Wiedersehen macht Freude Bei dem Clubbing, das einmal pro Monat stattfindet, war mir klar – Günther ist immer dort, ich bin immer dort – also werden wir uns zwangsläufig wiedersehen.
Wir übersahen uns absichtlich, weißt du was ich meine? Von Außen betrachtet wirkte es mehr so, wie wenn ich etwas „falsch“ gemacht hätte, also er jedenfalls nicht. Er war so quasi in Begleitung – SIE eine ehemalige, dickliche, mit schneewittchenschwarz gefärbten Haaren – Miss-Weekend von Favoriten oder Floridsdorf, naja. Was wollte er der Welt damit zeigen, im speziellen mir?? Echt, sie war auf einer Schönheitsskala von eins bis zehn im unteren Drittel angesiedelt, auch neutral betrachtet und bezirkslos.
Während wir uns in jungen Jahren für wahnsinnig individuell halten, ja gar nicht auf der Seite der Normalos angesiedelt sein wollen und gerade deswegen in einer Gruppierung landen, wo erst recht Alle gleich sind. Das gleiche Outfit, das gleiche Motorrad, den gleichen Haarschnitt, das gleiche Piercing – ich wollte auch manchmal dazugehören und stand trotzdem DRAUSSEN. Wirkliche Individualität hat ihren Preis, leicht kann man hier in der Schiene der Arroganz, der nicht Anpassungsfähigkeit, des Alleinseins mit dem Etikett ein schwieriger Mensch zu sein, landen. Mit dieser Individualität muss man dann auch Leben lernen. Bei mir begann das schon mit drei Jahren, der erste Tag im Kindergarten war auch gleichzeitig mein letzter. Warum sollte ich etwas essen, was mir nicht schmeckte, spielen, was ich nicht wollte und dann auch noch schlafen? Ich bin bei meiner Omi aufgewachsen, ja und dort passierte, was mir und Omi grad passte. Meine Mutter eilte in den Kindergarten um mich abzuholen und ich denke sie genierte sich bis in die letzte Plisseefalte ihres dunkelblauen, knielangen Rocks für mein Verhalten. Mir war es recht, am nächsten Tag brachte sie mich wortlos wieder zu Omi und wir hatten ein schönes Leben. Glaub mir, aus der Individualität kommst du nicht mehr raus, die wächst mit – da ist kein Exit mehr.
Und nun stand ich hier mit meiner jahrzehntelang gelebten Individualität, Seite an Seite. Aber wie schon oftmals erlebet – es bedeutet alleine, weil ich nicht angepasst das tat, was die „Umwelt“, im speziellen Fall Günther offensichtlich von mir erwartet hatte. Nicht nur, dass ich das Passende sowieso nicht hätte sagen oder tun können, ich weiß gar nicht was das Passende gewesen wäre?? In manchen Situationen habe ich zumindest eine Idee, was eine angepasste Frau jetzt sagt, aber der Fall war doch an Eindeutigkeit nicht zu überbieten. Also vielleicht wäre es gewesen – Schatzi, kein Problem, melde dich einfach wieder bei mir, wenn du niemand besseren zum ficken findest, auch wenn es drei Uhr in der Früh ist – klingt wie in einem Z-Klasse Movie, igitt. Innerlich wusste ich es war zwischen uns schon zu viel gesagt worden,
Er sagte auf cool – findest du, dass ich ein Arschloch bin? Ich, erwachte Frau konterte milde lächelnd – findest du selbst, dass du ein Arschloch bist? Er – nein, ich bin ein aufgeschlossener Mann, und keine Frau hat es je bereut, dass sie mit mir im Bett war. Ich – na das ist ja Antwort genug, ich wünsche dir einen schönen Abend. Es war wie andere Länder, andere Sitten, in Ländern wo sie nichts zu essen hatten war ein Stück Brot der absolute Luxus, Alles ist abhängig von der Ausgangssituation. Stunden später, also auch später nach viel Wodka, stand ich zufällig hinter ihm an der Bar um mir mein Abschiedsmineralwasser zu bestellen. Er bemerkte mich, ob seines ergreifenden Monologes in der Mitte seiner Freunde nicht. Solche Situationen gefallen mir total, da wurde ich in der Sekunde auch nüchtern, da drängt die Neugierde zur Aufnahmefähigkeit total in den Vordergrund. Richtiger Zeitpunkt, richtiger Ort: Die Alte glaubt ja, dass sie die Allerschönste ist, eine Prinzessin, na die jüngste ist sie ja auch nicht mehr. Also ich kann euch sagen, im nackten Zustand – die Schwerkraft geht einfach immer nach unten, und auch wenn sie schlank ist – eine zwanzigjährige schaut anders aus. Ja und die Muschi, na da war auch schon einiges drinnen, da gilt es einen Arschfick anzusagen, damit der Jolly Freude hat.
In dieser Sekunde wandte sich einer seiner zuhörenden Freunde um, ja ich glaube er wollte unsichtbar werden. Er war es auch, der mir am Beginn unseres Kennenlernens gesagt hat, dass der Günther ja so verliebt ist in mich, was seine Motivation war – ich wusste es damals nicht, und ich weiß es heute nicht. Diese morbide Situation veranlasste selbst Günther sich umzudrehen, und so sah stand ich plötzlich Aug in Aug mit seinen Eichkatzelaugen.
