Die Vergabe von Namensrechten an Stadien und Arenen[1] erlebt auf dem deutschen wie auch dem gesamteuropäischen Sportmarkt in den letzten Jahren einen regelrechten Boom[2]. In der Vergangenheit wurden Sportstätten traditionell nach Regionen, Orten, Flüssen oder verdienten Persönlichkeiten benannt. Der Verkauf von Namensrechte an Sportanlagen stellt eine betriebswirtschaftlich reizvolle Alternative dar, die sowohl bei Eigentümern als auch privatwirtschaftlichen Sponsoren zunehmend mehr Bedeutung gewinnt[3]. Insbesondere der Bau neuer Fußballstadien und großer multifunktioneller Arenen führt, vor dem Hintergrund der abnehmenden Förderung des Sportstättenbaus durch die öffentliche Hand, zu einem verstärkten Interesse an der Vergabe von Namensrechten in der deutschen Stadionlandschaft. Für den Betreiber einer Sportanlage stellt der zeitlich befristete Verkauf des Namensrechts in erster Linie eine neue Finanzierungsquelle dar. Auf Unternehmensseite wird im Erwerb eines solchen Rechts vorwiegend ein viel versprechendes Instrument im Rahmen ihrer Marketing und Kommunikationsaktivitäten gesehen[4].
Seine historischen Wurzeln hat das Konzept der Vermarktung von Namensrechten an Stadien, wie zahlreiche andere Trends zur Kommerzialisierung des Sports, in den USA[5]. Da in den Vereinigten Staaten die Akzeptanz von Namensgebungen durch private Spender (beispielsweise von karitativen Einrichtungen, Studentenwohnheimen oder Bibliotheken) bereits sehr verbreitet und akzeptiert ist, stehen der kommerziellen Vergabe von Namensrechten weit kleinere Hemmschwellen gegenüber als in Europa bzw. Deutschland[6]. Zusätzlich spielt in den USA die Organisation des Spielbetriebs in professionellen Ligen, denen Auf und vor allem Abstieg völlig unbekannt sind (z.B. National Hockey League; National Football League; National Basketball Association; Major League Baseball) eine barrierenverringernde Rolle, denn mit der Minimierung des sportlichen Risikos geht eine Minimierung des wirtschaftlichen Wagnisses einher[7]. Dadurch ist eine langfristige, strategische Planungssicherheit, die für Sponsorunternehmen zentrale Wichtigkeit besitzt, weitgehend gewährleistet.
Der Startschuss für die Vergabe von Namensrechten an Freizeiteinrichtungen fiel am 17.7.1955 durch die Walt Disney Company in Anaheim mit der Eröffnung von Disneyland. Die weltweit erste Sportstätte, die den Namen eines kommerziellen Unternehmens trug, war die „Key Arena“ in Seattle. Die Betreiber des damaligen Seattle Center Coliseums hatten 1962 das Namensrecht am Stadion für 0,75 Mio. US-Dollar pro Jahr mit einer ursprünglichen Laufzeit von 15 Jahren an die Firma Key verkauft[8]. Die Arena trägt seitdem nach zahlreichen Vertragsverlängerungen bis zum heutigen Tage den Namen ihres ersten Sponsors.
Mittlerweile gehört in Amerika die Benennung einer Sportanlage nach einem Sponsorunternehmen zum Standardrepertoire der Sportanlagenvermarktung. In Deutschland war der Pionier auf dem Gebiet der Namensrechte die Stadt Stuttgart als Eigentümer des Neckarstadions. Sie verkaufte 1993 den Namen des Stadions, das von dort an „Gottlieb-Daimler-Stadion“ heißen sollte, im Zuge des ersten Modernisierungsabschnitts für einen einmaligen Betrag von umgerechnet 5,58 Mio. Euro zur Nutzung auf unbestimmte Zeit an die Daimler Benz AG[9]. Jedoch bezog sich diese Namensgebung noch auf eine Person und nicht direkt auf ein Unternehmen aus der Wirtschaft. Darauf folgte in der Saison 1998/99 die Umbenennung des Leverkusener „Ulrich-Haberland-Stadions“ in „BayArena“, wobei dort die Namensgebung das erste Mal direkt auf ein Unternehmen hinwies[10]. Für Aufsehen und eine kontroverse Diskussion in der breiten Öffentlichkeit sorgte im Jahre 2001 die Umbenennung des Hamburger „Volksparkstadions“ in „AOL-Arena“. Mit einer Summe von zwei Mio. Euro jährlich über eine Laufzeit von fünf Jahren war der erste wirklich breit kommunizierte, kommerzielle Namensrechte-Deal in der Geschichte der Fußball-Bundesliga perfekt[11]. Europaweit sorgte das kürzlich propagierte Geschäft der arabischen Fluglinie Emirates mit den Betreibern des Nachfolgerstadions des altehrwürdigen Highbury in London für Medienaufsehen. Die Fluggesellschaft wird ab der Spielzeit 2006/07 über eine Laufzeit von 15 Jahren jährlich rund 9,7 Mio. Euro im Jahr zahlen[12].
