01 Toxische Beklemmungen
Befreie dich von der Angst, glaube daran, dass das, was geschehen soll, selbstverständlich eintreten wird.
Facundo Cabral, argentinischer Protestsänger
Das Gefühl der Beklemmung oder Angst stellt sich ein, wenn wir eine drohende Gefahr wahrnehmen, wenn wir die Zukunft pessimistisch betrachten und uns darauf vorbereiten möchten, ihr gewachsen zu sein.
Die Angst bemächtigt sich zunächst unseres Geistes und dann unseres Körpers. So sind wir vor einer Prüfung erst einmal nervös, und dann stellen sich zum Beispiel die berühmten Kopf- oder Bauchschmerzen ein oder wir beginnen zu schwitzen.
Die normale Angstreaktion erlaubt uns, auf äußeren Druck zu reagieren. Sie wird von einer Furcht begleitet, die wir alle kennen und die uns vor einer Bedrohung oder Gefahr bewahrt. Wenn wir etwa kurz vor einer Prüfung stehen, kann die Angst uns in einen wachsamen Zustand versetzen, damit wir uns besser vorbereiten und lernen können.
Aber was geschieht, wenn wir nicht nur einen Moment der Angst erleben, sondern ständig angespannt sind? Ein übermäßig angespannter Mensch empfindet jede neue Situation, jede Veränderung, jede Herausforderung als eine Qual.
Chronische Angst wirkt toxisch. Beklemmung wird zu einem Problem, wenn dieses Gefühl sich in eine irrationale Panik vor alltäglichen Situationen verwandelt. Dann wird eine toxische Emotion daraus.
Diese Emotion kann die Ursache für Mutlosigkeit, Traurigkeit und sogar für eine Depression sein. Sie kann aber auch zum anderen Extrem führen, zu einem äußerst hektischen Leben. In beiden Fällen erwarten die Betroffenen, dass ihr Umfeld sich ihrem Rhythmus anpasst, was wiederum zu zwischenmenschlichen Problemen führt.
1. Woran denke ich gerade?
Führen Sie den folgenden Selbsttest durch. Überlegen Sie, wie oft Sie angesichts einer stressigen Situation in der Arbeit, vor einer Reise oder einer Prüfung Angst hatten, angespannt waren oder sich große Sorgen gemacht haben. Kommt Ihnen ein solcher Zustand bekannt vor? Wenn wir große Angst vor etwas haben, lassen wir uns schnell entmutigen und glauben möglicherweise, nichts habe einen Sinn oder lohne sich. Spüren wir diese Emotion deutlich, fällt es uns viel schwerer, unsere Ziele zu erreichen. Die Angst hindert uns daran, positive Emotionen wie Freude oder Liebe zu empfinden, und auch, das Leben in vollen Zügen zu genießen.
Falls Sie sich mit alldem identifizieren, sollten Sie sich mit dem nächsten Schritt befassen. Nun geht es darum zu erkennen, woher diese negative Angst stammt. Denn sobald Ihnen das gelingt, können Sie diesen Zustand überwinden und mit den Dingen, die Ihnen widerfahren, möglichst gut und auf die am wenigsten toxische Weise umgehen.
Zunächst werden Sie erkennen, dass alles stets im Kopf beginnt. Haben Sie Ihre Gedanken schon einmal bewusst beobachtet? Falls nicht, sollten Sie sich die Zeit nehmen, um herauszufinden, woran Sie denken und welche Dinge in der Regel dazu führen, dass Ihre Gedanken ständig um etwas kreisen. Hier ist der Schlüssel für Ihre Angst zu finden: In Ihren Gedanken, in den Gedanken, die Ihr Geist irrtümlich als real betrachtet. Obwohl Ihr Verstand weiß, dass sie nicht real sind, glauben Sie auf der emotionalen Ebene daran und empfinden sie somit als real.
Wenn Ihr Geist glaubt, dass etwas Schlimmes passieren wird, sendet er Angstsignale aus. Ein Sprichwort besagt: »Dass die Vögel der Sorge und des Kummers über deinem Haupt fliegen, kannst du nicht ändern. Aber dass sie Nester in deinem Haar bauen, das kannst du verhindern.« Sie sollten sich nicht mit all den Dingen belasten, die Ihnen nicht dienlich sind. Lernen Sie stattdessen, alles aus Ihrem Geist zu verbannen, was Ihre Gefühle vergiftet.
2. Warum bezeichnen andere mich als nervös?
Jegliche Ähnlichkeit mit der Realität ist rein zufällig …
Kein Grund zur Panik. Die Nervosität ist heutzutage eine weitverbreitete toxische Emotion. Denken Sie nur einmal an Ihr tägliches Umfeld, sei es die Universität, Ihr Zuhause oder Ihre Arbeit. Wie vielen Menschen sind Sie bereits begegnet, die verzweifelt ihre Nägel kauen oder Fressattacken haben, obwohl sie eigentlich nicht hungrig sind? Sicherlich kennen Sie auch einige Menschen, die angeblich ohne klare Ursache an verschiedenen Stellen ihres Körpers unter starkem Juckreiz leiden. Die Liste ließe sich weiter fortsetzen …
Wie viele Menschen stottern selbst in Momenten, in denen offenbar alles ruhig und unter Kontrolle ist? Manche Leute haben Haarausfall, andere leiden unter Verdauungsproblemen, wieder andere haben eine erhöhte Temperatur, schwitzen oder leiden unter Mundtrockenheit.
