Manche Flitterwochen kann man mit einem Sinfoniekonzert der Berliner Philharmoniker vergleichen. Andere ähneln eher dem Geklimper auf einem verstimmten Klavier.
Vielleicht fahren Sie demnächst in die lang ersehnten Flitterwochen. Oder Sie haben bereits die Ehe geschlossen, befinden sich auf Hochzeitsreise und haben dieses Buch mitgenommen, um es gemeinsam zu lesen. Wie dem auch sei, es ist gut für Sie. Sie beginnen Ihre Ehe richtig, wenn Sie jetzt schon darüber nachdenken, wie Sie das Beste aus Ihrer Ehe machen können.
Die meisten denken: Oh, die Flitterwochen. Ich kann es kaum erwarten! Schließlich ertönen zu diesem Zeitpunkt alle Glocken, Pfeifen und Sirenen auf einmal und dieses mächtige Crescendo ist natürlich das Zeichen dafür, dass Sie glücklich und zufrieden bis an Ihr Lebensende sein werden. Alles, was noch zu tun bliebt, ist genug Geld sparen, um das hübsche Häuschen im Grünen und Ihre Luxuslimousine zu kaufen und vielleicht – ein paar Kinder zu bekommen. (Oder käme da ein Zwergschnauzer möglicherweise nicht billiger?)
Aber verläuft das Leben immer wie erwartet? Überhaupt, ist bisher alles erwartungsgemäß abgelaufen? Wie das Leben mit Überraschungen aufwartet, müssen Sie auch in Ihren Flitterwochen mit Überraschungen rechnen. Die meisten Paare, mit denen ich gesprochen habe, fanden, dass die Flitterwochen nicht das waren, was sie sich vorgestellt hatten.
Wenn Sie auf sexuellem Gebiet unerfahren sind (möglicherweise sind das 20 bis 25 Prozent der Leser dieses Buches), wird Ihnen wohl kaum eine Sinfonie gelingen. Wahrscheinlich wird es nur ein bisschen besser als ein Kinderliedchen, das Sie auf einem verstimmten Klavier klimpern. Es gibt Arbeitsstellen, für die viel Einarbeitungszeit und Praxis erforderlich sind. Glauben Sie nicht, dass es Spaß macht, sich um das Erlernen gerade dieser Sache zu bemühen?
Andere haben schon sexuelle Erfahrungen mit einem oder mehreren Partnern gemacht. Vielleicht waren Sie schon einmal verheiratet. Möglicherweise haben Sie Ihren ersten Ehepartner durch Scheidung oder Tod verloren; oder Sie wurden verlassen. Vielleicht haben Sie in Ihrer Kindheit Schlimmes erlebt – Missbrauch, für den Sie nicht verantwortlich waren. Da sexuelle Erfahrungen an sich sehr intim sind, werden diese Erinnerungen auch Teil Ihrer Beziehung zu Ihrem Ehepartner sein. (In diesem Buch kommen wir noch näher auf diese Fragen zu sprechen.)
Einige von Ihnen haben die Hochzeitsnacht schon lange hinter sich und konnten inzwischen viel Erfahrung sammeln. Sie denken: Es war unglaublich. Nie hätte ich gedacht, Sie benötigen das Timing eines
Spitzensportlers, die Präzision
des besten Juweliers und die
Fähigkeit, ein Herbert von Karajan
des Schlafzimmers zu sein. dass Sex so toll sein kann! Und die restlichen 95 Prozent von Ihnen denken (und es ist ihnen etwas peinlich, es dem Ehepartner einzugestehen): Das also war es? Das war das Beste, was er bieten konnte? Oder: Das kann doch nicht ihr Ernst sein. Glaubt sie wirklich, dass mich das anmacht? Und: Du meine Güte, auf was habe ich mich eingelassen! Damit muss ich mich also für den Rest meines Lebens abfinden? Einige von ihnen haben womöglich aus Verzweiflung zum Telefon gegriffen und Mama, Papa, einen Freund oder eine Freundin angerufen und schnell um Rat gefragt. Vielleicht sind Sie auch in den nächsten Bücherladen gegangen und haben nach einem »Ratgeber« gesucht, weil Sie tief in Ihrem Innern doch etwas beunruhigt waren.
Wenn Sie zu denen gehören, die in Panik geraten sind, kann ich Sie damit beruhigen, dass Sie sich in guter Gesellschaft befinden. Sie waren der Meinung, dass Sex zu den leichtesten Dingen der Welt gehört – man bringt einfach einen Mann und eine Frau zusammen und der Rest geschieht ganz natürlich von alleine – oder? Doch ehrlich gesagt, es bedarf einiger Anstrengungen. Sie benötigen das Timing eines Spitzensportlers, die Präzision des besten Juweliers und die Fähigkeit, ein Herbert von Karajan des Schlafzimmers zu sein.
Und jetzt kommt der Knaller: Auch wenn Sie all das gleichzeitig sein könnten, ist nicht garantiert, dass die Glocken, Pfeifen und Sirenen in Ihrem Schlafzimmer ertönen.
Wie können Sie sich also emotional, körperlich und geistig darauf vorbereiten, in den Flitterwochen eins zu werden – und noch mehr?
Ich bin froh, dass Leute mir immer wieder ihre Fragen dazu stellen. Gerne verrate ich Ihnen meine Antworten. Je nachdem, ob Sie vor Ihren Flitterwochen schon sexuelle Erfahrung haben oder nicht, können Sie zu dem Abschnitt springen, der am besten auf Sie zutrifft. (Natürlich können Sie auch einen Blick auf den anderen Abschnitt werfen.)
