Das können Sie lernen
Zuhörer erwarten eine verständliche Darstellung.
Verständlich formuliert heißt selber verstanden.
Orientieren Sie sich an Ihrer Zielgruppe.
Wichtig sind klare Kernaussagen, einfache Formulierungen und gute Beispiele.
2.1 | Verstehen und Verständlichkeit: Auf den Punkt gebracht |
„Brauchwasserentnahmebrunnen“ oder „Isokorb mit Höhenversatz ohne Unterzug“, „Reaktanz“ oder „Tibia“ ‒ wissen Sie, was sich hinter den Begriffen verbirgt? Können Sie diese Wörter erklären? Dann sind Sie ein echter Experte! Unsere Welt ist voller Fachausdrücke und komplizierter Wörter. Experten nutzen Fachausdrücke gerne, das macht die Kommunikation mit anderen Fachleuten einfach und präzise. Schwieriger wird es, wenn sie von Laien verstanden werden wollen.
Manchmal sind Sätze einfach lang und umständlich: „Wahlberechtigte, die ausschließlich als persönlich haftende Gesellschafter eines oder mehrerer derselben Wahlgruppe angehörender anderer Wahlberechtigter oder als Besitzgesellschaft für einen oder mehrere derselben Wahlgruppe angehörende andere Wahlberechtigte tätig sind, werden der Wahlgruppe dieser anderen Wahlberechtigten zugeordnet“ (IHK 2013). Der Inhalt dürfte jedem bereits beim ersten Durchlesen vollständig klar sein. „Folgt der G-BA, was angesichts des offensichtlichen Spiels mit verteilten Rollen nach Einschätzung von opg feststehen dürfte, der negativen Beurteilung des IQWiG, hätte dies zur Folge, dass der Erstattungspreis von Linagliptin für die Krankenversicherungen auf Generika-Preisniveau abgesenkt werden müsste“ (Braun 2012).
Die Ergo-Versicherung ließ für ihre Verständlichkeitsstudie 2.600 Bürgerinnen und Bürger telefonisch befragen. Etwa acht von zehn Befragten gaben an, dass sie im Alltag häufig auf schwer verständliche Informationen stoßen. Jeder Dritte kann die Informationen in Versicherungsunterlagen, Produktinformationen von Banken oder Erläuterungen zur Steuererklärung nicht verstehen (Ergo 2012).
Wer überzeugen will, muss verstanden werden. Das gilt für einzelne Wörter ebenso wie für ganze Sätze oder gar eine längere Rede. Wenn ich verstanden werden will, muss ich überlegen, was für meine Zuhörenden interessant und wichtig ist. Wir denken häufig von unserem Kenntnisstand her, vom Produkt oder von sachlichen Argumenten. Doch Zuhörer erwarten, dass ihre Interessen erkannt und befriedigt werden. Sehen Sie Zuhörer (oder Leser) als Kunden, denen Sie Ihre Ideen verkaufen wollen.
Verständlichkeit ist der erste Baustein zur Überzeugung.
Denken Sie an Ihre Zielgruppe:
Wen wollen Sie erreichen?
Welche Botschaften sind wichtig?
Was wollen Sie erreichen?
Welche Vorkenntnisse haben Ihre Zuhörer?
Welche Erwartungen haben Ihre Zuhörer?
Welchen Nutzen bieten Sie an?
Ob schon im Internet oder noch auf dem Papier ‒ Sie werden nur in den seltensten Fällen alle angebotenen Inhalte einer Zeitung zur Kenntnis nehmen. Geschweige denn, dass Sie alle Artikel und Interviews lesen, schon gar nicht konzentriert und bis zum Ende. Wir konzentrieren uns auf die Themen, die uns interessieren, die uns amüsieren oder die unsere Neugierde erregen. Darüber entscheiden wir anhand der Schlagzeile und der ersten Sätze ‒ danach lesen wir weiter oder blättern beziehungsweise wischen zum nächsten Inhalt.
„Auf Kosten unserer Kinder. Seit dem Brexit-Votum der Briten beschleicht mich eine Furcht: Das historische Geschenk der europäischen Einigung wird verspielt“ (Kermani 2016). Wer jetzt nicht weiterliest, interessiert sich nicht für den Brexit und die Folgen oder er bezweifelt, dass Navid Kermani etwas zum Thema beitragen kann. Dabei ist der Autor Träger zahlreicher Kultur- und Literaturpreise, darunter immerhin der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.
Beschränken Sie sich auf das Wesentliche, sorgen Sie für die Konzentration des Inhalts. Erleichtern Sie Ihren Zuhörern das Verständnis. Sagen Sie das und nur das, was wichtig ist und was Ihre Zuhörer interessiert. Dass Sie über den besprochenen Sachverhalt weit mehr wissen, ist klar. Nur Wichtigtuer versuchen aber, alles anzubringen, was sie wissen. Wer viel zu sagen hat, macht keine langen Worte! Die Kernaussage reduziert den Inhalt auf das Wesentliche. Punkt.
