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Talentförderung im Deutschen Fußballbund. Ausprägung und Trainierbarkeit koordinativer Fähigkeiten.

Eine empirische Untersuchung

AutorMartin Drobe
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2002
Seitenanzahl139 Seiten
ISBN9783638150125
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis27,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 1999 im Fachbereich Gesundheit - Sport - Sportökonomie, Sportmanagement, Note: 2.0, Technische Universität Dortmund (Sportwissenschaft), Sprache: Deutsch, Abstract: Früher sammelten Kinder die ersten Fußballerlebnisse irgendwo auf der Straße, in Hinterhöfen, auf Wiesen, auf Bolzplätzen oder im Stadtpark. Dieser Straßenfußball ist heute aus verschiedenen Gründen verschüttet. Die Lebensverhältnisse der Kinder haben sich geändert. Die heutigen Kinder halten sich immer weniger in öffentlichen Räumen auf. Viele Kinder sitzen stundenlang vor dem Fernseher oder vor dem Computer, sind nicht mehr eigenaktiv und wissen dementsprechend nichts mehr mit sich anzufangen. Früher hat man jede freie 'Minute' genutzt, um Fußball zu spielen. Es gab Straßenmannschaften die gegeneinander gespielt haben, folglich waren die Kinder von früher im technischen und koordinativen Bereich weiter als die heutigen. Viele Trainer wünschen sich, dass die Kinder durch den Straßenfußball wieder den Zugang für den heutigen Vereinsfußball bekommen. Dies ist im afrikanischen und südafrikanischen Fußball anders. Dort hat der Fußball seine Wurzeln im Straßen- bzw. Strandfußball der Kinder und Jugendlichen, der auf Grund der gesellschaftlichen und sozialen Lebensverhältnisse noch heute funktioniert. Viele Kinder sind über den Straßenfußball, wo sie von Talentsuchern entdeckt worden sind, zu den großen Klubs gekommen. Diese Talentreservoire sind in Ländern wie Brasilien oder Ghana scheinbar unerschöpflich. Das alles gibt es bei uns nicht mehr. Bei uns herrschen die Konkurrenz der Sportarten im geregelten Vereinstraining und die moderne Freizeitindustrie mit den Fun- und Modesportarten vor. Diese Entwicklung hat zur Folge, dass vielen Kindern die 'fußballerischen' Grundfertigkeiten schwer fallen, da sie Probleme im koordinativen sowie im spielerischen Bereich (Spielfähigkeit) haben.

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Leseprobe

2. Was ist ein Talent?


 

2.1 Allgemeine Talentdefinitionen


 

Seit etwa 25 Jahren wird die Talentdiskussion im deutschsprachigen Raum geführt. Innerhalb dieser Diskussion gibt es eine beträchtliche Anzahl von Definitionen.

 

Der Begriff Talent ist geprägt von einer Kriterienvielfalt unterschiedlicher Ansätze, die Hahn in einem Katalog zusammengestellt hat.

 

Jener Katalog umschreibt eine Gruppe von unterschiedlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten aus verschiedenen Bereichen, die ein Athlet im höheren oder geringeren Maße besitzt. Diese sind:

 

  „Antropometrische Voraussetzungen wie Körpergröße, Körpergewicht, Verhältnis von Muskel- und Fettgewebe, Körperschwerpunkt, Harmonie der Proportionen u.a.;

 

  physische Merkmale wie aerobe und anaerobe Ausdauer, Reaktionsfähigkeit und Aktionsschnelligkeit, Schnelligkeitsausdauer, statische und dynamische Kraft, Kraftausdauer, Gelenkigkeit und Feinstkoordination von Bewegungen u.a.;

 

  technomotorische Bedingungen wie Gleichgewichtsfähigkeit, Raum-, Distanz- und Tempogefühl, Ball-, Klingengefühl, Musikalität, Ausdrucksfähigkeit, rhythmische Fähigkeiten, Gleitvermögen u.a.;

 

