2. Stiftungsmanagement als verantwortungsvolle Aufgabe
2.1. Vorab: Stiftungsbegriff und -typen
Stiftungen sind in aller Munde, doch was unter einer Stiftung zu verstehen ist, ist nicht immer ganz klar. Die Verben stiften und spenden werden als Handlungsbegriffe z.B. oft synonym gebraucht. Eine „Zustiftung“ bezeichnet meist die Handlung (nämlich die Zuwendungzum Kapital einer bestehenden Stiftung), mit „Stiftung“ wird dagegen meist die Institution bezeichnet. Hier wird unter der Handlung des Stiftens – im Unterschied zum Spenden – die Weggabe von Vermögen zum Zwecke der Errichtung einer Institution, die die Merkmale der Stiftung aufweist, verstanden.
Aber damit ist noch nicht viel gewonnen: die Stiftung als Organisationsform kann ganz unterschiedlich aussehen. Eine abschließende gesetzliche Definition gibt es nicht, und auch die Definitionen im einschlägigen Schrifttum fallen recht unterschiedlich aus.19
Einigkeit dürfte insofern bestehen, dass Stiftungen über einheitliche charakteristische Merkmale verfügen. Dazu gehören das Stiftungsver mögen, der Stiftungszweck und die Stiftungsorganisation, wobei abhängig von der Rechtsform das eine oder andere Merkmal unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann. Eine Stiftung kann damit als Vermögensmasse beschrieben werden, die einem bestimmten – meist gemeinnützigen – Zweck gewidmet ist.20 Prototyp der Stiftung ist die rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts (vgl. §§ 80 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), siehe S. 160).
Die unterschiedlichen Stiftungstypen können nach verschiedenen Kriterien differenziert werden. Soweit das rechtliche Kriterien sind, ist je nach Typus der Rahmen auch für das Stiftungsmanagement unterschiedlich.
Juristisch kann zunächst nach dem einschlägigen stiftungsrechtlichen Rahmen unterschieden werden:
Öffentlich-rechtliche Stiftungen werden durch einen Hoheitsakt errichtet und sind den Regelungen der öffentlichen Verwaltung unterworfen.
Privatrechtliche Stiftungen können durch unterschiedliche Rechtsakte von juristischen oder natürlichen Personen errichtet werden und unterliegen den privatrechtlichen Regelungen für ihre – unterschiedliche – Rechtsform. Eine Rechtsform der privatrechtlichen Stiftung ist die „klassische“ rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts gemäß §§ 80 ff. BGB.
Kirchliche Stiftungen erfüllen kirchliche Zwecke im Organisationsbereich von öffentlich-rechtlich anerkannten Religionsgemeinschaften. Sie können öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich sein. Für sie gilt nach der Errichtung kirchliches Stiftungssonderrecht (z.B. Zuständigkeit der kirchlichen Stiftungsaufsicht).
Kommunale Stiftungen sind Stiftungen in der Verwaltung einer Gebietskörperschaft; für sie existieren zum Teil spezifische Regelungen in Landesstiftungsgesetzen.
Als weiteres juristisches Unterscheidungsmerkmal dient die Rechtsfähigkeit der Stiftung. Rechtsfähige Stiftungen sind juristische Personen des Privatrechts oder des öffentlichen Rechts. Treuhandstiftungen – auch unselbstständige oder fiduziarische Stiftungen – haben keine Rechtspersönlichkeit und benötigen daher für ihre Entstehung und Handlungsfähigkeit im Rechtsverkehr einen rechtsfähigen Treuhänder, z.B. für den Abschluss von Verträgen.21
Ein wichtiges Differenzierungskriterium ist die steuerrechtliche Einordnung der Stiftung. Zu unterscheiden ist zwischen der privatnützigen und der gemeinnützigen Stiftung. Stiftungen, die ausschließlich privatnützige Zwecke verfolgen, sind mit ihrem Vermögen und den Erträgen allgemein steuerpflichtig. Hervorzuheben sind hier Familienstiftungen und kommerzielle Wirtschaftsunternehmen, die in der Rechtsform einer Stiftung geführt werden. Dagegen sind Stiftungen, die gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen, steuerbegünstigt. In Deutschland sind nach Angaben des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen rund 95 Prozent der Stiftungen gemeinnützig.22 Wenn hierzulande von Stiftungen die Rede ist, wird ihre Gemeinnützigkeit darum meist gewissermaßen unausgesprochen als selbstverständlich unterstellt.
