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Sponsoring. Möglichkeiten und Grenzen einer Form der Kulturfinanzierung

AutorNicole Zacher
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2004
Seitenanzahl98 Seiten
ISBN9783638256780
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis17,99 EUR
Magisterarbeit aus dem Jahr 2003 im Fachbereich BWL - Offline-Marketing und Online-Marketing, Note: 2,0, Universität Lüneburg (BWL), Sprache: Deutsch, Abstract: Die Vielfalt der Kulturlandschaft in der Bundesrepublik Deutschland ist so groß wie in kaum einem anderen europäischen Land. Im Jahre 2000 wurden insgesamt 4.716 Museen und 369 Theater gezählt. Davon gehörten 2.796 Museen und 153 Theater zu den öffentlichen Kulturbetrieben, die vor allem von Bund, Ländern und Kommunen getragen wurden. Insbesondere seit Ende der siebziger bis Ende der achtziger Jahren gewann die Kultur in unserer Gesellschaft immens an Bedeutung, was sich zuletzt nicht nur in den Zahlen der kontinuierlich steigenden staatlichen Kulturausgaben, die sich von 1977 bis 1986 mit einer durchschnittlichen Rate von 7,7% pro Jahr erhöht haben, und den damit verbundenen zahlreichen Neubauten an Museen und Theatern widerspiegelte, sondern ebenso in dem Interesse der Wirtschaftskonzerne, die das Kultursponsoring für sich entdeckten. Seit 1992 stagnieren die staatlichen Kulturfördermittel jedoch aufgrund rezessiver Haushaltslagen. Angesichts der staatlichen finanziellen Engpässe und der parallel dazu steigenden Kosten der Kulturinstitutionen haben die öffentlichen Kulturbetriebe in den letzten Jahren, neben rasanten Veränderungen in den Betriebsformen, eine Verlagerung der Aktivitäten der öffentlichen Hand in den privatwirtschaftlichen Bereich erfahren. Finanzierungsmaßnahmen, wie zum Beispiel das Sponsoring, Fundraising oder Public- Private-Partnership werden auch in Zukunft, komplementär zu den staatlichen Zuwendungen, erheblich an Bedeutung gewinnen, zumal die finanzielle Leistungsfähigkeit des Staates, der Länder und der Kommunen voraussichtlich weiter abnehmen wird. Heute, im Jahre 2003, bietet diese Form der Kulturfinanzierung, trotz bzw. wegen der bereits gemachten Erfahrungen, mindestens ebenso viel Diskussionsmaterial. Erstens stehen nach wie vor viele Kulturschaffende dem Sponsoring mit Skepsis gegenüber. Zweitens existieren von Seiten der Wirtschaft, aufgrund der noch fast unerforschten und schwierigen Wirkungskontrolle dieses Finanzierungsmodells, u. a. Zweifel an der Kommunikationstauglichkeit dieses Instrumentes. Und drittens herrscht, trotz der steigenden gesellschaftlichen Akzeptanz vielerorts noch Unsicherheit darüber, ob man mit Begeisterung oder mit Skepsis dem Kultursponsoring gegenüber treten soll.

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Leseprobe

3. Kultursponsoring – ein Rückblick auf die Ursachengeschichte


 

3.1. „Kultur“ im historischen Kontext


 

Die Förderung von Kultur durch private und öffentliche Unterstützung verweist auf eine lange und vielseitige Tradition, die im Folgenden skizziert werden soll. Denn der Blick auf die traditionellen Formen der privaten Kunstförderung, auf die Professionalisierung der Kunst und die Entstehung des Kunstmarktes bis hin zu den zeitgenössischen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, in denen die Kultur heute fungiert, gibt Aufschluss über ihren Wandel in der gesellschaftlichen Bedeutung und Funktion, ihren Abhängigkeiten und ihrer Autonomie, ihren Ängsten sowie Konflikten. „Kultur“ historisch betrachtet verschafft einen Überblick, der für das Verständnis der KultursponsoringDiskussion konstitutiv ist. Der Rückblick auf die Historie der Kultur soll demnach durch die Vermittlung eines adäquaten Hintergrundverständnisses zum Verhältnis von Kunst, Gesellschaft und privater Kulturförderung sensibilisieren, die Bedingungen, Erwartungen und Befindlichkeiten der Beteiligten beim Kultursponsoring besser nachvollziehen zu können. Auf diese Weise soll eine Basis für das Verständnis der Grenzen und Potenziale[115] dieses komplexen Kommunikationsinstrumentes geschaffen werden.

