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Strategien für zukünftige Anforderungen im Gesundheitswesen

Qualifizierung für das Management in der Gesundheitswirtschaft

AutorRajko Pflügel
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl116 Seiten
ISBN9783640785506
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis24,99 EUR
Forschungsarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Gesundheit - Public Health, Note: 1,0, Hochschule Neubrandenburg, Sprache: Deutsch, Abstract: Die sich abzeichnende Veränderung der Leistungen und der Leistungsprozesse im Gesundheitssystem bedingt neue Herausforderungen an die Qualifikationen des Führungspersonals und ihrer Mitarbeiter. Unternehmen benötigen kompetente Mitarbeiter als Voraussetzung für eine effiziente und zugleich effektive Kooperation und Netzwerkbildung. Netzwerkbildung bringt für das einzelne Unternehmen in Kooperation mit anderen Institutionen, Einrichtungen und Partnern erhebliche Synergieeffekte. Mit zunehmenden Integrations- und Vernetzungsgrad im Gesundheitssektor erhöht sich jedoch zugleich der Bedarf einzelner Kooperationspartner, die ihre Verhandlungsposition nur durch Aneignung von netzwerkrelevantem Wissen adäquat festigen können. Derzeit sind die einzelnen Berufsgruppen im Gesundheitssystem aufgrund einseitiger und nicht-fachübergreifender Qualifikationen unzureichend imstande die Schnittstellenproblematik in den Griff zu bekommen. Dazu sind explizit für diese Thematik ausgebildete Gesundheitsexperten notwendig, die mit Hilfe von dafür angelegten Aus-, Fort- und Weiterbildungsprogrammen qualifiziert werden. So formen sich neue Berufsbilder heraus, wie z. B. Netzwerk-, Case- und Disease-Manager. Bis heute fehlt es jedoch im Rahmen der Umsetzung von Integrierter Versorgung an konkreten Handlungsmustern und Rollendefinitionen für diese Aufgaben. Folgenden Fragen widmet sich das hier vorliegende Forschungsprojekt und möchte so einen Beitrag zu den oben genannten Herausforderung leisten: • Was sind zukünftige Entwicklungstrends in einem dynamischen Gesundheitssystem? • Welche innovativen Organisationsformen und/ oder Produkte können herausgestellt werden? • Wie können Unternehmen beim Aufbau innovativer Versorgungsformen unterstützt werden? • Welche Kompetenzen braucht es, um diesen Entwicklungstrends folgen zu können? • Welche Strukturen und Mitarbeiterprofile benötigen die Einrichtungen, um die notwendigen Wettbewerbsparameter wie Effizienz, Qualität und Kooperation zu erfüllen? • Wo genau liegt der Fokus der Leistungserbringer im Gesundheitswesen? Wo gibt es Probleme? Wo liegen konkrete Bedarfe zur Hilfestellung? • Wie kann ein Qualifizierungscurriculum entsprechend der Bedarfe aufgebaut werden? • Wie kann das erlernte Wissen praxisorientiert erprobt werden?

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Leseprobe

II. Entwicklungspotentiale und Qualifizierung in der Gesundheitswirtschaft


 

1. Einleitung


 

Es gibt ca. 4,3 Mio. Beschäftigte in der Gesundheitsbranche in Deutschland (zum Vergleich: im Baugewerbe ca. 2,3 Mio.), weiterhin gibt es mehr als 800 Berufe im gesamten Sektor. Die Gesundheitsbranche stellt einen zentralen Arbeitsmarkt für Frauen (ca. 3 Mio.) dar. Vom Jahre 2004 zu 2005 gab es einen Beschäftigungszuwachs von 27.000 Angestellten. Die Entwicklung der Gesundheitsausgaben steigt dagegen an: von 1995 (187 Mrd. €) zu 2004 (234 Mrd. €). Im Jahr 2004 betrug der Anteil am BIP ca. 10,6%. Die Gesundheitsausgaben je Einwohner sind von 1995 bis 2004 von 2.080€ auf 2.840€ angestiegen. Die Ausgaben für Gesundheit in privaten Haushalten und privaten Organisationen erhöhten sich von 2002 zu 2004 von 26.926 Mio. € auf 32.073 Mio. €.[11]

 

