Nach dem Überblick der theoretischen Hintergründe sollen nun die Aspekte der Testimonialwerbung betrachtet werden. Neben relevanten Begriffsbestimmungen zu Beginn erfolgt auch eine Beschäftigung mit Formen und Zielen der Testimonialwerbung. Abschließend wird im Zuge einer thematischen Überleitung auch auf die spezielle Bedeutung des Sports innerhalb der Thematik eingegangen.
Um für den nachfolgenden Teil der Arbeit eine klar festgelegte Arbeitsdefinition der relevanten Begriffe abzuleiten, werden in der Folge die für die Testimonialwerbung wichtigsten Begriffe erläutert. Grundsätzlich kann zu Beginn Testimonialwerbung in dem Sinne eingegrenzt werden, dass es sich um eine Werbeform handelt, welche im Rahmen der Kommunikationspolitik eines Unternehmens eingesetzt werden kann. Zudem bildet sie eine zentrale Determinante der Markenpersönlichkeit, welche in Kapitel 3.1.1 thematisiert wurde (vgl. Kilian, 2011, S. 16).
4.1.1.1 Begriffsbestimmung (Sport-)Prominenz
Das Wort prominent leitet sich vom Lateinischen prominens ab, was übersetzt mit hervorragend und weithin bekannt gleichgesetzt werden kann. Erst im 20. Jahrhundert erfolgte die Substantivierung mit dem Prominenten und der Prominenz. Diese wiederum steht im deutschen Sprachgebrauch für eine Gesamtheit aller bekannten Persönlichkeiten (vgl. Schaaf, 2010, S. 32). In Bezug auf eine allgemeingütige und wissenschaftlich korrekte Definition des Begriffs Prominenz eignet sich die Bundeszentrale für politische Bildung. Diese beruft sich auf eine Aussage des Journalisten Friedrich Siegburg aus dem Jahr 1954. Dieser formulierte folgende Aussage, welche eine eindeutige Definition von Prominenz nicht gerade einfacher macht:
"Wollte ich bis zur Pedanterie genau sein, müßte ich sagen, dass es die Prominenz eigentlich gar nicht gibt, daß sie also keine soziologisch umschreibbare Gruppe, sondern eine Vorstellung ist" (Siegburg, 1954).
Aufbauend auf dieser These ist für die Bundeszentrale für politische Bildung Prominenz weniger eine klar umschreibbare Gruppe, sondern ein Attribut, das zu anderen Eigenschaften einer Person hinzukommen kann – und in manchen Fällen sogar alleine bestehen kann. Es lohnt sich in Bezug auf eine Definition daher, auf die Ursprungsbedeutung des Begriffs zurückzugehen. Wie bereits zu Beginn des Kapitels aus etymologischer Herkunft hergeleitet, steht Prominenz demnach für ein Herausragen und somit simpel ausgedrückt für die Bekanntheit einer Person. Dabei besteht in unserer heutigen Zeit ein untrennbares Zusammenspiel von Prominentem, Presse und Publikum. Erst durch eine öffentliche Bekanntmachung einer Person durch die Presse kann die Aufmerksamkeit des Publikums auf die einzelne Person geleitet werden. Deshalb ist Prominenz ein Faktor, der nur in Verbindung mit einem Publikum existieren kann. Folglich: Ohne Öffentlichkeit keine Prominenz. Die Wertschätzung des Publikums stellt jedoch keine Notwendigkeit dar. Auch nicht wertgeschätzte oder abgelehnte Menschen können es zu einer Prominenz bringen und müssen nicht einmal zwingend eine relevante Tätigkeit ausüben (vgl. Wippersberg, 2014). Abschließend kann Prominenz nach dem an der Sporthochschule in Köln tätigen Kommunikationswissenschaftler Thomas Schierl als die „Bekanntheit der Bekanntheit“ einer Person beschrieben werden. Laut Schierl beruht diese Bekanntheit ausschließlich auf medialer Zuschreibung und ist von konstituierten Eigenschaften, Leistungen und Talent gelöst (vgl. Schierl, 2007, S. 39).
Wird nun der Begriff der Prominenz auf den Sport erweitert, so können die bisher genannten nötigen Attribute auf einen professionellen oder zumindest erfolgreichen Sportler übertragen werden. Somit umfasst die Sportprominenz alle realen (z. B. Spieler, Trainer, Manager etc.) wie auch fiktiven (z. B. Maskottchen, Avatare etc.) Akteure des Sportsystems, deren bereits genannte Bekanntheit der Bekanntheit ausschließlich auf medialer Zuschreibung aufbaut. Auch hier ist kein zwingender Zusammenhang zwischen der Bekanntheit und einem hohen Maß an Leistung, Talent oder physischer Leistungsfähigkeit notwendig (vgl. Schaaf, 2010, S. 39 f.). Ein Beispiel hierfür wäre ein mittelmäßiger Profisportler, der jedoch mit seinem Auftreten abseits des Platzes Aufsehen erregt oder trotz mäßigen Niveaus zu idealen Zeitpunkten eine gute Leistung erzielt. Es kann aber trotz der ohne Zweifel wissenschaftlich korrekten Definition festgehalten werden, dass in der Regel eindeutige Korrelationen zwischen der Leistungsfähigkeit eines Sportlers und dessen Bekanntheit vorliegen. Sowohl für Prominenz als auch für Sportprominenz gilt zudem, dass durch eine medial bzw. redaktionell generierte Bekanntheit (durch eine nachgelagerte werblich reproduzierte Prominenz) der Effekt der Prominenzierung potenziert werden kann (vgl. Schaaf, 2010, S. 34-40).