In der Spielsaison 2005/06 spielen zwölf von 18 Fußball-Bundesligisten in Deutschland in Stadien, die den Namen eines kommerziellen Sponsors tragen. Ähnlich viele Namensrechte konnten im Bereich der Multifunktionsarenen in Deutschland vermarktet werden. Ein unmissverständliches Indiz dafür, dass sich dieses Sponsoringtool langsam zu etablieren scheint[13]. Gerade in den letzten fünf Jahren wurde, auch im Hinblick auf die erhöhte Medienaufmerksamkeit während der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland, verstärkt auf dieses bis jetzt ungenutzte Kommunikationsinstrument zurückgegriffen.
Allerdings geschieht dies nicht immer aus betriebswirtschaftlich fundierten Überlegungen heraus. Vielmehr wollen viele der Stadionsponsoren ortsansässige Vereine in beliebiger Art finanziell unterstützen. Die Entscheidung für ein solches Engagement fällt in der Praxis oftmals spontan als so genannter „Sweetheart-Deal“, einer besonderen Vorliebe einer Führungskraft für ein bestimmtes Feld, jedoch nicht als strategisch fundierte Entscheidung für ein langfristig den Ertrag förderndes Sponsorship[14]. Vielen potentiellen Sponsoren fehlt ein theoretisch fundiertes Konzept als Orientierungspunkt zur Gestaltung von Namensrechten an Stadien. Diese Tatsache macht eine wissenschaftliche Untersuchung dieses Kommunikationsinstruments notwendig.
In der einschlägigen Literatur wird zum Thema Sponsoring im Sport ein breites Spektrum an Forschungen und Theorien angeboten, allerdings fehlen in die Tiefe gehende Publikationen im Bereich des Immobilien und Namensrechtesponsorings. Ein erster Schritt zur Schließung diese Lücke soll mit der vorliegenden Arbeit durch analoge Anwendung bereits bestehender, ‚klassischer’ Sponsoringkonzepte und durch Modifikation existierender Ansätze für diese spezielle Form des Sportsponsorings weitestmöglich getan werden.
Ziel dieser Arbeit ist es, eine wirtschaftstheoretische, wissenschaftliche Darstellung des Sportsponsoringinstruments „Namensrechte an Stadien“ zu liefern. Es soll untersucht werden, ob traditionelle Konzepte und Vorgehensweisen aus anderen Bereichen des Sportsponsorings auch im Fall des Immobiliensponsorings von Stadien bzw. Arenen ihre Gültigkeit haben und wenn ja, ob sich dabei Unterschiede ergeben. Die Sponsoringliteratur stellt eine Vielzahl von relevanten Untersuchungen bereit, allerdings beantworten nur wenige Veröffentlichungen die wesentlichen Fragen, die einen Namensrechtesponsor beschäftigen: Bringt ein Namensrecht an einem Stadion wirtschaftliche Vorteile? Wie viel darf ein solches Engagement kosten? Welche Vorraussetzungen sind zu beachten, wie setzt man ein Namensrecht um und mit welchen Risiken ist zu rechnen? Welche steuerbaren Faktoren machen ein solches Engagement zu einem nachhaltigen Erfolg?[15]
Die Beantwortung dieser in der Praxis sehr relevanten Fragen soll in vorliegender Arbeit im Mittelpunkt stehen. Weiterhin soll das Instrument der Namensrechtevermarktung als Alternative beziehungsweise Ergänzung zu anderen Kommunikationsinstrumenten betrachtet werden. Daraus sollen genaue Handlungsempfehlungen für den Prozess der Marketingentscheidungen von Sponsoren abgeleitet werden.
Die Methodik dieser Arbeit basiert im Wesentlichen auf einer umfangreichen Literaturanalyse, der Beobachtung des Marktes und eigenen substantiellen Überlegungen zu dieser Thematik. Dazu wurden einerseits Begriffsdefinitionen, Modelle, Theorien und Aussagen von Experten aus der Wissenschaft und Praxis dieses Feldes gesammelt. Andererseits werden verschiedene Wirkungsstudien im Umfeld von Sportsponsoring mit dem Ziel erfasst, Einblick in die Wirkungsweise dieses Instruments zu erlangen.
Im Grundlagenteil (Kapitel 2) dieser Arbeit werden zunächst die wichtigsten Grundbegriffe erläutert, bevor das Instrument der Namensrechte an Stadien in den gesamtwirtschaftlichen Marketing-Kontext eingeordnet wird. Vor diesem theoretischen Hintergrund wird das Sponsoringinstrument des Erwerbs von Namensrechten näher erklärt und durchleuchtet. Den Hauptteil dieser Arbeit bildet ein theoretisches, aber überwiegend praxisnahes Konzept für den kompletten Sponsoringprozess mit all seinen Entscheidungen, den Sponsorunternehmen bei erfolgreicher Gestaltung von Namensrechten im Idealfall durchlaufen (Kapitel 3). Angefangen mit der Analyse der Ausgangssituation, über die Planung und Umsetzung bis hin zur Erfolgskontrolle eines Namensrechtesponsorings werden die einzelnen Phasen vorgestellt und erläutert. Daraus abgeleitet sollen sowohl Erfolgsfaktoren für die nutzenstiftende und wirtschaftliche Gestaltung genannt werden. Des Weiteren werden...