 

3.1.1. Der Wandel des Kunstverständnisses


 

In Anbetracht der Diskussion über das Kultursponsoring handelt es sich im Wesentlichen um die Artikulierung der Angst, die autonome Kunst als eine für das Wohle der Gesellschaft unabdingbare kritische Instanz  welche Veränderungen aufzeigt und die Gesellschaft zur geistigen Auseinandersetzung mit dem eigenen Spiegelbild anregt  durch privatwirtschaftliche Kulturförderung zu verlieren.[116] Die private Kulturförderung verweist allerdings auf eine langjährige Tradition, die Angst um den Verlust der autonomen Kunst stellt sich aber erst nach Ende des achtzehnten Jahrhunderts als bedeutend dar. Ausschlaggebend für diesen Konflikt zwischen interesseloser Kunst und privater Kulturförderung bzw. zwischen Geld und Kunst ist vor allem der Wandel des Kunstverständnisses – von Auftragskunst und der Förderung unter Forderung hin zu autonomer Kunst und der Förderung ohne Forderung – in der Gesellschaft, welcher sich am deutlichsten ausgehend von der italienischen Renaissance, in der das  Mäzenatentum der römischen Antike wieder entdeckt wurde, skizzieren lässt.  Denn die Herkunft bzw. gesellschaftliche Rolle des Förderers, die Form der Förderung und der jeweilige gesellschaftliche Stellenwert bzw. das Verständnis von Kunst stehen in einem engen Abhängigkeitsverhältnis zueinander und bedingen sich gegenseitig.[117]

 

Vasari (15111574) unterscheidet in seiner kunsthistorischen Übersicht das Mäzenatentum in drei Phasen[118], in denen sich grob vier verschiedene Förderer bzw. Auftraggeber herauskristallisieren lassen. Die Bettelorden und Stadtregierungen bilden die dominierenden Mäzene der ersten Periode, daraufhin folgen die Kaufmannsfamilien[119] in der zweiten Phase und das Schlusslicht formen die fürstlichen Höfe[120], wobei sich das Kunstpublikum der Renaissance einerseits aus dem städtischen Bürgertum und andererseits aus der Hofgesellschaft zusammensetzt.[121] Die Motive der Förderung konstituieren sich  im Großen und Ganzen in allen Perioden gleich und stellen eine Verquickung von Vergnügen an den Künsten[122], Prestige und Machtstreben[123] und Frömmigkeit[124] dar. Insbesondere der Name Medici  eine Kaufmannsfamilie, die durch Bankgeschäfte zu großem Reichtum gelangte  ist für die Nachwelt zu einem Synonym für enthusiastische private Kunstförderung geworden. Der Umfang ihrer Auftragsvergabe für künstlerische Ausschmückungen von Kirchen und Kapellen übertrifft die aller anderen florentinischen Geschlechter. Die Kirche von S. Lorenzo ist, neben zahlreichen anderen „Schenkungen“, nur eines von vielen Denkmälern ihrer Macht, welche durch kunstvolle Ausschmückungen sichtbar gemacht wird.  Das Mäzenatentum der Medici gestaltete sich vor allem entsprechend dem vorherrschenden Kunstverständnis, welches „Kunst“ vielmehr als lehr und lernbar, statt als „freies Kunstschaffen“ und den ausführenden „Künstler“ vielmehr als „Handwerker“[125], statt als „Genie“ definierte, in Form von Auftragsvergabe mit präzisen Vorstellungen über Gestalt, Material, Qualität etc., so dass die schöpferische Freiheit der Künstler sehr eingeschränkt war.[126] Dennoch kehrte sich im fünfzehnten Jahrhundert allmählich durch Aufschwung von Gewerbe, Handel und Bankwesen und der darin begründeten Schwächung der Position der Kirche wie auch des Adels im Zuge eines neuem grundlegenden Elements der Kunstlehre, dem Glauben an das Genie des Künstlers[127], das Verhältnis Künstler – Auftraggeber, vereinzelt um, so dass auch Kunstproduktionen ohne besonderen Auftrag für den freien Markt entstanden.[128] Künstler wie Raffael, Bellini oder Michelangelo gehören zu den noch heute Bekanntesten, die sich nicht gänzlich um ihre freiheitliche Praxis berauben ließen und auf eine klare Scheidung zwischen Kunst und Handwerk bestanden.[129] Allerdings setzte sich der GenieGedanke des Künstlers nicht vollends durch, so dass die künstlerische Gestaltungsfreiheit im siebzehnten Jahrhundert mit der Etablierung des Berufes des Hofkünstlers erneut Einschränkungen erfuhr, indem sich Künstler, die nicht in Werkstätten oder Zünften organisiert waren, in Abhängigkeit eines Hofes begaben, wodurch die Entfremdung von unserem heutigen Kunstverständnis[130] erneut zugespitzt wurde. Die Hofkünstler „genossen“  zwar ein festes Gehalt, Nahrung und Unterkunft, mussten allerdings im Gegenzug dazu ihre schöpferische Freiheit opfern.[131]