Häufig sagen wir »ich bin ganz ruhig«, dabei erleben wir in Wirklichkeit gar keinen Zustand der Entspannung, denn all die genannten Symptome – sofern sie keine organische Ursache haben – sind deutliche Warnsignale, die höchstwahrscheinlich auf eine vorhandene Angst hinweisen.
Wenn Sie ein sehr nervöser Mensch sind, werden nicht nur Ihr Geist und Ihre Gefühle in Mitleidenschaft gezogen, sondern auch Ihr Körper. Vielleicht kreisen die Gedanken in Ihrem Kopf um anstehende Entscheidungen, um Dinge, die Sie sagen sollten, und Sie haben sich entschieden, nichts zu sagen und abzuwarten. Möglicherweise meiden Sie bestimmte Situationen und Menschen, mit denen Sie sich eigentlich auseinandersetzen müssten. Selbst wenn wir solche Dinge negieren und verdrängen, ist sich unser Körper all dessen bewusst.
Wenn wir zu angespannt sind, versuchen wir, diese toxische Emotion zu unterdrücken und uns mit Essen, exzessiver Arbeit und – was noch schlimmer ist – mit Tabletten darüber hinwegzuhelfen.
Wann läuten die Alarmglocken?
Betrachten wir nun einige der häufigsten Symptome der Beklemmung:
- Angst oder Panik
- Unsicherheit
- Besorgtheit
- Düstere Vorahnungen
- Konzentrationsprobleme
- Unentschlossenheit
- Schlafstörungen
- Das Gefühl, die Kontrolle über das eigene Leben oder das Umfeld zu verlieren
- Hyperaktivität
- Interesselosigkeit
- Fahrige Bewegungen
- Stottern
- Nervöse Tics
Geht man nicht angemessen mit Beklemmungen um, können sie die Gesundheit mit der Zeit ernsthaft beeinträchtigen und zu sogenannten Angststörungen führen. Dazu gehören Panikattacken, Zwangsvorstellungen und bestimmte Phobien.
Doppelter Alarm!
Betrachten wir nun einige der ernsteren Symptome:
- Herzrasen
- Bluthochdruck
- Engegefühl in der Brust
- Atemnot
- Übelkeit
- Verdauungsprobleme
- Durchfall
- Verspannungen
- Kopfschmerzen
- Müdigkeit
- Starkes Schwitzen
- Impotenz
- Vorzeitiger Samenerguss
Der renommierte Baptistenpastor Charles Spurgeon hat einmal gesagt: »Ängstlichkeit nimmt nicht dem Morgen seine Sorge, aber dem Heute seine Kraft.« Ständig an die Zukunft zu denken, uns unaufhörlich Gedanken und Sorgen darüber zu machen, was sein und passieren könnte – obwohl es in der Regel nie geschieht –, zu versuchen, die Ereignisse des nächsten Tages vorherzusehen: Das zehrt uns wirklich aus. Unser Geist braucht Erholung, daher sollten wir ihm etwas Ruhe gönnen. Sobald es uns gelingt, uns zu entspannen, werden wir alles, was uns zu nervös macht, wieder unter Kontrolle haben.
3. Sind Anspannung und Stress dasselbe?
Wir alle brauchen einen gewissen Druck in unserem Leben. Das ist keineswegs etwas Toxisches. Ebenso wie die Saiten einer Violine gespannt sein müssen, damit sie gestimmt werden kann – bei einer zu geringen Spannung würde sie nicht klingen; wären die Saiten zu stark gespannt, würden sie reißen –, so braucht auch der Mensch eine gewisse Grundspannung.
Wie seltsam ist doch der Mensch. Er bittet nicht darum, geboren zu werden, er weiß nicht, wie er leben soll, aber sterben möchte er auch nicht.
Chinesisches Sprichwort
Kommt es allerdings häufig zu plötzlichem Druck oder einem Gefühl der Anspannung oder gibt es nur wenige Stressfaktoren, die aber über einen längeren Zeitraum anhalten, beziehungsweise ist beides der Fall, geraten wir aus der Balance und fühlen uns gestresst.
Es gibt zahlreiche potenzielle Stressauslöser, etwa wenn wir eine Prüfung absolvieren müssen, wenn wir uns aufgrund des Todes eines geliebten Menschen um die Familie kümmern müssen oder auch, wenn wir jahrelang mit einem Partner zusammenleben, der kaum mit uns spricht. Darüber hinaus hängt das Stressniveau davon ab, wie lange und wie intensiv wir solche Situationen erleben.
»Einen stressigen Moment zu erleben« ist nicht dasselbe wie »gestresst zu sein«. Ersteres ist normal, unerwartet und wird durch das Umfeld hervorgerufen, während Letzteres ein toxisches Gefühl ist, das wir selbst herbeiführen, da es zu einer Gewohnheit wird und wir nicht mehr »wissen«, wie wir auf eine andere Weise leben können.
Stress entsteht, wenn die äußeren Anforderungen überhandnehmen und unser Organismus ihnen nicht mehr gewachsen ist. Es kommt zu einer Anspannung, einem physischen oder psychischen Druck, der uns aus dem Gleichgewicht bringt.
Eine über zehn Jahre laufende US-amerikanische Studie mit Personen, die ihren emotionalen Stress nicht kontrollieren konnten, hat ergeben, dass die Wahrscheinlichkeit zu sterben bei einem gestressten Menschen um 40 Prozent erhöht ist. Allein in Deutschland werden jedes Jahr millionenfach Beruhigungsmittel eingenommen.