1. Kapitel
Die eigentliche Pilgerreise findet in dir statt
Meine Freunde,
Es gibt eine uralte Geschichte …
Ein Kaiser hatte nur noch wenige Tage zu leben und machte sich große Sorgen; nicht etwa, weil er starb, sondern um seine drei Söhne. Einer von ihnen sollte sein Thronfolger werden, nur konnte er sich nicht entschließen, welcher. Ihm war klar, dass es besser ist, jemandem Macht zu geben, der mit sich im Frieden ist. Nur: Wie konnte er feststellen, wer von seinen Söhnen sich als sein Nachfolger eignete und wer nicht? Nicht alles im Leben ist von außen zu ermessen, aber alles, was im Leben wichtig ist, lässt sich weder mit einer spezifischen Methode noch Messlatte beurteilen. Manches lässt sich von außen beurteilen, nur nicht das, was wirklich zählt im Leben. Wie also auswählen, wie das herausfinden, wie sich entscheiden?
Der Kaiser fragte einen Weisen um Rat, der eine bestimmte Methode vorschlug. Am nächsten Morgen rief er seine Söhne zu sich, gab jedem hundert Rupien mit dem Auftrag: „Jeder von euch hat bereits seinen eigenen Palast. Jetzt habt ihr hundert Rupien von mir bekommen. Mit diesem Geld müsst ihr euren Palast restlos ausfüllen, sodass es absolut keinen leeren Raum mehr gibt. Derjenige, der das am besten hinkriegt, wird der nächste König werden.“
Mit lausigen hundert Rupien? Jeder Sohn besaß einen riesigen Palast. Der Erstgeborene dachte: „Wie soll ich den gesamten Palast mit etwas füllen, das nur hundert Rupien wert ist?“ Er ging in ein Spielcasino. „Vielleicht“, dachte er, „werde ich so viel gewinnen, dass ich damit meinen Palast voll kriege – denn mit nur hundert Rupien ist das nicht drin.“ Leider ist es im Glücksspiel meist so, dass man sein ganzes Geld verliert und mit leeren Händen heimgeht. So auch hier: Der Jüngling verlor seine hundert Rupien und ging heim. Der Palast blieb, wie er war.
Der zweite Prinz fand ebenfalls, dass hundert Rupien nicht ausreichten; mit so wenig Geld konnte er seinen großen Palast nicht mit Diamanten und Edelsteinen füllen. Als Lösung für diese Aufgabe fiel ihm nur ein, den gesamten Tagesabfall der Stadt zu kaufen und damit seinen Palast zu füllen. Und so geschah es: Sein Palast wurde zur Abfallgrube. Und stank bestialisch! Selbst die Fußgänger auf der Straße mussten sich die Nase zuhalten.
Der dritte Prinz füllte seinen Palast ebenfalls.
Am Schicksalstag erschien der Kaiser mit seinen Schiedsrichtern zur Inspektion. Der Palast des ersten Prinzen war leer; er sagte: „Verzeih mir. Hundert Rupien sind zu wenig, also wollte ich es beim Glücksspiel vermehren, um meinen Palast standesgemäß zu füllen. Doch ich hatte Pech; ich verlor mein Geld, und so konnte der Palast nicht gefüllt werden.“
Als der Kaiser den Palast des zweiten Prinzen inspizierte, wurde allen speiübel: Was für ein unerträglicher Gestank! Der ganze Palast war voller Mist. Der Prinz bemerkte kleinlaut: „Ich hatte keine andere Wahl; ich konnte nur Mist kaufen. Was kriegt man auch schon für hundert Rupien?“ Zuletzt besuchte der Kaiser mit seinen Schiedsrichtern den Palast des jüngsten Prinzen, des dritten. Die Richter waren erstaunt, einfach fassungslos! Der ganze Palast war von einem betörenden Duft erfüllt. Da es eine Neumondnacht war, schimmerte der ganze Palast im Kerzenlicht.
Der Kaiser fragte: „Womit hast du deinen Palast gefüllt?“ Der Prinz erwiderte höflich: „Ich hab ihn mit Licht illuminiert!“ Wohin man auch schaute – in jedem Winkel flackerte eine Kerzenflamme. Der gesamte Palast war voller Licht. Die Luft war voller Duft, und über jeder Tür und in jedem Fenster hingen Blumen. Der gesamte Palast war von Licht und Duft überflutet. Selbstverständlich wurde der dritte Prinz zum nächsten Kaiser auserkoren.
Es ist sogar noch schwerer, Herrscher unseres eigenen Lebens zu sein. Gewöhnlich verspielen wir unser Leben. Bei jedem Einsatz hoffen wir auf Gewinn, auf dass wir unser Leben genießen können. Doch wie stets beim Glücksspiel verlieren wir immer nur. Am Ende unseres Lebens stehen unsere Paläste leer.
Manche von uns beschließen, ihr Leben mit Mist auszufüllen; wir kaufen immerzu für unsere Paläste wertloses Zeug. Wir sammeln Abfall, der sich letztlich als wertlos, sinnlos erweist. Angesichts unseres kurzen Lebens und unserer so begrenzten Energie ist es nur logisch, dass wir den Palast unseres Lebens nicht mit Juwelen und Diamanten füllen können. Da uns so wenig Energie beschieden ist, können wir unsern Palast nur mit Mist füllen. Und so sammeln wir ständig Mist. Nur merken wir gar nicht, dass uns der Gestank in unsern Palästen nicht gestattet, in ihnen zu leben – das ist ausgeschlossen.
