Schönheitsanbeter
Was hat Waldi Hartmann zu mir gesagt? «Wenn das 3D-Fernsehen kommt, bin ich raus aus dem Fernseh-Bus!» Das ging dann ja schneller als er dachte, der Waldi. Bei ihm lag’s aber nicht an der Optik …
Aber dieser HD-Irrsinn auf schrankwandgroßen Bildschirmen macht Moderatorinnen in den besten Jahren nicht gerade glücklich. Ich sitze vor jeder Fernsehsendung wirklich rasend gern und stundenlang bei den Kolleginnen in der Maske und lasse mich liebevoll concealen, kaschieren und toupieren. Es gibt auch immer interessante Diskussionen, ob man auf Spaghetti mit Lachs nun Parmesan streuen darf oder nicht, ob Jan Hofer mit der neuen Brille ein bisschen wie Heinz Rühmann in der «Feuerzangenbowle» aussieht, oder welche männlichen Moderatoren nun alle Streuhaar aufs schüttere Haupt bekommen. (Jawohl, so was gibt es! Kleine Härchen in einer Art Salzstreuer, immer druff auf die kahlen Stellen, merkt kein Mensch. Aber psssst! Von mir haben Sie das nicht!)
Na ja, bei aller Kurzweiligkeit ist auch dieser Knochen bei der fünften Sendung am fünften Tag in Folge mal abgenagt, und da wäre ich dann doch froh, die Uhr drehte sich dreißig Jahre zurück, und ich könnte als MTV-Popclip-Ansagerin mit zwei Bürstenstrichen das jugendlich ungestüme Haar und mit zwei Klapsen auf die Wangen die nötige Kameratauglichkeit sicherstellen. Is nu aber nich, und um Depressionen und das Tragen von Bankräubermützen zu vermeiden, komme ich allsonntäglich in meine Selbsthilfegruppe im Radio. Da ist es schnuppe, ob ich gerade «Bad Hair Day» oder eine neue Falte unterm Auge habe – auf die Stimme kommt es an!
Zugegeben: Ich gebe viel zu viel Geld für angebliche Anti-Aging-Effekte in Kosmetikprodukten aus. Ich ignoriere hartnäckig alle Experten, die mir immer wieder deutlich mitteilen, dass das mal so gar nichts bringt. Also mir jetzt, den Herstellern schon.
Vor einer Weile saß ein Model der ersten Generation in meiner Sendung – die Frau ist bestimmt schon über 70 – und überraschte mit einer Haut wie ein junger Pfirsich. Ihr Rezept: nichts als Nivea und klares Wasser. Auch viele Hautärzte erzählen mir, dass Falten von außen überhaupt nicht zu glätten seien, da braucht es schon ein paar gezielte Schnitte. Das kommt für mich nicht in Frage. Auf keinen Fall. Niemals!
Obwohl … also vorerst benutze ich ein paar mehr Naturprodukte und creme und massiere, gehe hin und wieder zur Kosmetik und lasse mir ein bisschen Fruchtsäure in die Haut «einschleusen». Nach so einer Sitzung hab ich das Gefühl, ich sähe 20 Jahre jünger aus. Mein Mann sagt, das stimmt nicht. Spielverderber!
Tröstlich ist, dass auch andere Schweinwerfer-Bestrahlte mit dem Aussehen so ihre Probleme haben. Wenn auch die Tipps von Comedian Bülent Ceylan und Autor Heinz Strunk («Fleisch ist mein Gemüse») eher schlichter Natur sind …
Bülent Ceylan:
«Einmal am Tag duschen!»
Bei der Haarpracht! Bei Deutschlands seidigster Witzigmann-Matte! Unbedingt angesagt! Keine Show, in der der schöne Bülent nicht einmal den Zopf löst und die schwarze Mähne unter johlender Publikumsbegeisterung für eine Shampoo-Werbe-Woge fliegen lässt. Rrrr! Das T-Shirt ist natürlich auch eher XS und im Grunde mehr ein Hinweisschild auf alles darunter. Nach dem Motto: Das Auge lacht mit!
Heinz Strunk:
«Mindestens einmal die Woche Zahnseide benutzen!»
Mal abgesehen davon, dass nicht nur meine Zahnärztin bei solchen Botschaften schnellstens auf der Zinne ist – «Jeden Tag Zahnseide, Frau Tietjen, jeden Tag!» –, muss man sich Heinz Strunk aus der Nähe ansehen. Anzüge in originellster Edeloptik, den melierten Haarschopf auf das Feinste drapiert, wette ich bei dem Mann auf zwei Kosmetik-Termine in der Woche. Natürlich lasse ich brav die Seide durch die Zähne sausen! Ich hasse es geradezu, noch irgendwo Essen zwischen den Zähnen zu haben, und mag es auch überhaupt nicht, wenn man bei meinen lachenden Mitmenschen noch den Grünkohl aus der Kantine sehen kann. Fürchterlich.
Was Zähne angeht – ist Ihnen auch schon aufgefallen, dass immer mehr Promis so schneeweiße Beißerchen im Mund haben, dass man ganz geblendet ist? Vor allem die Amis sehen mittlerweile fast alle so aus, als sei da zwischen Ober- und Unterlippe nicht mehr allzu viel naturbelassen. Ist das noch «bleaching», oder sind das schon die sündhaft teuren «Veneers», hauchdünne Keramikschalen, die auf die Zähne geklebt werden? Also, meine Zahnärztin hält von solchem Schnickschnack ja gar nichts. Sie schwört auf regelmäßige Zahnreinigung. Und, ganz neu: Morgens die Zähne mit einer Kohle-Zahnbürste und spezieller Zahnpasta putzen. Das macht auch schon was aus!