Kurz ‒ maximal vier bis fünf kurze Sätze,
prägnant ‒ konzentrieren Sie sich auf einen ‒ wesentlichen ‒ Aspekt,
„positiv“ ‒ sagen Sie, was Sie wollen,
emotional ‒ stellen Sie den für Ihr Publikum wichtigen Aspekt heraus.
Die Bedeutung der Kernbotschaft ist klar ‒ Wiederholung sichert die bessere Wahrnehmung und Erinnerung. Wiedererkennung schafft Nähe, und Nähe erhöht die Glaubwürdigkeit! Länger als die Quelle der Botschaft merken Menschen sich, was sie gehört haben. Mit der Zeit erinnern wir uns nur noch an den Inhalt der Botschaft. Häufiger gehörte Botschaften haben für uns einen höheren Wahrheitsgehalt.
Negatives lässt sich oft ebenso positiv formulieren. „Verstehen Sie mich nicht falsch“ lenkt die Wahrnehmung der Zuhörer auf ein mögliches Missverständnis, „Verstehen Sie mich richtig“ weist in die positive Richtung. „Wir wollen vermeiden“ klingt defensiver als die Worte „Wir wollen erreichen“. „Bitte auf den Wegen bleiben!“ klingt nicht nur besser, die Aufforderung wird meist auch eher befolgt als „Rasen betreten verboten!“.
Besonders dann, wenn uns kritische Fragen gestellt werden, neigen wir in der Antwort zur Verneinung. Oder zum Dementi. „Russland erwägt keinen Anschluss der Krim“, so Wladimir Putin zu seinen Absichten in der Region (Eisenhauser 2014). Aber warum in die Ferne schweifen? „Das hatte ich nie vor ... Auch das war nicht unser Plan ... Hier wird viel, viel weniger hineinregiert, als es manch Außenstehender glaubt ... Das ist keine Frage von Komfort ... Genau mit diesem unsinnigen Vorurteil, wir würden mit unserem Schienennetz das große Geld verdienen ... Das Geld soll ja nicht dem Unternehmen Deutsche Bahn zugutekommen ...“ In einem Interview des manager magazins (Klusmann/Machatschke 2014) profiliert sich der inzwischen zurückgetretene Bahnchef Rüdiger Grube als „Mister No“. Vielleicht gibt es gerade bei der Deutschen Bahn besonders viele Anlässe für Dementis. Das ist in der „echten“ Politik nicht wesentlich anders: „Wir sind nicht das arme Bettelland“, so Bremens Bürgermeister Carsten Sieling in einem Interview mit der Welt (Exner 2016). Bingo! Der Journalist hat einen Titel für das Interview. Und auch inhaltlich dürfte damit von Beginn an alles klar sein. Wir, also Bremen, und der Begriff „Bettelland“ in einem Satz ... das merkt sich garantiert jeder. Ein Schelm, wer Schlimmes dabei denkt.
Interviews kann man übrigens trainieren, an seiner Antworttechnik kann man feilen. Gerade wenn Sie häufig in der Öffentlichkeit stehen, ist das ratsam. Man munkelt sogar, dass sich damit spürbare Verbesserungen erzielen lassen.
Positiv formulierte Aussagen sind besser!
Mit einer guten Kernaussage haben Sie das Fundament gelegt, um gut verstanden zu werden. Auch Medien lieben Kernaussagen ‒ die wenigen kurzen Sätze sind der klassische „Soundbite“, der im Radio und Fernsehen so gut „rüberkommt“. In guten Interviews haben Antworten genau dieser Länge.
Unser Umfeld ist äußerst komplex ‒ viele auf den ersten Blick einfache Sachverhalte sind bei genauerem Hinsehen wesentlich komplizierter. Punkten werden Sie allerdings, wenn Sie Ihren Zuhörern die Themen einfach und verständlich vermitteln.
Formulieren Sie einfach und klar ‒ dann werden Sie gut verstanden.
„Das Nicht-zu-Ende-geboren-Werden zeigt sich in negativen Symbiosen, die, um das Leben erträglich zu machen, umgewandelt werden in eine zwanghaft hierarchische Ordnung der Welt; letztlich durchgeführt im militärischen Drill, der das symbiotische Nicht-Ich umwandelt in ein muskuläres Körper-Ich ohne innere psychische Integrationsinstanzen von Wirklichkeitsformen, die von der eigenen abweichen: der politische Faschist als Resultat dieses Körpers des Nicht-zu-Ende-Geborenen“ (Theweleit 2015).
„Der Redner war außerordentlich klug. Ich habe nicht ein Wort...