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Sarmaten: Unbekannte Väter Europas

Ein neuer Blick auf die Frühgeschichte unseres Kontinents

AutorReinhard Schmoeckel
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl128 Seiten
ISBN9783741219573
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis3,99 EUR
Die Sarmaten, ein den alten Persern verwandtes Reiterhirtenvolk von der mittleren und unteren Donau, wanderten in kleinen Gruppen in der Völkerwanderungszeit nach den Hunnen nach Mittel- , Nord- und Osteuropa ein. Anders als diese waren die Sarmaten keine Plünderer und Eroberer, darum hat man sie vergessen. Ihre adligen Anführer wurden zur Führungsschicht mehrerer deutscher Stämme, aber auch osteuropäischer Völker im Frühmittelalter. Über die Frühgeschichte dieses zu Unrecht vergessenen Volkes, seine Kultur und Lebensgewohnheiten und die Gründe für das scheinbar spurlose "Verschwinden aus der Geschichte" informiert dieser Band 1 einer neuen Buchreihe. Die weiteren Bände beschreiben, wie die adligen Anführer schnell mit germanischen Vorbewohnern zu Westfalen, (Nieder-)Sachsen, Thüringern und Schwaben zusammenwuchsen, und wie Sarmaten zu den Merowingerkönigen in Gallien (Frankreich) wurden. Die "akademische" Geschichtsforschung weiß nichts davon, weil es keine alten Schriftquellen dazu gibt. Aber Indizien aus zahlreichen anderen Wissenschaften bringen überzeugende Beweise für die Richtigkeit der hier zusammengetragenen Forschungen.

Reinhard Schmoeckel, geboren 1928 in Berlin, promovierter Journalist. Nach mehrjähriger Tätigkeit als Redakteur einer Tageszeitung Jurastudium, danach Arbeit in mehreren obersten Bundesbehörden in der ehemaligen Bundeshauptstadt Bonn. Daneben populärwissenschaftlicher Forscher und Schriftsteller zur Geschichte der Menschen lange vor unserer Zeit. Die Forschungen nach den Sarmaten dauern schon 20 Jahre und fanden ein solches Echo durch sachdienliche Hinweise von Lesern, dass im Laufe der Zeit immer neue Bücher nötig wurden.

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Leseprobe

I.


Die Vorväter


1. Die indoeuropäischen Wurzeln


Das Volk, mit dem sich dieses Buch beschäftigt, ist nur zu verstehen, wenn man seinen Ursprung kennt, den aus dem „arischen“ Ast der indoeuropäischen Sprachenfamilie.

Dieser Ursprung reicht mindestens 10 000 Jahre zurück, und er verliert sich irgendwo in den unendlichen Weiten der Steppen Innerasiens nördlich des Pamir, des Hindukusch, des Himalaya und der anderen Hochgebirge dort.

Die „Familie“ der indoeuropäischen Sprachen ist vielleicht nicht die älteste auf dem großen Doppelkontinent Europa-Asien (Eurasien), aber sie ist die zuerst entdeckte. Bereits seit dem Ende des 18. Jahrhunderts hatten Sprachforscher aus verschiedenen Ländern herausgefunden, dass fast alle Sprachen in Europa und viele in Asien, vor allem Indien, miteinander verwandt sind und dass sie sich einst aus einer noch relativ einheitlichen Bevölkerung heraus in verschiedene Äste und Zweige entwickelt hat. Denn jede Sprache verändert sich zwangsläufig im Laufe der Zeit und wird den Ursprüngen fremder, aber eben nicht ganz fremd.

Der Ort der Entstehung des „Urkerns“ dieser Sprachfamilie war lange umstritten. Doch scheint es heute fast sicher, dass er eben in diesem Steppengebiet zwischen Schwarzem Meer und dem südlichen Innerasien lag.

Vor mehr als 40 Jahren hat sich der Autor dieses Buches schon einmal intensiv mit dem Auftauchen der ersten Völker mit indoeuropäischen Sprachen aus dem Dunkel der Vorgeschichte im westlichen Asien und Europa beschäftigt 3. Er hat darin diesen Teil der Vorgeschichte der Europäer – wenigstens fast aller heutigen Europäer – in einer auch für Laien verständlichen Form beschrieben. Die neuere Literatur grundsätzlicher Art zur Entstehung der indoeuropäischen Sprachen und ihrer Weiterentwicklung4 aus dem „offiziellen“ Bereich der Linguistik hat allerdings von diesem Buch keine Kenntnis genommen, weil es ja nicht von einem Professor der Sprachwissenschaft stammt.

