2 Einleitung zur DAfStb-Richtlinie „Stahlfaserbeton“
2.1 Allgemeines
Die Normenwerke für Beton wie die DIN EN 1992-1-1, die DIN EN 206-1, die DIN EN 13670 sowie die entsprechenden nationalen Anwendungsnormen der DIN 1045 ff und die weiterführenden Richtlinien des Betonbaus beziehen sich auf die Entwicklung der letzten Jahrzehnte in der Betontechnik. So begann die nennenswerte Zugabe von Zusatzstoffen erst in den sechziger Jahren, doch durch findige Ideen und dann folgende intensive Forschungstätigkeit wurden die Möglichkeiten – u.a. Flugasche dem Beton zuzugeben – deutlich ausgeweitet. Zunächst waren dazu allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen sowohl für die Flugasche als auch für die Betonzusammensetzung erforderlich. Heute gehört der Einsatz von Betonzusatzstoffen zum Alltag in der Betontechnologie und bedarf nur noch in Ausnahmefällen bauaufsichtlicher Zulassungen, da viele Erfahrungen aus der Praxis in die Normung des Betonbaus eingeflossen sind, z.B. in DIN EN 450 ff.
Eine ähnliche Entwicklung vollzog bzw. vollzieht sich bei den Fasern. Aus den allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen ist eine Stoffnorm für Fasern in mehreren Teilen entstanden, die DIN EN 14889ff. In dieser Norm sind im Teil 1 Begriffe, Festlegungen und Konformität zu Stahlfasern geregelt und im Teil 2 Begriffe, Festlegungen und Konformität zu Kunststofffasern.
Die Stahlfasern können nach den Festlegungen der Norm als Betonausgangsstoff eingesetzt werden. Für den Einsatz von Fasern nach Teil 2 sind in Deutschland noch bauaufsichtliche Zulassungen für die Verwendung im statisch relevanten Bereich erforderlich.
Im derzeitigen Regelwerk der DIN EN 206-1/DIN 1045-2 ist nur das Zumischen von Fasern, die DIN EN 14889ff entsprechen, möglich. Die Fasern werden heute nicht mehr zu den Zusatzstoffen gezählt, sondern werden als eigener Betonausgangsstoff geführt. Damit ist der Beton von einem „Drei-Stoff-System“ über ein „Fünf-Stoff-System“ zu einem „Sechs-Stoff-System“ geworden.
Die Bemessung und Qualitätssicherung bei der Herstellung und Anwendung im Betonbau sind im weitesten Sinne nicht in einer Anwendungsnorm für Stahlfaserbeton geregelt. Die DAfStb-Richtlinie „Stahlfaserbeton“ greift dies auf und beschreibt für eine Vielzahl von statisch relevanten Bauteilen die Anwendungsregeln. Hierbei werden die Eigenschaften genutzt, die durch die Stahlfasern im Beton erreicht werden können. Im Bild 2.1 ist anschaulich dargestellt, wie der Belastungsdehnungsverlauf von einem Beton, Stahlbeton und einem Stahlfaserbeton im Allgemeinen aussehen kann.
Ausführlich werden die Anwendungen und Grundlagen in den folgenden Abschnitten beschrieben.
Bild 2.1: Kraft-Dehnungs-Diagramm für verschiedene Betonarten [91]
Auf der Grundlage des DBV-Merkblatts „Stahlfaserbeton“ des Jahres 2001 [22] und den Erfahrungen aus den Bauteilzulassungen wurde die DAfStb-Richtlinie „Stahlfaserbeton“ [16] erarbeitet. Die Bauteilzulassungen wurden bis zum Erscheinen der DAfStb-Richtlinie „Stahlfaserbeton“ auf der Grundlage des erwähnten DBV-Merkblatts [22] erstellt. Zum besseren Verständnis und für Auslegungsfragen wurde im Jahre 2004 noch eine Beispielsammlung für Stahlfaserbetonbauteile erarbeitet [19]. In der genannten Beispielsammlung wurden Anwendungsfälle, u.a. für Einfeldbalken, Durchlaufträger, Deckenplatte, Bodenplatte, querkraftbeanspruchter Plattenbalken, Tunnelinnenschale, Kellersohlplatte sowie Kelleraußenwände ausführlich beschrieben und Festlegungen für die Stahlfaserbetone nach DBV-Merkblatt aufgeführt und erläutert.
Die erarbeiteten Bauteilzulassungen lagen zu diesem Zeitpunkt für Bodenplatten, Wände, Fertiggaragen und vorgespannte Balken und Träger vor. Die bauaufsichtliche Einführung der DAfStb-Richtlinie „Stahlfaserbeton“ im Jahre 2011ermöglicht nun, dass die Anwendung in Bodenplatten und Wänden nicht mehr in Zulassungen geregelt sein müssen. In [16] wird auf die Erfahrungen aus den Bauteilzulassungen eingegangen.
Die technischen Regeln zum Stahlfaserbeton erschließen diesem Baustoff weite Anwendungsfelder. Die Umsetzung in die Praxis wird lediglich durch Unsicherheiten vieler planender und bemessender Ingenieure gehemmt.