Der derzeit stattfindende Strukturwandel in der Gesundheitswirtschaft führt zu veränderten Rahmenbedingungen für Leistungsanbieter und Leistungsprozesse. Für Organisationen, Einrichtungen und Unternehmen auf dem Gesundheitsmarkt birgt diese Entwicklung gleichermaßen Risiken wie Chancen. Die Gesundheitsversorgung der Zukunft orientiert sich an der interdisziplinären Arbeitsteilung und der Kooperation der Leistungsanbieter. Innovative Dienstleistungen berücksichtigen die Patientenbedürfnisse durch ein ganzheitliches Versorgungskontinuum. Einrichtungen, die von dem Wandel profitieren wollen, müssen neue Entwicklungen antizipieren und ihre Mitarbeiter auf die zukünftigen Anforderungen vorbereiten. Der Handlungsdruck kann nur mit qualifizierten und motivierten Mitarbeitern bewältigt werden. Hieraus erwächst die Konsequenz, dass sich die Gesundheitsfachberufe neu definieren werden (Assistenz-, pflegerische, therapeutische und medizintechnische Berufe).[12]

 

Der Gesetzgeber reagiert auf die Ausgabensteigerungen im GKV-System: Der Grund für die aktuellen Entwicklungen im deutschen Gesundheitswesens sind die zu erwartenden Finanzierungsdefizite bei der Absicherung der krankheitsbedingten Lebensrisiken.[13] Die Ursachen hierfür liegen im demographischen Wandel, dem sich wandelnden Krankheitsspektrum und dem medizinisch-technischen Fortschritt. Maßnahmen zur Kostendämpfung stehen seit drei Jahrzehnten im Zentrum der Reformbemühungen. Erst mit dem Gesundheitsstrukturgesetz von 1992[14] und der Gesundheitsreform 2000[15] begann ein Paradigmenwechsel: im Zentrum stehen heute die Einnahmenseite (Gesundheitsfonds) sowie die Anreizstrukturen der Akteure (Wettbewerb durch Integrierte Versorgung & Einzelleistungsverträge). Zielsetzung dieser Reformen ist die Steigerung von Effizienz und Effektivität aller Akteure im Gesundheitswesen.[16] Neben den steigenden Ausgaben skizziert der Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen in seinem Gutachten 2000/2001 zur Bedarfsgerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit ausführlich die Über-, Unter- und Fehlversorgung.[17] Eine der wesentlichen Ursachen für diese Fehlsteuerung liegt in der mangelnden Kooperation zwischen Ärzten, Krankenhäusern und anderen Leistungserbringern. Im Mittelpunkt der Reformpolitik steht deshalb die Förderung innovativer Versorgungsformen.

 

Neue Versorgungsformen stellen hohe Anforderungen an die Gesundheitsfachberufe: Zukünftig wird den Unternehmen und Einrichtungen sowie den Mitarbeitern ein hohes Veränderungspotenzial abverlangt. Neue und innovative Versorgungsformen stellen zwangsläufig neue Anforderungen an das Profil der Gesundheitsberufe dar. Fehlende Kooperationen zwischen den Leistungsteilbereichen führen zu Ineffizienzen, was nicht nur institutionelle und volkswirtschaftliche Ressourcenverschwendung, sondern auch Qualitätseinbußen für den einzelnen Patienten in der Versorgung bedeutet.

 

Entwicklungspotentiale und Qualifizierungsbedarfe: Die Medizin, die Pflege und andere Heil- und Hilfsberufe befinden sich in einem anhaltenden Diskurs über Professionalisierung/ Akademisierung sowie neuen Handlungsfeldern. Hintergrund dieser Entwicklungen ist die Qualifizierung für institutionsgebundene Führungstätigkeiten und die Stärkung der Entscheidungskompetenz nichtmedizinischer Gesundheitsfachberufe. Folgt man dem Paradigma einer integrierten Gesundheitsversorgung (§ 140 a-d SGB V), dann kann die Grundlagenausbildung der pflegerischen Berufe das Wissens- und Verständnisfundament für Managementtätigkeiten in Versorgungsnetzen bilden. Sektoren- und einrichtungsübergreifende Netzwerke können im Kontext umfassender Leistungsangebote nur kooperieren, wenn bei der Aus-, Fort- und Weiterbildung der Mitarbeiter ein breiterer Fokus auf die betriebswirtschaftlichen, organisatorischen und gesundheitssystemischen Zusammenhänge gelegt wird. Ohne die Qualifizierung der Gesundheitsfachberufe im Sinne der Neustrukturierung ist ein „Wachstumsmarkt Gesundheit“ kaum möglich.[18]

 

2. Wachstumsmarkt Gesundheit & Pflege: Rahmenbedingungen und Entwicklungspotentiale


 

2.1 Einleitung


 