 

Bendixen definiert den „Hofkünstler“ als einen „Hofbediensteten“[132] und Hauser noch treffender als einen, „Verwalter der öffentlichen Meinung, Werbeleiter, Zeremoniemeister und „maitre de plaîsir“,“[133] der aufgrund seiner sozialen Abhängigkeiten vom Fürsten in der Regel einen  Domestiken darstellte, der  vielmehr dem fürstlichen Amüsierbedürfnis und Ruhm als der Kunst selbst diente. Erst im achtzehnten Jahrhundert im Zuge der Aufklärung[134] erfährt der Künstler eine endgültige und grundlegende Wende in Richtung Autonomie. So erhält der Künstler und das Kunstwerk im Zuge wachsender wirtschaftlicher und bildungspolitischer Macht von Seiten des Bürgertums, äquivalent zu der Forderung nach bürgerlicher Individualität und Selbstbestimmung, einen neuen sozialen Stellenwert, welcher für die heutige Diskussion um die private Kulturförderung fundamental ist.[135] Der Weg vom Untertanen zum freien unabhängigen und nur auf seine Leistungskraft gestellten Bürger[136] ist auch der Weg vom Hofkünstler und vom künstlerisch kompetenten Mitglied einer Werkstatt oder Zunft zum autonomen Künstler. Denn die bürgerliche Emanzipation bringt u. a. ein gesteigertes Interesse der bürgerlichen Öffentlichkeit an der Kunst mit sich,[137] so dass ein reger Kunsthandel[138] entsteht sowie der Grundgedanke,  Kunst der Allgemeinheit zugänglich zu machen, welcher in der Institutionalisierung öffentlicher Konzerte und der Gründung von Museen, Museumsgesellschaften, Kunstvereinen  kumulierte.[139]

 

Die bürgerliche Emanzipation und der Aufschwung des wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Lebens war also Voraussetzung für das endgültige Durchsetzen des künstlerischen GenieGedankens bzw. der autonomen Kunst, weshalb Kunstkreation und Rezeption und gesellschaftliche wie auch wirtschaftliche Entwicklungen in einer engen Wechselbeziehung zueinander stehen. Darin liegt laut Adorno der Doppelcharakter der Kunst als „fait social“ auf der einen und als autonomes Werk auf der anderen Seite begründet.[140]

 

Das Bürgertum übertrug demnach sein Streben nach Autonomie auf die Kunst und entfachte auf diese Weise die Diskussion über die private Kulturförderung. Denn von diesem Moment an, von dem sich „Kunst“ nicht mehr anders als „frei“, „autonom“ und als „Spiegelbild der Gesellschaft“ definieren will,[141] besteht das Spannungsverhältnis zwischen Kunst und Geld und die Forderung nach einem „idealen Mäzen“, der durch altruistische Förderung verhindern soll, dass sich der aus feudalen Zwängen und Unzulänglichkeiten befreite und damit in die soziale Unsicherheit entlassene schöpferisch freie Künstler nicht gänzlich den Gesetzen des freien Marktes und damit dem Geschmack des Publikums unterwirft.[142]

 

3.2. Rahmenbedingungen eines Kulturstaates


 

Im neunzehnten Jahrhundert wuchs das Interesse der bürgerlichen Öffentlichkeit an Kunst, wodurch die Grundsteine eines neuen Kunstverständnisses gelegt wurden, in dem die Forderung nach Autonomie durch Schaffung von freien geistigen Räumen  für die Kunst eine herausragende Rolle spielt. Allerdings wurde der Künstler durch diese Reformen nicht nur in geistige...

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