Die Streptokokken wandern über Organgrenzen hinaus. Aus der lokalen Reaktion wird eine ausgedehnte Reaktion, „per continuitatem“.
Die Streptokokken zeigen sich oft nicht auf der Oberfläche. Sie verstecken sich in den Lymphbahnen und in den Zellen. Auf der Oberfläche nisten sich nach einiger Zeit andere pathogene Keime ein, die Pneumokokken.
Die Pharyngitis ist eine Entzündung des Hals- und Rachenbereiches, des Pharynx.
Die Tonsillitis ist eine Entzündung der Rachen-Mandeln, der Tonsillen. Die Rachen-Mandeln sind oft durch chronische Entzündungen verändert, vernarbt. Es können sich Abszesse im Gebiet um die Mandeln herum bilden, die peritonsillären Abszesse.
Die Laryngitis ist eine Entzündung der Stimmbänder. Heiserkeit oder Stimmverlust ist die Folge.
Die Lymphadenitis ist eine Entzündung, schmerzhafte Schwellung der Hals-Lymphknoten.
Man nennt sie auch Seitenstrangangina.
Die Otitis ist eine Entzündung des Mittelohres. Die akute Otitis media ist die häufigste Begründung für einen operativen Eingriff in den USA: Es werden Röhrchen eingelegt zur Ableitung der Entzündungsflüssigkeit.[12]
Die Nasennebenhöhlen und die Stirnhöhlen entzünden sich,
es kommt zur Sinusitis.
Die fortgeleitete Entzündung der Knochenhöhlen kann auch hinter den Ohren zu einer Hohlraum-Entzündung führen, der Mastoiditis.[13]
Das Gleichgewichtsorgan steht in engem Kontakt mit dem Mittelohr. Eine Entzündung der Lymphflüssigkeit im Labyrinth führt zu Schwindel und Gleichgewichtsstörung.
Die fortgeleitete Entzündung kann auch in den Schädel-Innenraum weitergehen.
Es kommt dann zu einer Hirnhautentzündung.
Es kann aber auch zu einer Entzündung von einzelnen Gesichts-Nerven kommen.
2.1.10.1. Facialis-Neuritis.
Der Facialis-Nerv zeigt sich durch ein Lähmung von Gesichts-Muskeln.
2.1.10.2. Trigeminus-Neuritis.
Der Trigeminus zeigt sich durch starke Schmerzen im Gesicht entlang der Nerven-Bahn.
2.1.10.3. Morbus Meniere und Hörsturz/Tinnitus.
Die Entzündung der Nerven des Innenohres können einmal Gleichgewichtsstörungen hervorrufen. Es kann aber auch zu Hörstörungen oder Misstönen kommen.
Die Hautinfektion durch Streptokokken wird auch in unseren Klima-Zonen beobachtet, sie zeigt sich in verschiedenen typischen Formen.
Impetigo contagiosa, die Grindflechte, ist die häufigste bakterielle Hautkrankheit bei Kindern.
Es bilden sich in der oberen Hautschicht kleine Blasen. Die Blasen platzen. Es folgt eine goldgelbe Fibrin-Krusten-Bildung.[14]
Die Krankheit beginnt wie Impetigo mit einer großen Blase auf gerötetem Grund. Es folgt dann aber eine Ulcusbildung. Es bleibt ein tiefes Loch in der Haut, mit scharf abgegrenztem Rand. Eine Spontanheilung ist selten.[15]
In unseren Klima-Zonen ist das Erysipel die häufigere Reaktions-Form des Menschen auf Streptokokken. Diese Infektion ist schon von Hippokrates beschrieben worden.
Wieder und wieder kommt es zu Rezidiven mit möglichen Ausweitungen des Infektes „per continuitatem“.
Am gefährlichsten ist das Erysipel des Gesichtes.
Es kann durch Erkältungen, aber auch durch Zahninfektionen entstehen.
Es besteht die Gefahr der Sinus-Venen-Thrombose des Gehirns.
Eine gefürchtete Infektion ist das Fournier-Syndrom.
Durch Streptokokken-Invasion im Unterkörper kommt es zu unförmigen Anschwellungen, Entzündung und Rötung von Scrotum und Perineum.
Oft hilft nur die Amputation der Geschlechtsorgane.
Bei einem meiner Patienten war es nach einer Kriegsverletzung und Osteomyelitis 50 Jahre später zu einer Exacerbation gekommen. Der Infekt konnte nicht eingedämmt werden und führte zum Tode. Ähnliches hat Jahrzehnte nach dem ersten Weltkrieg Prof. Veil beschrieben.[16]
Das Puerperal-Fieber, das Kindbett-Fieber war der Mörder im Wochenbett bis weit in die Mitte des 19. Jahrhundert hinein.
Erst durch Semmelweiss und seine erfolglosen Bemühungen zeigte sich die Beeinflussung der Infektion durch Desinfektion.
Lister dann konnte die Antisepsis erfolgreich durchsetzen.
Doch gebannt ist die Gefahr noch immer nicht.
Meine Patientin wurde nach komplikationsloser Geburt wegen Fieber ins Krankenhaus geschickt: „Kindbettfieber“.
Sie wurde mit der Diagnose „Grippaler Infekt“ nach Hause entlassen.
Nach einem dreiviertel Jahr sah ich sie wieder:
Wegen einer „chronischen Unterleibsvereiterung“ waren Ovar und Uterus entfernt worden. Seitdem leidet sie unter „chronischen Unterleibsschmerzen“.
Heute ist die häufigste Erscheinungsform des Erysipels der diabetische Fuss.
Ausgehend von kleinen Verletzungen kommt es zur Infektion, Rötung und Schwellung.
Das Gewebe stirbt ab, es folgt das Gangrän.
Die Amputation der Zehen, des Vorfusses, des Unterschenkels ist letzte Hoffnung.
Besonders bei Dialysepatienten kommt es zu rezidivierenden, chronischen Infektionen.
Mein Vater starb auf diese Weise.
Eine andere Patientin kann ich seit über einem Jahr mit Penicillin und Marcumar am Leben erhalten. Die Infektion an beiden Vorfüssen ist nur durch orale Penicillin-Gabe abgeheilt.
Die Antikoagulation mit Marcumar (INR = 2,0) führt zu einer tiefblauen Verfärbung nur der Füsse. Zuvor waren beide Beine tiefblau.
Das Übergreifen des Infektions-Abwehr-Vorganges vom lokalen zum systemischen Prozess geht einher mit einer generalisierten Gerinnungs-Aktivierung.
Diese Sepsis führt in den meisten Fällen zum Tode.
Das Geschehen nimmt im allgemeinen von folgenden Organ-Systemen seinen fatalen Ausgangs-Punkt.
Kleine...