Gesundheitsexperten sind davon überzeugt, dass aufgrund des demographischen, sozialen und gesundheitspolitischen Wandels der Bedarf an qualifizierten Gesundheits-/ Pflegekräften in den nächsten Jahrzehnten steigen wird. Es werden sich neue Aufgaben- und Tätigkeitsgebiete entwickeln, die zunehmend Kompetenzen und Qualifikationen auf akademischem Niveau erfordern.[19]

 

Der Demografische Wandel, die Überalterung der Gesellschaft, die Zunahme an demenziellen Erkrankungen, ein Wandel der Sozialen Strukturen (Grenzen der Familienpflege), der technische Fortschritt („unbegrenzte“ medizinisch technische Möglichkeiten für ein längeres und gesünderes Leben) und wachsende Gesundheitsbedürfnisse sind Einflussfaktoren auf ein sich wandelndes Versorgungssystem. Es kommt zur Verschiebung des Pflegebedarfs in den außerklinischen Bereich.

 

Die Gesundheitswirtschaft wird zum Wachstumsmarkt. Patienten erwarten hochwertige Dienstleistungsangebote und sind zunehmend bereit, mehr private Mittel für mehr Lebensqualität einzusetzen. Aufgrund des steigenden demografischen Faktors entwickelt sich eine alternde und individualisierte Gesellschaft, welche den Bedarf an Produkten und Dienstleistungen steigen lässt. Zunehmend wird das Leistungsangebot aus den sozialen Sicherungssystemen mit individuell zusammengestellten Leistungen auf dem Selbstzahlermarkt zu einem komplementären Versorgungspaket zusammengestellt.[20]

 

Pflegearbeit wird zu einem wichtigen Bestandteil eines umfassenden Versorgungsangebotes und gerät damit stärker als in der Vergangenheit in die Rolle des Koordinators von Hilfebedarf. Pflege wird zunehmend die Aufgaben der Moderation, der Beratung und der Information übernehmen. Die Versorgenden werden zukünftig abwechselnd in unterschiedlichen Bereichen - stationär wie auch ambulant - arbeiten.[21] Es eröffnen sich neue Märkte. Vielmehr Pflege wird durch Professionelle übernommen. Aus dieser Nachfrageentwicklung ergibt sich ein steigender Fachkräfte- und Qualifizierungsbedarf.[22]

 

2.2 Demographischer Wandel: Mehr alte Menschen, weniger Junge


 

Im Zuge des demographischen Wandels - Überalterung der Bevölkerung bei sinkender Geburtenrate - kommt auf die Kostenträger und Leistungserbringer im Gesundheitswesen (Health Professionals) ein enormer Anpassungsaufwand zu. Die Prognosen der Alterspyramide zeigen eine drastische Verschiebung der Altersstruktur.

Abbildung 2: Veränderung der Altersstruktur in Deutschland[23]

 

 

Allein diese demographischen Veränderungen lassen erkennen, dass der Gesundheits- und Pflegemarkt vor wachsenden Herausforderungen stehen wird.[24] Der medizinisch-technische Fortschritt ermöglicht eine zunehmend erfolgreiche Prävention, Kuration und Rehabilitation. Der Altersquotient wird ansteigen, d. h. die Relation von Alten zu Jungen wird zunehmen. Dies erklärt den zu erwarteten Anstieg kranker und pflegebedürftiger Menschen.[25] Aus der Überalterung der Gesellschaft resultiert ein Anstieg der Gesundheitsausgaben. Das Ausgabenwachstum ist auch auf die zunehmende Inanspruchnahme von primären und sekundären Leistungen zurückzuführen. So stehen zukünftig neben den klassischen Angeboten auch neue Leistungen im Nachfragefokus, der Selbstzahlermarkt für innovative Gesundheitsdienstleistungen und Produkte wird zukünftig weiter zunehmen. Mit einer Erhöhung der Humanressource würde die zukünftige Finanzlast leichter zu tragen sein. Das Human Capital wird aber auch dahingehend beeinflusst, dass mit zunehmendem Alter die Morbidität in der Bevölkerung ansteigt und somit die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen zunimmt. Eine erhöhte Nachfrage entsteht weiter durch ein gesteigertes Anspruchsniveau infolge eines erhöhten Gesundheitsbewusstseins der Versicherten bzw. Patienten, worin auch eine Ursache für die Entwicklung der Gesundheitswirtschaft zu einem Wachstumsmarkt gesehen werden kann. Patienten erwarten - zunehmend in der Rolle von Kunden - hochwertige Dienstleistungsangebote und sind zunehmend bereit eigene finanzielle Ressourcen zuzusteuern.

 

2.3 Alzheimer - Demenz: Wandel im Krankheitsspektrum


 

Fast die Hälfte aller Pflegebedürftigen in Privathaushalten hat eine...

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