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Sieben und Siebmaschinen

AutorMatthias Coppers, Paul Schmidt, Rolf Körber
VerlagWiley-VCH
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl220 Seiten
ISBN9783527660667
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis151,99 EUR
Nach der Gewinnung bzw. Erzeugung von mineralischen, synthetischen oder organischen Roh- und Zwischenprodukten liegt in den meisten Fällen ein Schüttgut mit Körnern unterschiedlicher Größe und Form vor. Für das Endprodukt wird durch Klassieren eine geforderte Korngrößenverteilung erreicht. Das einfachste mechanische Verfahren ist hier das Sieben. Auf der Grundlage aktueller Forschungs- und Entwicklungsarbeiten sowie Konstruktions- und Betriebserfahrungen werden im vorliegenden Buch ausführlich die Grundlagen der Siebtechnik und deren verfahrenstechnische Anwendung bei Siebmaschinen und Siebanalysegeräten behandelt.
Ingenieure und Verfahrenstechniker vieler Industriezweige, u.a. Chemie, Metall, Pharmazie, Farben, Kohle, Erz, Zement, Kalk, Gips, Dünge-, Nahrungs- und Futtermittel, finden in diesem Handbuch Anleitung und Unterstützung bei der Lösung ihrer 'Siebprobleme' und können sich über den neusten Entwicklungstand der Siebtechnik informieren.

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Leseprobe

1


Grundlagen des Siebens


1.1 Allgemeine Bemerkungen


Zunächst sollen das Sieben und die Siebtechnik definiert und eingeordnet werden.

Nach der Gewinnung oder Erzeugung von mineralischen, synthetischen oder organischen Roh- und Zwischenprodukten liegt in den meisten Fällen ein Schüttgut mit Körnern unterschiedlicher Größe und Form vor. Zur weiteren Aufbereitung müssen diese Körnergemische in unterschiedliche Korngrößenbereiche oder -klassen getrennt werden. Dies erfolgt mithilfe von Klassierverfahren. Bei jedem Klassiervorgang erhält man zwei Kornfraktionen unterschiedlicher Größenverteilung, ein Grob- und ein Feingut. Erwünscht ist, dass sich alle Körner, die kleiner sind als die charakteristische „Trennkorngröße“ xT, im Feingut befinden, alle größeren im Grobgut.

Das einfachste mechanische Klassierverfahren ist das Sieben. Die Trennung erfolgt dabei durch häufig wiederholten, statistischen Vergleich der einzelnen Körner der Größe x mit Sieböffnungen der charakteristischen Größe w (Abbildung 1.1), wobei ein gleichzeitiger Siebguttransport auf meist bewegten Sieben erfolgt. Die potenzielle Energie des Siebgutes bewirkt bei der meist schwingenden oder rotierenden Siebbodenbewegung ein Durchfallen des Feingutes durch die Sieböffnungen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Korn durch die Sieböffnung fällt, ist um so größer, je kleiner das Verhältnis der Korngröße x zur Weite der Sieböffnung w ist. Wird das Korn annähernd so groß wie die Sieböffnung, kommt es zu Problemen. So können Grenzkörner (0,8 w < x < w) zu einer geringeren Siebleistung führen und schließlich Klemmkörner (w < x < 1,2 w) die Sieböffnungen völlig blockieren. Bei der Siebung im Feinstkornbereich (x < 0,5 mm) kommt zusätzlich der Einfluss der Haftkraft (FH ~ x) des Kornes hinzu, die kleiner werden kann als dessen Massenkraft (FM ~ x3).

Abb. 1.1 Sieben als Vergleich der Partikelgrößex des Aufgabegutes () mit der Maschenweite w. Trennung in Grobgut () und Feingut () Grenzkorn oder Klemmkorn mitx ≈ w führt zum Blockieren der Sieböffnungen

Nach dieser theoretischen Begriffsbestimmung des Siebens und seiner wichtigsten Probleme wollen wir einen Blick auf die Praxis werfen. Stellen Sie sich vor, Sie haben die Aufgabe, ein bestimmtes Siebgut zu klassieren. Dabei interessiert Sie nicht, was physikalisch an der Siebfläche vor sich geht; Sie wollen lediglich wissen, welche Siebmaschine zu beschaffen ist und wie man sie einstellen muss, um ein optimales Siebergebnis zu erhalten. Eine solche Information liefert üblicherweise der Hersteller der Siebmaschine. Die meisten Hersteller bieten ein begrenztes Lieferprogramm, etwa Wurfsiebe oder Plansiebe, aus dem Sie ein passendes Angebot erstellen.

Nun kann Ihr zu siebendes Produkt eines von Tausenden ähnlicher Produkte sein. So ist beispielsweise Quarzsand nicht immer und überall gleich, selbst wenn die Korngrößenverteilung übereinstimmt. Es müssen dann weitere Faktoren berücksichtigt werden, etwa Durchsatz, Trennschärfe, Feuchtigkeit, Kornform, Verunreinigungen usw.

Zur Lösung eines anstehenden Problems könnte man Informationen sehr vieler Siebklassierer mit ähnlicher Aufgabe sammeln und die Antworten mithilfe eines Computers auswerten. Insbesondere durch die Anwendung von Statistik wird man dann eine brauchbare Antwort finden. Viele Hersteller gehen so vor, legen die gesammelten Daten aber nicht offen.