Wenn Sie noch nie Geschlechtsverkehr hatten oder sexuell sehr unerfahren sind …
Frage: Mein Mann und ich hatten beide noch nie Geschlechtsverkehr. Wir lernten uns beim Studium kennen und gingen dreieinhalb Jahre miteinander, bis wir mit dem Studium fertig waren. Unsere jeweiligen Eltern erklärten sich bereit, unsere Ausbildung zu bezahlen, wenn wir erst nach unserem Studienabschluss heirateten. Manchmal frage ich mich, ob wir zu lange gewartet haben. Wir konnten es so lange nicht tun (es gab Nächte, in denen uns das Warten wirklich sehr schwerfiel). Und jetzt sind wir auf Hochzeitsreise und dürfen plötzlich. Ich kann in meinem Kopf einfach nicht umschalten. Keiner von uns beiden kann wirklich entspannen. Hilfe!
Alle Achtung für Sie und Ihren Mann, dass Sie gewartet haben – und dass Sie auf diesem Gebiet um Hilfe bitten, während Sie noch auf Hochzeitsreise sind! Das sagt viel über Ihren Charakter aus – und über das Ehepaar, das Sie sein werden. Da Sie Ihr Verlangen so lange beherrscht und mit Geschlechtsverkehr gewartet haben, ist es sehr unwahrscheinlich, dass einer von Ihnen befürchten muss, dass Ihr Partner bei jemand anderem sexuelle Erfüllung findet, da Sie Vertrauen und gegenseitige Achtung aufgebaut haben. Aber ich stimme Ihnen zu. Meine Frau Sande und ich haben mit Sex bis zur Ehe gewartet. Es ist schwierig, umzuschalten, besonders für Frauen. Warum ist es für Frauen schwieriger als für Männer? Weil ein Mann zu jeder Zeit und an jedem Ort dafür bereit ist. (Deshalb Hut ab vor Ihrem Mann, dass er für Sie rein geblieben ist – das sagt mehr als alle Worte über seine Liebe und Achtung für Sie.) Eine Frau braucht die Atmosphäre, die Umgebung, das Kuscheln, die Worte, den richtigen Zeitpunkt. Alles muss für sie stimmen, damit sie sich wertgeschätzt und geliebt fühlt.
Deshalb schlage ich Ihnen Folgendes vor: Viele Leute wollen in ihren Flitterwochen eine tolle Reise machen. »Ach, fahren wir doch in die Karibik.« »Wie wäre es mit einer Kreuzfahrt im Mittelmeer? Das wollte ich schon immer mal machen.« »Paris? Das ist doch die Stadt der Liebe, und den Eiffel-Turm wollte ich schon immer mal sehen.« Sicher, Sie können in einer exotischen Umgebung sein (viele sind das in den Flitterwochen). Doch anstatt sich auf die zahllosen großen und kleinen Sehenswürdigkeiten an Ihrem Urlaubsort zu konzentrieren, wäre zu überlegen, ob Sie diese Zeit nicht dazu nutzen sollten, einander in einer schönen, romantischen Umgebung zu »sehen«.
Anstatt von einer Touristenattraktion zur anderen zu eilen, schlage ich Ihnen etwas ganz anderes vor. Planen Sie ein romantisches Abendessen mit allem, was Ihnen gefällt: Kerzenschein, leise Musik, Blumenduft und natürlich ein ganz besonderes Menü. Oder genießen Sie ausgiebig den Strand. Gehen Sie alles langsam an. Nehmen Sie sich vor allem Zeit. Wachen Sie auf und kuscheln miteinander. Verbringen Sie einen ganzen Tag nackt miteinander. Berühren Sie einander und weiden Sie sich am Körper des anderen. Gehen Sie nicht ans Telefon. Bestellen Sie den Zimmerservice. Nehmen Sie sich die Zeit, einfach aus Spaß Ihre Körper zu erforschen und kennenzulernen. Dabei soll es nicht Ihr Ziel sein, immer den Ball ins Tor zu bringen. Für Sie ist es jetzt nicht dran, alles über Sex und den perfekten Geschlechtsakt herauszufinden. Es ist eine Zeit zum Lachen, Schmusen und Spaß miteinander haben. Es ist Ihre Zeit, um miteinander zu entspannen und die Gemeinsamkeit zu genießen.
Drei Monate vor unseren Flitterwochen habe ich begonnen, die Antibabypille zu nehmen, denn wir wollen unsere Familie »planen« und nicht überrumpelt werden. Mir fiel es wirklich schwer, all die Jahre, in denen ich ledig war, mit Sex zu warten. Meine Gedanken kreisten ständig um Sex. Aber jetzt, wo wir verheiratet sind, scheint mein Sexualtrieb viel geringer zu sein. Es fällt mir sogar schwer, mich überhaupt für Sex zu interessieren. Es tut mir leid, wenn ich meinen Mann damit verletze. Stimmt mit mir etwas nicht – oder könnte es sein, dass die Antibabypillen mein Interesse abschwächen?
Als Erstes müssen Sie Ihrem Mann erklären, was in Ihren Gedanken und in Ihrem Körper geschieht, damit es »unser« Problem wird und nicht nur »mein« Problem. Gehen Sie zusammen zum Frauenarzt und erklären die Situation und besprechen Sie andere Lösungen. Es gibt viele verschiedene Rezepturen für Antibabypillen. Sie könnten ein anderes Präparat ausprobieren. Daneben gibt es auch eine Vielzahl anderer Formen der Geburtenkontrolle (einschließlich Diaphragma, Kondom, Spirale und natürliche Empfängnisverhütung).
Das Wichtigste ist, dass Sie beide eine Einheit bilden und dass Sie gemeinsam auf das Ziel eines gesunden, befriedigenden Sexlebens hinarbeiten. In Zeitschriften liest man, wie Antibabypillen den Sexualtrieb blockieren. Doch für mich liegt das wirkliche...