4.1.1.2 Begriffsbestimmung Testimonial
Der Begriff Testimonial leitet sich etymologisch von den lateinischen Wörtern Testimonium und testari ab. Letzteres kann übersetzt werden mit bescheinigen, bezeugen und als Zeugen aufrufen. Testimonium hingegen steht für Zeugnis, Beweis oder Zeugnis vor Gericht ablegen. Der lateinische Begriff wurde zu Beginn im angloamerikanischen Sprachraum als heute gängiger Begriff Testimonial übernommen. Jedoch war die eigentliche Bedeutung nicht der heutigen entsprechend, sondern stand für ein Empfehlungsschreiben oder einen Leistungsnachweis. Zudem wird nach angloamerikanischer Auffassung weder ein prominenter oder in Werbekampagnen präsenter Protagonist als Testimonial bezeichnet, sondern die von einer solchen Person getroffene Aussage. Wirbt also ein Prominenter mit einer Werbeaussage für ein Produkt, so handelt es sich bei der Aussage und nicht der Person um das Testimonial (vgl. Schaaf, 2010, S. 41). In der deutschsprachigen Werbepraxis hat sich jedoch die Begriffsauslegung in die Richtung entwickelt, dass die werbende Person selbst als Testimonial bezeichnet wird. Dementsprechend stellt diese Art der Anwendung des Begriffs die für diese Arbeit relevante und interessante Form eines Testimonials dar. Um auf die bereits genannte und ursprünglich aus dem lateinischen stammende Bedeutung eines Testimonials zurückzukommen, so handelt es sich dabei um eine Zeugenaussage oder einen Beweis. Dementsprechend handelt es sich bei einem Testimonial um eine Person, die eine Empfehlung zu einem Meinungsgegenstand, z. B. zu einem Produkt oder zu einer Marke, abgibt. Ausgehend von dieser Sichtweise eignet sich insbesondere die Definition von Haase:
„Unter Testimonialwerbung versteht man gemeinhin Werbung, in der eine dem Zielpublikum bekannte, meist prominente Person im Werbemittel (Anzeige, Commercial, Prospekt, Plakat etc.) mit der Funktion auftritt, die beworbenen Produkte, Dienstleistungen und Ideen - kurz Meinungsgegenstände - zu empfehlen und sich für deren Qualität, Nützlichkeit und Preiswürdigkeit zu verbürgen“ (Haase, 2001, S. 371).
Im Englischen werden Prominente als Fürsprecher einer Marke auch mit dem Begriff der Celebrity Endorser beschrieben. McCracken beschreibt einen Celebrity Endorser als „any individual who enjoys public recognition and who uses this recognition on behalf of a consumer good by appearing with it in an advertisement“ (McCracken, 1989; zitiert nach Kilian, 2011, S. 135).
Als Testimonials können sowohl Konsumenten eines Produktes, als auch Experten oder prominente Persönlichkeiten genannt werden. Geht es in der vorliegenden Arbeit um prominente Sporttestimonials, so kann darunter jeder reale oder virtuelle Sportakteur verstanden werden, der über eine hohe medial zugeschriebene Bekanntheit bei den potentiellen Konsumenten verfügt. Die Akteure werden im Rahmen der Mediawerbung direkt oder indirekt mit einem Produkt, einer Dienstleistung oder einem Thema in einer Anzeige platziert. Die verbale Aussage einer Empfehlung ist nicht zwingend notwendig und kann auch durch die bloße Präsenz des Sportprominenten implizit übermittelt werden (vgl. Schaaf, 2010, S. 46 f.).
4.1.1.3 Geschichte und Entwicklung
Bereits vor mehr als 200 Jahren entdeckten Geschäftsleute, dass es für den Absatz ihrer Produkte von Vorteil sein kann, prominente Fürsprecher in ihrer Markenkommunikation einzusetzen. Mit Einführung der Zollunion 1834 und dem Beginn der Massenproduktion Mitte des 19. Jahrhunderts nahm auch die Entwicklung der Werbung mit prominenten Testimonials ihren Ursprung (vgl. Schubert, 2016). In Zeiten ohne heute bekannte mediale Verbreitungsformen war jedoch die Anzahl der Prominenten im Allgemeinen noch sehr begrenzt. So wurde in der Regel mit Kaisern, Politikern oder Adeligen geworben. Zunächst beschränkte sich die Auswahl dieser Personen auf prominente Kunden, mit deren Vertrauen zum eigenen Produkt geworben wurde. Der Mineralwasser-Hersteller Fachinger z. B. betonte, dass Johann Wolfgang von Goethe zur Befreiung seines Geistes nur das Wasser aus Fachingen trinke. Bei den Napoleonschnitten und Mozartkugeln erfolgte sogar ein weiterer Schritt, sodass die Namen der Prominenten in die Markennamen übergingen (vgl. Kilian, 2014, S. 112).
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