Abb. 1.2 Vorgänge beim Siebklassieren. Der Schwingungserreger (b) bewirkt ein mechanisches Fluidisieren des Gutbettes, das zu einer Schichtbildung des Aufgabegutes und zum Transport entlang des Siebbodens (a) führt. Trennen in Überlauf und Durchgang erfolgt durch Diffusion und Wahrscheinlichkeit unter dem Einfluss von Schwingbeschleunigung a und Erdbeschleunigung g. Es sind alle Einflussgrößen aufgezeigt, die für die Schwingsiebung maßgebend sind

Sicher werden Sie Angebote einholen, die Sie kritisch vergleichen. Wenn Ihnen das genügt, können Sie sich weiteren Zeitaufwand sparen. Wenn Sie aber grundsätzlich an Basiswissen über den Siebvorgang interessiert sind, als Betreiber ein optimales Siebergebnis erzielen wollen oder gar Siebmaschinen herstellen und entwickeln, dann wird Ihnen der folgende Text Hilfestellung bieten können.

Auch bei verfahrenstechnisch optimaler Siebung kann in manchen Fällen ein maschinentechnisch unbefriedigendes Ergebnis dazu zwingen, vom der theoretisch optimalen Vorgehen abzuweichen. Maßgebend für die Wahl von Maschinenkonstruktion und -einstellung ist letztlich die Gesamtwirtschaftlichkeit des Betriebes. So ist etwa für die Wahl zwischen Wurfoder Plansieb oft die Veränderung des Siebgutes, etwa durch Abrieb, entscheidend.

In den meisten Anwendungsfällen handelt es sich um stetige Siebung, also einen kontinuierlichen Prozess. Wie Abbildung 1.2 zeigt, wird ein Aufgabestrom über die Siebfläche geführt und in einen Feingutstrom im Durchgang und einen Grobgutstrom im Überlauf getrennt. Das Grobgut besteht aus Grobgutpartikeln sowie aus Fehlkorn, d. h. Feingutkörnern Wenn das Sieb intakt ist, dann gibt es im Feingut kein Fehlkorn. Allerdings kann es infolge der Herstellungstoleranz ±Δw zu Fehlkorn kommen. Ein Loch im Sieb führt zu relativ großem Fehlkornkorn. Chargensiebung wird im Allgemeinen nur für Analysensiebung eingesetzt.

Zum Beurteilen einer Siebmaschine zieht man den Siebgütegrad η und die spezifische Siebleistung gemeinsam heran, da diese Größen sich gegenläufig verhalten. In der Literatur sind viele Formeln zu finden, mit denen der Siebgütegrad ermittelt werden kann; die folgende hat sich als sinnvoll erwiesen. Mit der Feingutkonzentration cF0 in der Aufgabe, cFG im Überlauf bzw. Grobgut und cFF im Durchgang ist der Siebgütegrad

(1.1)

Oft enthält das Feingut kein Fehlkorn. Dann vereinfacht sich Gleichung (1.1) zu

(1.2)

Beispiel: Sieben eines Aufgabegutes m0 = 1000 g (oder = 1000 g/s), bestehend aus Feingut mF0 = 500 g und Grobgut mG0 = 500 g

Im Überlauf findet man an Feingut mFG = 90 g und im Durchgang, infolge eines beschädigten Siebes, einige Grobgutkörner, mGF = 10 g. Das ergibt die Konzentrationen cF0 = 0,5, cFG = 90/(490 + 90) = 0,15517 und cFF = 410/(410 + 10) = 0,97617. Entsprechend den Gleichungen (1.1) und (1.2) sind die Siebgütegrade gleich

und

Beachten Sie: Der Siebgütegrad hängt auch von der für die Berechnung verwendeten Formel ab!

Der Feingutgehalt in Aufgabe, Überlauf und Durchgang wird durch die Siebanalyse ermittelt. Allerdings sind deren Ergebnisse nicht absolut, da sie mit Analysensieben ermittelt werden, deren Siebgütegrad in derselben Größenordnung wie derjenige der Produktionssiebe liegt.

Die zweite Beurteilungsgröße ist die spezifische Siebleistung der Massenstrom dividiert durch die Siebfläche bei einer bestimmten Siebaufgabe (gemessen in kg/m2 · s oder t/m2 · h). Der Massenstrom bezieht sich normalerweise auf die Aufgabe Er hängt ab von Trennkorngröße, Maschenweite, Partikelgrößenverteilung, Kornform und Art des Siebgutes, Siebmaschine, Siebfläche und Betriebsweise sowie vom vorgegebenen Siebgütegrad. Die spezifische Siebleistung und der Gütegrad bestimmen die Größe der Siebfläche einer Siebmaschine.

1.2 Korngrößenverteilung und Trennschärfe


Wie bereits erwähnt, muss das zu siebende Gut Körner sowohl größer als auch kleiner als die Sieböffnung, im folgenden Maschenweite genannt, aufweisen; sonst kann keine Trennung erfolgen. Die größten Schwierigkeiten beim Sieben bereitet das bereits erwähnte Grenzkorn (siehe auch Kapitel 2). Sowohl das Aufgabegut als auch die Fraktionen werden durch die Korngrößenverteilung beschrieben. Dies kann die Dichteverteilung q(x) oder die Summenhäufigkeitsverteilung Q(x) sein (Abbildung 1.3). Näheres hierzu ist in der entsprechenden Normung (DIN 66141) sowie in der Fachliteratur [1.2–1.4] nachzulesen.

Abb. 1.3 Darstellung der Korngrößenverteilung (DIN 66 141) durch die Verteilungsdichte- und/oder Verteilungssummen-Kurve

Abb. 1.4 Beispiel der Darstellung einer Korngrößenverteilung im RRSB-Netz (DIN 66 145). Die charakteristische Korngröße ist x’, die Breite der Verteilung wird durch den Gleichmäßigkeitskoeffizienten n beschrieben

Für die Praxis ist es nützlich, die reale...

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