Sicher ist inzwischen, dass alle frühen Völker dieser Sprachfamilie zum europiden Rassenkreis gehörten, der sich in mehreren zehntausend Jahren der Isolation von den modernen Menschen (homo sapiens) anderer Rassenkreise (mongolide, negride) abgespalten hat (zwischen 60 000 und 10 000 v. Chr.?). Dabei erwarben alle diese „Europiden“ ihre typischen Kennzeichen (helle Haut, Haar und Augen), die sich vielfach bis heute als Erbgut erhalten haben, also auch die Menschengruppen, die später indoeuropäische Sprachen benutzen5.

Ab dem 5. Jahrtausend vor der Zeitenwende zogen Menschengruppen mit frühen Formen solcher Sprachen in verschiedenen Ausbreitungswellen nach Westen. Die Forscherin Marija Gimbutas hat sie „Kurgan-Kulturen“ genannt6. „Kurgan“ heißen heute noch im Russischen die großen Grabhügel, unter denen die Menschen damals dort ihre verstorbenen Anführer beisetzten.

Die kleinen Gruppen aus dieser „Kurgan-Kultur“ überlagerten in Europa mit der Zeit die dort längst lebenden Menschengruppen anderer sprachlicher und kultureller Ausrichtung, und sie brachten sie dazu, ihre eigene Sprache zu benutzen. Aus diesen Mischungen entstanden später die aus der Geschichte bekannten Völker der Hethiter, der Griechen, der Kelten, der Römer, der Germanen und andere.

Mittelasien muss damals, nach dem Ende der Eiszeit, weitaus fruchtbarer gewesen sein als später und im Vergleich zu vielen anderen Weltgegenden jener Epoche eine größere Bevölkerungszahl ernährt haben. Von dort aus brachen zu Beginn des 2. Jahrtausends vor Chr. (?) Gruppen mit indoeuropäischer Sprache über die Pässe der Gebirge Hindukusch und Pamir nach Süden auf und begannen den indischen Subkontinent zu besiedeln, die späteren „arischen Inder“.

Die in Mittelasien zurückgebliebenen Menschengruppen werden von der Archäologie nach ihren Grabformen „Katakombengrab-Kultur“ und später „Holzkammergrab-Kultur“ genannt, von der Sprachwissenschaft nach ihrer Sprache „irano-arisch“. Die letztere Bezeichnung soll den Unterschied zum „Indo-Arischen“ der späteren Inder betonen, doch dürften beide Sprachfamilien sich immer ähnlicher gewesen sein, je weiter man in der Zeit zurückgeht. Diese noch gemeinsame Sprachform heißt wissenschaftlich „arisch“. Das Wort stammte aus der einst gemeinsamen Sprache dieser „östlichen Indoeuropäer“ und bedeutete wohl „die Reinen“ oder aber „die Fremden“7. Es hat nichts mit Menschenrassen zu tun, sondern ist ein rein sprachwissenschaftlicher Be griff.

Die zeitweilige Einteilung der Deutschen in „Arier“ und „Nicht-Arier“ während der Herrschaft Hitlers war nicht nur ein entsetzlicher Verstoß gegen alle Menschenrechte, sondern auch eine wissenschaftlich völlig unsinnige Theorie.

Zu der „irano-arischen“ Sprachgruppe zählt man die Idiome der antiken Meder und Perser, das Avestische (eine mittelasiatische „Kirchensprache“ der Zoroastrier aus der Mitte des 1. Jahrtausends v. Chr.), aber auch die praktisch kaum bekannten Sprachen der Völker der Kimmerier, der Skythen und der Sarmaten in den Jahrhunderten vor und nach der Zeitwende. Heute benutzen ca. 150 Millionen Menschen Sprachen aus dieser Gruppe, vor allem im Iran, in Kurdistan, Afghanistan und Pakistan.

Es ist bedauerlich, dass sich an der Erforschung der Frühzeit dieser indoeuropäischen Sprachfamilie fast ausschließlich Linguisten beteiligen, ganz wenige Archäologen und mit L. Cavalli-Sforza inzwischen auch Humangenetiker, aber keine Historiker oder Literaturhistoriker.8 Dabei würden gerade solche Fachleute, wenn sie auf Frühzeiten der Völker wie Inder, Griechen, Perser, Kelten, Römer, Germanen, Balten oder Slawen spezialisiert sind, unschwer feststellen können, wie eng diese Völker nicht nur sprachlich verwandt waren, sondern auch, wie ähnliche Prägungen sie etwa in ihren kulturellen Verhältnissen aufwiesen, je weiter zurück, desto auffallender.