Gegen einen Pickel am Abend helfen allerdings weder Kohle noch Bleaching, aber talken mit Autorin, Moderatorin und Ex-Teenie-Mutter Amelie Fried.
Amelie Fried:
«Eine Aspirin mit etwas Wasser zermatschen, die Mumpe auf dem Pickel verteilen, und am nächsten Morgen gibt’s nichts als gute Teenie-Laune!»
Mit diesem Tipp habe ich schon oft nicht nur bei mir selbst das Schlimmste verhindern können – auch meine Kinder konnten sich dank Mama Amelie schon das ein oder andere Mal aus der Affäre ziehen.
Aspirin hilft allerdings wenig, wenn die kreativen Heranwachsenden zum Edding greifen. Giftig, knallig und vor allem echt. Der Heimatort von Soul-Röhre Stefanie Heinzmann in den Schweizer Alpen bekommt vier Monate im Jahr gar keine Sonne. Offenbar vier Monate, in denen man immer mal auf dumme Gedanken kommen kann. Stefanie hatte schon als Kind große Freude daran, mit dicken Filzstiften Bilder auf den Arm, die Hand oder sonst wohin zu malen. Ob ich solche Leidenschaften auch von meiner Tochter kenne? Lassen Sie uns von etwas ganz anderem reden! Heute schmücken Stefanie auf jeden Fall schon einige «ernste» Tattoos. Damals gab’s aber noch eine Chance, das eine oder andere «Kunstwerk» wieder verschwinden zu lassen. Hätte ich nur schon früher gewusst, wie!
Stefanie Heinzmann:
«Wenn es mir zu bunt wurde, habe ich in die Hautbilder Flüssigseife einmassiert, notfalls auch mehrmals. Dann mit einem Frottétuch rubbeln. Nicht alle Filzer-Spuren gehen gleich weg, aber spätestens beim dritten Mal immer!»
Zum Glück kommt die Edding-Körperschmuck-Idee mit den Jahren aus der Mode. Stattdessen muss ich mir jetzt den Mund fusselig reden, um meine Kinder davon abzubringen, sich richtig tätowieren zu lassen. Gegen ein winziges Tattoo am Knöchel oder Oberarm habe ich ja gar nichts – aber bitte nicht den ganzen Oberkörper mit irgendwelchen psychedelischen Verschnörkelungen überziehen! Leider ist das mittlerweile so selbstverständlich, dass man am Strand kaum noch Menschen zwischen 18 und 38 sieht, die nicht irgendwelche Ornamente unter der Haut tragen. In dem Alter mag das ja noch cool aussehen. Aber bei der 65-jährigen Muddi, die neulich auf dem Handtuch neben mir lag, sah das in die Jahre gekommene Arschgeweih nicht mehr ganz so sexy aus.
Altersunabhängig ist das weibliche Grundbedürfnis: eine möglichst niedrige Zahl auf der Waage. Man kann sich mit dem Thema so auseinandersetzen …
Jasmin Tabatabai:
«Ich wiege mich nie. Den Frust brauche ich nicht schwarz auf weiß. Spätestens, wenn die Jeans kneifen, weiß ich, was passieren muss!»
Zuletzt habe ich Jasmin in einer Krimiserie gesehen. Da kneift nix, kann ich nur sagen, und nach Größe 40 sieht das auch nicht aus, eher nach XS. Jasmin Tabatabai ist eh ein besonderes Phänomen. Sie gehört zu der Generation gebürtiger Perserinnen oder Iranerinnen, die zur Zeit des Schahs geboren und aufgewachsen ist. Sie beschreibt die Liebesgeschichte ihrer Münchner Mutter und ihres Vaters ganz romantisch in ihrem Buch «Rosenjahre». Die Eltern lernen sich Ende der 50er ausgerechnet auf dem Oktoberfest kennen, und ihre Mama wagt tatsächlich den Sprung mit Jasmins Vater in ein neues Leben in Teheran. Dort wird auch Jasmin geboren. Das Land ist reich durch das Öl, westlich orientiert und «Drei Engel für Charlie» läuft ganz normal im Fernsehen – nach der Revolution unvorstellbar. Die Familie flieht 1979 zurück nach Deutschland. Jasmin kennt das Land von Besuchen, aber plötzlich in einer Vier-Zimmer-Wohnung in einem Münchner Vorort mit Schnee im Winter und spießigen Nachbarn – das war schon eine andere Hausnummer. Ganz spannend ist an ihrer Geschichte, dass sie vor allem während der Zeit im Iran gelernt hat, dass Jungen einiges mehr dürfen als Mädchen. Sie selbst hat sich deshalb lange eher in Jeans gesehen als im Kleid. Heute ermuntert sie ihre Töchter umso mehr, zu ihrer Weiblichkeit zu stehen und sich auch so zu zeigen.
Dazu gehört womöglich auch der kritische Blick auf die Waage. Hilfreich ist aber auch die Bettina-Tietjen-Strategie. Wenn schon alles drauf ist auf den Hüften, was nicht drauf sein sollte, dann sollte man es wenigstens nicht schlimmer machen – und das bedeutet, sich selbst ein bisschen zu betrügen.
Tietjen-Tipp:
«Wiegen Sie sich nur und ausschließlich morgens, immer nüchtern, nach dem Joggen, nach dem Toilettengang und natürlich immer nur nackig. Das ist dann garantiert Ihr Minimalgewicht!»
Abstützen auf dem Waschbeckenrand ist aber nicht erlaubt. Wenn Sie dann immer...