Die Entwicklungen der wirtschaftlichen Situation in den letzten Jahren, die durch Globalisierung, Konzentration auf Kernkompetenzen, weiterhin steigenden Kostendruck und dem richtigen Markteintrittszeitpunkt gekennzeichnet sind, stellen Unternehmen vor immer komplexer werdende und vielschichtige Herausforderungen.[1] Nicht zuletzt die Dynamik und Komplexität in sich stetig ändernden Kundenerwartungen tragen zum vehementen Wettbewerbsdruck bei.[2]
Abbildung 1: Einflussfaktoren auf das Beschaffungsmanagement[3]
Gerade im Einkauf, der in traditioneller Sicht lediglich ein Erfüllungsgehilfe anderer Abteilungen war, aus interner Unternehmenssicht „hohe Ineffizienzen“ aufzeigte und teilweise keine intensiven Beziehungen zu Lieferanten unterhielt, kommt der Optimierung der Beschaffungsprozesse, auch aufgrund der zunehmenden Reduzierung der Fertigungstiefe und des steigenden Outsourcing, eine besondere Bedeutung zu (siehe Abbildung 1 auf Seite 1).[4]
In den letzten Jahren wurden sich Unternehmensleitungen immer mehr der besonderen Stellung der Einkaufsabteilung bewusst. Laut einer Studie von der Intelligence Unit des Economist wird die Bedeutung in den nächsten 10 Jahren weiter wachsen (siehe folgende Abbildung 2).[5]
Abbildung 2: Stellung der Einkaufsabteilung bei der Strategiefestlegung[6]
Der Unternehmensgewinn lässt sich auf zwei Arten steigern: a) den Umsatz erhöhen oder b) die Kosten senken. Das Management von Unternehmen hat erkannt, dass heute mit gleichem Aufwand auf der lange vernachlässigten Beschaffungsseite mehr Wirkung für Ertrag und Wettbewerbsfähigkeit erzielt werden kann als auf der Absatzseite. Beim derzeit schwierigen wirtschaftlichen Umfeld stellt es jedoch eine gehörige Herausforderung dar, den Umsatz zu steigern. Die Kosten zu senken ist meist deutlich einfacher. Es stellt sich die Frage, wie ein Unternehmen es schafft seine Kosten zu senken. Die Optimierung des Beschaffungsprozesses stellt hier einen wichtigen Ansatzpunkt dar.[7]
Abbildung 3: Wertbeitrag des Einkaufs zum Unternehmensergebnis[8]
Eine interne Studie von SAP, die zeigt, dass eine zehnprozentige Umsatzsteigerung den gleichen Effekt hat wie eine Senkung der Materialkosten um 4 Prozent, verdeutlicht sehr stark die Bedeutung der Beschaffung für den Unternehmenserfolg. Weiterhin besagt die Studie, dass Initiativen in der strategischen Beschaffung am schnellsten einen Return on Investment erzielen (siehe Abbildung 3 auf Seite 3). Die Beschaffung muss demzufolge vom Kostendrücker zum Kostengestalter avancieren, um Wettbewerbsvorteile zu schaffen.[9]
Andere Untersuchungen haben weiterhin festgestellt, dass 76% der Kosten, welche eine Bestellung auslösen, rein administrativen Routinearbeiten zuzuordnen sind. Diese Kostenart, die durch zeitintensive Tätigkeiten geprägt ist, kann signifikant reduziert werden.[10] Aus diesem Grund tritt bei der Optimierung der Beschaffungsprozesse die Betrachtung der ganzheitlichen Wertschöpfungskette in den Vordergrund, der Einkauf wird somit zur strategischen Funktion.[11] Indem operative und administrative Tätigkeiten so weit als möglich automatisiert bzw. eliminiert, an Lieferanten oder andere Hierarchiestufen übergeben werden, können sich die Einkaufsabteilungen mehr auf ihre strategischen Kernaufgaben mit höherer Wertschöpfung wie zum Beispiel Verbesserung der Lieferantenbeziehungen, Lieferantenbewertungen, Kontraktmanagement, globale Analysen und
Prozessverbesserungen konzentrieren. Abbildung 4 auf Seite 5 zeigt den Wandel vom traditionellen Einkauf zum strategischen Beschaffungsmanagement.[12]
Unterstützt und ermöglicht wird dieser Wandel durch die Entwicklung der elektronischen Informations- und Kommunikationstechnologie, vor allem durch das Internet, das die gesamte Geschäftswelt im Laufe des 20.Jahrhunderts bedeutend verändert hat. Im Internet können im E-Business-Zeitalter Unternehmen unternehmensübergreifend nach in Frage kommenden Anbietern suchen, sich über das vorhandene Produktspektrum informieren und konkrete Angebote für Bestellungen einholen. Auf diese Weise können die Optimierungs- und Einsparpotenziale im Einkauf erschlossen werden.[13]