  Lehrfähigkeit wie Auffassungsgabe, Beobachtungs- und Analysevermögen, Lerntempo;

 

  Leistungsbereitschaft wie Trainingsfleiß, körperliche Anstrengungsbereitschaft, Beharrlichkeit, Frustrationstoleranz;

 

  kognitive Steuerung wie Konzentration, motorische Intelligenz, Kreativität, taktisches Vermögen;

 

  affektive Faktoren wie psychische Stabilität, Stressbewältigung, Wettkampfbereitschaft u.a.;

 

  soziale Bedingungen wie Rollenübernahme, Mannschaftseinordnung u.a.“ (Hahn 1982, 85).

 

Hinsichtlich der Frage, woran ein Sporttalent erkennbar ist, haben unterschiedliche Autoren verschiedene Talentdefinitionen dargestellt.

 

Gabler / Mergener definieren den Begriff Talent wie folgt:

 

„Als sportliches Talent kann eine Person in einem bestimmten Entwicklungsabschnitt bezeichnet werden, die bestimmte körperliche, motorische und psychische Bedingungen aufweist, die bei günstigen Umweltbedingungen mit großer  Wahrscheinlichkeit zu späteren hohen Leistungen führen“ (Gabler / Mergener 1990, 8).

 

Für Carl ist der Begriff Talent eine umgangssprachliche Bezeichnung, welche sich auf verschiedene Handlungsfelder bezieht (vgl. Carl 1988, 11). Nach Carl wird ein sportliches Talent (Sporttalent):

 

„(...) als eine Person bezeichnet, von der man auf Grund ihres Verhaltens oder auf Grund ererbter oder erworbener Verhaltensbedingungen annimmt, dass sie für sportliche Leistungen eine besondere Begabung oder Hochbegabung besitzt“ (Carl 1988, 11).

 

Gemäß Carl ist dabei zu beachten, dass bei der Bewertung eines „sportlichen Talents“ die unterschiedlichen Leistungskategorien und Leistungsniveaus berücksichtigt werden müssen (vgl. Carl 1988, 11 f.). Aus diesem Grunde ist CARL zur folgender Talent - Definition gekommen.

 

„Ein Talent für den Spitzensport (Spitzensporttalent) ist eine sich noch in der Entwicklung zur Höchstleistungsfähigkeit befindende Person, von der man auf Grund bisher erreichter sportlicher Leistungen oder diagnostizierter personinterner Leistungsbedingungen begründet annimmt, dass sie, falls sie sich einem nach neuesten Erkenntnissen durchgeführtes Training unterzieht und unter leistungsfördernden Umweltbedingungen aufwächst, im Höchleistungsalter in einer Sportart / Sportdisziplin ein Leistungsniveau erreichen kann, das größte sportliche Erfolge ermöglicht“ (Carl 1988, 13).

 

Nach Joch gehören zur Bestimmung eines Talents neben den motorischen Dispositionen auch eine besondere Bereitschaft, ein entsprechendes Umfeld und die Fähigkeit, dass komplexe Zusammenwirken in Resultate, Eignungsnachweise und Leistungen umzusetzen. Er beschreibt diese Charakterisierung einer (Teil-) Talentbestimmung mit einem statischen Begriff der Talentdefinition (vgl. Joch 1997, 90).

 

2.1. 1 Statischer Talentbegriff


 

Unter Berücksichtigung der Begriffe „Disposition“, „Bereitschaft“, „soziales Umfeld“ und Resultate (Leistungsresultate) ist Joch zu folgender Definition des „statischen Talentbegriffs“ gekommen,

 

Als (sportliches Talent) kann eine Person bezeichnet werden, die über (vorwiegend genetisch bedingte) Dispositionen zum Erreichen von hohen sportlichen Leistungen verfügt, die Bereitschaft mitbringt, solche Leistungen auch zu vollbringen, die Möglichkeiten dafür in der sozialen Umwelt vorfindet und letztlich mit den erzielten Leistungsresultaten den Leistungsnachweis dokumentiert“

 

(vgl. Joch 1997, 93).