Diese fachübergreifende Sichtweise wird in diesem Buch ein überraschend plastisches Bild des zu Unrecht so vergessenen Volkes der Sarmaten zeichnen können.

Ebenfalls in den Weiten Innerasiens, aber tausende von Kilometern von der „Wiege“ der Menschen mit indoeuropäischen Sprachen entfernt, entstand damals in langer Isolation noch eine zweite Menschengruppe mit einer erheblich anderen „Ur-Sprache“. Das waren die Ahnen der späteren Hunnen, Awaren, Türken und Mongolen, aber auch der Finnen und der Ungarn. Ihre „Sprachfamilie“ heißt heute bei den Fachgelehrten „Ural-Altaisch“ nach den Gebirgen, in deren Nähe die „Wiege“ dieser Menschen einst stand. Auch hier haben sich die Einzelsprachen im Laufe der Zeit stark auseinander entwickelt. Aber eine frühe Gemeinsamkeit ist noch durchaus zu erkennen.

Wie bei den Indoeuropäern sollte es mehrere tausend Jahre dauern, bis sich einzelne Völker daraus lösten und nach Westen ins „gelobte Land“ Europa aufbrachen, fast immer auf dem Pferderücken. Als erobernde und plündernde Reitervölker haben Hunnen, Awaren, Ungarn (Magyaren), Türken und Mongolen – jeweils im Abstand von zwei oder drei Jahrhunderten nacheinander – Angst und Schrecken in Europa verbreitet. Ihre kulturelle Prägung muss in der langen Isolation in Innerasien völlig anders verlaufen zu sein, als bei den frühen Indoeuropäern.

Wer in einem solchen Volk aus „ural-altaischer“ Sprachwurzel den Weg auf den Königsthron gefunden hatte, der wollte nicht nur das eigene Volk beherrschen, sondern alle Nachbarvölker. Und das eigene Volk, genauer die Krieger auf ihren schnellen Pferden, halfen mit ständigen Kriegszügen, diesen „Weltherrschaftsanspruch“ der Könige durchzusetzen. Ihre Mittel dazu waren Eroberung, Plünderung, Mord. Daher hat man diese Völker bis heute nicht vergessen.

Die Sarmaten aus indoeuropäischer Wurzel, die es anders machten, hat man dagegen nie beachtet und daher vergessen.

2. Wandlungen zwischen Karpaten und Altai


Südlich der unermesslichen Wälder Nordasiens bot das offene Steppenland Platz für das Sesshaftwerden der dortigen Menschen, für Ackerbau und Kleinviehzucht. Dies sind die Merkmale des Wandels menschlicher Kulturen von der Altsteinzeit (Paläolithikum) und von den Jägern und Sammlern zur Jungsteinzeit (Neolithikum).

Die Menschengruppen mit irano-arischen Sprachen, die hier seit langer Zeit lebten, haben diese Entwicklung bereits recht früh mitgemacht. Selbst wenn es nicht inzwischen längst auch archäologische Nachweise hierfür gäbe, könnten Fachleute für die frühe indoeuropäische Sprache das aus den Indizien der „linguistischen Paläontologie“ erschließen.

Man hat mit dieser Methode Worte und Wortgruppen in den verschiedenen indoeuropäischen Sprachen gesucht, die sich in Wortlaut und Bedeutung so ähnlich waren, dass ihre ersten Nutzer sicherlich noch eng benachbart lebten oder zu einem Volk gehörten9. So hat man bereits für die frühesten Menschen, die „ur-indoeuropäisch“10 sprachen, gefolgert, dass sie ansässige Bauern und Kleintierzüchter gewesen sein mussten, die feste Häuser aus Holz und Dörfer kannten, einfache Getreidesorten, wenn auch noch nicht den Pflug, und dass sie Rinder und Schafe züchteten und das gezähmte Pferd kannten.

Die Region der heutigen Ukraine und der Kasachensteppe lag weit entfernt von den frühen Stadtkulturen im Zweistromland, am Nil und am Indus, dennoch dürfte sie nicht völlig isoliert davon gewesen sein. So drang das Wissen um die Verarbeitung von Metallen – zuerst Kupfer, später Bronze und noch später Eisen – aus Kleinasien und dem Kaukasus, den vermutlich frühesten Zentren dieser neuen Technologie, auch bis ins Innere Asiens.

Die Menschen der „Katakombengrab-“, der „Holzkammergrab-“...

Blick ins Buch

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