Also jetzt eine passende Szenenantwort zu finden, das war bei Gott kein Kinderspiel. Und gleichzeitig drang unpassender Weise eine Gedankentruppe in meinen Kopf ein, die ein Gefühl in mir auslöste – wir, also die Menschen jenseits der 40er haben genug Erfahrung und so viele Möglichkeiten unser Leben lebenswert zu gestalten. Und an jedem kleinen Ende steht immer wieder das große Gefühl, einfach gar nichts hingekriegt zu haben. Konkreter gesagt taumeln wir von einem Scheitern zum Nächsten. Klar wollen wir den Blick von dem angesammelten „Scheiterhaufen“ abwenden, aber auch wenn wir ihn nicht sehen wollen – er ist da. Davon abgesehen, dass bei all diesen Aussagen auch irgendwo ein Körnchen Wahrheit dabei ist, sonst würde es ja nicht weh tun, kommen unsere verdrängten Schatten immer wieder auf die Bühne. Über die Einzelheiten wollte und konnte ich mir jetzt keine Gedanken machen, jetzt brauchte ich eine kurze, prägnante Antwort um von der Bühne abgehen zu können. Ich entschied mich für Genau das was ich mir schon mehrmals im stillen Kämmerlein über ihn gedacht hatte: Du bist ein Haufen schwanzgesteuerte Scheisse, sonst gar nichts.
Aber jetzt ehrlich gesagt, er war nicht Das, was ich mir wirklich wünsche, er hat mein Herz nie berührt und so gesehen war es zwar keineswegs ein wünschenswertes Erlebnis – aber es blieb dort wo es immer war – an der Oberfläche.
Von der Uhrzeit her, wäre es mehr als an der Zeit gewesen, mich sofort ins Kuschelbettchen zu legen, nachdem ich mich natürlich brav abgeschminkt und die nährende Nachtcreme aufgetragen hätte… ja, ja was wäre wenn…
Statt zur Zahnbürste griff ich zu meiner Rotweinflasche und meinen Zigaretten in meiner Wohnung. Wenigstens hier war ich Frau der Lage. Das mit dem Rauchen ist ja sowieso eine Wahnsinnsgeschichte geworden – eine Waffe mit sich zu tragen ist heutzutage ja akzeptierter, als eine bekennende Raucherin zu sein. Ich paffte selbstbestimmt vor mich hin, der Rotwein sollte meine blockierten Energien wieder zum Fließen bringen. Ich dachte krampfhaft nach, über was ich nachdenken wollte, sollte, musste – und wollte gleichzeitig einfach gar nichts denken. Das genau ist aber die Königsdisziplin der mentalen Entspannung und so weit von mir entfernt, dass ich es weder in Worten noch in Zahlen ausdrücken kann. Wollte ich das „Problem“ behalten, oder besser nehme ich die Mehrzahl – aber was genau ist ein Problem?
Aug in Aug mit meinem Marylin Monroe Wandbild schlief ich irgendwann in Schieflage ein. Der letzte Gedankenfetzen an den ich mich erinnerte war eine Aussage von Marylin: Der Alkohol wurde zu meinem Masseur - weil entspannend, zu meinem verlässlichen Seelenklemptner - weil kummerdämpfend und zu meinem allerbesten Freund – weil immer für mich da!
Was verband mich mit dieser Frau, ich kann mir sehr gut vorstellen wie sie sich gefühlt hat. Ich kann auch verstehen, dass sie ihr Leben irgendwann einfach nicht mehr ertragen konnte. Irgendwann schaffst du es nicht mehr, dir die Maske überzustülpen und die wunderbare Frau zu spielen, die sie Alle wollen. Irgendwann brichst du unter dieser Last zusammen und dieses ungeschminkte Häufchen Elend – das will keiner. Sie hatte sicherlich massive Probleme, die sie nicht beim Namen nennen konnte – also Hansi, Peter, Franzi – trifft es da so gar nicht.
Problem Auszug aus Wikipedia
Ein Problem (griechisch πρόβλημα próblema, deutsch ‚das Vorgeworfene, das Vorgelegte‘, „das, was [zur Lösung] vorgelegt wurde“), nennt man eine Aufgabe oder Streitfrage, deren Lösung mit Schwierigkeiten verbunden ist. Probleme stellen Hindernisse dar, die überwunden oder umgangen werden müssen, um von einer unbefriedigenden Ausgangssituation in eine befriedigendere Zielsituation zu gelangen. Probleme treten in diversen Ausprägungen in allen Lebensbereichen und Wissenschaften auf. Um ein Problem lösen zu können, kann es sinnvoll sein, es in einfachere Unteraufgaben zu zerteilen oder auf ein bereits gelöstes Problem zurückzuführen oder die Ausgangssituation auf ungewohnte Art und Weise zu betrachten. Mehrere in einem übergeordneten kausalen Zusammenhang stehende Probleme können als Problematik bezeichnet werden.
Merkmale Im täglichen Umgang mit Problemen haben zahlreiche Wissenschaften Merkmale herausgearbeitet, nach denen sich Probleme charakterisieren lassen. Einzelne Probleme lassen sich so zu Problemklassen zusammenfassen. Die gleichartige Ausprägung der Probleme einer Klasse legt nahe, dass sich Lösungsmethoden für diese Probleme gleichermaßen gut oder schlecht...