 

2.1.2 Dynamischer Talentbegriff


 

Um den dynamischen Talentbegriff zu strukturieren bezieht sich Joch auf Mühle, der Begabung – Synonym für Talent – als eine Leistungsbereitschaft definiert,

 

„(...) die in der Hinordnung auf ein bestimmtes Betrachtungsfeld selbst erst strukturiert worden ist und ihrerseits wieder durch die Anforderung und Spezifizierung der Antriebe, Interessen und Motive die Persönlichkeit verändern“ (Mühle 1971, 93).

 

Nach der Definition von Mühle entnimmt Joch, dass sich ein Talent erst im Verlaufe eines aktiven und zielgerichteten Prozesses („Spezifizierung“) „strukturiert“ (vgl. Joch 1997, 93). Der dynamische Talentbegriff besteht nach Jochs Angaben aus drei Bestimmungskriterien:

 

Aktiver Veränderungsprozess, Steuerung des Trainings und pädagogische Begleitung (vgl. Joch 1997, 94 f.).

 

Auf Grund dieser Begriffskriterien definiert Joch den dynamischen Talentbegriff wie folgt.

„Talententwicklung ist ein aktiver, pädagogisch begleitender Veränderungsprozess, der intentional durch Training gesteuert wird und das Fundament für ein später zu erreichendes hohes (sportliches) Leistungsniveau bildet“ (Joch 1997, 94).

 

Nach einer statischen und dynamischen Komponente, kommt Joch zur vollständigen Talentdefinition, wobei diese beiden Komponenten nicht getrennt betrachtet werden können.

 

„Talent besitzt, oder: ein Talent ist, wer auf der Grundlage von Dispositionen, Leistungsbereitschaft und den Möglichkeiten der realen Lebensumwelt über dem Altersdurchschnitt liegende (möglichst im Wettkampf nachgewiesene) entwicklungsfähige Leistungsresultate erzielt, die das Ergebnis eines aktiven, pädagogisch begleiteten und intentional durch Training gesteuerten Veränderungsprozesses darstellen, der auf ein später zu erreichendes hohes (sportliches) Leistungsniveau zielstrebig ausgerichtet ist“ (Joch 1997, 97).

 

Bei Betrachtung dieser verschiedenen Talentdefinitionen erkennt man, dass es keine monokausalen Erklärungen für die Bestimmung eines Talents gibt. Vereinfacht gesagt, ein Talent ist nicht allein durch das Merkmal „Leistung“ und auch nicht durch ein zweites, nämlich die „frühe“ Leistungsauffälligkeit zu erklären (vgl. Joch 1996, 5). Auch reicht es laut Carl nicht aus, nur das „Bewegungstalent“ zu berücksichtigen und zu beurteilen (vgl. Carl 1988, 14).

 

Daraus folgt, dass die Talentfrage nicht nur eine Frage der „Begabung“, sondern auch des „Ehrgeizes“, nicht nur eine Frage der sportlichen „Leistungsfähigkeit“, sondern auch der optimalen „Förderung“, nicht nur des Trainings und Trainingsaufwands „Fleiß“, sondern auch der emotionalen „Stabilität“ und „Kreativität“ ist (vgl. Joch 1996, 5).

 

Diese Vielfalt von Einfluss- und Bedingungsfaktoren fasst Joch, in Anlehnung an Bastian (1994, 48), in einem Mehr - Komponenten - Modell zusammen (Abb. 1).

 

 

Abb.1: Mehr - Komponenten - Modell aus „Fußballtraining“ 1996“

 

Dies sind nun die allgemein - wissenschaftlichen Betrachtungsweisen einer Talentbestimmung. Doch wie sieht es z.B. im Fußball aus?

 

Damit stellt sich die Frage, ob die Bestimmungskriterien einer allgemeinwissenschaftlichen Betrachtungsweise im Fußball auch zutreffen, oder ob es noch andere Bestimmungskriterien einer...

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