanden, den Hieron nach Olympia sandte mit der Aufschrift: "Hiaron des Deinomenes Sohn und die Syrakosier dem Zeus Tyrrhanisches von Kyma".
Während diese ungemeinen Erfolge gegen Karthager und Etrusker Syrakus an die Spitze der sizilischen Griechenstädte brachten, erhob unter den italischen Hellenen, nachdem um die Zeit der Vertreibung der Könige aus Rom (243 511) das achäische Sybaris untergegangen war, das dorische Tarent sich unbestritten zu der ersten Stelle; die furchtbare Niederlage der Tarentiner durch die Iapyger (280 474), die schwerste, die bis dahin ein Griechenheer erlitten hatte, entfesselte nur, ähnlich wie der Persersturm in Hellas, die ganze Gewalt des Volksgeistes in energisch demokratischer Entwicklung. Von jetzt an spielen nicht mehr die Karthager und die Etrusker die erste Rolle in den italischen Gewässern, sondern im Adriatischen und Ionischen Meer die Tarentiner, im Tyrrhenischen die Massalioten und die Syrakusaner, und namentlich die letzteren beschränkten mehr und mehr das etruskische Korsarenwesen. Schon Hieron hatte nach dem Siege bei Kyme die Insel Aenaria (Ischia) besetzt und damit die Verbindung zwischen den kampanischen und den nördlichen Etruskern unterbrochen. Um das Jahr 302 (452) wurde von Syrakus, um der tuskischen Piraterie gründlich zu steuern, eine eigene Expedition ausgesandt, die die Insel Korsika und die etruskische Küste verheerte und die Insel Aethalia (Elba) besetzte. Ward man auch nicht völlig Herr über die etruskisch-karthagischen Piraten – wie denn das Kaperwesen zum Beispiel in Antium bis in den Anfang des fünften Jahrhunderts der Stadt fortgedauert zu haben scheint –, so war doch das mächtige Syrakus ein starkes Bollwerk gegen die verbündeten Tusker und Phöniker. Einen Augenblick freilich schien es, als müsse die syrakusische Macht gebrochen werden durch die Athener, deren Seezug gegen Syrakus im Lauf des Peloponnesischen Krieges (339-341 415-413) die Etrusker, die alten Handelsfreunde Athens, mit drei Fünfzigruderern unterstützten. Allein der Sieg blieb, wie bekannt, im Westen wie im Osten den Dorern. Nach dem schmählichen Scheitern der attischen Expedition ward Syrakus so unbestritten die erste griechische Seemacht, daß die Männer, die dort an der Spitze des Staates standen, die Herrschaft über Sizilien und Unteritalien und über beide Meere Italiens ins Auge faßten; wogegen anderseits die Karthager, die ihre Herrschaft in Sizilien jetzt ernstlich bedroht sahen, auch auf ihrer Seite die Überwältigung der Syrakusaner und die Unterwerfung der ganzen Insel zum Ziel ihrer Politik nehmen mußten und nahmen. Der Verfall der sizilischen Mittelstaaten, die Steigerung der karthagischen Macht auf der Insel, die zunächst aus diesen Kämpfen hervorgingen, können hier nicht erzählt werden; was Etrurien anlangt, so führte gegen dies der neue Herr von Syrakus, Dionysios (reg. 348-387 406-367), die empfindlichsten Schläge. Der weitstrebende König gründete seine neue Kolonialmacht vor allem in dem italischen Ostmeer, dessen nördlichere Gewässer jetzt zum erstenmal einer griechischen Seemacht untertan wurden. Um das Jahr 367 (387) besetzte und kolonisierte Dionysios an der illyrischen Küste den Hafen Lissos und die Insel Issa, an der italischen die Landungsplätze Ankon, Numana und Atria; das Andenken an die syrakusanische Herrschaft in dieser entlegenen Gegend bewahrten nicht bloß die "Gräben des Philistos", ein ohne Zweifel von dem bekannten Geschichtschreiber und Freunde des Dionysios, der die Jahre seiner Verbannung (368 386f.) in Atria verlebte, angelegter Kanal an der Pomündung; auch die veränderte Benennung des italischen Ostmeers selbst, wofür seitdem anstatt der älteren Benennung des Ionischen Busens die heute noch gangbare des "Meeres von Hadria" vorkommt, geht wahrscheinlich auf diese Ereignisse zurück. Aber nicht zufrieden mit diesen Angriffen auf die Besitzungen und Handelsverbindungen der Etrusker im Ostmeer, griff Dionysios durch die Erstürmung und Plünderung der reichen caeritischen Hafenstadt Pygri (369 385 die etruskische Macht in ihrem innersten Kern an. Sie hat denn auch sich nicht wieder erholt. Als nach Dionysios' Tode die inneren Unruhen in Syrakus den Karthagern freiere Bahn machten und deren Flotte wieder im Tyrrhenischen Meer das Übergewicht bekam, das sie seitdem mit kurzen Unterbrechungen behauptete, lastete dieses nicht minder schwer auf den Etruskern wie auf den Griechen; so daß sogar, als im Jahre 444 (310) Agathokles von Syrakus zum Krieg mit Karthago rüstete, achtzehn tuskische Kriegsschiffe zu ihm stießen. Die Etrusker mochten für Korsika fürchten, das sie wahrscheinlich damals noch behaupteten; die alte...