Woher dieses Chaos, all die Probleme, so viel Enttäuschung? Diese Enttäuschung und das Chaos sind weder vom Himmel, noch vom Mond oder den Sternen gefallen. Sie kommt nirgendwoher, sondern wir selber haben unsere Paläste mit Mist vollgestopft. All das Chaos, all der Frust, all das Elend stammt aus derselben Quelle – infolge unseres eigenen Tun und Lassens, wurde es von uns selber verursacht, es ist das Ergebnis unserer eigenen Bemühungen. Die ersten beiden Prinzen stecken in uns. Und in uns ist kein Platz für den dritten Prinz – derjenige, der seinen Palast mit Licht und Duft füllt.
Ich habe euch hierher eingeladen, an diese abgelegene Meeresküste, um euch in den nächsten drei Tagen zu ermutigen, euren Palast aufzuhellen, mit Blumen zu schmücken und ihn zum Duften zu bringen. Wenn ihr das fertigbringt, könntet ihr vielleicht auf euren inneren Schatz stoßen. Wer weiß? Vielleicht sind wir ja nur zu diesem Zweck auf der Erde? Wer weiß, wer von uns diesen Lebenstest bestehen wird?
Eines steht fest: Es gibt ein paar Leute, die sich mit Licht füllen werden. Sie werden im Palast ihres Lebens duften; sie werden ihr Leben melodisch gestalten. Wenn es denn so etwas wie das Göttliche gibt, wenn es irgendwo Glückseligkeit gibt, wenn es irgendwo Herrlichkeit gibt, dann haben diese Leute Anspruch darauf.
Ich beginne die drei Tage deswegen damit, euch diese Geschichte zu erzählen, damit der Palast eures Lebens nicht leer zu bleiben braucht, damit er nicht voller Mist zu sein braucht, damit er voller Licht werden kann, durchströmt von Musik und überflutet von Duft. Wie ist dies möglich? Heute Abend werde ich euch die ersten Schritte zeigen, und während der nächsten drei Tage werden wir versuchen, diesen Schritten gemäß zu leben.
Wie könnt ihr euren Palast mit Licht füllen? In den nächsten drei Tagen werde ich euch ein paar Hinweise geben; ich werde euch die wissenschaftlichen Schritte verraten, die da möglich sind. Noch davor, heute Abend, werden wir versuchen, ein paar Dinge zu klären, wie es ablaufen wird, wie wir die nächsten drei Tage in diesem Meditation Camp verbringen werden.
Wir sollten uns vor allem Eines klarmachen: Wenn wir es schaffen, auch nur drei Minuten lang richtig zu leben, wird dies unser gesamtes Leben verändern. Wer schon ein paar Schritte in diese Richtung gemacht hat, der auch nur einen Augenblick zur Glückseligkeit gelangt ist, wird es in späteren Jahren unmöglich vergessen können. Wir brauchen unsere Augen nur einmal zu öffnen und um uns sehen, um sie nie wieder schließen, verirren oder uns blind stellen zu können.
Drei Tage können ziemlich lang werden. Da ihr euch drei Tage freigenommen habt, um herzukommen, heiße ich euch willkommen, danke ich euch. Wer ist heutzutage schon dazu bereit, drei Tage damit zu verbringen, sein Leben mit Licht zu füllen?!
Ein Kaufmann wollte, um Millionen zu verdienen, in alle Welt segeln. Seine Freunde rieten: „Dein Schiff ist uralt und das Meer ist sehr stürmisch. Das wird eine höchst gefährliche Reise, dein Schiff könnte kentern. Lerne wenigstens noch zu schwimmen!“
Der Kaufmann erwiderte: „Dazu hab ich einfach keine Zeit mehr.“
Seine Freunde sagten: „Dazu gehört nicht viel Zeit. Hier im Ort wohnt ein ausgezeichneter Schwimmer. Der könnte dir das Schwimmen in nur drei Tagen beibringen.“
Der Kaufmann wehrte ab: „Das mag ja stimmen, aber wo soll ich drei Tage hernehmen? In den drei Tagen wechseln Millionen von Rupien die Hand. Ich werde das Schwimmen lernen, wenn ich Zeit hab.“
Seine Freunde ließen nicht locker: „Du wirst ständig in großer Gefahr leben, da du die meiste Zeit auf dem Schiff verbringst. Jeden Tag kann was passieren, und du kannst nicht mal schwimmen!“
Der Kaufmann darauf: „Ihr wisst, dass ich keine Zeit erübrigen kann. Wenn ihr irgendwelche anderen Tricks kennt, wie ich mich retten kann, sagt mir bitte Bescheid.“
Seine Freunde schlugen vor: „Du kannst mindestens zwei leere Tonnen bereithalten. Wenn es so weit ist, kannst du dich mit ihnen über Wasser halten.“
Der Kaufmann nahm zwei leere Tonnen mit. Sie...