Abbildung 4: Vom traditionellen Einkauf zum strategischen Beschaffungsmanagement[14]
Die aktuelle Situation in den Einkaufsabteilungen stellt sich folgendermaßen dar: Auf der einen Seite betrachten zahlreiche Unternehmen die Beschaffung heute schon als wichtige Funktion und setzen bereits elektronische Beschaffungslösungen im Einkauf ein, um von den Potenzialen dieser Software zu profitieren. Eine Erhebung des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) ergab, dass 83% der Unternehmen reine E-Procurement-Lösungen für den Einkauf einsetzen.[15]
Auf der anderen Seite gibt es immer noch Lösungen wie elektronische Ausschreibungen und Auktionen (E-Sourcing), deren Bedeutung und Rationalisierungspotenzial noch nicht erkannt wurden. 52% Prozent der befragten Unternehmen haben noch keine Erfahrungen mit derartigen Systemen.[16]
Auch das Thema Lieferantenmanagement weist noch erhebliches Verbesserungspotenzial auf. Immer mehr Unternehmen realisieren, dass der Preis nur einer von vielen wichtigen Kriterien ist. Die Rolle des Lieferanten, der früher im Rahmen von Preisverhandlungen als Gegner betrachtet wurde, muss sich zu der eines Wertschöpfungspartners hin entwickeln, der langfristig in die Beschaffungsprozesse integriert werden soll.[17]
Hinzukommt, dass die meisten Unternehmen sich nur auf ihre großen Hauptlieferanten konzentrieren. Der Datentransfer mit den Hauptlieferanten erfolgt z.B. via EDI,[18] welcher sehr kostenintensiv ist und nicht auf eine Großzahl von Lieferanten skalierbar ist.[19] Lieferanten von so genannten indirekten Produkten oder MRO-(Maintenance Repair Operations-) Produkten, also Produkten, die nicht direkt ins Endprodukt eingehen, werden deshalb noch oft außen vor gelassen. Geschäftsbeziehungen sind aus diesem Grund wenig automatisiert, fehleranfällig und arbeitsintensiv.[20] Die folgende Abbildung 5 veranschaulicht diesen Sachverhalt.
Abbildung 5: Bisherige Zusammenarbeit mit Lieferanten[21]
Einen weiteren Problembereich stellen inkonsistente und mehrfach vorhandene Stammdaten dar, die das reibungslose Zusammenspiel in einem zunehmend globalen Firmengeflecht erschweren. Für eine zentrale Einkaufsabteilung ist es schwierig, Informationen über Lieferanten und gekaufte Artikel zusammenzufassen, um das so gesammelte Wissen gezielt für Einkaufsverhandlungen mit Lieferanten zu nutzen.[22]
Um die Kosten im Einkauf gering zu halten und das Ziel der Gewinnmaximierung zu erreichen, entstand das Supplier Relationship Management (SRM) als eine natürliche Weiterentwicklung des E-Procurement-Gedankens. SRM beschreibt die Potenziale, die sich aus diesen Entwicklungen für die Versorgung des Unternehmens mit Waren und Dienstleistungen ergeben und stellt dazu verschiedene unterstützende Methoden und Instrumente zur Verfügung, die es ermöglichen auch mit der Masse der Lieferanten zusammenzuarbeiten. Das SRM-Konzept unterstützt und optimiert kritische Prozesse der Wertschöpfungskette – vom Management der Zulieferer über die Entwicklung bis hin zur elektronischen Beschaffung.[23]
Fazit
Der Bereich der Beschaffung bietet viele Ansätze zur Senkung der Kosten, um die Rentabilität des Unternehmens zu steigern. Dafür müssen Beschaffungsprozesse möglichst automatisiert und vereinfacht und die Zusammenarbeit mit den Lieferanten verbessert werden. So bleibt den Einkäufern mehr Zeit für strategische Aufgaben. Zudem muss das Problem der inkonsistenten und mehrfach vorhandenen Stammdaten durch systematisches Stammdatenmanagement angegangen werden. Ein ganzheitliches Supplier Relationship Management kann hier effizient unterstützen und einen Wertschöpfungsbeitrag leisten.
Als Grundlage für das Verständnis für die Zielsetzung dieser Arbeit, sollten die Einleitung und Problemstellung am Anfang dieser Diplomarbeit dienen, die die aktuelle Situation und Entwicklungen auf den Beschaffungsmärkten skizzieren. Dieses betriebswirtschaftliche Umfeld führt zu Veränderungen in den...