2.2 Aufbau der DAfStb-Richtlinie „Stahlfaserbeton“
Die Mehrzahl der Richtlinien des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton (DAfStb) sind so aufgebaut, dass die Änderungen und Ergänzungen gegenüber den derzeit gültigen Regelwerken DIN EN 1992-1-1 (DIN 1045-1), DIN EN 206-1/DIN 1045-2 sowie DIN EN 13670/DIN 1045-3 in einer Dreiteilung von Bemessung, Herstellung und Bauausführung zusammengefasst werden.
Bild 2.2: System Europäischer Normen als Grundlage für Bemessung, Ausführung und Baustoffwahl für Betonbauwerke (Hauptkomponenten)
Im Hinblick auf die Umsetzung des europäischen Normenwerks (Bild 2.2) zum Betonbau ist eine Anpassung der DAfStb-Richtlinie „Stahlfaserbeton“ an diese Normen bereits in Vorbereitung [15]. Die Dreiteilung in der Richtlinie [16] bleibt dabei, aufbauend auf DIN EN 1992-1-1 NA, DIN EN 206 sowie DIN EN 13670, erhalten. Die Regelungen aus den bisher vorliegenden und bauaufsichtlich eingeführten europäischen Normen (DIN EN 1992-1-1 NA) sind bereits in dem neuen Entwurf zur Überarbeitung der DAfStb-Richtlinie „Stahlfaserbeton“ [15] berücksichtigt.
2.3 Anwendungsbereiche
In der DAfStb-Richtlinie „Stahlfaserbeton“ wird der Anwendungsbereich in den Einleitungen zu den Teilen 1 und 2 angegeben. In der Richtlinie geregelt sind die Bemessung und Konstruktion von Tragwerken des Hoch- und Ingenieurbaus mit Stahlfaserbeton sowie die Kombinationsmöglichkeiten von Stahlfaserbewehrung und Betonstahlbewehrung.
Die Richtlinie kann auch angewendet werden für nichttragende Bauteile, wenn dies vertraglich vereinbart wird. Dazu können auch die Industrieböden zählen [52], die heute in der Mehrzahl der Anwendungen nach der TR 34 [12] bemessen werden.
Die Richtlinie schließt ihre Anwendung aus für Bauteile aus:
- vorgespanntem Stahlfaserbeton,
- gefügedichtem und haufwerksporigem Leichtbeton,
- hochfestem Beton der Druckfestigkeitsklassen ab C55/67,
- Stahlfaserbeton ohne Betonstahlbewehrung in den Expositionsklassen XS2, XD2, XS3 und XD3, bei denen die Stahlfasern rechnerisch in Ansatz gebracht werden,
- selbstverdichtendem Beton,
- Beton nach Zusammensetzung,
- Standardbeton sowie
- Stahlfaserspritzbeton.
Einige Bauteile, die auch über die DAfStb-Richtlinie „Stahlfaserbeton“ abgedeckt wären, sind noch in Zulassungen (Tafel 2.1) geregelt, die diesen Bauteilen teilweise über den von der Richtlinie abgedeckten Bereich hinausgehende Anwendungen ermöglicht.
Für vorgespannte Bauteile aus Stahlfaserbeton existieren im Moment mehrere Zulassungen, die in der folgenden Tabelle Tafel 2.2 zusammengefasst sind.
Tafel 2.1: Zulassungen – Wände aus Stahlfaserbeton (Stand: März 2013)
Zulassungs-Nr. | Zulassungsinhaber | zugelassenes Bauteil | Geltungsdauer |
Z-71.2-30 | ArcelorMittal Bissen Rte de Finsterthal 7769 Bissen Luxemburg | Kellerwände aus Stahlfaserbeton | Z: 30.05.2006 G: 01.04.2014 |
Z-71.2-32 | Max Bögl Fertigteilwerke GmbH & Co. KG Max-Bögl-Straße 1 92369 Sengenthal | Brandwände aus Stahlfaserbeton | Z: 20.06.2008 G: 30.06.2013 |
Z-71.2-33 | Cemex Deutschland AG Ingenieurdienstleistungen Daniel-Goldbach Straße 25 40880 Ratingen | Kellerwände aus Cemex-Stahlfaserbeton | Z: 24.10.2008 G: 01.04.2013 |
Tafel 2.2: Zulassungen – Vorgespannte Bauteile aus Stahlfaserbeton (Stand: März 2013)
Zulassungs-Nr. | Zulassungsinhaber | zugelassenes Bauteil | Geltungsdauer |
Z-71.3-27 | Max Bögl Fertigteilwerke GmbH & Co. KG Max-Bögl-Straße 1 92369 Sengenthal | Stahlfaserverstärkte Spannbeton-Balken mit Rechteckoder Trapezquerschnitt | Z: 22.03.2007 G: 30.06.2015 |
Z-71.3-31 | Max Bögl Fertigteilwerke GmbH & Co. KG Max-Bögl-Straße 1 92369 Sengenthal | Stahlfaserverstärkte Spannbeton-Binder | Z: 21.11.2012 G: 01.05.2017 |
Z-71.3-33 | Rekers Betonwerk GmbH & Co. KG Portlandstraße 15 48480 Spelle | Vorgespannte Binder aus Stahlfaserbeton | Z: 25.09.2008 G: 30.09.2013 |
Z-71.3-35 | Rekers Betonwerk GmbH & Co. KG Portlandstraße 15 48480... |