Eine besondere Form ist die sogenannte Doppelstiftung. Hierbei handelt es sich um die Kombination von zwei unterschiedlichen Stiftungen: eine in der Regel privatnützige Familienstiftung und eine gemeinnützige unternehmensverbundene Stiftung. Die Doppelstiftung dient in den meisten Fällen der Regelung der Nachfolge eines Familienunternehmens. Ein Großteil der Anteile am Unternehmen wird als Vermögen in die gemeinnützige Stiftung eingebracht, die mit den anteiligen Erträgen gemeinnützige Zwecke verfolgt, jedoch nicht direkt an der Unternehmensführung beteiligt ist. Ein weiterer Teil des Unternehmens wird in der privatnützigen Familienstiftung gebündelt. Diese Doppelkonstruktion trägt u.a. zum nachhaltigen Bestand des Unternehmens bei, sichert zugleich aber der Familie und ihren Nachkommen ein Einkommen aus den Anteilen der Familienstiftung.23
Ferner kann nach unterschiedlichen Rechtsformen für Stiftungen unterschieden werden. Neben der „klassischen“ rechtsfähigen Stiftung bürgerlichen Rechts gibt es die Treuhandstiftung, die Stiftungs-GmbH (z.B. Robert Bosch Stiftung), den Stiftungsverein (z.B. Mentor-Stiftung oder Stiftung Menschen für Menschen) oder die Stiftungs-AG. Je nach Rechtsform gelten unterschiedliche juristische Regelungen. So gelten für Stiftungsvereine die vereinsrechtlichen Bestimmungen (vgl. §§ 21 ff. BGB), während die Stiftungs-GmbH dem Gesetz betreffend den Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) unterliegt. Unterschiedliche Regelungen gibt es für verschiedene Rechtsformen nicht nur im Privatrecht. Beispielsweise beaufsichtigen Stiftungsbehörden in der Regel nur „klassische“ Stiftungen des bürgerlichen Rechts. Für die privatrechtlichen rechtsfähigen kirchlichen und kommunalen Stiftungen bestehen dagegen zum Teil ebenso Sonderregelungen wie für die Stiftungen des öffentlichen Rechts. Treuhandstiftungen unterliegen dagegen keiner staatlichen Stiftungsaufsicht.
Außerdem kann nach den jeweiligen Stiftenden unterschieden werden. Gemeinschaftsstiftungen werden durch mehrere juristische oder natürliche Personen errichtet. Bürgerstiftungen sind eine Form von Gemeinschaftsstiftungen, die zudem weitere Merkmale erfüllen.24 Für Unternehmensstiftungen (Corporate Foundations) ist kennzeichnend, dass sie durch ein oder mehrere rechtsfähige Unternehmen – also kommerzielle juristische Personen – errichtet sind, Unternehmerstiftungen dagegen von einem Unternehmer, also von einer Privatperson.
Eine weitere Unterscheidung ist nach satzungsgemäßen Zwecken möglich; dementsprechend wird z.B. von Kulturstiftungen, Sozialstiftungen, Wissenschafts- und Umweltstiftungen gesprochen. Diese Unterscheidung hatte früher auch steuerrechtliche Bedeutung, weil unterschiedliche gemeinnützige Zwecke steuerlich unterschiedliche Abzugsmöglichkeiten für Spenden und Zustiftungen boten. Dies ist aber 2007 weitgehend vereinheitlicht worden.
Schließlich kann nach Handlungsweisen unterschieden werden. Mit fördernden Stiftungen werden gemeinhin Stiftungen bezeichnet, die finanziell Projekte anderer oder Institutionen fördern. Dem gegenüber stehen operative Stiftungen, die die von der Stiftung finanzierten Projekte selbst – gegebenenfalls mit „Zulieferungen“ Dritter – durchführen. Diese Einordnung deckt sich nicht immer mit der steuerlichen Beurteilung: Eine Stiftung, die z.B. Preise oder Stipendien vergibt, kann im Sinne der Abgabenordnung durchaus als Stiftung angesehen werden, die ihre Zwecke unmittelbar selbst verwirklicht (vgl. § 57 Abs. 1 AO).
Für das Stiftungsmanagement sind vor allem die vorgenannten juristischen Unterscheidungen bedeutsam. Ein Grundwissen zu allen wesentlichen einschlägigen rechtlichen Regelungen ist eine der Erfolgsvoraussetzungen für effektives Stiftungsmanagement (siehe S. 52). Wer eine öffentlich-rechtliche Stiftung managt, steht insofern anderen Bedingungen gegenüber als die Führungskraft einer privatrechtlichen Stiftung. Gleichwohl wäre es eine unsinnige Überforderung (selbst von „normalen“ Volljuristen) ein umfassendes Verständnis der komplexen juristischen Materie des Stiftungs(steuer)rechts zu verlangen. Für den nicht juristisch hochkompetenten Stiftungsmanager ist aber sinnvoll, Basisseminare zu diesem Themenkreis zu besuchen (beispielsweise bei der Deutschen StiftungsAkademie), und eventuell einige allgemein verständliche Publikationen zum Nachschlagen und mit Mustervorlagen zur Hand zu haben25 sowie sich spezifischer Rechtskompetenz zu versichern, z.B. durch die Mitgliedschaft im Bundesverband Deutscher Stiftungen.
Aber auch andere als die zuvor genannten Typendifferenzierungen wirken sich auf das Stiftungsmanagement aus:...